Protocol of the Session on January 26, 2012

Danke, Herr Abgeordneter Pidde. Es hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Recknagel für die FDPFraktion.

Werte Abgeordneten, meine Damen und Herren, selten herrscht so viel Einigkeit. Auch wir sind sowohl gegen den Gesetzentwurf als auch gegen die Ausschussüberweisung.

(Beifall FDP)

Das Gesetz ist schlichtweg überflüssig. Frau Enders, Sie haben da irgendetwas nicht verstanden in Ihrer Begründung. Sie sprachen von Wirksamwerden um den 30. Juni. Wirksam würde eine Steueränderung schon vom 1. Januar an, so steht es im Gesetz. Das allerdings ist auch schon im Bundesgesetz meines Erachtens eine fragwürdige Regelung, weil sie dem Steuerpflichtigen nicht mehr die Möglichkeit lässt, auf eine Gesetzesänderung, Steuersatzänderung, oder eine Hebesatzänderung zu reagieren, irgendeine Gestaltung vorzunehmen, und es setzt ihn darüber hinaus der Notwendigkeit

(Vizepräsidentin Hitzing)

aus, möglicherweise eine Anpassung der Vorauszahlung hinnehmen zu müssen. Das hat mitunter erhebliche Auswirkungen auf die Liquiditätslage eines Unternehmens. Wir sprechen ja hier auch vom Gewerbesteuerrecht. Diese rückwirkenden Steuersatzänderungen und Steuerrechtsänderungen sind eine um sich greifende Unsitte in Deutschland. Dem sollte man entgegentreten, nicht indem man das hier mit einem Landesgesetz weiter manifestiert, sondern indem man die Regelungen an sich infrage stellt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Traum der FDP, die Steuern abschaffen.)

Diese Unsitten kennen wir auch aus den diversen Jahressteuergesetzen, die kurz vor knapp am Jahresende in Kraft gesetzt werden, auf die man sich in der Praxis nur sehr schwer einstellen kann, die immer wieder zu Rechtsfragen führen und Gestaltungen völlig unmöglich machen.

(Beifall FDP)

Das Gesetz ist zuletzt auch deswegen überflüssig und unsinnig, weil das Bundesgesetz sogar einen späteren Beschluss zulässt, später als den 30. Juni, nämlich in dem Fall, in dem der Hebesatz gesenkt wird. Auch das haben Sie nicht beachtet. Wie schon gesagt, wir sollten es ablehnen. Danke schön.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Recknagel. Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir machen Politik aus Sicht der Bürger, in dem Fall aus Sicht der Steuerpflichtigen. Insbesondere der Beitrag der FDP ist in der Hinsicht offenbar ein Paradigmenwechsel. Bisher hat die FDP immer für sich in Anspruch genommen, die Rechte der Steuerpflichtigen sehr hoch zu hängen.

Herr Recknagel, bewusst haben wir natürlich die Option offengelassen, die Steuerzahler auch nach dem 30.06. entlasten zu können. Also Hebesatzsenkungen im Interesse der Steuerpflichtigen, die den Steuerpflichtigen zugute kommen, da wollen wir, dass das der Gemeinderat zu jedem Zeitpunkt machen kann. Aber hier geht es um eine zusätzliche Belastung der Steuerzahler, der Bürgerinnen und Bürger. Die Frage, die muss beantwortet werden: Was wollte dort der Gesetzgeber - in dem Fall der Bundesgesetzgeber - und wie gehen wir in Thüringen damit um? Die Erhebung von Grund- und Gewerbesteuern findet im Spannungsfeld zwischen Bundes- und Landesrecht statt. Da wird uns dann

