Protocol of the Session on May 31, 2012

(Beifall FDP)

Da ist sicherlich auch aus der Not, Fachkräfte zusehends schwerer zu bekommen, ein bisschen Druck auf den Arbeitgebern, auf den Unternehmen. Aber, ich denke, da ist schon eine Menge geschaffen und auch wenn sich die Erfolge vielleicht nur in kleinen Prozentpunkten bewegen, sind wir da auf einem sehr guten Weg. Ich kann nur noch einmal die Zahl des heutigen Tages reflektieren: 6,7 Prozent Arbeitslosenquote ist ein positiver Rekord. Der Trend ist ungebrochen, auch wenn es nicht mehr in diesen großen Schritten, in Hunderttausenden zum Jahresvergleich passiert, aber wir bewegen uns weiter auf die 2,5-Mio.-Grenze zu und bauen die Unterbeschäftigung ab. Insofern sind wir da auf einem guten Weg. Thüringen muss attraktiv bleiben, attraktiver werden. Herr Staatssekretär, da haben Sie recht, wir müssen für alle Fachkräfte aus Deutschland, aber auch aus dem europäischen Ausland attraktiver werden. Wir haben es hier auch schon einmal im Plenum mit einem Antrag versucht, der die Einwanderungsbehörden bündelt, da einen einheitlichen Ansprechpartner in den Kommunen zu schaffen,

(Zwischenruf Staschewski, Staatssekretär: Das machen wir ja.)

dass es leichter ist. Wir denken noch zurück an den 1. Mai letzten Jahres, wo die Arbeitnehmerfreizügigkeit gekommen ist. In Thüringen sind leider nur ganz wenige Leute angekommen. Es wäre dem Arbeitsmarkt durchaus zuträglich gewesen, wenn wir mehr Fachkräfte bekommen hätten, denn neben der Zahl von unter 100.000 Arbeitsuchenden haben wir ja auch ein erkleckliches Maß an offenen Stellen. Da gilt es, der Wirtschaft an der Seite zu stehen und diese Stellen möglichst schnell mit qualifizierten Fachkräften zu füllen, so dass insgesamt die Thüringer Wirtschaft vorankommt. Aber ich denke, da sind wir uns einig. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kemmerich. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Leukefeld für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Debatte zeigt doch, dass es erstens ein Thema ist, wie wir das hier schon öfter gehört haben, alle finden es wichtig, aber so geht es natürlich nicht. Herr Baumann, gestatten Sie mir - Sie haben uns hier den Vorwurf des Populismus gemacht -, ich würde gerne noch einmal daran erinnern, dass im Einigungsvertrag in Artikel 30 eingefordert und festgeschrieben ist - der Staatssekretär hat es auch freundlicherweise gesagt, weil wir ja den Einigungsvertrag nicht alle unter dem Arm haben -, dass ein einheitliches Arbeitsrecht auf den Weg zu bringen ist. Das ist 22 Jahre her. Da muss ich Ihnen sagen, da gestatten Sie uns doch bitte, daran auch einmal zu erinnern und neben anderen auch Druck aufzumachen, dass das endlich Realität wird.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Baumann, SPD: Das ist doch keine Erinnerung, wenn Sie Ihre politi- schen Forderungen da reinschreiben.)

Ja, das ist Ihre Sicht. Wissen Sie, wenn man so etwas nur wie eine hohle Phrase vor sich

(Unruhe SPD)

