Protocol of the Session on May 4, 2012

(Beifall FDP)

Vielfältige Ursachen liegen auch darin, dass Leute so einfach in ihrer Lebensentscheidung diesen Weg wählen. Insofern werden wir immer statistische Unterschiede behalten, die wir nicht wegdiskutieren können. Ich weiß, dem Wirtschaftsministerium liegt eine Studie vor, die darauf reflektiert, wie der Einkommensunterschied zwischen den Thüringer Teilzeitbeschäftigten männlich/weiblich und Thüringer Vollzeitbeschäftigten männlich/weiblich ist. Sie kennen das; ich glaube, der Einkommensunterschied sind 60 € bei den Teilzeitbeschäftigten. Natürlich ist die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten Mann/Frau in ganz unterschiedlichen Höhen anzusiedeln, aber wer den gleichen Lebensentwurf wählt, nämlich teilzeitbeschäftigt zu sein aus welchen Gründen auch immer, da ist der Einkommensunterschied, wie gesagt, minimal. Auch das gilt es zu erforschen.

(Beifall FDP)

Das andere hat mit tatsächlich öffentlich ausgeschriebenen Professorentiteln etc., pp. zu tun, die in Vollzeit angeboten werden, die dann überwiegend noch männlich besetzt werden. Das ist erst einmal eine Tatsache. Noch einmal: Mit einem Ge

setz werden wir das nicht einfach lösen können, da müssen wir tiefer gehen. Frau Holzapfel hat die Probleme angesprochen, die wir beim Arbeitsmarkt einfach heute schon haben, die wir lösen müssen, die in keinster Weise einfach zu lösen sind, dass wir nur Frauen ranholen, nur Zusiedlungen ermöglichen etc., pp. Das wird alles viel komplexer sein. Das ist ein großer Prozess, den wir hiermit auch wieder einmal angestoßen haben. Ich hoffe, dass es eben nicht nur ein reiner Antrag ist und bleibt, der schön zum 8. März passt, zum 1. Mai, zum Equal Pay Day, sondern der wirklich einmal an die Wurzeln des Übels geht, an die Wurzeln der Probleme geht, dass wir auch der Wirtschaft an die Hand geben können, wie sie auch Frauen länger in der Arbeit halten kann, die qualifizierten Frauen vor allen Dingen und damit auch andere Bezahlung ermöglicht. Der eine Satz wird immer bleiben; wir müssen uns an der Produktivität ausrichten und nicht an dem, was wünschenswert ist.

(Beifall FDP)

Insofern sind - das werden wir dann im Ausschuss noch einmal thematisieren können - die Anstriche Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnkürzung, da weiß ich nicht, was das bei der Entgeltgleichheit bringen soll, denn wenn der Lohn ja gleich bleibt, wird die Statistik nichts verändern, vielleicht die Arbeitszeit, aber statistisch werde ich in der absoluten Summe damit kaum etwas reißen können. Bei den genannten Zahlen wird auch das Problem nicht gelöst, was immer wieder dann über die Hintertür kommt mit einer Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Auch das wird bei diesem Problem auf jeden Fall nichts helfen, aber es klingt halt gut. Insofern, wie gesagt, ich will es nicht zu lange machen, denn wir haben die Statistiken gehört, sind erpicht, auch weiter daran zu arbeiten. Einer Überweisung an den Wirtschafts- und auch Gleichstellungsausschuss werden wir gern zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Für die SPD-Fraktion hat das Wort Abgeordnete Birgit Pelke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zunächst erst einmal herzlichen Dank, dass wir dieses Thema heute noch einmal diskutieren, unabhängig von dem symbolischen Tag Equal Pay Day. Wofür ich mich aber trotzdem noch einmal bedanken möchte, ist, dass alle Fraktionen vertreten waren damals auf Einladung der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hier vor dem Thüringer Landtag. Ich glaube, wir waren alle sehr eng beieinander in dem, was wir argumentativ vor der Tür ausgetauscht haben. Herzlichen Dank auch an den Vertreter der

(Abg. Leukefeld)

FDP. Ich sage jetzt ausdrücklich „den Vertreter der FDP“, nicht „die FDP“. Ich glaube, Kollege Untermann hat sich ziemlich, na ja, nicht FDP-konform geäußert und dafür auch noch einmal herzlichen Dank. Ja, das muss man mal sagen. Es war eine öffentliche Veranstaltung und da war das Bedürfnis, eng an dem Thema mit uns, mit dem Rest des Landtags zusammenzuarbeiten, schon deutlich.

