Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Besucher auf der Tribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.
Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen der Abgeordnete Meyer, die Rednerliste führt die Frau Abgeordnete Meißner.
Es haben sich entschuldigt: Herr Abgeordneter Bergemann, Herr Abgeordneter Fiedler, Herr Abgeordneter Günther, Herr Abgeordneter Krauße, Herr Abgeordneter Höhn und Herr Minister Machnig zeitweise.
- Herr Blechschmidt, ein bisschen Zurückhaltung habe ich für Herrn Alexander Reißland, Robert Haarseim und Christian Badelt von der Firma Blauwerk Media Sondergenehmigungen für Bild- und Tonaufnahmen gemäß der Regelung für dringliche Fälle nach § 17 Abs. 4 Satz 1 der Geschäftsordnung für die heutige Plenarsitzung erteilt.
Zur Tagesordnung noch ein Hinweis: Zu TOP 12 wurde ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/5127 verteilt.
Gibt es weitere Anmerkungen zur Tagesordnung? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann treten wir in die Tagesordnung ein und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6 in seinen Teilen
a) Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für die Haushaltsjahre 2013/2014 (Thüringer Haushaltsgesetz 2013/2014 - ThürHhG 2013/2014 -) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/5059 ERSTE BERATUNG
b) Thüringer Haushaltsbegleitgesetz 2013/2014 Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/5060 ERSTE BERATUNG
c) Thüringer Gesetz zur Änderung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/5062 ERSTE BERATUNG
d) Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft des Landes - Unterrichtung des Landtags nach § 31 Abs. 2 der Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO) Unterrichtung durch den Finanzminister - Drucksache 5/5104
e) Mittelfristiger Finanzplan für die Jahre 2012 bis 2016 für den Freistaat Thüringen Unterrichtung durch die Landesregierung - Drucksache 5/5105
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, im Namen der Landesregierung lege ich im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes dem Thüringer Landtag drei Gesetzgebungsvorhaben mit der Bitte um Beratung und Beschlussfassung vor. Es handelt sich zum einen um das Haushaltsgesetz 2013/14 einschließlich der Haushaltsplanentwürfe, als Zweites um das Haushaltsbegleitgesetz sowie um das Thüringer Finanzausgleichsgesetz mit seiner Reform 2013.
Ich komme zunächst zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsbegleitgesetz: Der vorgelegte Haushaltsentwurf 2013/14 ist ein solides Zahlenwerk. Es wurde in einem komplizierten Prozess
konzipiert und durchverhandelt. Es gibt ja ein Sprichwort „Was lange währt, wird gut.“, und was hier auf dem Tisch liegt und was wir Ihnen vorlegen ist gut. Der Haushaltsentwurf gibt Antwort auf die finanzielle Gestaltung aller Bereiche der Landespolitik bis Ende dieser Legislaturperiode. Er gibt damit gleichfalls Planungssicherheit für alle gesellschaftlichen Gruppen im Lande sowie klare Orientierung insbesondere darüber, welche Impulse das Land bei gegebener Finanzknappheit setzen kann und
will. Er ist letztlich ein Beleg für die Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit dieser Landesregierung und ihr Verantwortungsbewusstsein im Interesse des Freistaats und seiner Menschen. Dafür möchte ich mich schon an dieser Stelle ausdrücklich bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Kabinett sowie bei der Ministerpräsidentin im Besonderen bedanken. Mein Dank gilt aber auch den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, nicht nur meines Hauses, für die geleistete Arbeit.
Der Doppelhaushaltsentwurf setzt den Weg der Sparsamkeit und Konsolidierung des Haushalts 2012 konsequent fort, definiert aber gleichzeitig Schwerpunkte in den verschiedenen Aufgabenbereichen der Landespolitik. Hervorgehoben werden muss: 2013 und 2014 werden nicht nur keine neuen Schulden aufgenommen, sondern es sollen jeweils 65 Mio. € alte Schulden getilgt werden. Damit stellt der Regierungsentwurf zweifellos eine Zäsur dar.
Wir betreten gewissermaßen Neuland. Das Haushaltsvolumen sinkt in zwei Schritten gegenüber 2012 um rund 150 Mio. €, in 2014 wird ein Gesamtvolumen von 8,9 Mrd. € zur Verfügung stehen. Der Personalabbau wird weiter fortgeführt. Der Haushalt 2013 weist nunmehr 8.818 wegfallende Stellen aus. Das Haushaltsbegleitgesetz enthält eine Reihe von strukturellen Maßnahmen zur Verwaltungsreform, die mittelfristig dauerhaft Haushaltsentlastungen bedeuten.
Die Kommunalzuweisungen betragen 2,6 Mrd. € und damit wiederum ein Drittel unseres gesamten Haushaltsvolumens.
