Protocol of the Session on September 21, 2012

Wenn es zu vorläufiger Haushaltsführung kommt und all die Dinge, die hier verschiedene Redner auch aus den Koalitionsfraktionen gelegentlich schon mal skizziert haben, zuletzt auch bei den

Diskussionen um die Bewirtschaftungsreserve, ich hatte in der Aktuellen Stunde Kollegin Pelke schon einmal zitiert mit den Auswirkungen der Bewirtschaftungsreserve, das ist bei der vorläufigen Haushaltsführung nichts anderes, dann ist es nicht Schuld des Parlaments, wenn vorläufige Haushaltsführung in Kraft tritt, sondern es ist Schuld dieser Landesregierung, die den Haushalt nicht rechtzeitig vorgelegt hat, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall FDP)

Machen wir schnell, aber machen wir unsere Arbeit gründlich und lassen wir uns dabei nicht hetzen. Dasselbe, was für uns gilt, das rufe ich von hier aus auch ausdrücklich insbesondere den kommunalen Spitzenverbänden zu, denn für die gilt genau dasselbe. Die sind natürlich genauso unter Zeitdruck und denen wird dann genauso vorgehalten, wenn sie sich mit ihren Beratungen, mit Ihrer Beteiligung nicht beeilen, dann sind sie sozusagen selbst schuld, wenn die Kommunen nicht rechtzeitig Geld bekommen.

Ich will vielleicht zur Beruhigung noch einmal auf das hinweisen, was der Finanzminister bei der Aktuellen Stunde vorgestern, die auf Antrag der Kollegen von DIE LINKE stattgefunden hat, zur Frage der kommunalen Auswirkungen der verspäteten Haushaltsvorlage hier ausgeführt hat. Er hat nämlich gesagt - sinngemäß - und das entspricht auch den Tatsachen: Das FAG ist ein Dauergesetz und kein jährliches Gesetz; falls Anfang 2013 kein neues Finanzausgleichsgesetz in Kraft tritt, dann bekommen die Kommunen Abschlagszahlungen auf der Basis des FAG 2012. Das wird dann verrechnet. Da aber nicht zu erwarten steht nach den Zahlen, die wir kennen, dass das FAG 2013 für die Kommunen viel besser wird, denke ich, ist man mit einer konservativen Herangehensweise da gut beraten. Dass man keinen Haushalt machen kann und sich deswegen hetzen lassen muss, das ist, glaube ich, ein Glatteis, auf das sich die Kommunen nicht führen lassen müssen, insbesondere weil es da ja auch eine ganze Reihe Unwägbarkeiten gibt. Ich will nur darauf hinweisen, die Industrieund Handelskammer hat gerade ein Gutachten in Auftrag gegeben, in welchem analysiert werden soll, wie auf Landesebene Standards vorgegeben sind, die sich auf kommunaler Ebene zu Kostentreibern entwickeln. Daraus sollen dann Empfehlungen abgeleitet werden. Ich rate, solche Gutachten da in die Überlegungen sehr intensiv mit einzubeziehen.

(Beifall FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Abschluss: Ich sage, wenn der Landeshaushalt zu spät in Kraft tritt, das will ich noch mal ausdrücklich betonen, dann wird es nicht die Schuld des Landtags sein, sondern es ist die Schuld dieser Landesregierung. Jeder Schaden, der aus einer verspäte

ten Verabschiedung des Landeshaushalts resultiert, geht auf Ihr Konto. Diesen Vorwurf werden Sie sich auch weiter gefallen lassen müssen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Barth. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Voß, eigentlich haben Sie doch für die Kolleginnen und Kollegen aus der Regierungskoalition nur noch eine Möglichkeit offengelassen. Wenn die sich nicht völlig - etwas flapsig gesagt - zum Obst machen wollen, dann müssen sie heute dem Antrag der LINKEN zustimmen. Denn wenn sie ansonsten heute nicht zustimmen

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ja, aber er ist kein Abgeordneter.)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Er würde wahrscheinlich gern zustimmen, aber er ist kein Abgeordneter.)

und im Oktober vorlegen,

(Beifall DIE LINKE)

obwohl ihnen der Finanzminister in offener Rede hier schon gesagt hat, dass er im Oktober kommen wird, dann allerdings, meine Damen und Herren, haben Sie wirklich die Peinlichkeit auf die Spitze getrieben bei diesem Haushalt.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das werden Sie auch nicht dadurch übergehen können, dass, wenn jetzt hier gleich vorne die Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition reden dürfen, Sie dann sagen, ja, der Antrag ist überflüssig, weil wir es ja sowieso machen. Dass wir uns darauf nicht verlassen können, das wissen wir seit Mai dieses Jahres. Alle Versprechungen über die Frage, wann kommt der Haushalt, sind nichts gewesen, alle sind gebrochen worden. Ihnen glauben wir, was das Thema angeht, wann Ihr Haushalt kommt, kein einziges Wort,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

aber wir glauben dem Minister. Und wenn wir dem Minister glauben, können Sie ihm doch auch mal glauben und dann können Sie dem Antrag auch zustimmen, denn er ist notwendig offensichtlich, denn alleine schaffen Sie es nicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hätten Sie es alleine schaffen wollen, hätten Sie ihn ja vorgelegt, und zwar heute, hier und nicht erst in vier Wochen.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Immerhin.)

