Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich will zwei, drei Punkte noch mal klarstellen. Zunächst zu Ihnen, Kollege Dittes: Sie haben uns quasi unterstellt, es gehe uns in erster Linie darum, Angriffe auf Polizeikollegen zu verhindern. Davon war nie die Rede, davon habe ich auch nicht gesprochen. Ich habe die Straftatenzahl genannt und ich habe gesagt, dass diese Zahlen Anlass sind, über neue Einsatzmittel nachzudenken. Das war der erste Punkt. Der zweite Punkt, warum uns das Thema wichtig ist, war das Ableiten aus den Taten in Rheinland-Pfalz. Ich will es noch mal sagen: Wir hatten innerhalb von zwei Wochen im letzten Jahr drei Angriffe, Messerattacken auf Kolleginnen und Kollegen. In allen drei Fällen – ich wiederhole es noch mal – ist in einer Notwehrsituation die Schusswaffe zum Einsatz gekommen mit dem schrecklichen Ende, dass alle Angreifer getötet wurden. Ich frage mal provokativ hier in die Runde, weil es auch hieß, in Berlin gab es während des Probebetriebs bisher noch keinen Einsatz des Tasers, deswegen will ich provokativ hier in die Runde fragen: Ist es denn nicht lohnenswert, darüber nachzudenken, ob es in diesen ganz konkreten Fällen gegebenenfalls mit dem Einsatz eines Tasers möglich gewesen wäre, Menschenleben zu schützen? Das ist die zentrale Frage, die ich auch an das Ende meiner Ausführung gesetzt habe. Nur darum geht es.
Der nächste Punkt, den ich noch ansprechen will – Frau Kollegin Marx hatte darauf hingewiesen, aber auch die Kollegen Adams und Dittes –: Es wird suggeriert, dass auch ich gesagt habe, es sei eine
ungefährliche Waffe. Ich habe genau das Gegenteil gesagt. Ich will noch mal aus meiner Rede drei, vier Punkte aufgreifen. Ich habe gesagt, es ist festzustellen, dass dieses Gerät und der Einsatz dieses Gerätes taktisch äußerst anspruchsvoll sind – genau aus dem Grund, den Sie auch angesprochen haben – und daher auch ausbildungsintensiv. Hinzu kommen die schwierigen rechtlichen Aspekte, das realitätsnahe Üben. Das ist ja genau die Aufgabe der Ausbildung, die Kolleginnen und Kollegen fit zu machen in allen Handlungsbereichen. Deswegen kam ich auch zu dem Schluss, dass der Dienstherr gefordert ist, um den Kolleginnen und Kollegen die nötige Entscheidungs-, Rechts- und Handlungssicherheit zu vermitteln. Da sind wir genau einer Meinung und auf einer Linie.
Abschließend als letzten Punkt, Frau Kollegin Marx, weil Sie noch mal nachgefragt haben, wie die Polizeigewerkschaften das sehen: Selbstverständlich habe ich mir dort vorher die Meinungen angehört. Das kurze Fazit ist, dass man grundsätzlich einer Einführung positiv gegenübersteht. Aber die vielen Fragen, die ich hier aufgeworfen habe, bestehen natürlich auch bei den Gewerkschaften. Deswegen sagte ich, es lohnt sich, über das Thema nachzudenken. Im Mittelpunkt steht immer das Menschenleben, was möglicherweise auch zu schützen ist. Danke.
Sehr geehrter Herr Parlamentspräsident, sehr geehrte Zuhörer, ich wollte nur eine Kleinigkeit dazu beitragen. Ich bin ja bei Facebook sehr aktiv und poste diese ganzen Artikel, was so passiert im Lande. Es vergeht kein Tag, an dem nicht Jugendliche – meistens Einwanderer, Asylforderer – Schlägereien, Messerstechereien oder Streit mit der Polizei anfangen. Ich habe jetzt gerade wieder in der „Rhein-Neckar-Zeitung“ von gestern Abend gelesen …
(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: „Thürin- ger Allgemeine“, „Thüringische Landeszei- tung“, „Freies Wort“! Das sind Thüringer Zei- tungen!)