Lassen Sie mich eines vorwegnehmen hinsichtlich einer verfassungsmäßigen Diskussion, die gestern stattgefunden hat: Frau Kollegin Holzapfel hat ja schon zitiert, dass im Prinzip die Frage der Gleichstellung von Frau und Mann im Allgemeinen und im Besonderen sowohl im Grundgesetz als auch in der Thüringer Verfassung geregelt ist. Also im Grundgesetz steht eindeutig, ich zitiere: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Hervorragend, erster Punkt.

(Beifall SPD)

Zweiter Punkt: In der Thüringer Verfassung steht es auch sehr deutlich. Ich zitiere: „Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das Land, seine Gebietskörperschaften und andere Träger der öffentlichen Verwaltung sind verpflichtet, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen des öffentlichen Lebens durch geeignete Maßnahmen zu fördern und zu sichern.“ Auch sehr gut. Wenn ich mich jetzt an die gestrige Verfassungsdiskussion erinnere, dann könnte man jetzt sagen, es steht drin, alles gut, wir können uns zurücklehnen - ist es aber nicht. Es braucht weitergehende Gesetze und es braucht Dampf, wie Kollegin Leukefeld gesagt hat. Insofern, glaube ich, ist es nicht nur die Diskussion - und dafür noch einmal herzlichen Dank an den Staatssekretär für den Bericht - von Lohnunterschieden, die sehr wohl, Herr Kemmerich, sich anders gestalten ließen, wenn man einen gesetzlichen Mindestlohn hätte. Ich rede jetzt nur einmal vom Pflegebereich, vom Altenpflegebereich. Da gibt es einen Mindestlohn. Der ist leider Gottes in Ost und West noch unterschiedlich. Insofern bringt er den Altenpflegern hier in Thüringen nichts, denn wenn die in Sonneberg arbeiten, dann gehen die nach Coburg rüber, damit haben wir insbesondere eine Abwanderung von Frauen zu verzeichnen. Ich glaube, dem ist nur entgegenzuwirken, wenn ich zumindest eine untere Ebene festschreibe, was die Entlohnung angeht, bzw. wir sagen einfach Mindestlohn dazu. Dafür tritt auch meine Fraktion weiterhin ein.

Der zweite Punkt, auf den ich eingehen will: Es ist nicht nur die Frage von unterschiedlicher Entlohnung für gleiche Arbeit, sondern - und ich denke, das ist der Kernpunkt, auch wenn ich wiederhole, was Frau Leukefeld gesagt hat - der Kernpunkt ist

die Bewertung von Arbeit am und mit dem Menschen. Das ist der Punkt, den wir klären müssen. Denn noch immer ist es so, dass eben die Erzieherin, weitestgehend Frauen in diesem Bereich, weniger Geld verdient als eine Lehrkraft an einer Universität oder einer weiterführenden Schule. Ich meine, wem bis heute nicht klar ist, dass gerade der Bereich der frühkindlichen Bildung mit das Wichtigste und auch das Schwierigste ist und demzufolge auch entsprechend entlohnt werden müsste, der hat irgendwas in der Diskussion verpasst. Das ist unsere Aufgabe, uns damit zu beschäftigen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, FDP)

Das hat was mit Altenpflege zu tun, das hat was mit der Frage Arbeit am Menschen in Krankenhäusern und in vielen Bereichen mehr zu tun und solange nur produktiv geschaut wird bei dem, was dann anschließend auf dem Tisch steht, anstelle der Leistung am Menschen, die möglicherweise auch erst einmal zehn Jahre später offenkundig wird, solange das so ist, werden wir in vielen Bereichen das nicht ändern können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein Punkt, um den wir uns auch weiterhin kümmern sollten. Insofern finde ich es gut und kann mich da schon einmal vorab Frau Holzapfel anschließen - ich hoffe, dass das der Landtag auch mitträgt -, dass ich gern diesen Antrag insgesamt und auch den Bericht des Ministeriums im Gleichstellungsausschuss weiterdiskutieren möchte, weil es einmal um Dinge geht, die auch gleich und etwas zeitnah gehändelt werden müssen.

