Protocol of the Session on March 22, 2012

(Abg. Fiedler)

Das ist aber schön.

(Heiterkeit im Hause)

Mir geht es einfach darum, man kann ruhig Spaß dabei machen, da bin ich auch dabei. Ich bin da wirklich dabei. Ich habe da kein Problem. Aber wir sollten in allem Ernst sagen, dass der Verfassungsschutz auch in Thüringen Fehler gemacht hat, unbestritten. Daran gibt es überhaupt nichts zu nörgeln oder irgendwo wegzudrücken. Es sind auch dort Fehler gemacht worden. Aber es sind natürlich auch woanders Fehler gemacht worden und das bedrückt mich mindestens genauso. Es sind bei den Ermittlungsbehörden Fehler gemacht worden,

(Beifall DIE LINKE)

vor wenigen Tagen, das können Sie nachlesen, damit Sie es nicht aus den geheimen Papieren irgendwoher, mittlerweile erfahren wir ja alles vom Bund. Also, wir geben uns noch große Mühe, alles geheimzuhalten, man braucht nur die Kommentare auch vom Bund usw. zu lesen, da bekommt man alles raus mittlerweile, was dort alles offengelegt wird. Auch die Justiz, wenn - ich habe es gerade wieder in der Zeitung gelesen, ich wusste es natürlich vorher schon, aber jetzt steht es in der Zeitung, jetzt kann ich auch darüber reden - ein Staatsanwalt, der zu dem einen Prozess schon tätig war und genau wusste, was eigentlich passiert ist, und dann den anderen Prozess zufälligerweise oder da mit beteiligt ist, also mit den Durchsuchungsbeschlüssen und dann nicht merkt, was dort los ist. Ich weiß, mir hat mal ein Jurist gesagt, man sollte die nicht schelten, aber ich glaube, auch Staatsanwälte sind nicht unfehlbar. Er hätte vielleicht erkennen können, dass es um dieselbe Person geht und hätte dort etwas nachhaken können.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss man einfach festhalten, ohne dass gleich die Stände entsprechend aufstehen und sagen, das ist alles nicht wahr. Auch Politiker machen Fehler und die müssen auch dazu stehen. Deswegen, Staatsanwälte sind ja noch nicht die ganz Freien, das sind noch die, die gewissen Weisungen unterworfen sind, wobei sich natürlich Minister höchst selten davon bedienen, aber ab und zu können sie das. In so einem Falle ist es vielleicht ab und zu einmal notwendig. Ich will damit nur deutlich machen, wir müssen das Gesamte uns anschauen. Wir haben doch in den letzten Jahren viele, viele Dinge gehabt und das könnte Ihnen die Polizei erzählen. Was denken Sie, wenn wir von den vielen Skinheadkonzerten, die leider Gottes auch bei uns stattgefunden haben und noch stattfinden, wenn wir dort nicht Informationen, die kommen meist von unterer Ebene, aber da kommen die her, gehabt hätten, hätten wir viele Konzerte nicht auflösen kön

nen. Das ist einfach so. Oder wenn wir manche Aufmärsche nicht gewusst hätten, hätten wir nicht reagieren können oder hätten zu spät reagiert. Man muss das einfach auch im Gesamtzusammenhang sehen, dass hier doch, denke ich mal, das Landesamt notwendig ist. Diesen Antrag, es zu einem Dokumentationszentrum umzugestalten, den halte ich für vollkommen abwegig.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Wir wollten die Mitarbeiter nicht entlassen, nur umsetzen.)

Also, Herr Kollege Ramelow, wenn Sie schon das Amt umgestalten wollen und der Meinung sind, es ist überflüssig und die machen nur eine schlechte Arbeit, da müssen Sie wahrscheinlich einen großen Teil der Leute entlassen. Das wäre dann die Konsequenz. Aber es wird Ihnen natürlich nicht gelingen, weil wir natürlich das Landesamt nicht auflösen und weil natürlich die Leute nicht entlassen werden müssen und weil Sie kein Dokumentationszentrum bekommen. Das bekommen Sie höchstens, wenn Sie mal Ministerpräsident werden in dem Lande und

(Beifall DIE LINKE)

irgendjemand Ihr Juniorpartner ist, wer auch immer das ist, dann vielleicht. Aber selbst dann glaube ich nicht daran, weil der Juniorpartner das nicht mitmachen wird. Wer auch immer das ist, ich habe noch keinen angesprochen, ich habe noch niemanden angesprochen. Ich bin noch ganz zurückhaltend.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Weil er nicht da ist.)

