ten. Das Gegenteil ist der Fall: Informationsfreiheit bedeutet, den Bürgerinnen und Bürgern die Herrschaft über Informationen und Verwaltungsvorgänge zurückzugeben bzw. zu gewähren, die zur Verwaltung ihrer/unserer Angelegenheiten dienen. Das Datenschutzgrundrecht ist entwickelt worden in der Rechtsprechung als Recht auf die informationelle Selbstbestimmung - ein etwas sperriger Begriff, der aber hier vollkommen passgenau ist. Der Datenschutzbeauftragte - und ich weiß nicht, wie Sie zu Ihrem Missverständnis kommen - ist ein Persönlichkeitsrechtswahrer und gerade kein behördlicher Geheimschutzbeauftragter. Dass Sie das verwechseln und nicht erkennen können, das tut ja schon fast weh. Deswegen ist die Ansiedlung beim Thüringer Datenschutzbeauftragten vollkommen richtig, weil es darum geht, Persönlichkeitsrechte zu schützen, auch wenn es um Behördenvorgänge geht. Da sind die Grenzen der Transparenz. Deswegen ist es zum Beispiel wichtig und richtig - und darauf hat Herr Minister Geibert auch schon hingewiesen -, dass wir zum Beispiel den kommerziellen Handel mit Verwaltungsinformationen auch als Ordnungswidrigkeit ansehen, weil wir auch so etwas nicht kommerzialisieren wollen. Auch dafür ist der Datenschutzbeauftragte da. Wie gesagt, wir haben noch Ausschussberatungen vor uns, ich denke, einer Anhörung können und werden wir uns auch nicht verschließen, das ist wichtig und richtig. Wir wollen Transparenz und Öffentlichkeit schaffen. Das Informationsregister wird kommen und damit werden wir in Thüringen das erste Flächenland sein, das etwas Derartiges einführt. Darauf bin ich jetzt schon stolz und freue mich auf eine anregende Diskussion in der Anhörung und in der Ausschussbefassung mit Ihnen allen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen hier im Thüringer Landtag, ich kann meine Rede an manchen Stellen kürzen, weil Frau Kollegin Renner schon sehr ins Detail gegangen ist, und diesen Detailkritiken schließen wir uns an. Ich habe mich sehr gefreut, dass die allgemeinen Ausführungen, die ich machen möchte, von Herrn Gumprecht offensichtlich komplett geteilt werden. An sehr vielen Punkten kann ich mich Ihrer Meinung anschließen. Was ich nicht verstehe, ist, dass Sie sich in der Koalition dann nicht darum bemüht haben, ein anderes Gesetz zu bekommen, weil diese Sicht, die Sie vorgetragen haben, dass die moderne Bürgergesellschaft
nur mit mehr Informationen leben kann, in diesem Gesetz meiner Meinung nach überhaupt nicht adäquat abgebildet wird.
Ich kann mich der FDP anschließen. Auch wir wünschen die Überweisung an den Innenausschuss und man kann nur hoffen, dass für dieses Gesetz gilt, was als Spruch oft im Parlament unterwegs ist, dass dieses Gesetz das Parlament nicht so verlässt, wie es hineingekommen ist.
Erstaunt, liebe Frau Marx, hat mich Ihr Beitrag hierzu. Gerade wenn man Ihren Gesetzesantrag, Ihre Vorlage im Internet lesen kann, dann stellt man doch erhebliche Differenzen zu dem jetzt vorgelegten und von Ihnen auch vehement vertretenen fest. Sie attackieren DIE LINKE, dass sie ein altbackenes Gesetz vorgelegt haben und Sie hätten ein modernes Gesetz, das kann man vielleicht am Ende noch mal so beurteilen. Das Einzige, was ich wirklich nicht verstanden habe, ist, wie Sie Ablehnungsfiktion und proaktiv zusammenbringen wollen, und das auch noch modern nennen. Das habe ich überhaupt nicht verstanden, da kann man nur mit dem Kopf schütteln.