Damit komme ich jetzt sowohl auf den Antrag von Baden-Württemberg als auch den Antrag im Deutschen Bundestag. Natürlich, Frau Leukefeld, manche Dinge dauern halt länger, das wundert uns ja nicht, und manchmal ändern sich dann auch durch neue Konstellationen oder Koalitionen die Bedingungen. Das ist einfach so. Aber zumindest ist der Fakt vorhanden, dass es einen Antrag gibt im Deutschen Bundestag, was die Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen gesetzlich regeln soll. Inhaltlich nahezu identisch ist der Antrag des Landes Baden-Württemberg, aber ich persönlich halte es für gut, wenn durch eine Bundesratsinitiative auch die Position der Länder mit einbezogen wird. Insofern würde ich mir wünschen, dass Thüringen und der Staatssekretär hat es angesprochen - diesen Antrag positiv begleitet, um damit ein Zeichen zu setzen, weil, wie gesagt, es nutzt auch nicht immer, darüber zu reden und an kleinen Eckpunkten, ob es das Gleichstellungsgesetz oder das Vergabegesetz angeht, Korrekturen zu machen, sondern manche Dinge müssen mal grundsätzlich diskutiert werden. Wenngleich - und damit komme ich noch mit wenigen Sätzen auf den Bereich des öffentlichen Dienstes - so sehr man schimpfen kann, durch das Gleichstellungsgesetz - ich kann mich

noch entsinnen, wie intensiv es seinerzeit diskutiert worden ist und wie schwierig es gewesen ist, ein Gleichstellungsgesetz hier in Thüringen überhaupt auf den Weg zu bringen - hat sich doch im öffentlichen Dienst im Verhältnis zur Situation der freien Wirtschaft eine ganze Menge geändert. Die Anerkenntnis, dass Frauen oftmals die Doppel- und Dreifachbelastung haben, was Familie, Beruf, Pflege von Angehörigen angeht, ist unter diesen Bedingungen im öffentlichen Dienst einfacher zu regeln als in bestimmten Bereichen der freien Wirtschaft. Das ist schon ein Punkt, der von den Gleichstellungsbeauftragten sehr gut beobachtet und begleitet wird. An dieser Stelle auch mal herzlichen Dank all denen, die diese Arbeit ausführen, die Gleichstellungsbeauftragten, oftmals auch unter schwierigen Bedingungen, weil selbst da müssen wir noch regeln, dass sie sich ausschließlich mit der Gleichstellung beschäftigen und nicht wie in manchen Fällen mit mehreren Themen. Das sollte auf jeden Fall geregelt werden bis hin zur Frage einer Stellvertretung. Das gehört sich einfach so.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Diese Vielfachbelastung von Frauen ist auch ein Thema, das sicherlich nicht mit Gesetzen allein zu regeln ist, aber zumindest wird aufgrund dieser Situation deutlich, Herr Kemmerich, dass es keine freiwillige Entscheidung ist, einen Teilzeitjob anzunehmen, sondern es ist oftmals einfach der Situation geschuldet, weil nämlich Frauen beides wollen, Arbeit und Familie.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist der Punkt. Und wenn es nicht anders zu regeln geht trotz einer sehr guten Kinderbetreuungssituation hier in Thüringen, dann kommt man auf diesen Bereich zurück. Wie da die Entlohnungsfrage ist, darüber ist hier schon gesprochen worden.