der Innenminister wieder belehren, nein, der Finanzminister. Ja, Sie haben die Zuständigkeit gewechselt. Der Innenminister, der für die Kommunen zuständig ist, der macht wieder etwas anderes, der folgt nicht mal der Debatte, auch der Staatssekretär nicht, und Sie als Finanzminister müssen nun wieder herhalten. Das ist bedauerlich, aber gut, Sie sind Finanzminister und müssen mich ertragen. Aber das geht ja auch, wir kommen schon zurecht. Sie werden uns das dann erklären, dass wir nicht zuständig sind und dass es verfassungsrechtliche Probleme gibt. Also das wissen wir, dass wir uns im Spannungsfeld zwischen Bundes- und Landesgesetzgebung befinden. Der Bundesgesetzgeber hat einen Willen zum Ausdruck gebracht. Er hat nämlich die Gemeinden ermächtigt, über das Hebesatzrecht die Grund- und Gewerbesteuer individuell auszugestalten, und hat geregelt, die Beschlüsse dazu müssen aber bis zum 30.06. getroffen sein, und zwar im Interesse der Steuerpflichtigen, damit sich die Steuerpflichtigen auf eine Hebesatzerhöhung einstellen können. Der Gesetzgeber hat wörtlich formuliert, dass auch die Steuerpflichtigen einen Anspruch auf eine private Lebensplanung haben. Immerhin, der Staat gesteht den Steuerpflichtigen zu, dass sie sich auf eine neue Situation, die sie stärker belastet, einstellen können.

Nun sind wir in der Situation, dass aber die Ausgestaltung des Beschlussverfahrens im Gemeinderat Ländersache ist. Also nicht der Bund bestimmt, wie Beschlüsse im Gemeinderat gefasst werden, sondern die Länder. Wir in Thüringen haben den Thüringer Gemeinden auferlegt, dass der Hebesatz in einer Satzung zu regeln ist, und wir haben ein Satzungsverfahren bestimmt. Das Satzungsverfahren gestaltet sich in vier Säulen. Neben der Beschlussfassung muss danach die Satzung bei der Rechtsaufsichtsbehörde angezeigt werden. Danach erfolgt die Würdigung, die Ausfertigung der Satzung und schließlich die öffentliche Bekanntmachung und erst mit der öffentlichen Bekanntmachung tritt der Beschluss in Kraft. Jetzt hat Herr Meyer gesagt, ein ordentlicher Bürgermeister oder Gemeinderat informiert seine Steuerpflichtigen, seine Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld. Das ist so, aber darauf kann sich eben der Steuerpflichtige nicht verlassen. Wir regeln - das ist nun mal im Gesetz so - immer die Fälle, in denen es um Rechte und Pflichten geht. Hier hat der Steuerzahler ein Recht auf Information. Das, was Herr Meyer beschrieben hat, ist eher ein freiwilliges Verfahren. Jetzt kommen wir in die Situation, dass sich - und das haben sowohl Frau Lehmann verkannt als auch Herr Pidde und Herr Meyer, die gesagt haben, der Gemeinderat kann doch rechtzeitig beschließen, das kann er machen - danach ein Verfahren anschließt, in dem der Gemeinderat nicht mehr Herr des Verfahrens ist, sondern das macht die Rechtsaufsichtsbehörde. Die Rechtsaufsichtsbehörde hat keinerlei zeitliche Vorgaben zur Würdigung der Haushaltssatzung.

(Abg. Recknagel)

Damit kann der Fall eintreten, dass zu einem viel späteren Zeitpunkt als dem 30.06. diese Hebesatzerhöhung genehmigt und öffentlich bekannt gemacht wird. Das wollen wir verhindern. Wir wollen den Willen des Bundesgesetzgebers umsetzen, der gesagt hat zum 30.06, zur Mitte des Jahres. Da teile ich die Position von Herrn Recknagel durchaus, der sagt, hier greift der Steuergesetzgeber - in dem Fall die Gemeinde - sogar rückwirkend in Steuertatbestände ein, denn die Satzung tritt immer rückwirkend zum 01.01. in Kraft. Da sind sechs Monate schon ein weiter Zeitraum. Wenn wir das jetzt mehr erweitern - de facto auf das gesamte Haushaltsjahr -, dann können wir bestimmte Verfassungsgrundsätze, wie den Vertrauensgrundsatz und das Rückwirkungsverbot, über den Haufen schmeißen. Das wollen Sie sicherlich nicht.

Frau Lehmann hat gesagt, ihr und ihrer Fraktion sind keine Probleme bekannt. Das ist nicht neu, dass die CDU in einer anderen Welt lebt. Sie verkennen ja Probleme grundsätzlich. Ich empfehle Ihnen ein Praktikum in unserem Bürgerbüro, da reicht eine Woche. Da werden Sie mit den Problemen der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land konfrontiert. Das kann ich Ihnen nur empfehlen. Wenn Sie tatsächlich die Realitäten so ausblenden wie hier, dann verstehe ich auch Ihr Agieren. Dann kann ich natürlich verstehen, dass Sie hier in diesem Hause im Regelfall alles so lassen wollen, wie es ist, weil Sie eben meinen, die Welt ist so schön in Ordnung. Da stehen Sie im Übrigen in Handlungstradition unserer Vorgängerpartei. Wir sind die Rechtsnachfolger, aber Sie sind der Handlungsnachfolger, das zeigt sich hier wieder.

