Protocol of the Session on October 18, 2012

Wie schon im letzten Jahr, Herr Minister, auf den ersten Blick sieht das gar nicht so schlecht aus. In dem Entwurf sind 65 Mio. € Schuldenabbau pro Jahr eingeplant, es gibt eine Reihe sinnvoller Investitionen, zum Beispiel in die Infrastruktur der Universitäten, Kollege Mohring hat auf den Pensionsfonds hingewiesen, in der Sportförderung sind die Einstellungsverhältnisse der Trainer gesichert, es werden neue Lehrer eingestellt. Alles Punkte, die richtig und wichtig sind.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Na, sehen Sie.)

Aber es ist eben nur ein Teil - sehen Sie -, es gibt auch einen zweiten, Herr Minister.

(Beifall FDP)

Dieser zweite Teil offenbart auch den Anstieg der Personalkosten von 26 auf über 28 Prozent. Diese etwas mehr als 2 Prozentpunkte sind am Ende 8,5 Prozent Steigerung der Personalkosten, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Zuweisungen an die Kommunen sinken erneut und notwendige Veränderungen bleiben wiederum aus.

Herr Minister, Sie haben hier um Unterstützung beim Personalabbau gebeten; Sie haben appelliert um Unterstützung für Ihre Vorhaben zum Personalabbau. Da sage ich Ihnen, grundsätzlich haben Sie die Unterstützung meiner Fraktion an der Stelle. Aber ob es eine gute Idee ist, Lehrer vorzeitig in den Ruhestand zu schicken, um damit Luft zu machen, das kann man schon einmal ganz grundsätzlich bezweifeln.

(Beifall FDP)

Ob das besser funktioniert dadurch, dass Sie das Angebot nur den Lehrern machen, die Überhangfächer unterrichten, das, Herr Minister, wird am Baum enden. Das scheint mir heute schon absehbar, dass wird nicht zum Frieden in den Lehrerzimmern beitragen, das wird im Bildungssystem in Thüringen erhebliche Verwerfungen verursachen.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, neben den Dingen, die im Haushalt stehen, neben den Dingen, die gemacht werden, sind es auch die Dinge, die nicht stattfinden, die oft von Bedeutung sind. Das ist im Haushalt nicht anders als im ganz normalen Leben. Die Dinge, die nicht gesagt werden, sind oftmals viel aussagekräftiger und lassen tiefer blicken und deshalb war das schon sehr interessant, dass vorhin bei Ihren Ausführungen zur Schuldenbremse das war eben bei denen von Kollegen Mohring auch wieder so - sich keine Hand zum Applaus gerührt hat. Auch das gehört zur Wahrheit in dieser Haushaltsberatung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Neben den Reaktionen auf die Reden will ich einmal eine kleine Auswahl der Dinge vorstellen, die eben nicht im Haushaltsentwurf drinstehen: Strukturveränderungen, Aufgabenreduzierung, Reduzierung von Standards, ein Ende der Übertragung von nicht ausfinanzierten Aufgaben an die Kommunen alles Stichworte,

(Beifall FDP)

meine Damen und Herren, die Sie im Haushaltsentwurf, im zugehörigen Haushaltsbegleitgesetz mit einer ganz starken Lupe suchen müssen und selbst dann nur ganz wenig finden. Strukturveränderungen findet man z.B. im Bereich des Thüringer Rechnungshofs - auf dessen eigene Initiative, muss man der Vollständigkeit halber einmal dazusagen.

(Beifall FDP)

Dann ist die Zusammenlegung der Landesanstalt für technischen Verbraucherschutz mit der Landesanstalt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz gegeben. Warum es da überhaupt zwei gibt, das ist schon einmal eine Frage, die man sich stellen kann. Ein großer Wurf ist das auf jeden Fall nicht.

(Beifall FDP)

Das war es zum Thema Strukturveränderungen. Deshalb kann man, glaube ich, schon zu Recht sagen, dieser Haushaltsentwurf ist letzten Endes die endgültige Kapitulation dieser Landesregierung vor der Notwendigkeit zu strukturellen Veränderungen.

(Beifall FDP)

Er ist die Kapitulation vor der Aufgabe, strukturell wirklich zu sparen, und damit letztlich das Eingeständnis an dieser wichtigen und zentralen Stelle, nichts zur Sicherung der Thüringer Zukunft beitragen zu können.

