Protocol of the Session on January 28, 2010

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Sehr gut.)

Ich weiß nicht, ob wir nächstens über einen Rettungsschirm für Fundtiere reden werden, aber das kann ja auch noch kommen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Auch das, Frau Doht, auch das.)

(Unruhe DIE LINKE)

Sie fordern hier, umgehend Landesmittel zur Verfügung zu stellen, um kommunale Einrichtungen abzusichern. Sie nennen kulturelle Einrichtungen, soziale Einrichtungen, Einrichtungen der Jugendhilfe. Es ist auch schon darauf hingewiesen worden, dass das nicht vollständig ist. Da fallen mir noch die sportlichen Dinge ein. Aber die Landesregierung hat doch bereits klargestellt und es ist auch im Haushalts- und Finanzausschuss meines Wissens dargestellt worden, dass im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung diese Ausgaben gewährleistet werden. Vielleicht hätten Sie sich mal untereinander - die Innenausschussmitglieder und die Mitglieder aus dem Haushalts- und Finanzausschuss - unterhalten sollen. Die Landesregierung hat klargestellt, dass die Weitergewährung institutioneller Förderung zulässig ist und dass es in der Verantwortung der einzelnen Ressorts liegt zu entscheiden, ob die Voraussetzung für die Bereitstellung von Finanzmitteln gegeben ist. Da Sie die Jugendhilfe, soziale und kulturelle Einrichtungen genannt haben, habe ich natürlich auch mit meinen beiden Ministerien gesprochen und es ist sichergestellt, dass im Rahmen der Abschlagsfinanzierung diese Einrichtungen ihre Zuschüsse erhalten. Mir ist selbst aus meiner Praxis vor Ort auch keine Einrichtung bekannt, die auf der Kippe stehen würde. Dann weiß ich nicht, warum Sie jetzt den Landesausgleichsstock plündern wollen. Was Ihren Verweis auf die Bedarfsermittlung für den KFA betrifft, lassen Sie uns abwarten, was der Thüringer Verfassungsgerichtshof hierzu sagt. Hier ist ja schließlich noch ein Verfahren anhängig, die Mündliche Verhandlung hat stattgefunden. Wir werden sicherlich in Kürze erfahren, ob der KFA Mängel ausweist und wenn ja, in welcher Höhe und dann werden wir sicherlich auch darauf reagieren.

Zu Ihren Forderungen zur Korrektur Bundespolitik hatte ich bereits einiges gesagt. Die Koalition hat sich hier verständigt, keinen Maßnahmen auf Bundesebene zuzustimmen, die letztendlich zu Mindereinnahmen im Land führen. Das wird auch in der Zukunft so sein. Wir haben uns in unserem Koalitionsvertrag ehrgeizige Ziele gesetzt. Wir wollen in den kommenden Jahren in Bildung investieren, wir wollen in Arbeit investieren, wir wollen in Infrastruktur investieren. Eine Grundlage dafür sind solide Haushalte,

deswegen sehe ich überhaupt keine Spielräume für künftige weitere Steuerentlastungen. In dem Zusammenhang halte ich unter den gegebenen Mehrheitsverhältnissen im Bund Ihre Forderung nach einer Reform der Finanzverfassung für eine sehr gefährliche Diskussion. Wenn wir die heute anstoßen, dann laufen wir Gefahr, dass wir die FDP noch überholen und dass wir letztendlich zur Abschaffung der Gewerbesteuer kommen. Ich denke, das kann nicht unser Interesse sein, wir brauchen die Gewerbesteuer weiter als Einnahmequelle für die Kommunen, auch wenn wir in Zeiten der Wirtschaftskrise an der einen oder anderen Stelle nicht diese Gewerbesteuereinnahmen haben oder auch Gewerbesteuerrückzahlungen in Größenordnungen zu leisten waren.

Was waren noch die anderen Punkte in Ihrem Antrag? Zu den Kosten der Unterkunft ist ja auch schon einiges gesagt worden. Ich lege die Zettelwirtschaft beiseite, das macht Ihren Antrag nicht besser.

(Zwischenruf Abg. Hausold, DIE LINKE: Ihre Zettelwirtschaft nicht.)

