Die Rente mit 67 haben Sie erwähnt. Das ist mir entgangen, dass das eine Erfindung der Thüringer Landesregierung ist. Wenn die zum Sparen mittelfristig beiträgt, ist das in Ordnung, aber die hier als Ergebnis einer Kommission zu verkaufen und das auch noch mit Blick darauf, dass das zwei Jahre gedauert hat, halte ich auch für eine relativ mutige Interpretation.
Sie haben die Grunderwerbsteuer erwähnt. Das ist in der Tat der einzig wirklich konkrete Punkt, den ich auch erkenne, der umgesetzt worden ist. 30 Mio. €, wenn ich es richtig weiß, werden also an
Mehreinnahmen dort generiert. Ich will mal sagen, das sind 30 Mio. €, die zum großen Teil von privaten Häuslebauern kommen, die zum großen Teil von jungen Familien kommen, die sich von dem, was sie erarbeiten, von dem, was sie erspart haben, ein Häuschen leisten können. Jetzt können Sie hergehen und sagen, das sind 1.500 oder 2.000 € im Einzelfall. Richtig, aber es sind 1.500 oder 2.000 € im Einzelfall und wer weiß, wie beim Bauen bei jungen Familien manchmal gerechnet wird, da sind 1.500 oder 2.000 € die Frage, welcher Fußbodenbelag kommt zum Beispiel ins Kinderzimmer, kann ich mir den antiallergenen leisten oder kann ich ihn mir vielleicht doch nicht leisten. Das finde ich an der Stelle dann eine Herangehensweise, das kann man machen, aber mit sozial und familienfreundlich hat das auf jeden Fall mal nichts zu tun.
Die Optimierung der EU-Mittel - den Absatz fand ich ganz besonders spannend. Man muss in der Tat nun nicht jede Ausgabe - das habe ich auch bei der Einbringung gesagt - für falsch halten. Ganz im Gegenteil, ich glaube, dass es richtig ist, dass wir auch in Bereichen ganz ausdrücklich nicht sparen. Aber dass das Landesarbeitsmarktprogramm jetzt plötzlich dadurch schön wird, nur deshalb, weil wir es nicht mehr bezahlen, sondern weil wir uns das Geld jetzt von der EU holen, das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine Form von Kirchturmhaushaltspolitik, die wir uns nicht leisten können.
Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in Deutschland und in Europa ist die Ursache für die Eurokrise, für die Finanzkrise, in der wir gerade mittendrin sind.
Da ist es nicht entscheidend, ob das Geld aus dem Thüringer Haushalt kommt oder aus dem Europäischen Haushalt. Da, lieber Herr Minister, muss ich sagen, das hat mich ein bisschen enttäuscht, weil ich glaube, an der Stelle wissen Sie es auch besser, als Sie es hier vorgetragen haben, dass es eben gerade nicht so ist, dass es egal ist und Hauptsache die anderen bezahlen es und wir partizipieren davon. Das kann nicht der Grundsatz einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik sein.
Sie, Herr Kollege Pidde, haben im Zusammenhang mit der Diskussion und dem Doppelhaushalt gesagt, das ist ja alles ganz schön, wenn der Bericht dann im November erst kommt, dann kann er ja immerhin in den Haushalt 2014 noch einfließen. Ihr Ziel, keinen Doppelhaushalt zu machen, ist doch
nicht darauf gegründet, dass wir dann die Ergebnisse der Haushaltsstrukturkommission in den Haushalt 2014 einfließen lassen können, sondern Sie wollen keinen Doppelhaushalt, weil Sie 2014 mit dem Füllhorn und mit Geschenkversprechen durch das Land ziehen wollen, um den Wahlkampf zu gestalten; das ist die Wahrheit.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, halte ich es auch für notwendig, dass der Bericht der Haushaltsstrukturkommission im September vorliegt.