Grundsätzlich - und das muss uns allen doch bei der Arbeit an diesem Gesetz klar sein -, reden wir hier über eine Selbstverständlichkeit. Das, was der Staat an Informationen erlangt, gehört doch nicht dem Staat, dem einzelnen Bearbeiter, sondern es ist doch ein Allgemeingut in unserer Bevölkerung. Es wurde hier schon mehrfach gesagt, nicht der Bürger muss gläsern werden, sondern der Staat,
sonst kommen wir nicht weiter. Alles, was dabei hilft, ist gut, das ist richtig, aber manchmal ist gut eben nicht gut genug und deshalb kritisieren wir dieses Gesetz.
Es ist doch eine Binsenweisheit, dass - und das habe ich schon gesagt - die Daten nicht den Amtsstuben gehören, sondern unseren Bürgern. Deshalb gibt es eigentlich gar keinen Grund, ein Gesetz zu machen, das den Bürgern erlaubt, Informationen zu bekommen, sondern wir müssten vielleicht ein Gesetz machen, wo für kleine Ausnahmefälle beschrieben wird, wo es eben nicht sein darf, weil es vernünftig sein könnte.
Grundsätzlich müsste jeder Bürger sich über alles informieren können, was es auch nur so im Staat gibt.
In Ihrer Vorlage habe ich gelesen, dass die öffentlichen Sitzungen der Landtagsausschüsse als Protokoll doch endlich in dieser Informationsplattform dargelegt werden. Also, wenn wir dafür ein Gesetz brauchen, dass öffentliche Sitzungen - die Protokolle darüber - der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden, dann hinken wir einer modernen Informationsgesellschaft
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zugutehalten muss man der ganzen Debatte, dass die offene Gesellschaft noch ganz am Anfang steht. Wir werden alle hier noch sehr, sehr viel lernen müssen. Wenn man sich anschaut, was im Augenblick in Tambach-Dietharz geschieht, dort ist ein Großprojekt, das diskutiert wird, und noch bevor das Raumordnungsverfahren begonnen hat, sitzen Vorhabensträger, Verwaltung und Bürger an einem runden Tisch. Und jenseits der Richtlinien für Raumordnungsverfahren, Planfeststellungen, Umweltweltprüfungen usw. diskutieren Betroffene und Verwaltung ganz offen über Fragestellungen. Gutachter werden hinzugezogen und es ist unglaublich spannend, weil wir in Thüringen so etwas noch nie hatten, zu erleben und zu erfahren, was daraus werden wird. Ob das gut wird, wir werden es in ein paar Jahren wissen und sehen.
Aber auch die Bürger müssen viel lernen - und das ist hier auch gesagt worden -, dass das Einfordern von Rechten auch einhergehen muss damit, dass man diese Rechte wahrnimmt. Es ist viel über die Statistik gesprochen worden und ich muss Ihnen nicht noch mal zitieren, wie wenige die bisher bestehenden Rechte aus dem bestehenden Informationsfreiheitsgesetz wahrgenommen haben. Schockierend aber ist, wenn man in die Kleine Anfrage von Frau Kollegin Renner schaut, dass in den Jahren 2008 und 2009 56 Anträge gestellt wurden und 33 sind einfach nicht bearbeitet worden, 33 sind abgelehnt worden. Wenn man sich dann überlegt, dass der Gesetzeszweck das Bereitstellen von Informationen ist, dann muss man sagen, Verwaltung hat hier gegen das Gesetz gehandelt, denn
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiterer Punkt, auf den ich noch mal eingehen will und der wichtig ist, sind die Kosten. Man kann sagen, jetzt haben wir das alles gut geregelt. Aber wenn mir ein Bürger erzählt, dass er für eine Umweltinformation - Grundlage hier Umweltinformationsgesetz - einmal bei postalischer Zusendung der Unterlagen 64,50 € bezahlen sollte und bei Bereitstellung als
PDF sogar 78 €, dann fällt doch eines auf, dass der Bürger, der anfängt, sich zu engagieren für das Allgemeinwohl - hier Umweltrecht -, der viel Zeit investiert, dann auch noch zur Kasse gebeten wird.