(Unruhe im Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Da ist er sel- ber überrascht.)

Frau Lehmann hat dann ein Urteil von 1979 zitiert. Die Welt hat sich seitdem irgendwie bewegt.

(Unruhe DIE LINKE)

Das Territorium von Thüringen gehörte damit noch nicht zum Bereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Das wussten Sie doch bestimmt. Ich halte es für bedenklich, eine Rechtsprechung auf ein Territorium anzuwenden, das zum damaligen Zeitpunkt einem anderen Rechtssystem angehörte. Das ist mit Verfassungsgrundsätzen, wie z.B. dem Rückwirkungsverbot nur schwer vereinbar. Ich bitte Sie, Konservatismus heißt zwar werterhaltend, aber heißt nicht, an Rechtsnormen festzuhalten, die nun wirklich überholt sind.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Sie können das zwar ignorieren, aber wir sind dem Grundgesetz beigetreten.)

In diesem Zusammenhang mal ein Querverweis: Sie sollten sich auch dafür einsetzen, dass aus dem BGB nun endlich das Eheversprechen (Ver- löbnis) gestrichen wird. Selbst bei der Reform 2000 hat es Ihre Partei nicht fertiggebracht, einen Paragraphen aus dem BGB zu streichen, der 1923 letztmalig zur Anwendung gekommen ist. Diese Form von Konservatismus hilft uns eben nicht weiter. Von daher, sich auf eine Rechtsprechung von 1979 zu beziehen, ist gewagt.

Übrigens, wenn wir das machen, auf Dinge verweisen, die vor 1989 lagen, wird uns immer vorgeworfen, wir würden in den Strukturen alten Denkens verhaftet bleiben. Sie haben das nicht notwendig.

Ich will Ihnen zwei Beispiele nennen, Frau Lehmann. Aktuell aus dem vergangenen Jahr war da zum einen die Stadt Hirschberg. Sie hat am 29.06. die Anhebung beschlossen, auch auf Weisung der Rechtsaufsichtsbehörde. Wir wissen, Hirschberg ist seit Jahren in einer komplizierten Finanzsituation. Die diesbezügliche Satzung ist erst weit im 2. Halbjahr veröffentlicht worden. Der Stadtrat Gera hat im Mai 2010 eine Haushaltssatzung beschlossen mit der Anhebung der Hebesätze. Dann ist dieser Beschluss zum Landesverwaltungsamt gegangen. Das Landesverwaltungsamt hat im Oktober 2010 gesagt, wir genehmigen das nicht, aber die Hebesätze, die dürft ihr erhöhen, das dürft ihr veröffentlichen, so dass die Bürgerinnen und Bürger von Gera im Oktober 2010 erfahren haben, dass sie rückwirkend zum 01.01. mit einer Hebesatzerhöhung im Bereich der Grund- und Gewerbesteuer konfrontiert werden. Was hat das noch mit Berechenbarkeit von Politik zu tun?

(Beifall DIE LINKE)

Ich betone es noch einmal: Das, was wir fordern, ist doch gar nicht so schwer, es geht doch nur um eine Klarstellung. Wir sind nicht auf dem Weg in eine andere Gesellschaftsordnung - zumindest nicht mit diesem Gesetzentwurf -, sondern es geht nur um eine Klarstellung. Ich weiß nicht, warum Sie da so eine Blockadehaltung aufbauen. Ich begrüße zumindest, dass Herr Meyer gesagt hat, die GRÜNEN verweigern sich nicht der Ausschussdiskussion und dort können wir weiter diskutieren. Deswegen beantrage ich, den Gesetzentwurf an den Justizausschuss formal, an den Innen- und den Haushaltsund Finanzausschuss, federführend an den Innenausschuss, zu überweisen, weil - ich sage das noch einmal - der Innenausschuss der Kommunalausschuss ist und da geht es um Inhalte

(Beifall DIE LINKE)

und hier geht es um ein Satzungs- und Beschlussverfahren. Das hat nur indirekt etwas mit den Finanzen zu tun, wofür der Finanzminister zuständig ist, doch begleitend soll sich auch der Fi

nanzausschuss damit beschäftigen, aber federführend eben der Innenausschuss. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kuschel. Wenn Sie es mir noch einmal sagen würden, der Innenausschuss ….

(Zuruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Haushalts- ausschuss und Justiz und Federführung In- nenausschuss.)

Danke schön.

Mir liegt jetzt keine Redemeldung aus den Reihen der Abgeordneten mehr vor. Herr Finanzminister Dr. Voß hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Grundsteuer- und Gewerbesteuerhebesätze können von einer Gemeinde für ein oder mehrere Jahre, der Regelfall ist für mehrere Jahre, festgesetzt werden und wenn es der Haushaltsausgleich erfordert, können die Hebesätze rückwirkend erhöht werden.

Stichwort erhöht werden: Wenn sie gesenkt werden, hat der Steuerpflichtige sowieso ein freundliches Lächeln, aber wenn sie erhöht werden, dann natürlich nicht. Das Bundesgesetz will jetzt den Steuerpflichtigen schützen, es ist eine Schutzfunktion, indem er sagt, pass mal auf, meine liebe Gemeinde, bis zu diesem Zeitpunkt hast du dich entschieden, ob du mehr Geld von mir brauchst oder nicht und das musst du tun bis zum 30. Juni eines Jahres. Danach kann eine Gemeinde einen erhöhenden Betrag nicht mehr beschließen. So die Schutzfunktion, die ist bundeseinheitlich und da kommt es auf die Beschlussfassung an, denn es ist vollkommen egal, wann das in Kraft tritt und wie lange die Rechtsaufsichtsbehörde braucht. Es kann allenfalls dabei herauskommen, Herr Kuschel, dass die Rechtsaufsicht sagt, dieser Erhöhungsbeschluss ist nicht statthaft, dann muss er geändert werden, also wieder eine positive Überraschung hat der Steuerpflichtige zu befürchten, eine Erhöhung nach diesem Beschluss aber nicht mehr. Deswegen ist diese Sperrwirkung, gewissermaßen dieser 30. Juni, bundeseinheitlich richtig platziert. Es kommt also überhaupt nicht auf das Inkrafttreten an. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass auch der Wortlaut des Bundesgesetzes überhaupt keinen Raum mehr für Interpretationen lässt. Herr Meyer hat den Kommentar hier vorgelesen. Es gibt überhaupt keine Regelungslücke, die irgendwo auszufüllen ist, sondern das Gesetz ist ausführlich und abschließend.

Meine Damen und Herren, der Bundesgesetzgeber hat wegen der Rechtseinheit in der Bundesrepublik von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht und die Regel eindeutig und erschöpfend, ohne dass hier noch etwas interpretiert werden müsste, getroffen. Insofern hat der Landesgesetzgeber überhaupt keine Möglichkeit, Herr Kuschel, hier ein eigenes Ausführungsgesetz zu treffen, da ja der Bundesgesetzgeber bundeseinheitlich alle Regeln getroffen hat. Insofern ist das Land einfach unzuständig. Insofern gibt es auch verfassungsmäßig keinen Raum für Interpretationen und insofern muss ich Ihnen sagen, würde ich diesen Gesetzentwurf - wegen Unfruchtbarkeit der Diskussion wahrscheinlich - einfach nicht überweisen wollen und notfalls lehnen Sie ihn ab. Es gibt keine Regelungskompetenz auf Landesebene in dem Bereich. Schönen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Jetzt hat sich noch einmal zu Wort gemeldet der Herr Abgeordnete Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Debatte jetzt auch noch eine demographische Dimension bekommt. Damit will ich mich auch nicht auseinandersetzen, Herr Finanzminister. Aber ich finde es bedauerlich, dass Sie immer dann, wenn Ihnen die politischen Argumente ausgehen, eine verfassungsrechtliche Scheindebatte eröffnen

(Beifall DIE LINKE)

und sagen, es ist verfassungswidrig. Das kann ja sein. Aber wenn es tatsächlich verfassungsrechtliche Probleme gibt, das spricht dann eher für eine Beratung im Ausschuss, weil die Ausschussberatung dafür da ist, dass man sich mit diesen verfassungsrechtlichen Bedenken auseinandersetzt. Aber Sie verweigern offenbar die Ausschussberatung, zumindest haben die Fraktionen von CDU und SPD das hier in ihren Debattenbeiträgen angekündigt.