Der Haushaltsplanentwurf 2013/2014 knüpft an die Jahre 2007, 2008, 2009 an, in denen schon einmal ausgeglichene Haushalte gelungen sind, wagt aber den weiterführenden Schritt der Schuldentilgung.
Meine Damen und Herren, Politik ist immer eingebettet in ihre Zeit mit ihren spezifischen Problemstellungen, auf die sie Antwort geben muss. Sie ist damit auch nicht losgelöst von äußeren und inneren Zwängen und Notwendigkeiten; dies gilt gerade für die Landespolitik. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht immer offen zutage tritt, finanzpolitisch ist Thüringen mit seiner Haushaltspolitik auch ein Teil Deutschlands und immer mehr auch Europas. Wesentliche unserer Rahmenbedingungen werden dort formuliert und festgelegt. Außerdem ist der Landeshaushalt auch immer in seine wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eingebettet und wird durch diese beeinflusst.
um Folge insbesondere der Wirtschaftsentwicklung und der Entwicklung am Arbeitsmarkt ist. Diesbezüglich konnte sich Deutschland aus dem Tal 2009 kommend eine stetige Aufwärtsentwicklung erarbeiten. Mit einem realen Wachstum von 3 Prozent in 2011 rechnet man für 2012 mit einem Anstieg von knapp unter 1 Prozent, um 2013 wiederum bei 1 Prozent zu liegen. Die Arbeitslosenquote hat sich infolgedessen auf 6,5 Prozent deutschlandweit verringert.
Dies hat Folgen, meine Damen und Herren, auch wenn die Forschungsinstitute Risiken, insbesondere aufgrund ungelöster Probleme im Euroraum, sehen. Wir rechnen nach den uns derzeit vorliegenden Informationen damit, dass die Steuerschätzung das Ergebnis von Mai dieses Jahres mehr oder wenig bestätigen wird. Dies gilt sowohl für die Landesals auch für die Kommunalebene. Damit wird sich die Stabilität und Solidität unserer Haushaltsplanung erneut bestätigen; dies auch, weil wir Risikovorsorgen veranschlagt haben.
Meine Damen und Herren, auch die Thüringer Wirtschaft entwickelt sich gut, sie entwickelt sich sogar sehr gut, ja länderüberdurchschnittlich entwickelt sie sich. Das Wachstum lag 2010 mit rund 2,9 Prozent an der Spitze aller ostdeutschen Länder, 2011 mit 3,4 Prozent noch einmal an der Spitze und immerhin an der vierten Stelle bundesweit, an der vierten Stelle aller Bundesländer.
Die Arbeitslosenquote sank von 10,5 Prozent in 2009 auf 8 Prozent. Dies ist in Prozentpunkten der zweitstärkste Rückgang bundesweit überhaupt.
Die wirtschaftliche Dynamik im Land ist allenthalben zu spüren. Gründergeist, Wagemut, Tatkraft, Ideenreichtum sowie Einsatzfreude der Menschen im Land sind zweifellos die treibenden Kräfte, aber auch der Aufbau gelungener mittelständischer Wirtschaftsstrukturen, die schon früh in den 90er-Jahren gelegt wurden. Nach meiner Auffassung ist Thüringen zweifelsohne dabei, an seine traditionelle Stärke in der Mitte Deutschlands anzuknüpfen.
Auch und gerade deshalb bildet die Wirtschaftspolitik erneut einen Schwerpunkt im Doppelhaushalt 2013/2014. Es ist für die Entwicklung der Thüringer Wirtschaft eben nicht ohne Belang, wenn sie mit Wirtschaftsfördermitteln der EU oder aus den Quellen der Bundesmittel mit einer Förderung 2013 von insgesamt rund 390 Mio. € sowie 2014 noch einmal mit rund 320 Mio. € rechnen kann.
Meine Damen und Herren, Thüringen ist auch ein Exportland mit einer Quote von 32 Prozent, wenn auch im deutschlandweiten Vergleich durchaus ausbaufähig. Unsere Wirtschaft beherrscht Technologien und stellt Produkte her, die europa-, ja welt
weit gefragt sind. Das hat nicht zuletzt die kürzliche Reise der Ministerpräsidentin nach Russland eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Es konnten Aufträge im Gesamtwert von rund 300 Mio. € nach Hause geholt werden. Die Aufträge von heute sind aber die Produktion und die Arbeitsplätze von morgen und die Steuereinnahmen von übermorgen. Auf diesem Weg, meine Damen und Herren, sollten wir fortschreiten.
