Protocol of the Session on March 22, 2012

Meine Damen und Herren, aber ich mache auch keinen Hehl daraus, steter Tropfen höhlt den Stein, deshalb möchte ich nochmals ein paar Argumente hier ins Feld führen. Wie Sie wissen, die Schwerpunkte unseres Gesetzentwurfs haben wir ja aus verschiedenen Gründen, aus der Brisanz und Aktualität heraus, so formuliert. Ich möchte darauf Bezug nehmen, dass mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20. März 2010 der Datenschutz tatsächlich unabhängig von anderer staatlicher Kontrolle, Aufsicht bzw. Anbindung sein wird und sein soll. Wir als LINKE-Fraktion gehen davon aus, dass der Vorschlag zum Aufbau eines unabhängigen Datenschutzzentrums, wie es schon in Schleswig-Holstein erfolgreich arbeitet, für Thüringen ebenfalls sehr sinnvoll wäre, gerade mit Blick auf die europäischen Vorgaben. Hinzu kommt, dass die in der Diskussion befindliche, wie es Frau Marx auch schon benannt hat, EU-Datenschutz-Grundverordnung ebenfalls die umfassende Unabhängigkeit der datenschutzrechtlichen Strukturen betont. Wenn man hier wirklich eine Modernisierung und eine Stärkung der Unabhängigkeit der Daten

(Abg. Bergner)

schutzstrukturen wollte und das sage ich durchaus noch mal mit Verweis auf die Bedenken, die hier geäußert worden sind, auch auf die letzte Debatte hier im Haus hinsichtlich der Definition des Datenschutzzentrums, wie wir es im Gesetzentwurf formuliert haben, als oberste Behörde -, wären wir jederzeit gesprächsbereit gewesen. Aber es gab bis jetzt keine Streichung zu dieser Passage, es wäre ein Argument gewesen in der Debatte im Ausschuss. Das sollte nicht sein, hat leider nicht stattgefunden.

Meine Damen und Herren, aber Sie möchten offensichtlich nicht wirklich - und das unterstelle ich einen kritisch arbeitenden Datenschutzbeauftragten mit ausreichend Personal und Ausstattung, außer die Kollegen der FDP haben jetzt darauf verwiesen. Insofern - das Stückchen stelle ich wieder her - sind wir d’accord, diese Aufstellung des Personals ist unumwunden unbedingt notwendig. Zum einen weil der Datenschutzbeauftragte nun auch den privaten Bereich bearbeitet und überwacht, also auch die privaten Unternehmen, zum anderen weil auch ohne diese Aufgaben selbst bei der Kontrolle im öffentlichen Bereich keine flächendeckende intensive Prüfung möglich wäre. Es ist ein Armutszeugnis für Thüringen, dass die massiven Datenschutzmängel in den Thüringer Kommunen zum Beispiel nur stichprobenartig bearbeitet werden konnten. Hier, denke ich, muss in Zukunft mehr passieren. Ich verweise auch, meine Damen und Herren, die Kolleginnen und Kollegen wissen das, auf den Entwurf des 9. Tätigkeitsberichts des Thüringer Datenschutzbeauftragten. Dieser Entwurf ist ja nach wie vor noch vertraulich, aber er ist den Mitgliedern des Datenschutzbeirates bereits zugegangen und er liest sich - das ist meine Wertung - ob der vielen Verfehlungen wie ein Kriminalroman, nicht nur zu den Problemen im öffentlichen, sondern auch hier massiv zu den vielen Datenverfehlungen in Bezug auf den privaten Bereich. Die Diskussion dazu wird mit Sicherheit spannend werden, aber eins wird allein in diesem Tätigkeitsbericht schon deutlich: Der Personalmangel, das ist nichts Neues, um den Thüringer Datenschutzbeauftragten muss dringlichst behoben werden.