Ich bin der Meinung, Sie haben den Antrag hier nur gestellt, um in epischer Breite noch mal über das gesamte Thema Kommunalfinanzen zu referieren, aber auch das macht das Ganze nicht besser. Wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall SPD)

Vielen herzlichen Dank, Frau Doht. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Bergner von der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst möchte ich dem Herrn Minister meinen Respekt aussprechen für die prompte Berichterstattung. Das war eine gute Leistung. Im Gegensatz zu Ihrer eigenen Fraktion haben wir zugehört

(Zwischenruf Abg. Dr. Pidde, SPD: Ich habe auch zugehört.)

- so laut wie Sie waren, können Sie nicht zugehört haben - und dabei sind mir inhaltlich ein paar Dinge aufgefallen, die ich erstaunlich finde. Gerade was das Thema finanzielle Ausstattung der Kommunen anbelangt, hatten wir vor einigen Wochen von Ihnen durchaus andere Töne gehört, die etwas kommunalfreundlicher waren und die auch mich als langjährigen Kommunalpolitiker freudiger gestimmt haben. Ein bisschen machte das heute so den Eindruck, als wären Sie auf Linie getrimmt worden. Wenn ich das auch ein bisschen biblisch vergleichen darf, da

gibt es die Entwicklung vom Saulus zum Paulus, heute haben wir die an der Stelle offenkundig umgekehrt erlebt.

(Beifall FDP)

Völlig erstaunt war ich über die Aussage, dass auf die kommunale Ebene keine Kosten der Unterkunft zukämen. Das sagt mir in der Diskussion im Kreistag meine Landrätin deutlich anders und die kommt von Ihrer Partei. Ich sehe auch bei der Ermittlung des Bedarfs der Kommunen durchaus einen deutlichen Webfehler, wie ihn der Kollege Kuschel beschrieben hat, sondern der Webfehler, den ich hier anmahnen möchte, der ist schlicht und einfach im Investitionsstau begründet. Indem der Finanzbedarf der Kommunen tatsächlich nur an den Ausgaben ausgerichtet wird, berücksichtigen wir dabei, dass die Ausgaben nicht dabei sein können, die die Kommunen deswegen nicht machen können, weil sie nicht das notwendige Geld dafür haben.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Das kann ich durchaus auch aus meiner beruflichen Praxis als Bauingenieur, vor allem als Tiefbauer sagen, da passiert an Sparsamkeit sehr oft schon so viel, dass es wieder teuer wird. Wenn ich daran denke, dass Straßen gebaut werden, ohne dass darunter die Kanäle in Ordnung gebracht werden, ohne dass darunter die Trinkwasserleitungen in Ordnung gebracht werden, dann ist bereits dieser Investitionsstau da, von dem Herr Kuschel meinte, dass er erst noch käme. Insofern bin ich durchaus auch dankbar, dass durch diesen Antrag das Thema Kommunalfinanzen heute hier diskutiert wird. Diese Diskussion ist außerordentlich notwendig. Etwas unehrlich, Frau Kollegin Doht, finde ich dann allerdings die Diskussion, wie sie in Fragen Steuern geführt wird. Ich bin allemal der Meinung, dass es besser ist, die Menschen zu entlasten und damit Wirtschaft nach vorn zu bringen, damit Arbeitsplätze nach vorn zu bringen, als teuere Ministerien aufzublasen, wie Sie das jetzt tun.

(Beifall FDP)

Wir werden sehen. Sie erzeugen gegenüber dem vergangenen Jahr mit Ihrem Haushaltsentwurf ein Ausgabenplus von 700 Mio. €. Sie erzeugen eine Neuverschuldung von 880 Mio. €. Wenn wir dann mal sehen, was Sie selber ausgerechnet haben, was also angeblich das Wachstumsbeschleunigungsgesetz bringt, nämlich 40 Mio. € Einnahmenverlust beim Land und 20 Mio. € bei den Kommunen, so wie Sie sagen, dann ist das schon höhere Mathematik, das alles der Politik von Schwarz-Gelb im Bund anlasten zu wollen.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wem denn sonst?)

Bitte? Sie haben gerade die Zahlen gehört, 60 und 700 - das ist schon höhere Mathematik, Herr Kollege Höhn.