- Entschuldigung -, wenn man so etwas nur wie eine hohle Phrase vor sich herträgt ohne Inhalt, ohne Gegenstand, dann wird es erst recht nicht funktionieren. Davon bin ich überzeugt. Ich meine, eine Debatte zu Inhalten befördert das dann natürlich. Wir wissen auch, dass unsere Positionen, so wie wir sie haben - so verstehe ich übrigens auch Demokratie -, nicht 1:1 mehrheitsfähig sind. Das wäre, glaube ich, ein bisschen sehr vermessen. Wir werben natürlich für unsere Inhalte und für diese Position, aber letztendlich geht es darum, etwas gemeinsam auf den Weg zu bringen. Insofern gebe ich Frau Siegesmund recht, es gibt - das ist hier auch noch mal von vielen gesagt worden - vor allen Dingen von den Stiftungen dazu Papiere. Wer hier einfordert, DIE LINKE möge erst mal was machen, dem kann ich sagen, dass es in der Rosa-Luxemburg-Stiftung viele Papiere, Arbeitskreise, etc. gibt, in Brandenburg gab es beispielsweise eine Anhörung im Landtag zu diesem Thema. Vielleicht hätten Sie mal zu unserer Fachkonferenz am 31. Januar mitkommen sollen, da war öffentlich eingeladen worden, wo wir genau das zum Thema gemacht haben und wo die Forderungen, die wir hier einbringen, von Arbeitsrichtern, von Gewerkschaftern, von Betroffenen zum Gegenstand gemacht worden sind. Herr Kemmerich, ich will die Debatte

hier nicht zur Diskussion des Mindestlohns benutzen - er ist gar nicht mehr da.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Er hört Ihnen aber zu.)

Ich will nur noch mal sagen: ob 8,50 € oder 10 € oder, wie wir heute gehört haben, 12 €: Ein Mindestlohn ist nötig, um von Arbeit leben zu können, und zwar Existenz sichernd, deswegen brauchen wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn.

(Beifall DIE LINKE)

Den kann man dann natürlich noch arbeitsrechtlich festzurren, wenn man das will. Dass sich die Entwicklung in den letzten Jahren vor allen Dingen durch die Globalisierung in der Wirtschaft und in der Arbeitswelt verändert hat, das wissen wir alle, das haben wir hier auch schon häufig festgestellt. Dass sich gerade im Kampf um Arbeitnehmerrechte vieles auch verändert hat und heute eigentlich als selbstverständlich angesehene Dinge faktisch wieder infrage gestellt werden, das wissen wir auch; ich will nur sagen Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Aufweichung des Prinzips 8-Stunden-Tag. Das von Gewerkschaften erkämpfte freie Wochenende ist zumindest für einen Großteil der Beschäftigten mittlerweile verlängerten Öffnungszeiten zum Opfer gefallen. Flexible Arbeitszeitregelungen sind gang und gäbe. Hinzu kommt, dass in der modernen Arbeitswelt immer mehr Mobilität gefordert ist von Arbeitnehmern, insbesondere auch von Leiharbeitern, die oftmals in relativ kurzen Abständen auch zu weit auseinander liegenden Arbeitsplätzen pendeln müssen. Von der Ungerechtigkeit, dass Leiharbeiter für die gleiche Arbeit meist weniger Gehalt bekommen als Stammbeschäftigte trotz zumindest formal Equal Pay, will ich jetzt hier gar nicht reden. Immer mehr Existenz sichernde, sozialversicherungspflichtige und auf Dauer angelegte Arbeitsplätze werden abgebaut durch Teilzeit, Minijob, befristete Beschäftigung und so weiter. Nicht nur in den USA, meine Damen und Herren, auch in Deutschland ist das Problem arm durch oder trotz Arbeit immer dringlicher. Mehrere Jobs für Arbeitnehmer, für einzelne Menschen, um über die Runden zu kommen, sind für viele heute schon Normalität. Die Betroffenen sitzen sozusagen auf dem Schleudersitz auf Abruf und kämpfen, viele von ihnen jedenfalls, um tägliche Existenzsicherung. Im Windschatten der Krise in Europa, so hat „Böckler Impuls“ kürzlich getitelt, wird Arbeitnehmerschutz weiter abgebaut statt manifestiert. Immer mehr Menschen machen auch die Erfahrung, dass sie der Arbeit nachziehen müssen, sozusagen „Arbeitsnomaden“ sind. Die Betroffenen verlieren die Möglichkeit zur einigermaßen sicheren Lebensplanung, die Möglichkeit zu festeren sozialen Bindungen und auch die Möglichkeit, ein entsprechendes soziales Umfeld aufzubauen - das schwindet immer mehr.

