Protocol of the Session on January 25, 2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, dass die Finanzausgleichsumlage als neuer Baustein im Kommunalen Finanzausgleich Thüringens 2013 erstmals gut vollzogen wird. Sie führt zu mehr Verteilungsgerechtigkeit zwischen unseren Kommunen. Außerdem bedarf es einer Symmetrie mit den Gemeinden, die Schlüsselzuweisungen erhalten. Um es abschließend noch einmal ganz klar zu sagen: Die Finanzausgleichsumlage ist nicht im Jahr 2012, sondern erst im Jahr 2013 zu zahlen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Ich habe keine weiteren Redeanmeldungen und schließe nun den letzten Teil der Aktuellen Stunde und damit die Aktuelle Stunde insgesamt. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 1 auf, wie vereinbart in erster und zweiter Beratung

Thüringer Gesetz über den Beitritt zum Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 5/3864 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/3947

dazu: Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/3958

ERSTE und ZWEITE BERATUNG

Für die Landesregierung begründet der Justizminister den Gesetzentwurf. Die FDP-Fraktion hat nicht signalisiert, ihren Entschließungsantrag zu begründen. Ist das so? Aber Ihre Wortmeldung geben Sie noch ab? Danke. Bitte, Herr Justizminister.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, zu dem heute beratenen Gesetzentwurf eines Zustimmungsgesetzes über den Beitritt zum Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder sollen die erforderlichen technischen und organisatorischen Voraussetzungen jetzt für die Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung auf Landesebene geschaffen werden. Am 1. Januar 2011, also vor einem Jahr, ist das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung und begleitender Regelungen vom 22.12.2010 in Kraft getreten. Danach kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen den Verurteilten für die Dauer der Führungsaufsicht oder auch eine kürzere Zeit anweisen, die für eine elektronische Überwachung des Aufenthaltsorts erforderlichen technischen Mittel, wie es im Gesetzentwurf heißt, ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Daneben sieht § 463 a Abs. 4 der Strafprozessordnung eine Rechtsgrundlage für die Erhebung, Speicherung und Verwendung der registrierten Daten über den Aufenthaltsort vor. Diese Möglichkeit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung ist ein In

(Staatssekretär Diedrichs)

strument, mit dem der Schutz der Bevölkerung vor rückfallgefährdeten Straftätern verbessert werden soll. Zugleich kann sie aber auch der Resozialisierung von Straftätern dienen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass die sogenannte elektronische Aufenthaltsüberwachung nicht ausschließlich zur Überwachung von sicherungsverwahrten Personen führt und dient, sondern die elektronische Aufenthaltsüberwachung kann für diese Aufgabe unter anderem, aber ich betone, nicht ausschließlich eingesetzt werden.

