Protocol of the Session on December 15, 2017

sondern das schließt auch solche Maßnahmen aus, die die Kids auch in ihrer psychologischen Entwicklung beeinträchtigen könnten.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Man kann sich auch jeden Tag neu entscheiden!)

UNHCR und UNICEF betonen in ihrer Veröffentlichung „Safe & Sound“, in der es um Maßnahmen zur Gewährleistung des Kindeswohls geht – Zitat –: „Es sollte anerkannt werden, dass fehlende offizielle Papiere nicht notwendigerweise ein Zeichen dafür sind, dass ein Kind Informationen über sein Alter zurückhält.“ In dem Bericht wird außerdem darauf hingewiesen, dass laut der FRA, der European Union Agency for Fundamental Rights, Kinder häufig verzweifelt darüber waren, dass sie als „Lügner“ betrachtet werden. Das beeinträchtigt die psychologische Entwicklung dieser Kinder und Jugendlichen. Deshalb unterstützen wir die von rechts kriti

sierte Empfehlung des TMBJS, des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport, auf medizinische Methoden der Altersfeststellung zu verzichten, und weisen die Forderung der AfD zurück.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Noch ein Wort zu Punkt II, der Familienzusammenführung im EU-Ausland beispielsweise: Diese Regelung gibt es leider bereits. Sie nennt sich DublinVerordnung und regelt, dass für den Asylantrag eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings der Staat zuständig ist, in dem er sich aufhält oder in dem ein angehöriger Verwandter lebt – aber –, sofern es dem Wohl des Kindes dient, dorthin zu ziehen. Eine diese Bedingung aussetzende Regelung im Kinder- und Jugendhilfegesetz, im SGB VIII, widerspräche der UN-Kinderrechtskonvention, die ich zitiert habe, und ist daher abzulehnen. Auch die Regelung zu sogenannten stabilen Drittstaaten ist leider bereits gesetzlich erfasst, nämlich in § 58 Abs. 1a des Aufenthaltsgesetzes. Dieser findet aber keine Anwendung, weil die Ausländerbehörden in der Regel die dort geregelten Anforderungen nicht erfüllen können. Die Linke lehnt diesen kinderfeindlichen Antrag der rechtspopulistischen AfD daher ab.

Ich möchte stattdessen sagen, was wir befürworten würden. Die Linke fordert dagegen vom Bundestag oder einer eventuell bald gebildeten Bundesregierung, die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte endlich zu beenden

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und – zweitens – die derzeit unmenschliche Praxis beim Familiennachzug zu anerkannten unbegleiteten Flüchtlingen endlich zu beenden. Häufig müssen sich nämlich Eltern unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter entscheiden, ob sie zu ihrem in Deutschland lebenden Kind nachziehen und die minderjährigen Geschwister des Kindes im Herkunftsland oder im Flüchtlingslager allein lassen oder ob sie ihr Kind hier in Deutschland allein lassen. Das ist eine grundrechts-, europarechts- und völkerrechtswidrige Praxis, wie wir meinen. Wir fordern, das zu beenden.

Ich möchte am Ende meiner Rede gern noch all denen danken, die Kinder und Jugendliche, die hierhergekommen sind, unterstützen, den Jugendämtern, den Lehrerinnen und Lehrern, den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und allen Unterstützerinnen und Unterstützern, die die jungen Leute hier begleiten.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten darf ich für meine Fraktion sagen: Wir hoffen, dass

sie hier heimisch werden und zur Ruhe kommen können, dass sie ihre Familien hier wiedersehen können und es ihnen gelingt, die möglicherweise traumatischen Erlebnisse und schlimmen Erfahrungen, wenn nicht zu vergessen, so doch vielleicht zu verarbeiten und dass sie eine gute Zukunft haben. Ich wünsche den Kindern und Jugendlichen, dass sie möglichst wenigen Menschen begegnen müssen, die so sind wie die, die diesen Antrag hier gestellt haben.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Muhsal von der AfD-Fraktion das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Berninger, bei dem ganzen Unsinn, den Sie hier erzählt haben, weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.

(Beifall AfD)

Vielleicht zwei Dinge: Sie sagen hier, Sie wollen keine Kinder abschieben. Da gibt es keinen Grund, unserem Antrag nicht zuzustimmen, denn es geht gerade darum, zu unterscheiden, wer sind die Kinder, wer sind die Jugendlichen und wer sind die Erwachsenen.