Ja, immerhin, genau, die Bemerkung war richtig. Was ist eigentlich die Absicht dahinter gewesen, dass wir zu diesem Zustand gekommen sind, den wir heute hier zum wiederholten Male diskutieren müssen? Es gibt ja durchaus Gründe dafür, warum Haushalte nicht pünktlich vorgelegt werden können. Aber man kann ja einige schon mal ausschließen, jedenfalls nach den Worten, die wir im Finanzausschuss und auch hier gehört haben. Eine mögliche Situation hat es scheinbar nicht gegeben, nämlich die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Man muss auch mal Glück haben als Finanzminister und dieser hier hatte im Mai Glück mit der Steuerschätzung und dementsprechend konnte er alle strukturellen Probleme, die sich eventuell hätten auftun können in diesem Haushalt, scheinbar überspielen und in der Lage sein, den Fachministerien gegenüber „so weich“ zu sein, dass es einen Konsens gegeben hat, denn seit vier Monaten gibt es einen ausverhandelten, eigentlich vorlegbaren Haushalt - Aussage aus dem Haus. Es gab also richtige Rahmenbedingungen als Problem nicht.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Herr Meyer, das ist kein Ergebnis von Weichheit.)

Dann drücke ich das mal anders aus, wenn Sie das nicht Weichheit nennen möchten, das verstehe ich auch wieder, Sie hatten Verhandlungsspielraum. Den haben Sie durch die Steuerschätzung bekommen und da haben Sie Glück gehabt.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: 800 Millionen sind verhandelt.)

Es war auch scheinbar nicht …

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Und selbst damit nicht hinbekommen.)

Ich schätze auch diese Diskussion, aber vielleicht trotzdem, es war auch nicht die Unmöglichkeit des Ausgleichs des Haushalts, die objektiv hätte da sein können und die ja durchaus von der SPD für 2014 prognostiziert wird. Ich will zu dem Thema nur so viel sagen, weil wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Doppelhaushalt wollen, aber wir akzeptieren schon die Tatsache, dass wir nur heute in die Zeitung gucken müssen, um - was die wirtschaftliche Entwicklung angeht - folgende Schlagzeile lesen zu können - ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus der „Süddeutschen“ von heute auszugsweise Schlagzeilen, auszugsweise im Sinne, ich wollte nicht alle nennen, sie waren alle im selben Tenor, drei Stück -, ich zitiere: „Italien rechnet mit scharfer Rezession“, die Zweite: „Krise erreicht

(Abg. Barth)

deutsche Autobauer“ und die Dritte: „Tausende Jobs in Deutschland in Gefahr“ und dabei handelt es sich um das Thema der Deutschen Bank. Das sind nun nicht gerade drei Aussagen, die dafür sorgen, dass das Glück des Finanzministers über die November-Steuerschätzung hinaus anhalten muss. Deshalb die Bemerkung auch mal kurz in Richtung FDP: Wenn 1 Mio. € übrig sein sollten in diesem Doppelhaushalt, den Herr Voß vorlegen möchte, dann glaube ich, dass sie dadurch gut verwendet wird, dass man damit versucht, diese dunklen Wolken abzufedern. Es sind zweimal 65 Mio. € schon zu tilgen aus den Verlusten von 2011.

Die Steuerschätzung ist wie ein Würfelspiel. Wenn Sie sich die tatsächlichen Ergebnisse der Steuerschätzungen anschauen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

also der Steuerergebnisse und der Steuerschätzungen, sehr peinliche Situation für alle, die das machen, wir haben nur leider nichts Besseres, deshalb diskutieren wir an den Steuerschätzungen nicht rum, aber leider muss man feststellen, gerade 2008, 2009, 2010 und 2011 waren die Steuerschätzungen in der Regel nicht das Papier wert, auf dem sie gestanden haben. Einmal hat es geklappt, 2012, das muss ich zugeben, das ist eben so, das muss ja auch mal so sein.