Als die Kommission im März 2010 gegründet wurde, da wurde gesagt, die ersten Zwischenberichte, die ersten Ergebnisse sollen zu einem Zeitpunkt vorliegen, an dem sie noch ihren Niederschlag in den Haushaltsberatungen für den Haushalt 2011 finden können. Mit einem Vorlagetermin des Berichts im November 2012 erreichen Sie, und wenn wir das durchgehen lassen, erreichen wir, dass, wir nehmen einmal an, der Größere gewinnt, bei Vorlage eines Doppelhaushalts wir als Abgeordnete keine Chance mehr haben, die Ergebnisse der Haushaltsstrukturkommission in die Haushaltsberatungen einzubringen, denn nach November ist nur noch die abschließende Beratung im Haushaltsund Finanzausschuss und die abschließende Beratung hier im Plenum vorgesehen. Da sind alle anderen Termine für Änderungsanträge, auch für die Beratung im Haushaltsausschuss der Einzelpläne usw., die sind alle durch, wenn Sie den Bericht erst im November vorlegen. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, man könnte natürlich jetzt sagen: Ja, wahrscheinlich haben wir eben bis dahin noch gar keinen Haushalt. Vielleicht ist auch das der Hintergrund. Sie legen den Haushalt vielleicht so spät vor, dass es vielleicht doch noch funktioniert. Das will ich nicht hoffen, das kann man sich auch nicht wirklich wünschen.
Deswegen noch einmal mein dringender Appell, wir müssen uns als Parlament über die Ergebnisse dieser Kommissionen informieren lassen, und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Ergebnisse auch noch in die Haushaltsberatungen einfließen können. Deswegen werbe ich ausdrücklich um Unterstützung für den zweiten Punkt, nämlich die Vorlage des Berichts im September. So groß ist der Abstand ja gar nicht. Vielleicht, Herr Minister, können Sie mit Ihren Beamten ja ein bisschen zügiger arbeiten, in zwei Monaten entsteht da vielleicht nach über zwei Jahren Arbeit in der Strukturkommission jetzt auch nicht mehr so viel Neues, dass man unbedingt bis November warten muss, vielleicht schaffen Sie es ja, den Bericht schon bis September vorzulegen. Wenn wir das so beschließen, kommt da ein bisschen Druck in den Kessel, das kann nicht schaden. Vielen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Adams, zur Orientierung, Sie haben noch 3 Minuten und 30 Sekunden.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht auch ganz schnell. Die Debatte hat eines ganz deutlich gezeigt, und Herr Pidde, da müssen Sie sich korrigieren lassen: Wenn die FDP hier, und wir werden das unterstützen, einen Zwischenbericht im September fordert, dann doch nur deshalb, weil bisher alle Ankündigungen seitens der Regierung und der regierungstragenden Koalition, wann sie denn mit ihren Reformprojekten fertig sind, einfach nur heiße Luft gewesen sind. Sie alle haben sich an ihre Terminpläne nicht gehalten, Sie haben Kommissionen gebildet ohne Ende und am Ende ist zu befürchten, dass diese Legislatur als die Legislatur in die Geschichte eingehen wird, in der man mit Gebiets-, Verwaltungs- und Strukturreform keinen Zentimeter vorwärtsgekommen ist.
Eine Sache wäre noch wichtig zu verstärken. Wenn wir hier diskutieren über Verwaltungsreform, speziell diesen Teil, für den will ich sprechen, dann darf es nicht eine Verwaltungs-, eine Struktur- und eine Gebietsreform sein, die dazu führt, Geld zu sparen, weil dieses Einfach-nur-Geld-sparen-Wollen führt einen immer wieder auf den falschen Weg. Was wir wollen, ist eine Verwaltungs-, Struktur- und Gebietsreform, die ein ganz neues Verhältnis zwischen Staat und Bürgern begründen will und begründen kann. Das ist ein weiter Weg, das ist ein schwerer Weg. Wir müssen weg von diesem Herrschaftsstaat, der gütig den Haushalt irgendwann vorlegt und selbst im Parlament diskutiert.