Fakt ist, über das Thema Kommunalfinanzen muss gesprochen werden, muss schnell gesprochen werden, muss gründlich gesprochen. Auch wenn ich in dem Antrag der Fraktion DIE LINKE einige Probleme sehe, gerade was auch Kollege Meyer angesprochen hat, dass das alles sehr pauschal, sozusagen eine Art Blankoscheck wäre. Aber ich denke schon, dass wir im Innenausschuss über das Thema sprechen sollten und deswegen beantrage ich für meine Fraktion die Überweisung an den Innenausschuss. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Darf ich kurz nachfragen? Die Überweisung der Punkte 2 bis 6 meinen Sie? Auch des Sofortberichts? Da frage ich nachher noch einmal. Danke schön. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Bärwolff von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Rettungsschirm für Thüringer Kommunen, so ist der Titel unseres Antrags. Ich möchte noch einmal ein bisschen die Interessen, die Herr Meyer angemahnt hat, deutlich machen, worum es uns eigentlich geht. Fakt ist doch, dass seit Jahren eine Umverteilung der Mittel von unten nach oben stattgefunden hat, ich erinnere nur an die Körperschaftssteuerreform, an das Wachstumsbeschleunigungsgesetz und auch der Spitzensteuersatz wurde kontinuierlich abgesenkt.

Ergebnis ist, dass die öffentlichen Kassen keine Kohle mehr haben und diese Einnahmeverluste kommen natürlich auch bei den Kommunen an und müssen auch von den Kommunen verkraftet werden. Für die Stadt Erfurt kann ich Ihnen das relativ konkret machen: 5,5 Mio. € Gewerbesteuereinnahmen, darüber hinaus haben wir Steuerrückzahlungen über bundesgesetzliche Regelungen im Rahmen von 20 Mio. € zu leisten, es gibt Ausfälle in der Einkommensteuer im Rahmen von 14 Mio. € und die allgemeinen Zuweisungen des Landes gehen um 8 Prozent zurück. Allein das stellt uns vor die Aufgabe, in den sogenannten freiwilligen Bereichen drastisch zu reduzieren und das bisher zur Debatte stehende Loch von rund 26 Mio. € irgendwie zu füllen. Ergebnis nicht nur in Erfurt, sondern auch anderweitig, es werden natürlich die freiwilligen Leistungen ganz, ganz stark beschnit

ten. Es geht nicht nur Erfurt so, es geht auch anderen Kommunen so. Allein in Rudolstadt fehlen derzeit 2 Mio. €. Im Landkreis Sömmerda beispielsweise ist es sogar schon seit Jahren der Fall, dass dort nicht mal mehr die Gelder vorhanden sind, um die Jugendpauschale vollständig abzurufen, was zum Beispiel zur Folge hat, dass die Stadt Rastenberg bei Kölleda nicht mal mehr in der Lage ist, sich einen Jugendpfleger zu organisieren, zu bezahlen; aufgrund der finanziellen Situation. In Erfurt stehen 16 Stellen aus dem Bereich des Jugendförderplans zur Disposition und der Unstrut-Hainich-Kreis steht generell unter Zwangsverwaltung. Auch das zeigt, dass dort kaum Mittel für freiwillige Leistungen vorhanden sind. Das hat auch was mit dem Landrat zu tun, es hat auch etwas damit zu tun, dass dieser Landkreis keine Gelder mehr hat.

Die Auswirkungen, die diese finanzielle Situation hat, sind dramatisch. Man muss sich überlegen, gerade der soziale Bereich, der Bereich von Kultur, Jugend, Sozial, aber auch sportlichen Einrichtungen oder auch von Umwelteinrichtungen - das ist ganz richtig, Herr Meyer, das haben wir an der Stelle vergessen, das werden wir künftig dann nachholen - genau diese Bereiche sind es, die den gesellschaftlichen Kitt darstellen. Allein in Erfurt haben wir gerade einmal bei 6.000 Schülern an berufsbildenden Schulen fünf Schulsozialarbeiter; die sind infrage gestellt. Auch die Qualitätsstandards, die es gibt für Jugendsozialarbeit, für Jugendverbandsarbeit, wo politische Bildung, wo demokratische Bildung stattfindet, die stehen zur Disposition. Ich glaube, das kann keiner so wollen.