(Beifall AfD)

Dann, wenn man Ihrer Argumentation folgt – und Sie sind interessanterweise gar nicht auf den Fall eingegangen, den mein Kollege Möller genannt hat, nämlich den des angeblich unbegleiteten Minderjährigen Hussein K., der mutmaßlich eine Freiburger Studentin ermordet hat, der tatsächlich 33 ist. Solche Leute bezeichnen Sie als Kinder? Das finde ich schon sehr, sehr erstaunlich.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Genau, so ist es!)

Grundsätzlich – um das Ganze mal von einem anderen Blickwinkel zu beleuchten – habe ich Verständnis dafür, dass überall auf der Welt Menschen leben, die gern ihre persönliche Situation verbessern wollen und deswegen gegebenenfalls auch sogar ihr Heimatland verlassen. Als Thüringer und deutscher Politiker habe ich aber noch mehr Verständnis für diejenigen Menschen in Deutschland, die sagen, natürlich können wir gern Menschen, denen es schlechter geht, auch in aller Welt helfen in dem gebotenen Maße, aber wir wollen keine illegale Migration in unser eigenes Land und wir wollen vor allem auch nicht, dass aus deutschem Steuergeld ganz selbstverständlich an jeden verteilt wird

(Abg. Berninger)

und es aber an vielen Stellen, für die die deutsche Politik eigentlich zuständig ist, es dann eben nicht mehr reicht.

(Beifall AfD)

Mein Kollege Möller hat da einige Dinge genannt. Ich möchte nur mal das Problem auf Bundesebene der auskömmlichen Renten nach einem langen Arbeitsleben nennen, die nicht mehr gewährleistet sind.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das hat aber nichts mehr mit Flüchtlingen zu tun!)

Wichtig ist mir aber auch, dass die deutsche Asylpolitik vielfach unter dem Deckmantel einer angeblichen Humanität

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das ist doch eklig, was Sie hier erzählen!)

einen Grad an Inhumanität erreicht hat, der der Intention vieler Menschen, zu helfen, vollkommen entgegensteht. Ein Beispiel dafür ist das Modell, Minderjährige allein auf die gefährliche Reise nach Deutschland zu schicken und zu hoffen, dass bei erfolgreicher Ankunft in Deutschland die ganze Familie nachreisen kann. Eine solche Politik ist weder im Interesse derjenigen, die tatsächlich Hilfe brauchen, noch im Sinne der Minderjährigen, die von ihren Eltern auf diese Reise geschickt werden. Deswegen muss diese Politik beendet werden.

(Beifall AfD)

Genau deswegen richtet sich unser Antrag darauf, der Familienzusammenführung, im Sinne des Kindeswohls, Frau Berninger, oberste Priorität zuzuweisen und die Familienzusammenführung anders als es jetzt

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie wird nicht mal rot dabei!)

der Fall ist, nicht nur in Deutschland, sondern auch in sicheren Drittstaaten zu ermöglichen. Wenn sich die Eltern beispielsweise in der Türkei oder im Libanon befinden, dann kann die Familienzusammenführung genauso gut dort stattfinden.

(Beifall AfD)

Wichtig ist, dass Eltern und Kind sich in Sicherheit wieder treffen. Aber es darf kein Anspruch darauf geben, dies unbedingt in Deutschland zu tun. Das heißt auch, dass natürlich die Anreize, einen Minderjährigen allein auf eine gefährliche Reise zu schicken, dadurch beendet werden. Wichtig ist aber auch, dass wir uns der Frage näher widmen, ob tatsächlich alle, die hier als minderjährige unbegleitete Flüchtlinge registrierten Personen tatsächlich minderjährig sind. Ausgangspunkt soll auch hier die Humanität sein, denn in der Tat ist es schwer vorstellbar, dass Eltern leichten Herzens gerade besonders junge Kinder allein auf diese gefährliche

Reise schicken. Ob nun junge Erwachsene sich auf eigene Faust auf den Weg machen, weil sie die Hoffnung haben, für jünger gehalten zu werden und hier in Deutschland von dem besseren Status für unbegleitete Minderjährige zu profitieren oder ob die Eltern lieber junge erwachsene Kinder schicken als Minderjährige, beide Überlegungen führen zu dem Schluss, dass dem Missbrauch des Systems, das ja nicht ohne Grund nur für Minderjährige gilt, ein Riegel vorgeschoben werden muss.