Deswegen will ich noch einmal den Versuch unternehmen, für eine Ausschussüberweisung hier zu werben unter der Maßgabe - das hatte ich schon in meinem vorangegangenen Beitrag gesagt -, dass wir durchaus das Spannungsfeld zwischen bundesund landesrechtlicher Gesetzgebungskompetenz sehen. Deswegen haben wir auch den Antrag gestellt, das im Justizausschuss zu beraten, weil dort die rechtsförmliche Prüfung erfolgt. Deshalb sind wir als Fraktion davon überzeugt, dass das Land eine Regelungskompetenz hat und tatsächlich das Bundesrecht eine Regelungslücke eröffnet. Das hat was mit den föderalen Strukturen in diesem Land

zu tun, dass nämlich die Kommunen verfassungsrechtlich Bestandteil der Länder sind und deshalb die Länder regeln, wie Beschlüsse auf kommunaler Ebene zu fassen sind. Das ist bei uns in § 39 der Thüringer Kommunalordnung geregelt. Dort ist geregelt, wie werden Beschlüsse gefasst. Wir haben eine Besonderheit, dass wir nämlich landesrechtlich geregelt haben, das ist nicht bundesrechtlich geregelt, dass Hebesätze in einer Satzung zu bestimmen sind. Dort reicht ein Beschluss nicht aus, dort ist eine Satzung zu bestimmen.

Jetzt will ich hier nicht groß die Unterschiede zwischen Satzung und Beschlussfassung darlegen, nur so weit, der Beschluss entfaltet keine Außenwirkung, sondern bindet nur die Organe untereinander, nur eine Satzung schafft Ortsrecht. Deshalb müssen die Hebesätze in einer Satzung beschrieben werden. Jetzt haben wir als Landesgesetzgeber - wieder nicht der Bundesgesetzgeber, der hat da keine Kompetenz - das Satzungsverfahren bestimmt. In dem Satzungsverfahren ist bestimmt, dass sich nach der Beschlussfassung ein Verfahren anschließt, das die Gemeinde nicht mehr beeinflussen kann, das ist die rechtsaufsichtliche Würdigung. Die Gemeinde kann nicht beeinflussen, wie lange die Rechtsaufsicht zur Würdigung oder Genehmigung braucht. Weil die Hebesätze meistens Bestandteil eines Haushaltesplans sind, sie könnten auch separat beschlossen werden, das ist aber die Ausnahme, meist werden sie im Kontext eines Jahreshaushalts beschlossen, ist eben nie sicher, wie die Rechtsaufsichtsbehörde entscheidet. Ich hatte am Beispiel der Stadt Gera 2010 dargelegt, zu welchen Verwerfungen das aus Sicht der Steuerpflichtigen, der Bürgerinnen und Bürger, führen kann. Da das Satzungsverfahren und das Beschlussverfahren Landesrecht ist, sehen wir hier eben eine Ermächtigung für den Landesgesetzgeber, klarzustellen, was mit 30.06. gemeint ist.

Sie haben doch selbst, aus meiner Sicht, Herr Finanzminister, eine überzeugende Argumentation hier geliefert. Sie haben gesagt, es geht um eine Schutzfunktion für den Steuerpflichtigen. Nein, sie ist eben nicht da mit der Beschlussfassung, weil die Öffentlichkeit erst mit der öffentlichen Bekanntmachung davon ausgehen kann, dass diese Hebesätze dann auch wirklich in Kraft treten. Bis dahin ist es eine deklaratorische Entscheidung, also eine Willensbekundung, aber sie schafft kein Ortsrecht, keine Verbindlichkeit für den Steuerpflichtigen. Ich darf Sie daran erinnern, dass die Finanzbehörden inzwischen unterscheiden zwischen einer verbindlichen Auskunft im Steuerrecht, die ist gebührenpflichtig inzwischen, und einer allgemeinen Auskunft. Wenn ich zum Finanzamt gehe und dort eine Frage stelle, dann fragen die mich: Wollen Sie eine Antwort haben, die verbindlich ist, oder wollen Sie mal meine Meinung hören. Wenn ich sage, ich will eine verbindliche Auskunft, dann rechnen die erst