Ja, in der „Rhein-Neckar-Zeitung“. Da haben sich Jugendliche mit einigen Polizisten wieder einen Kampf geliefert, die Polizisten konnten sich nur noch mit Schlagstock und Pfefferspray wehren. Es ist eine Tatsache, dass das jeden Tag passiert. Sie schauen alle zu. Sie lassen unsere Polizisten verprügeln. Das ist doch eine Schweinerei, was da passiert!
Herr Abgeordneter, ich muss Sie bitten, erstens Ihre Wortwahl zu mäßigen und zweitens zum Ende zu kommen.
Da sind 18 Streifenwagen im Einsatz gewesen, sechs Festnahmen, fünf verletzte Polizisten. Die verletzten Polizisten hätten nicht sein müssen, wenn man zum Beispiel diesen Taser hätte. Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich der Landesregierung das Wort erteile. Herr Staatssekretär Götze, bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wenn wir uns über Gewalt gegen Polizeibeamte unterhalten, liegt uns folgendes Zahlenmaterial vor: Wir haben in 2012 925 Fälle verzeichnet, in 2013 1.002 Fälle, in 2014 1.177 Fälle, in 2015 999 Fälle und im Jahr 2016 1.240 Fälle.
Diese Zahlen sind hier bereits intensiv diskutiert worden. Es ist in der Tat so, dass wir in 2015 einen leichten Rückgang zu verzeichnen hatten und in 2016 wieder einen Anstieg. Diesen Kausalitätszusammenhang, den Sie hier immer versuchen, herzustellen, den sehe ich so nicht. Wenn wir uns den Betrachtungszeitraum der vergangenen fünf Jahre anschauen, stellen wir fest, dass es sich in der großen Mehrzahl um Körperverletzungsdelikte handelt, um einfache und gefährliche Körperverletzung, um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie um Bedrohungsdelikte. Ich möchte an dieser Stelle
zum Ausdruck bringen, dass es aus der Sicht des Polizisten eigentlich keinen großen Unterschied macht, in welcher Art eine Bedrohung stattfindet. Die Kolleginnen und Kollegen leisten wirklich eine äußerst schwierige Arbeit in unserem Interesse,
sei es jetzt bei der Begleitung von großen Versammlungslagen, sei es bei der Begleitung von Fußballspielen. Da kann ich schon erwarten, dass Ihnen auch der nötige Respekt entgegengebracht wird. Ich kann Ihnen aber auch versichern, dass die Polizistinnen und Polizisten selbst dafür sorgen, dass das der Fall ist, unabhängig von der konkreten persönlichen Schutzausrüstung. Da können Sie jetzt tausendmal den Kopf schütteln und sagen, dass das nicht klappt, aber genau dafür werden unsere Polizisten ausgebildet, um sich in jeder Situation Respekt zu verschaffen.
Zu den detaillierten Auswirkungen auf die Beamten hinsichtlich einer Erkrankung bzw. Dienstunfähigkeit ist aus datenschutzrechtlichen Gründen heraus keine statistische Erfassung und Auswertung möglich. Ich werde hierzu keine entsprechenden Aussagen treffen können.
Die Prüfung und Bewertung von denkbaren Maßnahmen zur Minimierung von Übergriffen auf Polizeibeamte ist im Übrigen ein anhaltender Prozess bei den relevanten Sicherheitsbehörden. So wird zum Beispiel die gesamte Ausstattung stetig evaluiert und angepasst. In den vergangenen Jahren wurden für die Sicherheit der Einsatzkräfte enorme Ressourcen aufgewendet, um Beschaffungen verschiedenster Elemente passiver und aktiver Schutzausrüstung zu initiieren und durchzuführen. Die Prüfung, welche Organisationsbereiche unter Umständen mit Distanz-Elektroimpulsgeräten zu versehen sind, war Teil des geschilderten Prozesses. Bundesweit beabsichtigt nach meiner Kenntnis kein Land eine flächendeckende Ausstattung des Einsatzund Streifendienstes mit Distanz-Elektroimpulsgeräten. Es liegen hierzu auch keine dementsprechenden Erfahrungen vor.