(Beifall FDP)

Dabei wäre dieser Doppelhaushalt die letzte Gelegenheit, in dieser Legislaturperiode tatsächlich auch etwas in dem zentralen Bereich Haushalt zu verankern, wirklich Strukturveränderungen vorzunehmen. Auch das weiß der Finanzminister. Er wird zitiert in der Thüringer Allgemeinen vom 2. Oktober, also vor wenigen Tagen sagte er zum Thema „strukturelle Einsparungen“: Ich hätte mir da mehr gewünscht. Deshalb warte ich auch gespannt auf das für November angekündigte Ergebnis der Expertenkommission zur Verwaltungsreform.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Das habe ich heute Morgen hier auch gesagt.)

Natürlich. Nur, an welcher Stelle in den Haushaltsberatungen sind wir denn im November? Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich Ergebnisse dieser Kommission in dem Haushalt, der dann mitten in den Beratungen ist und nach Ihrem Willen eigentlich ja sogar kurz vor dem Abschluss stehen soll, tatsächlich wiederfinden? Die Wahrscheinlichkeit ist null, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall FDP)

Wenn nichts in den Haushalt 2013 einfließt, heißt das, es fließt auch nichts in den Haushalt 2014 ein, da wir vom Doppelhaushalt reden; also bis zum Ende der Wahlperiode keine strukturellen Einsparungen, das ist die traurige Wahrheit.

(Beifall FDP)

Es war anders angekündigt. Ich blicke einmal ein Jahr und einen Monat zurück, fast genau ein Jahr und einen Monat: Am 20. September 2011 wurde diese Expertenkommission nämlich gegründet, Herr Minister. Zitat Ministerpräsidentin: Die Herrschaften sind berufen, sie sind vorbereitet und sie arbeiten. Und angekündigt wurde, dass die intensivst arbeiten, aber auch, dass die Ergebnisse, dass die Vorschläge der Kommission in den Haushalt 2013 einfließen. Jetzt gibt es keine. Also ist die Schlussfolgerung: Die arbeiten, aber die haben keine Ergebnisse, dann können Sie auch aufhören zu arbeiten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Dasselbe gilt für Ihre grandiose Haushaltsstrukturkommission, die interessanterweise weder in der Rede des Finanzministers noch in der Rede des Fraktionsvorsitzenden der CDU-Fraktion hier eine Rolle gespielt hat. Am 14. September 2010, also vor zwei Jahren und einem Monat, hat die damalige

Finanzministerin, heute Chefin der Staatskanzlei, diese Haushaltsstrukturkommission in der OTZ vorgestellt mit den Worten, ich zitiere erneut: „Wir haben die Haushaltsstrukturkommission eingesetzt, die richtig schuftet. Der Abschlussbericht wird im Frühjahr 2011 vorliegen.“ Meine Damen und Herren, in dieser Kommission schuften neben dem Finanzminister und mit beratender Stimme dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion die Chefin der Staatskanzlei, der Innenminister, der Justizminister, der Wirtschaftsminister, die Sozialministerin und Herrn Mohrings Kollege Uwe Höhn.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Mit bera- tender Stimme.)

Mit beratender Stimme, das habe ich gesagt, Herr Mohring, wenn Sie sich die Mühe machen würden, zuzuhören - aber ich wiederhole es ja auch gerne.

(Beifall FDP)

Das ganze Schuften hat aber offenbar auch relativ wenig genützt. Im Frühjahr 2011 sollte ein Abschlussbericht vorliegen. Bis heute, eineinhalb Jahre nach dem angekündigten Termin, liegt nichts vor, was auch nur ansatzweise darauf hindeutet, dass der Abschlussbericht irgendwann in nächster Zeit vorgelegt wird, geschweige denn, sich auch in den Haushalten 2013 und 2014 wiederfindet. Und mit Blick auf die Zusammensetzung, die ich eben genannt habe, kann man an der Stelle, glaube ich, mit Fug und Recht sagen, nicht nur diese Haushaltsstrukturkommission, sondern diese Landesregierung hat bei den notwendigen Strukturveränderungen versagt, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Beifall FDP)