(Beifall AfD)

Um das noch mal deutlich zu sagen: Die Besonderheit bei minderjährigen unbegleiteten Ausländern ist, dass sie nicht aus Deutschland abgeschoben werden können, auch dann nicht, wenn sie eben nicht die Bedingungen erfüllen, um einen Flüchtlingsstatus zu erlangen. Wenn sie dann allerdings einen Flüchtlingsstatus bekommen, dann bekommen sie ein sicheres Ticket für ihre Eltern und Geschwister inklusive. Die Familienzusammenführung nach derzeitigen Regeln macht es möglich.

Um Missbrauch vorzubeugen und zu ändern, fordern wir, alle Maßnahmen umzusetzen, mit denen die Altersfeststellung von Asylbewerbern deutlich besser und genauer erfolgt, als das bislang der Fall ist. Frau Berninger, das ist sehr wohl möglich.

(Beifall AfD)

Die Ausgaben für die sogenannten unbegleiteten Minderjährigen lagen in Thüringen im Jahr 2014 bei 2,5 Millionen Euro, im Jahr 2015 bei 2,2 Millionen Euro und im Jahre 2016 holterdiepolter bei sage und schreibe 70 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, das ist zu viel und das dürfte in vielen Fällen auch ungerechtfertigt sein.

Wie stellen wir uns einen Minderjährigen vor? Wir haben in der Regel ein anderes Bild von einem Minderjährigen als das Bild, das uns seit der großen Asylwelle von den Verantwortlichen als minderjährig verkauft wird. Auch heute hatten wir ja wieder eine beispielhafte Rede und hören wahrscheinlich gleich noch welche. Graue Haare, Vollbart, Stirnfalten – das ist alles nichts, was wir gemeinhin als äußeres Merkmal eines Minderjährigen erkennen.

(Beifall AfD)

Eine Mutter wandte sich an uns, weil in die 5. Klasse ihres Sohnes der kleine Amat kam. Amat trägt einen Schnurrbart und ist angeblich zwölf Jahre alt.

(Heiterkeit und Beifall AfD)

Schon lange bestehen, gelinde gesagt, Zweifel daran, dass all jene, die sich als Minderjährige ausgeben, auch tatsächlich Minderjährige sind. In Thüringen, wo die Regierung ja am liebsten jeden gleich einbürgern möchte, haben alle Asylbewerber, die sich als minderjährig ausgeben, wirklich ein leichtes

Spiel. Das Vorgehen in Thüringen gestaltet sich wie folgt: Zunächst wird auf die Identitätsdokumente zurückgegriffen, die das Alter glaubhaft machen. Auch andere Dokumente können herangezogen werden, um die Altersfeststellung durchzuführen. Liegen keinerlei Dokumente vor, was ja im Gegensatz zum Immer-Beibehalten des Handys häufiger auch mal vorkommt, ist eine Selbstauskunft des vermeintlich Minderjährigen ausschlaggebend. In der Handreichung der Landesregierung heißt es dahin gehend: Konkrete Altersangaben sollten nur in Ausnahmefällen angezweifelt werden. – Wenn also der kleine Amat behauptet, er ist zwölf, dann sollte man das also besser nicht anzweifeln.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wie peinlich!)

Falls doch ausnahmsweise jemand zweifelt, kommt dann der nächste Schritt, die qualifizierte Inaugenscheinnahme. Dazu heißt es in der bereits benannten Handreichung unter anderem: Diese erstreckt sich auf das äußere Erscheinungsbild, das nach nachvollziehbaren Kriterien zu würdigen ist. Darüber hinaus schließt sie in jedem Fall – unter Hinzuziehung eines Sprachmittlers – eine Befragung des Betreffenden ein, in der er mit den Zweifeln an seiner Eigenangabe zu konfrontieren und ihm Gelegenheit zu geben ist, diese Zweifel auszuräumen. Die im Gespräch gewonnenen Informationen zum Entwicklungsstand sind im Einzelnen zu bewerten. – So weit so gut. Unabhängig davon, was derjenige dann sagt, ist das in Thüringen das Ende der Altersfeststellung. Wenn der Amat gut erklären kann, dass ihm der Schnurrbart gewachsen ist, weil er so viel Stress auf der Flucht hatte, dann reicht das vollkommen aus, um monatliche Leistungen in Höhe von mehr als 5.000 Euro zu erhalten.