Meine Damen und Herren, unser Vorzeigemodell, das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz in Schleswig-Holstein, zeichnet sich ja durch eine sehr breite und intensive Informations- und Aufklärungsarbeit aus, dies auch deshalb, weil ein wichtiger Teil des Datenschutzes der Selbstschutz der Nutzer ist. Zu diesem Datenselbstschutz brauchen wir, brauchen die Nutzerinnen und Nutzer aber fundierte und kritische Informationen. Der neu gewählte Thüringer Datenschutzbeauftragte hat in Sachen Information und Öffentlichkeitsarbeit schon verstärkte Aktivitäten nicht nur in den Fraktionen, sondern auch von dieser Stelle aus, hier in diesem Haus, versprochen. Es ist zu hoffen, dass diese An

kündigungen bald auch in die Praxis umgesetzt werden.

Das Datenschutzzentrum in Schleswig-Holstein und Datenschützer in anderen Bundesländern scheuen sich auch nicht vor dem notwendigen kritischen Blick. Ich erinnere nur an die Phänomene wie Google Street View, wie Facebook und Twitter. Auch bei diesen Aspekten gibt es nach Ansicht meiner Fraktion in Thüringen, denke ich, erheblichen Nachholbedarf, zumal in der Vergangenheit der Thüringer Datenschutzbeauftragte gerade auch bei diesen Themen nach unserer Auffassung unzutreffend immer behauptete, dies seien doch keine Thüringer Themen, auch weil Thüringen keine Regelungskompetenz habe und es nicht um das Thüringer Datenschutzgesetz ginge. Derweil, das wissen Sie, betrachten andere Bundesländer, wie zum Beispiel auch Hamburg, angestoßen durch ihre Datenschutzbeauftragten Bundesratsinitiativen eben genau zu diesen Problemen.

In der ersten Lesung - darauf will ich kurz noch mal Bezug nehmen - wurde moniert, dass unser Gesetzentwurf zur unpassenden Zeit käme. Er käme mit Blick auf die noch laufende Diskussion auf EUEbene zu früh. Frau Marx hat das ja auch noch mal angeführt. Dem ist entgegenzuhalten, meine Damen und Herren, diese beiden zentralen Punkte transparentes Berufungsverfahren des Landesdatenschutzbeauftragten und Herstellung der umfassenden Unabhängigkeit - sind in dem einen Fall unabhängig von der aktuellen Diskussion der EU regelbar. In dem anderen Fall steht durch Urteil des Europäischen Gerichtshofs schon fest, was zu tun ist. Mit dem unabhängigen Datenschutzzentrum in Schleswig-Holstein gibt es ja auch schon einen funktionierenden Prototyp als Orientierung für Thüringen. Im Übrigen ist in Sachen Datenschutz in der heutigen hochtechnisierten und digitalisierten Gesellschaft immer eine Baustelle offen, so dass man in Sachen Datenschutzrecht in den meisten Fällen sagen kann, die entsprechende Initiative käme vielleicht zu früh oder auch zu spät. Die neuste und sehr umstrittene auch hier im Thüringer Landtag schon diskutierte Baustelle ist die Rolle der Provider als privater Sicherheitsdienst im Staatsauftrag bei der Durchsetzung des Urheberrechtsschutzes im Internet vor allem zugunsten großer Unternehmen und Konzerne. Das Ganze ist mittlerweile besser bekannt unter dem Stichwort ACTA. Mittlerweile haben ja die deutschen Provider sich öffentlich geweigert, diese sogenannte Polizistenrolle im Netz zu übernehmen. An dieser Stelle möchte ich an die kritische Position meiner Fraktion gegenüber ACTA erinnern. Ich sage Ihnen zu, meine Damen und Herren, dass wir den vorliegenden Gesetzentwurf mit entsprechenden Änderungen durch unsere Fraktion mit zu ergänzenden Punkten wieder einbringen werden und das zu gegebenem Anlass, wenn die Landesregierung - und dieses Verspre

chen ist auch schon mehrfach gegeben worden schon ihre lange währende Ankündigung wahr macht und eine wirkliche Modernisierung des Thüringer Datenschutzrechts auf den Weg bringt. Die Diskussion und Verabschiedung der Datenschutzgrundordnung der EU und weiterer in das Themenfeld gehörender EU-Regelungen wird sicherlich auch im Landtag die Diskussion und die Arbeit der Modernisierung des Thüringer Datenschutzrechts befördern. Da bin ich voller Optimismus und Hoffnung. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Mir liegen jetzt seitens der Abgeordneten keine weiteren Redeanmeldungen vor. Für die Landesregierung Herr Staatssekretär Rieder, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, zu dem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE nehme ich angesichts des eindeutigen Votums der letzten Plenarsitzung für die Landesregierung in der gebotenen Kürze Stellung.