und das nicht nur bei den Haushalten 2010, 2011 und 2012. Es gab ja einen Grund, warum der Bericht im Frühjahr 2011 vorliegen sollte, nämlich dass er schon für den Haushalt 2012 Berücksichtigung finden kann, dass eben nicht nur im vorliegenden Haushalt, sondern auch in den drei Haushalten vorher. Der Minister weiß auch das. Deshalb war das nämlich eine der spannendsten Stellen in seiner Rede, er hat es versucht, es ein bisschen unterschwellig zu machen, aber ich fand es toll, dass Sie es trotzdem gemacht haben. Er hat nämlich den Haushalt 2013/2014 nicht etwa in eine Linie gestellt mit den Haushalten 2010, 2011, 2012, sondern er hat gesagt, dass dieser Haushalt anknüpft an die Haushalte 2007, 2008 und 2009. Das ist zumindest das Eingeständnis, dass 2010, 2011 und 2012 irgendwie nicht so gelaufen ist, wie es hätte laufen müssen und wahrscheinlich auch hätte laufen können, wenn man es nur gewollt hätte, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Aber die Regierung hat ja nicht nur versäumt, Strukturen abzubauen, sondern Sie haben auch mit der Neuverschuldung, insgesamt 630 Mio. € in den beiden Jahren, 2012 ist ja neuverschuldungsfrei, das Geld ausgegeben, um eine Menge neue Strukturen zu schaffen. Da gibt es einen Generationenbeauftragten, ein 1000-Dächer-Programm, Landesarbeitsmarktprogramme, eine GreenTech-Agentur, das Projekt Gemeinschaftsschule ist ins Leben gerufen, 25 Mio. € schlagen jedes Jahr allein durch diese Strukturen im Haushalt zu Buche. Eine Strukturreform hätte ich mir anders vorgestellt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Zu diesen 25 Mio. € kommen 40 Mio. € für das Landeserziehungsgeld, die Stiftung FamilienSinn und außerdem haben wir einen geschätzten Personalüberhang von etwa 12.000 Stellen, das kann man aus dem Rechnungshofbericht ungefähr so rausrechnen. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Stellen, wo Strukturveränderungen tatsächlich notwendig gewesen wären.

(Beifall FDP)

Um da Handlungsmöglichkeiten, Handlungsnotwendigkeiten zu erkennen, meine Damen und Herren, dazu brauche ich keine Kommission. Dazu brauche ich den Willen, diese Veränderungen vorzunehmen. Dazu brauche ich den Willen, Einsparungen vorzunehmen. Das ist mein Vorwurf, genau dieser Wille fehlt dieser schwarz-roten Landesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Es ist nicht überraschend, dass es in dieser Haushaltsstrukturkommission nicht zu einer Einigung kommt. Da sitzen zwei Drittel des Kabinetts drin, meine sehr verehrten Damen und Herren. Eine Einigung war ja in Wahrheit - das unterstelle ich auch nie das Ziel. Was soll anderes herauskommen in so einer Kommission als im Kabinett bei dieser Personengleichheit?

(Beifall FDP)

In Wahrheit war das Ziel, sich einzugraben, auf Zeit zu spielen und sich einer unangenehmen Diskussion zu entledigen. Das macht aus Ihrer Sicht auch Sinn und es war am Ende ja auch erfolgreich, denn die Zeit ist vergangen, ein Ergebnis gibt es nicht. Jetzt verstecken Sie sich hinter sich selbst. Sie erzählen uns …

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Da gibt es ein ganzes Buch, das müssen Sie mal lesen.)

Ein ganzes Buch - ich werde keine Bücher lesen, ich habe hier genug Bücher vom Finanzminister vorgelegt bekommen. Die Zahlen, die da drinstehen, die zu lesen, das ist meine Aufgabe, Frau Ministerpräsidentin.

(Beifall FDP)

Die Ergebnisse der Kommission, die Sie selbst einsetzen, dort einfließen zu lassen, das wäre Ihre Aufgabe gewesen. Diese Aufgabe haben Sie nicht erfüllt. Ich finde, ein bisschen peinlich sollte Ihnen das schon sein, wenigstens das.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Das braucht es überhaupt nicht, Sie müssen auch mal den Zeitablauf sehen.)