Meiner Meinung nach haben Sie hier einen vollkommenen Logikknick, den es einmal genauer zu beleuchten gilt. Ich will vorher noch auf zwei andere Aspekte eingehen.
Herr Minister Geibert, Sie haben gesagt, ein Fortschritt in dieser Gesetzesvariante ist jetzt, dass dem Bürger vorher gesagt wird, wenn er Informationen abfordert, wie teuer ihn das kommt. Wir müssen doch eigentlich dahin kommen, dass dem Bürger gesagt wird, das wird dich nichts kosten, denn wir freuen uns darüber, dass du Informationen abforderst.
Warum soll sich die Verwaltung darüber freuen? Sie schütteln den Kopf. Warum soll sich die Verwaltung darüber freuen? Ich versuche ein Beispiel aus einer anderen Regelungsmaterie. Jedes Beispiel hinkt, ja, das ist in Ordnung. Wenn wir uns anschauen, was wir nach der Einführung von Hartz IV erlebt haben, da hatten wir eine Bundesagentur, die zuständig war, die Mittel bereitzustellen für den Einzelnen, die ein vollkommen unzulängliches Computerverfahren dafür hatte, die Ansprüche zu berechnen. Durch die Einsprüche der Bürger, durch das Abfordern - wie habt ihr es berechnet? -, ist diese Software weiterentwickelt worden. Wenn ich da richtig informiert bin, gehen die Zahlen der Klagen an den Sozialgerichten weit zurück, weil Bürger dieses Verwaltungsverfahren weiterqualifiziert haben.
Herr Kollege Machnig bezahlt viel Geld für Evaluierungen seiner Maßnahmen, seiner Politik aus seinem Haus. Viel Geld gibt er da an Beratungsagenturen. Um wie viel günstiger wäre es, wenn wir unsere Bürger, für die das wirken soll, als eigenen Indikator in die Unterlagen hineinsehen lassen könnten und uns sagen lassen würden, das ist doch nicht in Ordnung, hier seht ihr es falsch, hier habt ihr nicht den richtigen Blick auf den Einzelfall gehabt. Diese Interaktion - das ist das Neue - von Bürger und Verwaltung, die muss doch Ziel dieses Gesetzes sein.
Herr Innenminister und auch Frau Marx haben gesagt, sie wollen kommerzielles Nutzen von Daten ausschließen. Auch dafür fehlt mir jegliches Verständnis. Sie sagen, Informationen dürfen nicht kommerzialisiert werden. Ja, dann machen wir die Informationen doch frei zugänglich, stellen wir sie
Der beste Weg, staatlich gewonnene, von der Allgemeinheit bezahlte Informationen einer Kommerzialisierung zu entziehen, ist das einfache Freigeben und Ins-Internet-Stellen und in den amtlichen Bibliotheken und Lesestuben das Vorhalten von Informationen, dann kommt man gar nicht weiter. Ich will Ihnen auch noch eine Kritik dazu sagen. Wenn Sie das kommerzielle Nutzen ausschließen wollen oder sogar unter Strafe stellen - einen Bürger, der sich heute für einen Bebauungsplan, möglicherweise einer großflächigen Bebauung irgendwo in Thüringen interessiert und der zwei Jahre später dann auf die Idee kommt, mit dem Vorhabensträger, der dort eine große Lagerhalle - zum Beispiel in einem Thüringer Gewerbegebiet - gebaut hat, ins Gespräch zu kommen darüber, ob er nicht auf dieser Lagerhalle vielleicht eine PV-Anlage einrichten kann, den wollen Sie dann mit Ordnungsgeldern belegen, nur weil er sich vorher interessiert hat, was da gebaut werden soll, wenn Sie es ihm dann nachweisen. Ich glaube, dieser Gedanke geht vollkommen an den Vorstellungen, Bürgern Partizipation zu ermöglichen, vorbei, vollkommen vorbei, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Umkehrlogik muss sein, Informationen freizustellen. Ich will - das ist jetzt eine rhetorische Überspitzung - nicht so weit gehen, zu