Der Soziologe Richard Sennett hat das in seinem Buch „Der flexible Mensch“ mit all seinen negativen Auswirkungen für die Gesellschaft sehr eindrücklich beschrieben. Ich sage dazu, die jetzige Arbeitswelt hat ein Diktum: Wer mitmachen will, wer dabei sein will, muss sein Leben so ausrichten, dass man an jedem Ort und zu jeder Zeit auf jede Dauer so einsetzbar ist, wie es gerade gebraucht wird, wie eine Maschine. Aber meine Damen und Herren, das ist Neoliberalismus, Menschen sind keine Maschinen.

Hier wird durch Deregulierung und Flexicurity alles im Kampf um Märkte und Profite zur Ware gemacht - eben auch der Mensch und der ist keine Ware. Ich sage Ihnen, letztendlich wird das zerstörerisch wirken. Diese Flexibilisierung in der Verwertbarkeit des Menschen - im Neusprech der globalisierten Wirtschaft heißt es neudeutsch „Human resources“ - lässt sich auch in der Gestaltung des Arbeitsrechts erkennen.

Es ist hier schon gesagt worden, wir erleben die Einschränkung des Kündigungsschutzes. Die Beschäftigungszahl für die Anwendung des Kündigungsschutzes wurde angehoben. Es gibt immer mehr befristete Arbeitsverhältnisse. Im Jahr 2011 waren über ein Drittel der Arbeitsverhältnisse keine sogenannten Normalarbeitsverhältnisse mehr. Teilzeit hat sich in besonderer Weise entwickelt. Jeder Zweite, der in Teilzeit arbeitet - das sind übrigens 10 Mio. in Deutschland -, möchte länger arbeiten, jeder Fünfte sogar in Vollzeit. Leiharbeit gehört dazu. Ich will das nicht alles noch mal durchdeklinieren - Fakt ist, man kann und man muss das Arbeitsrecht - das ist Aufgabe von Politik - im Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch im Interesse von Arbeitgebern übersichtlicher gestalten und klarer formulieren. Wir meinen sachlich, inhaltlich wie auch strukturell und ausgerichtet am Grundsatz einer menschenwürdigen, Existenz sichernden Gestaltung des Lebens für alle in der Gesellschaft. Das fordert auch das Grundgesetz von uns. Deswegen, meine Damen und Herren, wollen wir auch ein Recht auf Arbeit im Grundgesetz.

(Beifall DIE LINKE)

Leider wird über den Reformbedarf im Arbeitsrecht meist kaum öffentlich diskutiert. Das hat man hier auch gehört, dass das in das Reich der Träume und der Visionen verbannt wird. Wir müssen erst mal alles andere klären, um dann vielleicht zum einheitlichen Arbeitsrecht zu kommen. Ich denke, das kann nicht der Weg sein, dann werden wir nämlich nie dahin kommen, weil wir niemals alles vorher anderweitig in Übereinstimmung geklärt haben werden. Ich denke, das ist ein Prozess, in dem man dann zusammendenken muss: Die Inhalte, die Forderungen, die beispielsweise auch die CDA aufgemacht hat - das habe ich nämlich auch bei der Analyse gefunden -, dass dort auch eine Reform

des Arbeitsrechts gefordert und daran gearbeitet wird, außer Arbeitsrechtsfragen bei Skandalfällen. Ich erinnere an den Fall der Kassiererin Emily und deren Arbeitsgerichtsprozess, übrigens hier am Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Das brauchen wir, glaube ich, nicht, sondern wir sollten diese Diskussion permanent in eine Debatte um gute Arbeit in unsere politische Diskussion hineintragen.