Im Jugendhilfegesetz steht, dass Angebote bedarfsgerecht geplant und finanziert werden sollen. Mit der aktuellen Finanzsituation ist das nicht zu leisten. Mit den qualitativen Ansprüchen, die wir an Jugendarbeit, die wir an Sozialarbeit, die wir an kulturelle Arbeit stellen, ist die aktuelle Haushaltssituation ebenfalls nicht zu vereinbaren. Dieser Kitt in der Gesellschaft, der für das Leben, für das Miteinander der Menschen ganz, ganz wichtig ist, also Jugendverbandsarbeit, dort bekommen Kinder und Jugendliche demokratische Beteiligung, Mitbestimmung hautnah beigebracht, sie können es erleben; das sind, glaube ich, Projekte, die wir nicht einfach so aufgrund der finanziellen Situation, die das Land zum Teil auch verschuldet, akzeptieren können. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir ganz kurzfristig uns natürlich im Innenausschuss und im Haushaltsausschuss dazu verständigen, wie das konkret ablaufen soll. Aber ich glaube, gerade solche Projekte, beispielsweise in Erfurt gibt es das Projekt „Couragiertes Erfurt“, das ist ein Projekt, das sich ganz explizit gegen Rechtsextremismus wendet. Dieses Projekt „Couragiertes Erfurt“ hat ein ganz großes Problem. Sie haben eine halbe Personalstelle, aber die Mittel für

die Praktikumsangebote, die Honorarmittel für Workshops, was also in den Schulen mit den Kindern gemacht werden soll, die stehen nicht zur Verfügung. Im Ergebnis haben wir also jetzt eine Mitarbeiterin für „Couragiertes Erfurt“, die nichts zu tun hat, weil sie keine Projektmittel hat. Das ist, glaube ich, eine Situation, die man so nicht stehen lassen kann. Da wäre so ein Rettungsschirm oder so ein Topf, wo man zeitlich kurzfristig zugreifen kann, um solche Angebote aufrechtzuerhalten, bevor sie nämlich geschlossen werden, ganz sinnvoll. Oder auch für diejenigen, die sich auskennen in der offenen Arbeit, eine Einrichtung des evangelischen Kirchenkreises in Erfurt, eine Einrichtung, die bislang mit eineinhalb Stellen gefördert wird, jetzt muss eine Stelle reduziert werden. Wie soll ein offenes Angebot, wie die offene Arbeit, mit einer halben Stelle existieren? Frau Taubert ist zwar leider nicht mehr da, aber in ihrem Ministerium wird ein jeder, der Ahnung von Fachlichkeit hat, auch in der Jugendhilfe, in der Kulturarbeit, sagen, dass ein Jugendhaus mit einer halben Stelle zu betreiben einfach nicht möglich ist. Aus diesem Grund ist es, glaube ich, sehr wichtig, dass wir uns über so einen Rettungsschirm unterhalten. Der Landesausgleichsstock ist, glaube ich, der Teil des Haushalts, wo man am schnellsten und am unkompliziertesten zugreifen kann. Wenn wir jetzt an den Ausschuss überweisen, dann ist das gut und schön. Es bringt aber nichts, wenn wir diesen Antrag jetzt ewig zerreden in epischer Breite und ihn dann erst im Juni wieder hierher ins Plenum holen und ihn dann vielleicht ablehnen oder beschließen, sondern wir müssen ihn jetzt möglichst zügig an den Ausschuss überweisen und vielleicht schon im Februar oder März hier wieder beschließen, damit wir den Trägern und Projekten auch effektiv helfen können, denn das ist, glaube ich, das Ziel. Die Stellen, die im Bereich des Sports - der Sport wird in Erfurt um etwa 80 Prozent reduziert - und in der Kulturarbeit reduziert werden sollen, werden im Nachhinein nicht wieder aufgebaut. Damit haben wir ein viel größeres Problem. Herr Huber, die Vorgängerlandesregierung hat es auf die Reihe bekommen, die Mittel für die Jugendarbeit, die Jugendpauschale von 15 Mio. € auf 9 Mio. € zu kürzen und diese Kürzungen haben im Jahr 2004/2005 stattgefunden. Das, was wir jetzt landesweit an Strukturen in diesem sozialen, in diesem freiwilligen Bereich haben, hat sich kaum wieder erholt. Das, glaube ich, ist eine sehr, sehr schwierige Situation. Alles, was wir dort kürzen, ist eine ganz nachhaltige Beschädigung nicht nur der Angebotsvielfalt, sondern auch der Trägervielfalt und das müssen wir dringend verhindern.