Abschließend will ich dazu sagen, weil das auch ein Frauenproblem ist, das in zunehmendem Maße auf uns zukommen wird. Der Sozialverband VdK hat darauf verwiesen, hinsichtlich der Frage der Entlohnung und auch was die Frage von Minijobs im Niedriglohnbereich angeht, und sich sehr, sehr deutlich positioniert. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung, wo der VdK darauf hingewiesen hat, „die Armutsgefährdung von Frauen steigt kontinuierlich und eine lebenslange Benachteiligung muss endlich überwunden werden“. Das klingt jetzt sehr pathetisch, aber genau das ist es. Wenn man im Leben beginnt mit Teilzeitjobvarianten, mit notwendigen Auszeiten, dann ist es eine lebenslange Benachteiligung von Frauen bis hin dazu, dass - und ich zitiere wieder, der VdK sagt - „schlechte Löhne führen zu Armutsrenten. Schon jetzt sind Frauen überproportional von Altersarmut betroffen. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren ra

sant fortsetzen. Eine gerechte Bezahlung sollte nicht nur im Arbeitsleben eine Selbstverständlichkeit sein, sondern ist auch die Grundlage für eine armutsfeste Alterssicherung.“ Ich möchte das als Stichwort oder Schlusswort stehen lassen, weil ich finde, wenn es so ist - und wir haben es eben beschrieben -, dass es nach wie vor hier eine lebenslange Benachteiligung von Frauen gibt, dann ist das eine Schande für dieses Land und sie muss schnellstens gesetzlich überwunden werden. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Als Nächste spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer bei dieser durchaus, wie ich finde, wichtigen und spannenden Debatte. Auch ich möchte mich im Namen meiner Fraktion zunächst für den Bericht des Staatssekretärs recht herzlich bedanken. Er hat hier bereits sehr viele Zahlen vorgetragen, die ich Ihnen jetzt ersparen werde, weil ich sie nicht noch einmal wiederhole. Das heißt, dass die Anerkennung der schwierigen Situation auf jeden Fall gegeben ist, zumindest insofern, dass die Problemlage erkannt ist. Ich glaube, dahin gehend sind wir uns alle einig. Allerdings ist das Problem auch nicht direkt neu, das muss man natürlich auch sagen. Wir diskutieren hier nahezu alljährlich diese Problematik und doch tut sich ausgesprochen wenig. Da ist es ein bisschen einfach, Frau Holzapfel, nach dem Bund zu rufen - ich weiß, Sie haben auch erst Ihre Wertschätzung zum Ausdruck gebracht für die Arbeit, die Frauen leisten und deutlich gemacht, dass auch Sie dafür streiten, dass gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit endlich Realität werden müsste, aber es ist eben zu einfach, sich dann zurückzulehnen und zu sagen, das muss letztlich der Bund entscheiden. Dass wir den Antrag im Bundestag sehr gut kennen, das werden Sie sich sicherlich vorstellen können, das kommt ja auch nicht von irgendwoher. Dass wir selbstverständlich auch den Antrag aus Baden-Württemberg sehr gut kennen und für gut und richtig heißen, das sei hier auch noch einmal gesagt.

Nichtsdestotrotz muss sich natürlich auch ein Land verhalten, beispielsweise wenn es im Bundesrat dazu einen Antrag auf der Tagesordnung gibt. Und genau da, Frau Holzapfel, geht es im Antrag der Fraktion DIE LINKE darum, zu sagen, das Land Thüringen soll sich klar positionieren, weil schöne

(Abg. Pelke)