Ich will Ihnen sagen, wenn wir dort nicht Einhalt gebieten, dann werden sich bestimmte Dinge noch weiter ausweiten, wie zum Beispiel die reale Entwicklung um Scheinwerkverträge, bei denen es beispielsweise auch von NRW eine Bundesratsinitiative gab, die mehrheitlich abgelehnt wurde, und Schwarz-Gelb trägt da natürlich auch eine Verantwortung. Gerade bei den rechtswidrigen Werkverträgen muss man heute konstatieren, dass vor allen Dingen im Einzelhandel, auf dem Bau oder in Logistikzentren viele Beschäftigte immer mehr betroffen sind.

Der Staatssekretär hat einen kleinen Exkurs in die jüngere Geschichte unternommen. Lassen Sie mich nur sagen, dass schon 1896 bei der Verabschiedung des BGB durch den Reichstag bekräftigt wurde, dass das Arbeitsvertragsrecht und das Arbeitsrecht einheitlich geregelt werden sollten. In Artikel 157 der Weimarer Verfassung war das sogar ein Gesetzgebungsauftrag. Auch in der sozialliberalen Bonner Koalition, in der Regierungserklärung vom 18. Januar 1973 war zu lesen, dass es eine überschaubare und verständliche Zusammenfassung des Arbeitsrechts und des Sozialrechts geben sollte. Entsprechende Aussagen fanden sich im damaligen SPD-Grundsatzprogramm.

Das hat sich dann auch im Regierungsprogramm der CDU vom Oktober 1972 niedergeschlagen. 1977 gab es eine Sachverständigenkommission, die bereits einen Entwurf eines Arbeitsgesetzbuchs vorgelegt hat und der Höhepunkt, zumindest in dieser Reihung, war dann der festgeschriebene Artikel 30 im Einigungsvertrag, der diese einheitliche Kodifizierung des Arbeitsrechts festgeschrieben hatte. Aus unserer Sicht ist es dafür hohe Zeit. Ich hätte mich sehr gefreut und mir gewünscht, wenn wir - ich meine, das können wir ja noch machen, deswegen auch der Antrag - die Diskussion im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, möglicherweise auch im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, auf jeden Fall aber auch im Justiz- und Verfassungsausschuss weiterführen. Wir wollen, dass die Debatte auch dazu führt, dass wir weiter über Inhalte guter Arbeit reden. Es ist hier schon vieles diskutiert worden und ich hoffe und wünsche, dass Sie diesen Antrag heute nicht beerdigen, sondern dass wir weiter darüber diskutieren können. Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete Leukefeld. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Holzapfel für die CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Herr Staatssekretär, Ihrem Sofortbericht gibt es nichts hinzuzufügen, kann man sagen, ich könnte es fast unterschreiben, nicht alles, aber fast alles.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Staschewski, Staatssekretär: Daran müssen wir noch arbeiten.)

„Du wirst dich nähren deiner Hände Arbeit; wohl dir, du hast es gut.“ Diese kleine Zeile aus dem Alten Testament ist einer der Grundwerte, auf den sich die christliche Soziallehre stützt. Es ist unser aller festes Streben, dass die Menschen in unserem Land arbeiten und von dieser Arbeit auch leben können. Ich will hier nicht auf juristische Sachfragen eingehen, sondern die inhaltliche Frage Ihres Antrags beleuchten.

Die CDU-Fraktion steht für eine Politik guter Arbeitspositionen und Arbeitsbedingungen, starker Tarifpartner, eine starke Tarifbindung, die Einhaltung sozialer Standards, gute Löhne für gute Arbeit und keine Lohnunterschiede zwischen Ost und West. All dies sind wesentliche Bestandteile einer modernen Politik im Arbeitsrecht. Besser wird diese Politik nicht durch die Schaffung eines Arbeitsgesetzbuchs. Moderne Arbeitsmarktpolitik heißt auch, dass man sich den Entwicklungen am Markt und auch auf dem Arbeitsmarkt stellt und nicht die Augen davor verschließt. Seit über einem Jahr haben wir in Thüringen eine Arbeitslosenquote unter 10 Prozent und sind damit klarer Spitzenreiter in den neuen Bundesländern, siehe auch die heutigen Zahlen. Thüringen orientiert sich in seiner Entwicklung schon lange an wirtschaftsstarken Regionen.