Die Unabhängigkeit des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz wurde erst vor wenigen Monaten hier im Landtag beraten und mit dem Gesetz zur Änderung des Thüringer Datenschutzgesetzes Ende des letzten Jahres erheblich gestärkt. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz nimmt nunmehr die Aufsicht über den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich wahr, also über die privaten Unternehmen. Auch in dieser Funktion ist er gemäß § 36 Abs. 1 Thüringer Datenschutzgesetz unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Außerdem hat er nach § 36 dieses Gesetzes Anspruch auf eine seine Unabhängigkeit sichernde Personalund Sachausstattung. Über die Einzelheiten bestimmt der Haushaltsgesetzgeber. Diese Regelungen gewährleisten die völlige Unabhängigkeit im Sinne der Europäischen Datenschutzrichtlinie. Eine Notwendigkeit für den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE vermag ich daher nicht zu erkennen. Dies gilt gerade auch, weil der Schaffung einer obersten Landesbehörde, wie sie die Fraktion DIE LINKE beabsichtigt, Artikel 69 der Thüringer Verfassung entgegensteht. Dieser schreibt eine Anbindung des Landesbeauftragten für den Datenschutz an den Landtag und damit die geltende Rechtslage gerade vor. Im Übrigen regelt die Landesverfassung abschließend, wer oberste Landesbehörde ist. Es ist die Landesregierung als oberstes Organ der vollziehenden Gewalt, Artikel 70 Abs. 1, und der Landesrechnungshof gemäß Artikel 103 Abs. 1, der als einzige Behörde neben der Landesregierung den Status einer obersten Landesbehörde erhalten

hat. Ich habe dies bereits mehrfach ausgeführt. Dem Landesbeauftragten für den Datenschutz müsste deshalb über eine Änderung der Landesverfassung der Status einer obersten Landesbehörde verliehen werden.

Auch die Idee eines Vorschlagsrechts für jedermann in § 36 des Gesetzentwurfs kann ich nicht für richtig erachten. Mit der Novelle des Thüringer Datenschutzgesetzes wurde das Vorschlagsrecht der Landesregierung wegen europarechtlicher Bedenken beseitigt. Der Landtag kann nun, worauf Frau Abgeordnete Marx bereits hingewiesen hat, geeignete Kandidaten vorschlagen und dabei als Volksvertreter selbstverständlich auch Vorschläge interessierter Bürger aufgreifen. Festzuhalten bleibt damit, dass in Thüringen eine europarechtskonforme Regelung besteht und keinerlei Notwendigkeit ersichtlich ist, eine verfassungsrechtlich höchst bedenkliche Neuregelung vorzunehmen. Die Landesregierung lehnt den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE deshalb weiterhin ab. Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Die Aufmerksamkeit lässt ein bisschen zu wünschen übrig. Wir kommen nämlich jetzt, nachdem ich die Aussprache geschlossen habe, zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4041 in zweiter Beratung. Wer für diesen Gesetzentwurf stimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion DIE LINKE. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDPFraktion. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Das sind die Stimmen aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Thüringer Gesetz zur Erprobung von effizienteren landesrechtlichen Standards für kommunale Körperschaften (Thü- ringer Standarderprobungsge- setz - ThürStEG -) Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drucksache 5/4109 ERSTE BERATUNG

Gibt es einen Wunsch zur Begründung des Gesetzentwurfs? Es gibt den Wunsch zur Begründung durch den Abgeordneten Bergner.