Reden haben wir schon oft genug gehört, das muss ich auch konstatieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei den vielen Zahlen, lieber Herr Staschewski, hätte vielleicht auch die Zahl interessiert, wie viele Frauen beispielsweise im Thüringer Wirtschaftsministerium in Führungspositionen sind.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen, da sieht es auch nicht so gut aus. Wenn wir ganz ehrlich sind, gibt es auch da Nachholbedarf. Und bei allem Respekt für Ihre erste Berufswahl, Herr Staatssekretär Staschewski, dass Sie sich zunächst entschieden haben, Erzieher zu lernen und dann doch nicht als selbiger zu arbeiten, weil man von diesem Beruf tatsächlich nicht oder kaum leben kann. Wir sehen da einen ganz großen Unterschied, nämlich dass sich Frauen in der Tat immer wieder und sehr häufig, und das seit vielen Jahrzehnten, für Berufe mit und an Menschen entscheiden und weniger danach schauen, was am Ende finanziell dabei herauskommt. Jetzt kann man den Frauen sagen, Frauen, ihr seid selber schuld und diese Debatte kennen wir ja auch -, geht in die MINT-Berufe, ergreift Technikerinnenberufe und ihr werdet mehr verdienen, das kann aber ja auch nicht die Antwort sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn wir brauchen gute Frauen und Männer, die sich auch und gerade der Arbeit am Menschen widmen, und wir müssen viel mehr darüber nachdenken, wie wir diese besser wertschätzen und die wertvolle Arbeit auch finanziell anerkennen.

Weil ich eben die MINT-Berufe ansprach, möchte ich noch eine Zahl nennen, die weder Frau Leukefeld noch Herr Staschewski bis jetzt vorgetragen haben, und zwar ist das eine Differenz, die nachdenklich machen muss, weil sie sicherlich überhaupt nicht augenscheinlich ist, und zwar die Differenz bei der Bezahlung von Physikerinnen und Physikern. Physikerinnen verdienen bundesweit im Schnitt 24 Prozent weniger als Physiker. Das lässt sich nun wirklich nicht erklären, außer mit Diskriminierung und mit einer tatsächlich strukturellen Benachteiligung,

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wie sie Frauen tagtäglich erfahren, obwohl sie dann als Physikerinnen offenkundig alles richtig gemacht und sich für einen Beruf entschieden haben, der eigentlich vielversprechend sein sollte, auch was das Gehalt anbelangt. Und 81 Prozent der Betriebe im Westen und 64 Prozent der Betriebe im Osten - der Ausschussvorsitzende Herr Kemmerich ist ja leider schon wieder weg, nun ja - bezahlen Frauen weniger Gehalt als Männern. Deutschland ist damit

europaweit eines der Schlusslichter und das ist tatsächlich eine Schande. Ich finde, das ist auch ein Armutszeugnis, wie wir mit Frauen und deren Arbeit umgehen. Frauen erhalten aber nicht nur weniger Gehalt, sondern oft auch weniger Sonderzahlungen und weniger Gewinnbeteiligungen, sie werden wesentlich seltener befördert und sie haben viel schlechtere Aufstiegschancen. Das Modell des männlichen Alleinernährers, das hier eben schon benannt wurde, basierend auf dem ungerechten Steuersystem, welches hier auch noch einmal genannt werden muss, ist immer noch sehr weit verbreitet und eine der Grundlagen für die fatale Situation hier in Deutschland, was ich für einen großen Fehler und für eine Verkennung der Lebensrealitäten halte, denn es produziert ganz massiv Altersarmut. Das muss uns einfach klar sein, dass die Frauen, die heute wenig verdienen, dass die Frauen, die heute kaum von ihrem Einkommen leben können, dass die Frauen, denen es aufgrund des Steuersystems lukrativer erscheint, zu Hause zu bleiben, dann auch im Alter arm sind. Und auch das können wir nicht wollen, auch und gerade in einer älter werdenden Gesellschaft.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine wichtige Ursache für die Entgeltdiskriminierung ist natürlich auch die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und sind fehlende Rahmenbedingungen. Da geht es uns in Thüringen vielleicht vergleichsweise gut, das ist ja immer schön, wenn man sich im Vergleich mit anderen Bundesländern auch einmal brüsten kann, was beispielsweise die Situation der frühkindlichen Bildung und Erziehung anbelangt, aber genau da sollten wir eben auch mal auf die Arbeitsbedingungen genau derjenigen schauen, die in diesem Beruf gewährleisten, dass 94 Prozent unserer Vorschulkinder tatsächlich auch eine Kindereinrichtung besuchen. Oft wird ja auch angeführt, dass die Entgeltlücke auf unterschiedliche Bildung und Ausbildung zurückgeführt wird und auf selbst gewählte Arbeitszeitmodelle oder eben auf die Erwerbsunterbrechungen. Da muss man natürlich immer wieder berücksichtigen, dass es sich hier um individuelle Anpassungsstrategien an Lebensrealitäten handelt, und auch an strukturelle Bedingungen, an die man sich anpassen muss, aber auch an starre Arbeitsmodelle. Auch hier brauchen wir, glaube ich, noch sehr viel mehr Flexibilität für die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer, die sich Familie und Beruf gleichermaßen widmen wollen.