Wenn Sie in Ihrem Antrag die Festschreibung eines Mindestlohns von 10 € fordern, dann verweise ich auf die Aktuelle Stunde des letzten Plenums und die heutigen vorangegangenen Diskussionen. Wir setzen uns für leistungsgerechte Löhne und ein Ende der Lohnunterschiede zwischen Ost und West ein. Daran knüpfen wir auch 2012 an und fordern die Tarifpartner auf, eine einheitliche Lohnuntergrenze für ganz Deutschland zu vereinbaren. Die Lohnangleichung in Ost und West ist ein Thema, welches von Ihnen aus meiner Sicht vernachlässigt wird. Mehr als 20 Jahre nach der deutschen Einheit sind die Lohnunterschiede nicht mehr zu begründen und müssen endlich angeglichen werden. Wenn es gelingt, Lohnunterschiede zwischen Ost und West anzugleichen, dann brauchen wir über einen gesetzlich verordneten Mindestlohn nicht

mehr zu streiten. Für die Forderung nach einem gesetzlich verordneten, flächendeckenden Mindestlohn bleibt es bei unserer Meinung. Es ist nicht Aufgabe von Politik, Einigungsprozesse der Tarifparteien vorwegzunehmen und damit in die Tarifautonomie einzugreifen. An dieser Stelle ist die Haltung meiner Partei, die auf freie und soziale Marktwirtschaft setzt, unverrückbar.

Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich ein paar Zeilen aus dem Programm der CDU: „Die CDU hält es für notwendig, eine allgemein verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tariflich festgelegter Lohn nicht existiert. Die Lohnuntergrenze wird durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt und soll sich an den für allgemein verbindlich erklärten tarifvertraglich vereinbarten Lohnuntergrenzen orientieren. Die Festlegung von Einzelheiten und weiteren Differenzierungen obliegt der Kommission. Wir wollen eine durch Tarifpartner bestimmte und damit marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze und keinen politischen Mindestlohn.“ Dieser Beschluss entspricht der Linie, die auch die CDUFraktion dieses Hauses hier vertritt. Die angestrebte Lohnuntergrenze wird von einer Lohnuntergrenzenkommission festgelegt. Diese Kommission wird als ständige Kommission der Tarifpartner eingeführt und besteht aus jeweils sieben Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite. Grundsätzlich ist festgelegt, dass Tarifverträge der Lohnuntergrenze vorgezogen werden und deren Nachwirkung auf 18 Monate festgeschrieben werden soll. Die bisher bestehenden branchenbezogenen Mindestlöhne bleiben bestehen. Das klare Bekenntnis zur Tarifautonomie unterstreicht die Eigenverantwortung der Tarifparteien und nimmt diese dadurch entsprechend in die Pflicht, höhere Tarifabschlüsse für Ost und West gleichermaßen als die Lohnuntergrenze zu verhandeln.

Weiter fordern Sie ein Verbot der Leiharbeit. Meine Damen und Herren, ohne Frage gibt es im Sektor der Leiharbeit schwarze Schafe. Aber die Leiharbeit zu verbieten, ist ein absurder Ansatz. Ohne die Leiharbeit hätten wir in Deutschland und auch in Thüringen die wirtschaftlich schwierige Zeit nicht so gut überstanden.