sagen, dass der Bürger eigentlich Geld dafür bekommen müsste, wenn er sich so interessiert für das Allgemeinwohl und sich so engagieren will, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Auf dem Weg in die moderne Bürgergesellschaft kann nur mehr Information helfen. Wir brauchen mehr Beteiligung. Diese Beteiligung müssen wir nicht nur zulassen, sondern diese Beteiligung müssen wir anregen. Da darf das Bereitstellen von Papier nicht das Riesenproblem sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nur noch mal ganz kurz darauf eingehen, wie restriktiv diese Gesetzesvorstellung ist. Drei Monate Zeit wollen Sie der Verwaltung geben, Informationen bereitzustellen. Wer sich schon mal mit so einem Planungsverfahren, wie wir es in Thüringen oft haben - Gewerbegebiete sollen ausgewiesen werden, Müllverbrennungsanlagen sollen gebaut werden -, befasst hat, weiß eines ganz genau, die Verwaltung arbeitet viele Jahre an solchen Vorlagen mit dem Vorhabensträger zusammen, die Bürger haben dann vier Wochen Zeit, Stellung zu nehmen und Sie räumen Ihrer Verwaltung dann wieder drei Monate ein. Ich kann nur vermuten, dass Sie als
Grundlage die Idee haben, dass die Akten in schlechtem Zustand sind. Das will ich eigentlich lieber nicht unterstellen. Aber wenn unsere Akten in den Amtsstuben in ordentlicher Form vorliegen, dann muss es auch möglich sein, Bürgern innerhalb eines Monats Auskunft zu geben. Sonst ist nämlich meistens der Sachverhalt, um den es geht, durch. Verkürzen Sie diese Frist, auch das ist ein Weg zu mehr Bürgerfreundlichkeit. Vielen Dank.
Vielen Dank. Ich sehe seitens der Abgeordneten keine weiteren Wortmeldungen mehr. Zu Wort gemeldet hat sich die Landesregierung, der Innenminister, bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir werden noch viel Gelegenheit haben, im Innenausschuss über alle möglichen Details zu diskutieren, aber den letzten Redebeitrag kann man einfach nicht so stehen lassen,
der von einer totalen Fehlvorstellung der öffentlichen Verwaltung ausgeht, ein totales Schiefbild der öffentlichen Verwaltung zeichnet, der überhaupt keinen Schutz privater Belange und Datenschutz kennt, wenn ich das, was ich höre dann auch als Ernst verstehen muss. Ich verstehe nicht, wie wir in diesem Hohen Haus vor Kurzem einhellig Beschlüsse gefasst haben, das Meldewesen zu überarbeiten, was der Bund dort gesagt hat in dem Entwurf, der im Bundesrat im Moment liegt, kommerzielle Interessen können dazu führen, dass Meldedaten missbraucht werden, einhellige Auffassung, die GRÜNEN haben dort mitgestimmt, während jetzt hier dem Informationsfreiheitsanspruch auch in dem Bereich dann ganz offensichtlich Tür und Tor geöffnet werden sollen. Ich denke, über diese Widersprüchlichkeit in der Argumentation wird es noch interessante Debatten im Innenausschuss geben. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich schließe die Aussprache. Es wurde von allen Fraktionen die Überweisung an den Innenausschuss beantragt. Dann stimmen wir darüber ab. Ich frage, wer für die Überweisung dieses Gesetzentwurfs der Landesregierung an den Innenausschuss ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe die Zustimmung bei der FDP, der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den LINKEN. Wer ist dagegen? Wer
enthält sich? Keine Gegenstimmen und keine Enthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf an den Innenausschuss überwiesen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.