Frau Taubert, jetzt sind Sie ja wieder da, das finde ich ganz gut. Das, was wir ganz, ganz dringend brauchen, ist eine Erhöhung der Jugendpauschale und die brauchen wir nicht nur angekündigt, sondern die brauchen wir ganz real. Darüber hinaus müssen

wir auch daran arbeiten, dass beispielsweise die Aufgaben, die im Thüringer Kinder- und JugendhilfeAusführungsgesetz stehen und auch im SGB VIII, dass diese Leistungen nach §§ 11 bis 13, also Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Jugendverbandsarbeit, nicht nur Pflichtleistungen dem Grunde nach sind, sondern dass die vor allem auch Pflichtleistungen der Höhe nach sind. Das heißt, dass wir uns damit auseinandersetzen, was in der Tat Bedarfe sind, woran wir Bedarfe messen können und wie wir Bedarfe auch realisieren können. Denn die fünf Jugendlichen, die in Rastenberg an der Bushaltestelle sich jeden Tag treffen, die sind ein Bedarf. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank. Es hat sich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet der Innenminister Herr Huber.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Interventionen der Abgeordneten Meyer und Bergner haben mich doch zu einer Reaktion provoziert. Ich danke Ihnen natürlich zunächst einmal für die Blumen und das Lob. Ich möchte aber doch eine Sache wirklich deutlich machen. Ich habe heute vier Stunden an der mündlichen Verhandlung zum Kommunalen Finanzausgleich in Weimar teilgenommen. Ich komme auch sonst ein bisschen im Land herum und kann nur sagen: Es gibt kein Bundesland, in dem die Kommunen eine vergleichbar abgesicherte Position besitzen wie in Thüringen.

(Beifall CDU)

Wir sind in Thüringen heute „Benchmark“ für andere Länder. Ich war vor drei Wochen bei Landräten in Bayern, die gesagt haben, hätten wir nur solche Regelungen, wie es bei euch in Thüringen der Fall ist. Warum? Weil wir in Thüringen auf der Basis unserer Verfassung und auf der Basis der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs eine garantierte kommunale Finanzausstattung haben, die finanzkraftunabhängig für alle übertragenen Aufgaben und für alle Pflichtaufgaben zu gewähren ist und darüber hinaus noch einen Anspruch auf eine „freie Spitze“ gewährleistet. Das heißt: Natürlich treffen die Finanzkrise und die Wirtschaftskrise auch unsere Kommunen; aber sie treffen sie wesentlich schwächer, als es in allen unseren Nachbarländern der Fall ist. In Sachsen-Anhalt wird der Kommunale Finanzausgleich mal um 20 Prozent gekürzt, wenn die Steuereinnahmen zurückgehen. Das gibt es in Thüringen nicht. Natürlich kann man sich immer an die guten Verhältnisse gewöhnen und noch mehr wollen.

Das Land ist, wie Sie ja vielleicht den Haushaltsberatungen entnommen haben, an der Grenze seiner finanziellen Leistungsfähigkeit. Die Verschuldensmöglichkeiten sind ausgeschöpft. Deswegen, Herr Bergner, kann es auch keine Geschenke an die Kommunen geben. Was den Kommunen zusteht, werden sie bekommen. Insofern bin ich genauso noch der Saulus, der ich vorher gewesen bin. Daran wird sich auch nichts ändern. Aber verschenken kann man nun nichts mehr - wenn es denn der Fall gewesen sein sollte. Insofern müssen sich auch die Kommunen an die veränderten Rahmenbedingungen gewöhnen. Dass sie ihre Aufgaben erfüllen können, das gewährleistet unsere Verfassung, und das wird diese Landesregierung gewährleisten, auch wenn es weh tut. Ich will Ihnen nicht im Einzelnen darstellen, wie schwierig auch die Abgleichung dieser Interessen mit den sonstigen Interessen des Landes ist. Ich bitte einfach auch bei der kommunalen Ebene um Verständnis dafür, dass in der Situation, in der wir uns heute befinden, die Bäume nicht in den Himmel wachsen können und jedenfalls goldene Wasserhähne nicht mehr drin sind.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen herzlichen Dank, Herr Minister Huber. Es gibt jetzt eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Kuschel von der Fraktion DIE LINKE.