(Abg. Hauboldt)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir dürfen immer wieder vernehmen, wie von allen Seiten, auch von Anwesenden unseres Hohen Hauses, von Standardabbau gesprochen wird. Ich habe in dieser Wahlperiode leider bisher noch nicht erlebt, wie bei Kommunen irgendwelche Standards abgebaut worden sind, sondern nur, dass sie immer wieder neue Standards und Aufgaben übertragen bekommen haben.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter Bergner, einen kleinen Moment. Ich hatte vorhin vorsichtig darauf hingewiesen, dass die Aufmerksamkeit zu wünschen übrig lässt, offensichtlich ist es nicht mehr bis in die Reihen gekommen, an die ich mich gerichtet habe. Wir sind noch in der Plenardebatte und der Herr Abgeordnete Bergner möchte jetzt einen Gesetzentwurf begründen. Falls Sie individuelle Gespräche zu führen haben, führen Sie die bitte draußen und im Übrigen hören Sie dann doch weitestgehend diesen Ausführungen zu.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, für diese Unterstützung. Wir sind der Überzeugung, dass der Ihnen hiermit vorliegende Gesetzentwurf dazu beitragen kann, dass wir endlich anfangen, Bürokratie abzubauen. Der vorliegende Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, soll ermöglichen, dass Kommunen von landesrechtlichen Standards abweichen können, um zu erproben, ob die jeweilige Abweichung für eine landesweite Anwendung ein erfolgreiches Modell sein kann. Zu diesem Zweck sollen nach Vorschlag von den Kommunen für einen bestimmten Zeitraum Rechtsvorschriften modifiziert angewendet und mit der Genehmigungsbehörde ausgewertet werden. Es sollen neue Formen der Aufgabenerledigung und Aufgabeneffizienz ausprobiert werden, um zum Beispiel wirtschaftliche Entwicklungen besser zu fördern, Existenzgründungen zu erleichtern und Verwaltungsverfahren zu beschleunigen, meine Damen und Herren. Wir sind der Auffassung, dass diejenigen, die sich täglich mit zu starren und zu bürokratischen Verfahren abkämpfen müssen, uns am besten sagen können, wo wirklich Handlungsbedarf besteht und wo vor Ort der Schuh drückt.

(Beifall FDP)

Natürlich sollen letztendlich die Kommunen auch finanziell davon profitieren. Wir wollen, dass die Kommunen Handlungsspielräume entwickeln können. Deswegen, meine Damen und Herren, sollen die abgebauten Standards ausdrücklich zur Kosten

entlastung und zu größeren finanziellen Handlungsspielräumen bei den Kommunen führen.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um eine intensive Diskussion im Sinne dieses Gesetzes und hoffe darauf, dass wir auch in den Ausschüssen dafür ausreichend Gelegenheit haben werden. Danke schön.

(Beifall FDP)

Für die CDU-Fraktion hat zunächst Herr Abgeordneter von der Krone das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir behandeln heute hier den Gesetzentwurf der FDP in Drucksache 5/4109. Ziel des Gesetzes soll es sein, neue Maßnahmen zum Bürokratieabbau in den Kommunen zu erproben, auszuwerten und erfolgreiche Modelle landesweit zur Anwendung zu empfehlen. Insbesondere sollen so neue Formen der Aufgabenerledigung in der Praxis gefunden und erprobt werden. Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag begrüßt grundsätzlich die nachhaltige Überprüfung der Aufgabenkataloge des Landes, der Kommunen vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und knapper werdenden Finanzmittel.

(Beifall CDU)

Nach Möglichkeit sollen keine Gesetze in den Landtag eingebracht werden, die die Standards der Aufgabenerfüllung bei Land und Kommunen erhöhen. Mit dem Entschließungsantrag in der Drucksache 5/3799 „Haushaltskonsolidierung fortsetzen“ wurde die Landesregierung gebeten, die Etablierung von Modellregionen zu prüfen, in denen die Reduktion und Aufhebung von Vorschriften erprobt werden kann. Eine solche Erprobung sollte punktuell in ausgewählten Kommunen erfolgen und gerade nicht flächendeckend in ganz Thüringen. Hintergrund dessen ist, dass bei einem flächendeckenden Erprobungssystem der Verwaltungsaufwand erheblich wäre und neue bürokratische Mechanismen schafft. Aus diesen Gründen ist der Gesetzentwurf ungeeignet, Bürokratien abzubauen. § 1 des Gesetzes stellt dar, dass der Handlungsspielraum erhöht wird und die finanziellen Spielräume verbessert werden. Dies wird nicht erfolgen. Es wird in dem Gesetzentwurf in § 3 ein neues Antrags- und Genehmigungsverfahren geregelt. Durch diese wird zusätzlicher bürokratischer Aufwand geschaffen, der zu Mehrbelastungen in Land und Kommunen führt. Außerdem ist der Gesetzentwurf verfassungsrechtlich bedenklich, weil durch ein Antragsverfahren Abweichungsmöglichkeiten eröffnet werden sollen, die gesetzlich nicht geregelt sind. § 4 des Gesetzes verstößt nach meiner Auffassung