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen alle Versuche, die Sie immer wieder loslassen, eine Landesbehörde in der Rechtsform einer Anstalt. Sie haben das geschickt umgedreht das Ganze. Natürlich ist sofort aufgefallen, dass Sie das geschickt umgedreht haben, wie man also entsprechend trotzdem noch eine Landesbehörde haben kann. Ich will Ihnen nur sagen, es kann nicht funktionieren, es wird nicht funktionieren und wir werden das ganz klar ablehnen. Ich werde die Zeit nicht ausnutzen. Aber nichtsdestotrotz

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, DIE LINKE)

Wirklich, Frau Klaubert? Das hätte ich gar nicht erwartet, sind Sie auch schon Fan von mir geworden? Das hätte ich nicht erwartet.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Doch!)

(Beifall DIE LINKE)

Also, ich bekomme in letzter Zeit Einladungen von der LINKEN, ich soll zu irgendeinem Kreisparteitag kommen. Ich habe höflich geschrieben, ich kann

nicht daran teilnehmen. Nicht dass jemand denkt, ich komme demnächst zur LINKEN und mache da Aufklärungsarbeit. Es fruchtet einmal nicht und deswegen gehe ich gar nicht erst hin, außer wo es sich lohnt. Ach ja, in 10 Jahren können wir mal darüber nachdenken. Also, meine Damen und Herren, im vollen Ernst, es lohnt sich nicht, jetzt über das Ganze bis zum bitteren Ende zu debattieren. Erst muss der Abschluss zur Schäfer-Kommission da sein, wir müssen weitere Erkenntnisse haben. Wir werden diesen Gesetzentwurf nicht überweisen, wir lehnen ihn ab

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Das ist aber jetzt schade!)

und er ist untauglich.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Fiedler. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Gäste hier im Thüringer Landtag, ich will ganz kurz auf den letzten Satz von Herrn Kollegen Fiedler eingehen und meiner Bedrückung Ausdruck verleihen gerade angesichts der Debatte, die wir im letzten Innenausschuss geführt haben.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Denk dran!)

Hier war nämlich der Gesetzesänderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Tagesordnung und wir haben den geschoben, weil Sie angekündigt hatten, Ihren Gesetzentwurf zügig einzubringen und den der LINKEN mit zu beraten in dem Zusammenhang.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich kann Ihnen eines jetzt schon sagen, das Entgegenkommen der Opposition, die immer wieder wartet auf die Koalition, die nicht fertig wird, hat damit einen Endpunkt, wenn dieses Gesetz heute nicht an den Innenausschuss überwiesen wird, ganz klare Ansage.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da haben Sie keine Chance mehr, mit Ihrer Langeweile vorwärtszukommen.

Sehr geehrte Frau Kollegin Berninger, ja, wir alle kennen den Artikel von Heribert Prantl, der ist auch schön zu lesen und lässt viele Eindrücke zurück und der sagt dann, wenn man ihn gelesen hat, ja,

schaffen wir die einfach ab, dann sind wir ein Stück weiter. Aber schauen wir nur auf den im Augenblick viel diskutierten Fall der NSU. Was hätte uns ein Land ohne Verfassungsschutz hier genützt? Es hätte uns nichts genützt.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Was nützt es mit Verfassungsschutz?)

Es hätte uns erst mal bei der Aufklärung nichts genützt. Stellen wir uns kritisch die Frage, selbstkritisch, müssen wir doch sagen, dass im politischen Bereich, im parlamentarischen Bereich so viele Skandale immer wieder herauskommen, richtigerweise herauskommen, weil Medien aktiv sind und recherchieren und investigativ unterwegs sind. Kommen wir auf die Idee, deshalb Parlamente aufzulösen und uns gegen eine politische Debattenkultur zu wenden?

(Beifall CDU, SPD)

Das tun wir nicht. Wir tun das im Übrigen auch nicht mit den Lebensmittelüberwachungsämtern, wenn eine EHEC-Epedemie droht oder Dioxine in unseren Nahrungsmitteln gefunden werden. Wir reagieren im Gegensatz vollkommen anders und sagen, wir müssten sie ausbauen und stärken. Ich sage das nicht, weil ich den Verfassungsschutz ausgebaut und gestärkt haben will, sondern ich möchte gern Ihre Argumentation darauf lenken und Ihre Gedanken darauf lenken, dass wir hier noch einiges zu diskutieren haben. Ich gehe davon aus, dass wir das im Innenausschuss auch tun werden.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir GRÜNE haben ein Gesetz vorgelegt. Sie haben zu Recht gesagt, dass dieses Gesetz zunächst einmal nur die Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission stärkt, aber wir haben das damals gesagt, ich bekräftige das heute, vor der Sommerpause haben Sie auch einen weitergehenden Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur parlamentarischen Debatte auf dem Tisch, der eine elementare Veränderung, Fokussierung und Verschärfung des Ziels des Geheimdienstes und eine Eingrenzung harter, enger Schranken für seine nachrichtendienstlichen Mittel haben wird.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Das ist schon eine Argumentation für den Geheim- dienst.)