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weniger ist mehr.)

(Unruhe im Hause)

Die Fraktion DIE LINKE hat noch 14 Minuten, die müssen nicht ausgeschöpft werden.

Danke, Frau Präsidentin, auch für das Benennen der Restredezeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist dem Innenminister zuzustimmen, wir sind Spitze, was die Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs betrifft in der Bundesrepublik. Wenn ich in anderen Bundesländern bin, fordere ich dort die kommunale Ebene auf, einen vergleichbaren Weg einzuschlagen. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, die jetzigen Regelungen sind nicht das Ergebnis von politischen Einsichten der Regierungsfraktion, sondern das haben uns die Gerichte vorgegeben. Das ist das Bedauerliche. Also nicht die CDU war das, die eingesehen hat, dass da jahrelang was falsch gelaufen ist, nicht nur was falsch, sondern auch verfassungswidrig, um die Einschätzung des Verfas

sungsgerichts zu zitieren, sondern das Verfassungsgericht hat das letztlich auf den Weg gebracht dank einer Klage der SPD. Trotzdem besteht jetzt die Gefahr, dass einige Dinge, einige Vorgaben des Verfassungsgerichts uminterpretiert werden. Da sind wir gefordert, Prof. Huber. Daraus schöpfe ich meinen Optimismus, dass er dafür Sorge tragen wird, dass diese Landesregierung und die Regierungskoalition eben diese Uminterpretation der Vorgaben des Verfassungsgerichts nicht vollziehen. Das geht auch gar nicht anders. Wie soll er in der Rechtsgeschichte dastehen, wenn er einerseits die Klage zum Erfolg führt und sich dann auf politischem Wege diesen Erfolg wieder in Teilen wegnehmen lässt.

Frau Lehmann hatte gebeten, noch mal darzulegen, wie wir auf unsere Zahlen kommen. Jetzt bekomme ich natürlich ein Problem, Frau Präsidentin, ob das in der Zeit zu schaffen ist. Aber ich muss es machen, mehr Redezeit haben wir nicht. Also Frau Lehmann, Konjunkturpaket II hat nicht nur die Säule einmaliger Investitionszuschüsse, sondern die zweite Säule Steuerrechtsänderung. Im Übrigen, das wissen auch Sie, Herr Innenminister, wirken die Konjunkturmittel nur einmal, die Steuerrechtsänderungen wirken dauerhaft. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung hat ermittelt, dass spätestens 2011 die einmaligen Effekte des Konjunkturpakets durch die Steuerrechtsänderungen schon kompensiert sind. Bei den Steuerrechtsänderungen, Frau Lehmann, ist der Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer auf jetzt 8.004 € erhöht worden. Der Eingangssteuersatz ist von 15 auf 14 Prozent reduziert worden. Sie wissen, die Kommunen sind mit 15 Prozent an der Einkommensteuer beteiligt. Damit schlägt das voll auf den kommunalen Anteil durch. Bei der Unternehmensteuer wurde die degressive Abschreibung für Unternehmen für zwei Jahre ermöglicht. Das reduziert den Gewinn der Unternehmen, die Gewerbesteuer ist in großen Teilen gewinnorientiert. Das führt natürlich zu dramatischen Einbrüchen bei der Gewerbesteuer. Das sind die Probleme. In diesem Jahr können die Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung bei der Einkommensteuer noch geltend gemacht werden. Das führt zu einer weiteren Reduzierung der Einkommensteuer, auch des kommunalen Anteils. Die Gewerbesteuer ist im vergangenen Jahr nach dem vorläufigen Kassenabschluss um 40 Prozent in Thüringen eingebrochen. 400 Mio. hat sie betragen, 40 Prozent von 400 Mio. sind schon 160 Mio. Wir haben nicht mit 40 Prozent gerechnet, sondern nur mit 30 Prozent und sind so auf unsere Zahlen gekommen. Wir werden sicherlich im Laufe des April, dort müssen die endgültigen Jahresabrechnungen vorgelegt werden, sichere Zahlen haben. Was aber noch zu ergänzen ist, ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Dort wirken insbesondere die 20 € Kindergelderhöhung auch auf die Kommunen durch, weil das Kindergeld aus dem Aufkommen