gegen Artikel 28 Grundgesetz. Um Bürokratie abzubauen, bedarf es keiner neuen Gesetze, die Regelungen enthalten, wie bereits bestehende Gesetze nicht anzuwenden sind. Vielmehr ist es erforderlich, bereits bestehende Regelungen auf ihre Effizienz hin zu überprüfen und gegebenenfalls zu streichen. Nur durch die Streichung von überflüssigen und ineffizienten gesetzlichen Regelungen kann effektiv Bürokratie abgebaut werden. In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wird dieses Gesetz schon gehandhabt. Wenn man sich aber die Auswertungen der Technischen Hochschule Wildau und auch der Landesregierungen vornimmt, lässt da einiges zu wünschen übrig. In keiner Stellungnahme ist ersichtlich, inwieweit in den Kommunen Einsparungen vorgenommen werden.

Darüber hinaus hat die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag im Februar 2012 ein Forum zum Thema „Interkommunale Zusammenarbeit“ mit vielen Bürgermeistern und Kommunalvertretern durchgeführt und um mehr kommunale Zusammenarbeit geworben. Ziel muss es sein, diese interkommunale Zusammenarbeit zu stärken und weiter auszubauen. Nur so können dauerhafte Entlastungen für Kommunen erzielt werden, um langfristig den Herausforderungen des demographischen Wandels vor Ort begegnen zu können. Danke schön.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat der Abgeordnete Kuschel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die FDP greift ein populäres Thema auf. Man kann über dieses Thema „Entbürokratisierung“ immer diskutieren und man diskutiert, seitdem es die Bürokratie gibt. Es gibt ja immer so ein paar Sprüche, die sind immer böse, vor allen Dingen gegen Beamte. Es wird gesagt, es fehlen einfach die Beamten, um Bürokratieabbau auf den Weg zu bringen. Das beschreibt es sehr deutlich. Wir verschließen uns einer solchen Gesetzesinitiative nicht. Das Problem, was wir mit dem Gesetz haben, es ist sehr abstrakt formuliert. Positionierungen sind letztlich immer erst dann möglich, wenn es konkret wird. Sie beschreiben ja nur einen Rahmen, der in vielen Bereichen anwendbar wäre und die Fraktion DIE LINKE wird sich sicherlich in den einzelnen Bereichen unterschiedlich positionieren. Selbst die CDU hat erkannt - erst vor wenigen Wochen, aber immerhin -, dass im Bereich der Abwasserentsorgung über einige Standards und Fristen neu nachgedacht werden muss. Es gibt ein Positionspapier der CDU-Fraktion vom Dezember 2011, aber mehr eben noch nicht. Dort sind wir durchaus gesprächsbereit, wobei wir sagen müssen, da ist in den letz

ten 20 Jahren natürlich sehr viel geschehen. Da hat das Land zentrale Entsorgungskonzepte gefördert und jetzt auf Dezentralität umzustellen, wird nicht flächendeckend gehen. Aber trotzdem sind wir durchaus diskussionsbereit.

Sollten Ihre Vorschläge aber darauf abzielen, beispielsweise im Bereich der Bürgerbeteiligung bestimmte Verfahren - sie sagen - zu beschleunigen, wir sagen, Bürgerbeteiligung zu begrenzen, dann werden Sie auf unseren erbitterten Widerstand stoßen. Wir gestehen Ihnen zu, dass die Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten in Thüringen viel zu kompliziert sind. Erst jetzt ist wieder ein Antrag auf ein Bürgerbegehren in der Stadt Gotha gescheitert. Dort wollen die Initiatoren, dass der ständige Essengeldzuschuss wieder eingeführt wird. Selbst an einer so relativ selektiven, ausgewählten Frage scheitert ein solcher Antrag, weil die Verwaltung, die über sehr viele Fachleute verfügt, den Bürgern erklärt, euer Finanzierungsvorschlag entspricht nicht den gesetzlichen Bestimmungen, Schluss, aus.