Die Zuständigkeit für den Gesetzesvollzugsbereich liegt bei den Ländern als Angelegenheit der Justizverwaltung. Deshalb obliegt es auch der Justizverwaltung, die erforderlichen technischen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Zu diesem Zweck haben sich die Länder Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bereits zusammengeschlossen und einen Staatsvertrag gezeichnet. Dieser schafft eine gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder, angesiedelt bei der gemeinsamen IT-Stelle der hessischen Justiz mit Sitz in Bad Vilbel. Für den Freistaat Thüringen habe ich am 23. November 2011 den Beitritt zum Staatsvertrag erklärt. Dem ging eine Unterrichtung des Justiz- und Verfassungsausschusses vom 5. Oktober 2011 im Sinne von Artikel 67 Abs. 4 unserer Verfassung voraus. Der Staatsvertrag sieht nun vor, dass die Überwachungsstelle die eingehenden Systemmeldungen entgegennimmt, sie dann unverzüglich nach Eingang im Hinblick auf möglicherweise notwendige Maßnahmen der Führungsaufsicht oder der Gefahrenabwehr bewertet und gegebenenfalls dann die jeweils zuständigen polizeilichen und justiziellen Stellen der Länder unterrichtet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Umsetzung dieser bundesrechtlichen Verpflichtungen durch ein abgestimmtes Verhalten der Länder ist nicht nur zweckmäßig und gegenüber jeweils eigenständigen Überwachungsstellen der einzelnen Länder vorzuziehen, sie hat auch den Vorteil, dass sie für Thüringen deutlich kostengünstiger ist. Die gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder wird gemeinschaftlich von allen beteiligten Ländern finanziert, die Aufteilung der Länderanteile erfolgt nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Für das Land Thüringen ergibt sich hieraus ein jährlicher Gesamtbetrag bestehend aus Grund- und Betriebskosten in Höhe von ca. 55.000 €. Die Überwachungsstelle wird dann als verlängerter Arm der jeweiligen Führungsaufsichtsstelle tätig und setzt deren Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht um. Der nunmehr vorliegende Gesetzentwurf soll den Staatsvertrag dann in Landesrecht umsetzen und ich bitte um Ihre Zustimmung. Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Ich eröffne die Aussprache und rufe für die Fraktion DIE LINKE den Abgeordneten Hauboldt auf.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich gestehe gern, die Diskussion in unserer Fraktion ging auch um die Frage, heute einen Diskussionsbeitrag, einen Redebeitrag zum Staatsvertrag, zum Inhalt hier zu halten oder nicht, weil wir uns natürlich im Vorfeld und das ist ja auch nicht das erste Mal, mit dieser Thematik heute hier in diesem Hohen Hause zum Stichwort Fußfessel auseinandersetzen, sondern im Justizausschuss hat es natürlich auch an entsprechender Stelle eine Rolle gespielt. Ich verhehle nicht, dass auch meine Fraktion durchaus Sympathien für die Einführung der Fußfessel hat und ich gestehe auch, dass wir dem Staatsvertrag so in seiner Form zustimmen werden. Aber wir wären nicht Opposition, wenn wir an dieser Stelle nicht auch die Frage aufwerfen „aber“ und auf ein paar Punkte aufmerksam machen wollen, bei denen wir durchaus Ansätze auch für einen Änderungsbedarf oder zumindest für eine Evaluation der Gesetzgebung eine Notwendigkeit sehen. Insofern bin ich Ihnen wieder dankbar Kollegen der FDP -, wir haben nicht viele Gemeinsamkeiten, aber im Datenschutz und in dem Bereich scheint sich das so anzubahnen - für Ihren Entschließungsantrag, da nehme ich auch mal für mich vorweg und ich hoffe, die Fraktion, der ich angehöre folgt mir in meinem Ansinnen, auch hier zustimmen zu können, was von Ihnen in den drei Punkten diesbezüglich formuliert worden ist.

Meine Damen und Herren, der Länderstaatsvertrag, der hier zur Beratung ansteht, lässt ja in seinem Titel, wer da nicht unmittelbar in der Materie steht, einiges offen, und der Laie erkennt nicht unmittelbar, dass es sich hier umgangssprachlich um die sogenannte Fußfessel handelt. Es ist das Überwachungsinstrument im Rahmen der Führungsaufsicht, das so bezeichnet wird. Dass das gemeinsame Überwachungszentrum in einer hessischen Kommune seinen Sitz gefunden hat und findet, überrascht uns zumindest nicht, die sogenannte Fußfessel ist dort seit Mai 2000 in Gebrauch und damit die längste Zeit im Vergleich zu anderen Bundesländern. Die elektronische Fußfessel - und das tragen wir mit - kann eine Erleichterung der Aufgaben im Rahmen der Führungsaufsicht darstellen, vor allem in den Fällen, in denen die Betroffenen sonst noch keine Chance hätten, entlassen zu werden. Das ist ein Gewinn in Sachen Resozialisierung und Wiedereingliederung für einen Teil der betroffenen entlassenen Straftäter. Allerdings schafft sie, und das muss man auch deutlich sagen, bei betrof