Wir müssen dazu kommen, viel mehr Beteiligung möglich zu machen, und das muss das Ziel dieser Strukturreform sein. Strukturen zu schaffen, in denen Beteiligung möglich wird und Beteiligung auch gelebt werden kann und fruchtbar erschlossen wird. Vielen Dank.
Danke, Herr Abgeordneter. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, so dass ich die Aussprache schließen kann.
Ich gehe davon aus, dass das Berichtsersuchen zu Nummer I des Antrags erfüllt ist. Ich sehe keinen Widerspruch. Ich habe auch kein Verlangen auf Fortsetzung der Beratung im Ausschuss vernommen. Auch eine Ausschussüberweisung von Nummer II des Antrags hat nicht stattgefunden, so kommen wir direkt zur Abstimmung über die Nummer II des Antrags der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/4538. Wer dieser Nummer II zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das ist die Zustimmung der Fraktionen der FDP und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer lehnt die Nummer II ab? Ablehnung kommt von der CDUund der SPD-Fraktion und von der Fraktion DIE LINKE. Damit ist der Antrag abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Die erste Mündliche Anfrage stellt Abgeordneter Kuschel von der Fraktion DIE LINKE. Das finden wir alles wieder in der Drucksache 5/4608. Herr Kuschel, bitte.
Ermessen bei der Rückforderung von Überzahlungen der Werkleitung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Arnstadt und Umgebung
Der Landesrechnungshof hat im Rahmen einer überörtlichen Kommunalprüfung u.a. festgestellt, dass die Werkleitung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Arnstadt und Umgebung (WAZV Arnstadt) über mehrere Jahre außertariflich überzahlt wurde. In Umsetzung dieser Prüfungsvorstellung hat die Verbandsversammlung nunmehr die tarifliche Vergütung der Werkleitung beschlossen (vgl. Drucksache 5/4589). Ob und in welcher Höhe möglicherweise Rückforderungen gegenüber der Werkleitung wegen der außertariflichen Überzahlung geltend gemacht wurden oder dies noch erfolgen soll, ist dem Fragesteller nicht bekannt.
1. Durch wen wurden gegenüber der Werkleitung des WAZV Arnstadt Rückforderungsansprüche im Zusammenhang mit der außertariflichen Überzahlung geltend gemacht oder ist dies beabsichtigt?
2. Wer ist für die Geltendmachung diesbezüglicher Rückerstattungsansprüche zuständig, welches Ermessen besteht dabei für den Zuständigen und wie wird dieses Ermessen begründet?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Das Landratsamt Ilm-Kreis teilte mit, dass der Verbandsvorsitzende Ansprüche gegenüber der Werkleitung geprüft und mit Schreiben vom 21. Februar 2012 geltend gemacht hat.
Zu Frage 2: Der Verbandsvorsitzende - er erledigt gemäß § 33 Abs. 2 Thüringer Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit in eigener Zuständigkeit alle Angelegenheiten, die nach der Thüringer Kommunalordnung kraft Gesetzes dem Bürgermeister zukommen. Die Rückforderung eventueller Überzahlungen stellt eine Personalentscheidung nach § 29 Abs. 3 Thüringer Kommunalordnung dar, für welche keine Zustimmung des Gemeinderates oder eines Ausschusses erforderlich ist. Bei Tarifbeschäftigten ist der Arbeitgeber für die Rückforderung von Entgelten zuständig. Es gelten die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, sofern die Ansprüche nach § 37 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst noch nicht verfallen sind.
Zu Frage 3: Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Thüringer Kommunalabgabengesetz umfassen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten generell auch Personalkosten. Im vorliegenden Fall steht das Prüfungsergebnis des Landratsamtes noch aus.
Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, inwieweit haben die Mitgliedsgemeinden des Zweckverbandes einen Informationsanspruch über derartige Vorgänge?
Es gelten auch hier die Regelungen der Kommunalordnung im Verhältnis Bürgermeister, Gemeinderat. Ein Auskunftsrecht müsste bestehen.
Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Huster von der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4643 auf.