Wenn wir Bürgerbeteiligung wollen, brauchen wir sehr niedrige Hürden, vereinfachte Verfahren, aber es darf nicht dazu führen, wie manche Verfechter der Entbürokratisierung es wollen, dass Bürgerbeteiligung abgebaut wird. Wir sehen durchaus auch Reformbedarf, was die Bürgerbeteiligung in der Bauleitplanung betrifft bei der Aufstellung von BPlänen oder bei der Diskussion über den Flächennutzungsplan. Auch dort sind die Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten sehr formal und die formalen Hürden viel zu hoch, dass sich eigentlich immer nur Fachleute an dieser Diskussion zur Bauleitplanung beschäftigen, denn wer kennt schon die Rahmenbedingungen für Ausgleichsmaßnahmen. Sind die jetzt besser am Ort des Eingriffs oder woanders zu realisieren? Welche Ökobilanzen sind dabei zu berücksichtigen? Auch dort müssen wir, wenn wir Bürgerbeteiligung wollen, die Schwellen viel niedriger setzen, müssen vor allem das Abwägungsverfahren qualifizieren, dass es nicht nur formal ist, weil dann irgendwann die Bürgerinnen und Bürger die Lust verlieren, Vorschläge zu unterbreiten, wenn sie dann sowieso immer ins Leere laufen. Aber wenn Sie unter Bürokratieabbau verstehen, das Verfahren weiter zu begrenzen - und Sie umschreiben es mit Beschleunigen -, dann wird auch das auf unseren Widerstand stoßen.

Wir werden auch keinesfalls eine Diskussion zu sozialen Standards zulassen. Das wäre auch eine Option mit reichen Kindertagesstätten. Das neue Kindertagesstättengesetz beschreibt neue Standards, die natürlich in der Folge höhere Kosten verursachen. Deshalb fordern die Kommunen zu Recht, den Kostenausgleich seitens des Landes, weil der Landtag diese Standards definiert hat. Es gibt immer wieder Überlegungen, einfach diese Standards runterzufahren, um Kosten zu sparen, aber das trifft diejenigen, die eigentlich die Zukunft

(Abg. von der Krone)

unseres Landes sind, nämlich Kinder im Vorschulalter. Auch dort werden Sie nicht mit unserer Zustimmung rechnen können, wenn es um Abbau sozialer Standards geht.

Oder um noch zwei Beispiele zu benennen, wir hatten in einem Bereich einen erheblichen Abbau von Standards, wo insbesondere aber dann die FDP wieder angefangen hat, „rumzumerkeln“ und zu diskutieren, das ist die Thüringer Bauordnung.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wir merkeln nicht.)

Doch, in Berlin schon, da „merkeln Sie“ ganz schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Bei der Thüringer Bauordnung haben wir den Katalog der genehmigungsfreien und vereinfachten Verfahren erheblich erweitert. Beispielsweise wenn ich jetzt ein Gebäude in einem Bebauungsplanbereich errichte und mich an die Vorgaben des Bebauungsplanes halte, brauche ich nicht mal mehr eine Baugenehmigung. Das kann ich so machen. Da war es gerade die FDP natürlich mit ihrer Klientel der freiberuflichen Ingenieure und Architekten, die dann gesagt haben, so nicht, Geld verdienen wollen wir trotzdem noch und jetzt durch massive Rechtsstreitigkeiten im Nachhinein letztlich die Effekte der Entbürokratisierung kompensiert haben. Auch dort müssen Sie sich jetzt einigen, was Sie wollen.

Oder auch die FDP war es, als die Meisterliste neu gefasst wurde, also die Berufe neu gefasst wurden, die eines Meisters bedurften, wo es immer wieder Aufschrei gab. Klar, es ist Ihre Klientel, weil natürlich kleine, mittelständische Unternehmen, Handwerker zu Ihnen gehören.