Grundsätzlich stellt sich vorrangig die Frage, inwiefern Distanz-Elektroimpulsgeräte überhaupt ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel darstellen, um Gewalt gegen Polizeibeamte insgesamt einzudämmen. In ausgewählten Bereichen kann der Einsatz der Distanz-Elektroimpulsgeräte eine Alternative zur Schusswaffenanwendung bei ähnlichem Niveau der Einschreitschwelle darstellen. Basierend auf der höchstwahrscheinlich nicht letalen Wirkung ist damit eine adäquate Möglichkeit des Einwirkens auf Personen bei gleichzeitig geringerer Gefährdung der Betroffenen gegeben. In die
sem Licht fand die Einführung derartiger Geräte – auch das ist hier bereits erwähnt worden – im Landeskriminalamt Thüringen in jüngster Vergangenheit statt. Erfahrungen aus den Einsätzen liegen dazu bisher nicht vor.
Ungeachtet dessen – und auch das ist hier schon erwähnt worden – sind sowohl der Einsatz- und Streifendienst als auch die Einsatzeinheiten bereits angemessen mit Einsatzmitteln versehen, um die Stufenfolge polizeilicher Zwangsanwendung je nach Erfordernis abdecken zu können. Hinsichtlich der Einzelheiten stellt nach meiner Einschätzung deren vorwiegende Verwendung bei Versammlungs- und Veranstaltungslagen in keiner Weise ein geeignetes Anwendungsfeld für Distanz-Elektroimpulsgeräte dar, um dem dort auftretenden Phänomen von Gewalt gegen Polizeibeamte entgegenzutreten. Zudem erschwert eine übermäßig breite Ausstattung mit Einsatzmitteln den gebotenen handlungssicheren Gebrauch und erhöht einhergehend den Bedarf an Aus- und Fortbildung deutlich.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, neben den Einsatzmitteln zur aktiven Verhinderung bzw. Eindämmung von Gewalt gegen Polizeibeamte soll aus meiner Sicht in erster Linie ein deeskalierender und präventiver Ansatz außerhalb von Zwangsmitteln mit Nachdruck verfolgt werden. Dieser Ansatz hat sich in der Vergangenheit bewährt.
Herr Möller, wenn Sie hier unterstellen, dass eine irgendwie geartete politische Einflussnahme auf die Einsatzplanung stattfindet, dann kann ich Ihnen versichern, dass dem nicht so ist.
Sie können mir das glauben oder nicht, Sie haben Ihre fest gefasste Meinung. Schon im Interesse der Kolleginnen und Kollegen vor Ort sind wir gehalten, diesen deeskalierenden Ansatz, den Sie gerade nicht wollen, zu verfolgen, damit gewährleistet ist, dass sich die Situation bei Fußballspielen, bei großen Versammlungslagen nicht zulasten der Polizistinnen und Polizisten immer weiter aufschaukelt und dann nicht mehr beherrschbar ist. Wenn Sie hier quasi unterschwellig immer noch fordern, dass auch die Einsatzschwelle dieser Geräte abgesenkt wird, dann kann ich Ihnen sagen
Das bezeichnen Sie als praxistauglich, ja? –, dass Sie in eine Eskalationsspirale hineingeraten. Das ist gerade nicht praxistauglich.
Ich kann Ihnen versichern, dass die Einsatzplanungen mit Augenmaß gerade im Interesse unserer Polizistinnen und Polizisten durch die Vorgesetzten erfolgen.
Insofern möchte ich Ihnen empfehlen, den Antrag der AfD abzulehnen. Die laufenden Pilotprojekte in den anderen Bundesländern sind bereits erwähnt worden. Sie können sich sicher sein, dass wir uns mit diesen Ländern austauschen und das Thema „Einsatz von Distanz-Elektroimpulsgeräten“ aus fachlicher Sicht weiterverfolgen und begleiten werden.
Wir kommen zur Abstimmung. Es wurde beantragt, den Antrag der AfD-Fraktion in der Drucksache 6/4791 an den Innen- und Kommunalausschuss zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Danke schön. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen. Danke schön. Enthaltungen? Keine. Damit mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen direkt zur Abstimmung über den Antrag der AfD-Fraktion in der Drucksache 6/4791. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen. Danke. Enthaltungen? Aus der CDU-Fraktion. Damit mit Mehrheit abgelehnt.