Zunehmend ergeben sich grundlegende Anforderungen an den Thüringer Haushalt, an die Thüringer Haushalts- und Finanzpolitik aus Regeln der Europäischen Gemeinschaft. Diese sind tiefgreifend und leiten eine Phase abseits überbordender Staatsverschuldung in Europa ein. Im Zentrum stehen hier aktuell der Fiskalpakt und der ihn ergänzende Wachstumspakt. Wesentliches Element der Einigung zum Fiskalpakt ist die Maßgabe, dass das strukturelle Defizit ab 2014 0,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts eines europäischen Mitgliedstaates nicht übersteigen darf. Warum sage ich das? Ich sage das, weil diese Bestimmung zumindest bis 2019 eine deutliche Verschärfung gegenüber der Schuldenbremse des Grundgesetzes bedeutet. Für das föderal gegliederte Deutschland ergeben sich daraus Regelungsnotwendigkeiten, die bis zum Landeshaushalt und bis in die kommunale Haushaltsplanung durchschlagen. Denn entscheidend für Deutschland ist nicht das Defizit des Bundes, was der eine oder andere denken mag, sondern das gesamtstaatliche Defizit, also auch die Haushaltssituation Thüringens und seiner Kommunen. Nach zähen Verhandlungen konnte mit dem Bund vereinbart werden, dass die Länder bis 2019 zwar nicht in der Außenhaftung stehen, aber ab 2020 wird auch Thüringen, werden auch die Länder nach Artikel 109 zu möglichen Sanktionszahlungen herangezogen. Dieses würde im Falle eines Falles auch Thüringen treffen, sollte die Thüringer Haushaltswirtschaft ursächlich mit dafür verantwortlich sein, dass Deutschland seine Zusagen gegenüber der EU nicht einhalten kann. Wir müssen, meine Damen und Herren, diese Verpflichtung ernst nehmen und unsere Haushaltswirtschaft schon heute danach ausrichten. Die beste Prävention gegenüber künftigen Sanktionszahlungen Thüringens ist, keine neuen Schulden aufzunehmen. Genau diese Weichenstellung, meine Damen und Herren, verfolgen wir allerdings mit dem Doppelhaushalt 2013/ 2014, die außerdem in der Ihnen vorliegenden Mittelfristigen Finanzplanung ihre konsequente Fortsetzung findet.
Mehr noch, wir wollen auch über den Doppelhaushalt hinaus nicht mehr neue Schulden aufnehmen so weist es die Mittelfristige Finanzplanung aus -, sondern wir wollen tilgen, wir wollen weiter 65 Mio. € jährlich tilgen.
Deutschland hat mit der Schuldenbremse im Grundgesetz und den geschaffenen Kontrollmechanismen - ich erinnere an den Stabilitätsrat - die wesentlichen Schritte innerstaatlich zur Umsetzung des Fiskalpakts bereits vollzogen. In Thüringen befinden sich Bestimmungen in § 18 der Thüringer Landeshaushaltsordnung seit 2009, die effektiv sind und eine praktikable Regelung zur Begrenzung der Neuverschuldung darstellen. In Thüringen liegen die Regularien also vor. Dennoch, meine Damen und Herren, möchte ich heute an dieser Stelle einen erneuten Vorstoß zur Diskussion einer Verankerung der Schuldenbremse in der Thüringer Verfassung unternehmen.
In welcher Form Thüringen eine Regelung in die Verfassung aufnehmen sollte, ist aus meiner Sicht ein Punkt, den das Parlament dieses Hauses, Sie, meine Damen und Herren, in naher Zukunft gemeinsam, aber auch parteiübergreifend diskutieren sollte. Die Regelungen des § 18 in der Landeshaushaltsordnung sind meines Erachtens gut und richtig.
Meine Damen und Herren, von einer Verfassungsänderung ginge jedenfalls für die Thüringer Bevölkerung ein überzeugendes Signal aus, dass die Politik Thüringens nicht an kurzfristigen Konsolidierungserfolgen interessiert ist, sondern ihren eingeschlagenen Weg in Richtung stabiler finanzieller Grundlagen unseres Gemeinwesens dauerhaft im Sinne des Leitbildes Thüringen 2020 beschreiten will. Deshalb, meine Damen und Herren, appelliere ich an Sie, sich des Themas „Verschuldungsverbot in der Thüringer Verfassung“ erneut und ernsthaft anzunehmen. Lassen Sie uns dieses Projekt doch in Angriff nehmen.
- ja, wenn wir das machen wollen, dann bin ich zumindest handlungsfähig -, die Probleme in anderen Teilen Europas führen zu erheblichen, meine Damen und Herren, Zinsentlastungen auch in Thüringen. Dies ist unmittelbare Folge der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Jetzt hätte ich fast gesagt aufgepasst. Lagen die Zinsausgaben 2006 noch bei 708 Mio. €, so rechne ich für das Jahr 2014 mit 630 Mio. €. Wie lange allerdings derartige Perioden noch anhalten, lässt sich schwer abschätzen. Eins dürfte uns jedoch allen klar sein, diese Konstellation wird nicht ewig halten und auch deshalb ist eine Entschuldung notwendig, ist ein Entschuldungspfad eine gute Vorsorge für unser Land.