Wir verweigern uns auch nicht der Debatte, das Amt grundsätzlich umzugestalten, daraus möglicherweise eine Abteilung im Innenministerium zu machen. Darüber ist aber das letzte Wort in unserer Partei noch nicht gesprochen. Wir führen hier einen intensiven offenen Diskussionsprozess, zügig, und werden ihn bis zum Sommer abschließen und dann auch neue Anregungen für die Fortentwicklung der

(Abg. Fiedler)

Sicherheitsarchitektur hier in Thüringen beitragen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wichtig ist, den Gesetzesentwurf der LINKEN richtig einzuordnen. Es ist eine wichtige unabdingbare Debatte, die hier angestoßen wird. Es hat nichts mit der konkreten Situation der Diskussion des Rechtsterrors zu tun, das sagt selbst DIE LINKE, die in ihrer Presseverlautbarung sagt, es ist der Zeitpunkt, den wir nutzen. Und es ist auch okay! Man muss das Eisen schmieden, wenn es heiß ist, und es ist vollkommen richtig, niemand - nicht einmal die Koalition zweifelt daran, dass wir am Verfassungsschutz etwas ändern müssen. Sie gehen den größeren Schritt, wir sind da skeptisch, ob das richtig ist.

Ich will aber zum Anfang sagen, was wir positiv und richtig finden. Wer sich damit schon einmal auseinandergesetzt hat, was es bedeutet, als Verein oder als Ort oder als Person im Verfassungsschutzbericht aufzutauchen, der weiß, wie hart das ist. Der weiß, wie schwierig es ist, hier rechtsstaatlich dagegen vorzugehen, der weiß, in welche Ecke man schnell gestellt wird. Und es ist nicht leicht und nicht mithilfe von Gerichten und Rechtsstaat leicht, dort herauszukommen. Vor diesem enormen Grundrechtseingriff müssen wir die Bürgerinnen und Bürger schützen und deshalb sind die Schranken viel zu weit gefasst. Wir brauchen härtere Schranken und es ist richtig, dass DIE LINKE hierüber eine Debatte anstößt.

Es ist auch positiv, zu schauen, dass wir dringend eine Verwissenschaftlichung der Analyse gesellschaftlicher Strukturen brauchen, um Zivilgesellschaft besser darauf einstellen zu können. Wir brauchen diese Verwissenschaftlichung, auch das ist ein Anliegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir brauchen die Streichung des Beobachtungsobjektes der organisierten Kriminalität, weil Kriminalität einzig die Aufgabe der Polizei ist, und so sollte es auch bleiben, keine Vermischung an der Stelle. Wir brauchen - ganz klar - eine Demokratisierung dieses Geheimdienstes, sonst hat er keine Chance und keine Berechtigung in dieser Gesellschaft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kritisch allerdings sehen wir einen Grundgedanken. Das einzig und alleinige Setzen auf die wissenschaftliche Aufarbeitung und das Streichen der nachrichtendienstlichen Mittel könnte man noch vertreten. Aber der Atemzug, in dem Sie dann gleich sagen, aber wir greifen gern auf zivilgesellschaftliche Akteure zurück, implementiert eine Grauzone. Sie stellen nicht die Frage, woher diese zivilgesellschaftlichen Akteure dann ihr Wissen haben, das dem Staat - so ist es ja auch in Ihrer wissenschaftlichen Behörde auf der Grundlage des Grundgesetzes angesetzt - für seine Handlungen, ob es nun sozialpädagogische oder Ähnliche oder Sicherheitsfragen sind, als Handlungsanleitung dienen

soll. Die Frage ist auch, wer sollen denn diese zivilgesellschaftlichen Akteure sein? Sollen das die Medien sein? Haben Sie mal mit dem Journalistenverband darüber gesprochen, dass demnächst eine wissenschaftlich arbeitende Behörde des Staates, die im Sicherheitsbereich angesiedelt ist, Informationen von Journalisten so aufarbeitet, dass sie möglicherweise im Vorfeld der Strafverfolgung benutzt werden können? Die werden sich bedanken. Oder meinen Sie ganz und gar nur die Antifa? Wir wissen doch alle, wie diese engagierten Leute - und es ist ihnen hier ein großer Dank von diesem Pult einmal auszusprechen, was sie alles leisten - zu vielen Informationen kommen. Das sind doch auch Informationen, die dadurch erreicht werden, dass man sagt, ich rufe mal bei einem Busunternehmen an und frage, ob noch ein Bus frei ist, und wenn die alle voll sind, weiß ich, dass die Rechten die gebucht haben. Dann habe ich ungefähr eine Vorstellung darüber.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Hä? Null Ahnung!)