Grundsätzlich kann man sagen, es gibt in jedem Betrieb Situationen, in denen der Einsatz von Leiharbeitern sinnvoll ist, etwa wenn ein Unternehmen kurzfristig oder kurzzeitig auf eine veränderte Auftragslage oder Arbeitsausfälle beim eigenen Personal reagieren muss. In solchen Fällen können mit Leiharbeitnehmern entstehende Engpässe abgemildert werden. Leiharbeitnehmer genießen in Deutschland mittlerweile einen hohen arbeitsrechtlichen Schutz. Durch die zum 01.01.2003 mit dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt beschlossenen Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wird die Gleichbehand

lung des Leiharbeitnehmers gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern gesetzlich verankert. Dies wurde insgesamt weiterentwickelt und so gibt es für die Leiharbeitsbranche inzwischen auch eine entsprechende Lohnuntergrenze. Und wem ist das unter anderem zu verdanken? Natürlich starken Gewerkschaften,

(Beifall SPD)

die hier den Finger in die Wunde gelegt haben und ihre Tarifautonomie gewahrt haben. Ein Verbot der Leiharbeit ist der falsche Ansatz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch auf einen dritten Punkt Ihres Antrags kommen, den besseren Schutz von Arbeitnehmern bei Insolvenz des Arbeitgebers. Die Rechtsprechung zur Anfechtung von Gehaltszahlungen, also dem wesentlichen Problem von Arbeitnehmern bei der Insolvenz ihres Arbeitgebers, ist eindeutig und stellt einen massiven Schutz der Beschäftigten im Insolvenzverfahren dar. Soweit Gehaltszahlungen von Arbeitnehmern in den letzten drei Monaten erbrachten Arbeitsleistungen dienten, unterliegen diese laut dem Bundesarbeitsgericht als Bargeschäft gemäß § 142 Insolvenzordnung nicht der Anfechtung, da der hierfür erforderliche enge Zusammenhang von Leistung und Zahlung bestand. Auch eine Kenntnis des Arbeitnehmers von Gehaltsrückständen steht dieser Rechtsauffassung nicht im Weg, da in einem solchen Fall nicht zwingend von der bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens ausgegangen werden kann. Die Anfechtung von Gehaltszahlungen ist also rechtlich möglich. Die von mir aufgezeigten Beispiele machen deutlich, dass die Rechtskultur in unserem Land sich den Lebensbedingungen anpasst und damit die bestehenden Rechtsgrundlagen, insbesondere auch im Arbeitsrecht im Moment ausreichend sind. Das höchste deutsche Arbeitsgericht mit Sitz in unserer Landeshauptstadt ist ein Garant für das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir lehnen Ihren Antrag ab. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Holzapfel. Mir liegt jetzt keine Wortmeldung weiter vor. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung. Vorher darf ich Sie fragen, ist das Berichtsersuchen zu Nummer I des Antrags aus Ihrer Sicht erfüllt? Ich sehe Nicken und keine Gegenrede.

Dann kommen wir zur Abstimmung, und zwar über die Nummern II und III des Antrags. Es wurde Ausschussüberweisung beantragt an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, für Soziales, Familie und Gesundheit und an den Justiz- und Verfassungsausschuss.

Wir beginnen mit dem Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Wer diese Überweisung befürwortet, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen SPD, CDU und FDP. Damit ist diese Überweisung abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wer sich dem anschließt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Kommen aus den Fraktionen CDU, SPD und FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? Das sehe ich nicht. Dann ist auch diese Überweisung abgelehnt.

Wir kommen zur Überweisung an den Justiz- und Verfassungsausschuss. Wer sich dem anschließen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? Diese kommen aus den Fraktionen FDP, CDU und SPD. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.

Da das so gelaufen ist, schließe ich jetzt den Tagesordnungspunkt. Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 11.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Zwei und drei stimmen wir noch ab, ja?)

Entschuldigung, wir haben jetzt die Ausschussüberweisung komplett abgelehnt und jetzt müssen wir noch in der Sache selbst abstimmen. Da war ich etwas schneller.