Zum Dritten könnte man ja auch behaupten, dass es diese unterschiedliche Einschätzung über die wirtschaftliche Entwicklung gibt, das tut ja die SPD mit wachsender Begeisterung und sie hat ja auch „Anlass“ dazu. Aber wie wir alle wissen, ist das nicht der wirkliche Grund. Der wirkliche Grund, warum wir heute hier wieder keinen Haushalt vorgelegt bekommen haben, ist das Rangeln um Positionen für den Wahlkampf 2014 und das jetzige Einfahren von potenziellen Wahlgeschenken, mit denen man sich präsentieren kann als das soziale Gewissen einer Koalition, die das vielleicht hat, aber nicht zeigen kann, weil man ja einen Doppelhaushalt hat. Das ist der eigentliche Grund, warum die SPD und die CDU zurzeit nicht zueinander gekommen sind. Wir haben hier eine sehr unangenehme Situation erlebt, finde ich, für alle unangenehm, nicht nur für die Koalition, auch für uns, denn ein Kollateralschaden, das habe ich bereits vorgestern bei der Aktuellen Stunde gesagt, ist, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Seriosität unserer Politik weiter gesunken ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben nicht wir als Opposition zu verantworten, das verantworten ganz allein Sie. Einen Haushalt, den man vorlegen kann, nur deshalb nicht vorzulegen, weil man sich nicht traut, ihn ein- oder zweijährig zu machen, ist nicht nur peinlich, es ist eine Unfähigkeit zu regieren. Zu Recht

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

sind daraufhin auch schon Forderungen laut geworden, dass diese Koalition am Ende ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Eine letzte Bemerkung noch dazu: Was mich persönlich daran weiter extrem ärgert, ist die Tatsache, dass wir den Kommunen gegenüber eigentlich schon - ich müsste mich schon bei Herrn Barth bedanken dafür, dass er darauf hingewiesen hat, dass die Kommunen das überhaupt mitmachen, auf diese Art und Weise ein völlig neues FAG zu bekommen und das über den Jahreswechsel hinaus diskutieren zu müssen mit all ihren Gremien, nur weil diese Koalition sich nicht getraut hat, das FAG schon im Mai, Juni oder Juli vorzulegen. Es ist ja nicht verboten, ein FAG auch in die Diskussion zu bringen, bevor der Haushalt vorgelegt wird, auch das wäre möglich gewesen. Nein, die

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Debatte darf jetzt möglichst schnell passieren, möglichst über Weihnachten passieren, damit man auch möglichst wenige Diskussionen dazu hat, wenn alle in den Winterferien sind, auch das gehört mit dazu.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Ein Erpres- sungsversuch!)

So weit würde ich jetzt nicht gehen.

Und letztens zu dem Thema: Was wir damit auch wieder erreichen, ich werde nicht müde, es hier vorn zu betonen, ist die strukturelle Untätigkeit.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Die strukturelle Unfähigkeit!)

Herr Voß hat das Glück - er nennt es Zufall, egal gehabt, dass alle strukturellen Probleme, die wir unweigerlich in diesen Haushalten haben, zugedeckt werden können durch den Effekt der besseren Mai-Steuerschätzung. Wäre sie nicht gekommen, wären wir nur über 200 oder 300 Mio. € schlechter ausgefallen, würden hier alle heute mit hochrotem Kopf sitzen und nicht wissen, wie sie weiter diskutieren sollen, weder in den Fachressorts noch der Finanzminister und schon gar nicht die Koalition. Ich habe mal gelernt, dass Wirtschaft in Wellen wächst. Wie weit die Welle in Deutschland noch trägt, ist die große Frage. Dass sie nicht ewig tragen wird, ist eine feststehende Tatsache. Wann hier der Abschwung kommt - ich muss ja nicht gleich von Rezession reden - oder die Abschwächung des wirtschaftlichen Wachstums, kann ich auch nicht sagen. Ich habe Ihnen die Zitate aus der Zeitung heute vorgelesen, aber dass sie kommt, ist unweigerlich, und dann werden alle Strukturprobleme, die wir haben - ich erinnere an das Thema rückgehende Zuweisungen von Europa, wir müssen mehr Pensionslasten schultern usw. -, mit Macht auf uns schlagen, ohne dass ich eine

einzige strukturelle Änderung in diesem Haushalt erkennen kann, außer dass wir ab und zu mal zwei kleine Behörden zusammenlegen und das dann auch auf eine Art und Weise, wo hinterher keine nachweisbare Kostenersparnis dagewesen ist. Dann kommt im Oktober oder November, sagt Herr Voß, vielleicht etwas, was er schon vor anderthalb Jahren angekündigt hatte, nämlich ein Bericht über die Frage, welche Strukturänderungen wir machen können. Dann ist - offensiv gesprochen - alles gelesen, der Haushalt ist durch, die Koalition bereitet sich auf das Ende dieser Legislaturperiode vor und darauf, sich möglichst gut auf den Wahlkampf einzustimmen, und schon im Jahr 2014 darf ein neuer Anlauf genommen werden, hoffentlich in einer anderen Konstellation. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Abgeordneter Meyer. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Lehmann für die CDU-Fraktion.