Aber selbst wenn man diese Faktoren berücksichtigt, lässt sich der Gender Pay Gap, wie er auch heißt, also die Lohnlücke, nur mit Entgeltdiskriminierung tatsächlich vollständig erklären. Und diese wirkt oft unmittelbar, offensichtlich und direkt. Zum Beispiel, wenn eine Abteilungsleiterin als Nachfolgerin von einem Mann mit genau der gleichen Qua

lifikation und vielleicht sogar besseren Abschlussnoten dann doch 300 € weniger verdient. In diesem Fall wird ganz klar der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ missachtet. Das trifft aber nicht nur vollzeitbeschäftigte Frauen. In der Entgeltpraxis wird viel zu oft nach Geschlecht und geschlechtsbezogenen Merkmalen sowie nach tradierten überholten Rollenbildern unterschieden. In diesem Sinne bin ich übrigens auch sehr gespannt auf die Debatte im Gleichstellungsausschuss über die anonymisierten Bewerbungsverfahren, wie sie ja in einigen Ländern schon ausprobiert werden und die auch Ergebnisse gebracht haben, die deutlich zeigten, dass oftmals schon der Name, woraus erkenntlich ist, dass sich eine Frau oder aber auch eine Migrantin oder ein Migrant bewirbt, darüber entscheidet, ob die Bewerbung überhaupt auf den Stapel derjenigen kommt, die dann auch zum Bewerbungsgespräch eingeladen werden.

Viel schwieriger aufzudecken ist aber die mittelbare und die indirekte Entgeltdiskriminierung. Sie verbirgt sich nämlich oft in Regelungen, die nicht zwischen Männern und Frauen unterscheiden, aber trotzdem unterschiedlich auf Frauen und Männer wirken. So wird zum Beispiel die körperliche Anforderung wie Muskelkraft gerade in Berufen, die Männer sehr gern ergreifen, gewertschätzt und auch entsprechend vergütet. In sogenannten Berufen mit hohem Frauenanteil, ich zitiere jetzt wieder die Altenpflegerin, die einen durchaus auch schwergewichtigen alten Menschen hebt, findet sie jedoch nicht die Anerkennung, was genau diese körperlichen Anforderungen anbelangt und das, obwohl die Altenpflegerin die notwendige soziale Kompetenz, die Ausbildung und auch den Kraftaufwand gleichermaßen mitbringen muss.

Was gibt es aus unserer Sicht jedoch zu tun. Ich möchte vier Dinge nennen, die uns wichtig sind. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie sie Frau Pelke hier vorgetragen hat, sind zwar insofern gut, dass ein Gleichstellungsgebot gegeben ist, wir sehen aber, dass dies in der Praxis nicht greift, wenn wir wissen, dass die Römischen Verträge schon über 50 Jahre alt sind, die Deutschland auch mit unterzeichnet hat. Diese enthalten die Lohngleichheit, die sich aber bis heute eben nicht in der Praxis widerspiegelt. Deswegen werben wir für ein Gesetz zur Verhinderung von Entgeltdiskriminierung, weil wir damit sicherstellen wollen, dass alle tariflichen und nichttariflichen Entgeltregelungen sowie deren innerbetriebliche Umsetzung auch diskriminierungsfrei gestaltet sind. Nur wenn mit einem Entgeltscheck bei der Bewertung von Arbeit geschlechtsneutrale Kriterien eingeführt werden, kann auch der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ durchgesetzt werden. Und da gilt es natürlich, die Tarifverträge und Entgeltregelungen zu überprüfen, es gilt auch, die Umsetzung in den Betrieben sicherzustellen und es gilt, Diskriminierung