(Minister Dr. Poppenhäger)

fenen Personen, welche eben zu früheren Zeiten ohne ein solches Überwachungsinstrument entlassen worden wären, auch einen erhöhten Kontrolldruck. Doch auch bei der Fußfessel gilt, in einem Rechtsstaat soll es auch nur so viel Kontrolle geben, wie es bezogen auf den Einzelfall logischerweise nötig ist und eben nicht mehr. Dieses Instrument der Überwachung des Aufenthalts von Personen kann auch zur Vermeidung von Haft in Justizvollzugsanstalten beitragen, z.B. zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen. Die betroffene Person wird damit nicht gänzlich aus ihrem Lebensalltag gerissen, allerdings sind solche Formen vom Staatsvertrag noch nicht erfasst. Hier stellt sich aus unserer Sicht zumindest eine Hürde dar. Länder, die die Gemeinsame Überwachungsstelle auch dafür nutzen wollen, müssen - so ist es formuliert - mit dem Land Hessen noch eine gesonderte Vereinbarung treffen.

Im Artikel 4 sind diese Vereinbarungen im Detail noch einmal beschrieben, ich will sie trotzdem noch einmal nennen: Bei z.B. Außervollzugsetzung eines Haftbefehls oder bei Gnadenerweisen oder bei der Vermeidung der Vollstreckung von kurzen Freiheitsstrafen oder zur Überwachung vollzugsöffnender Maßnahmen usw. Das sind genau die Dinge, bei denen noch Sondervereinbarungen der jeweiligen Länder mit Hessen getroffen werden müssen.

Hier stellt sich natürlich auch die Frage der Finanzierung, die ist dann weiter hinten auf Seite 6 noch einmal formuliert, dass auch dafür extern nach dem Königsteiner Schlüssel, so wie es der Minister hier dargestellt hat, ebenfalls noch einmal Finanzierungsmodelle entwickelt werden müssen.

Dass die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder selbst offensichtlich keine hoheitlichen Maßnahmen und Weisungen erteilen darf und dafür weiterhin nur die eigentlich zuständigen Stellen der Länder befugt sind, ist mit Blick auf die Rechtsklarheit für die von der Überwachungsmaßnahme Betroffenen zu begrüßen. In der Praxis zu klären bleibt, wie die Zusammenarbeit zwischen der zentralen Stelle in Hessen und den eigentlich zuständigen Behörden vor Ort ohne - und das ist ein wichtiger Aspekt - Organisationsverluste gestaltet werden kann. Da sind auch bestimmte Maßnahmen verankert, die Entwicklung von Maßnahmen auf der Seite 6 des Papiers. Darin wird für den Einsatz und Aufwendungen der elektronischen Fußfessel noch einmal eine bestimmte Definition erwartet. Das ist aus unserer Sicht offen und zu klären. Insofern bleibt auch diese Frage offen und gibt weitere Gestaltungsmöglichkeiten auch in unserer parlamentarischen Arbeit.

Allerdings ist dies ein Mittel, das im Rahmen einer elektronischen 24-Stunden-Observation - so haben wir es einmal formuliert - ein totales Bewegungsprofil des Betroffenen liefert. Damit stellen sich

auch datenschutzrechtliche Fragen, auf die ich eingangs kurz verwiesen habe. Es fallen dabei auch entsprechende persönliche personenbezogene Daten und Datenmengen an. Mit diesen verfassungsrechtlichen Belangen - siehe Antrag der FDP, Sie haben ja auf diesen Sachverhalt hingewiesen - sind auch die Interessen der Allgemeinheit und potenzieller Opfer an der Verhinderung von Straftaten abzuwägen.

Aus dem vorliegenden Material zu dem Staatsvertrag und seinem Inhalt ist nicht genau zu entnehmen, ob und in welchem Umfang diese datenschutzrechtlichen Aspekte mit Blick auf die zentrale Überwachungsstelle in Hessen der Länder geprüft und geklärt werden und wurden. Diese Aspekte sind aus unserer Sicht umso dringlicher, als mit der Zentralstelle auch ein bundesweit zentraler Datenpool entsteht. Datenschützer sehen solche zentralen Datensammelballungen grundsätzlich kritisch. Wenn man die Fußfessel als Instrument im Rahmen der Führungsaufsicht oder im Rahmen von Strafvermeidungsprogrammen für zulässig und sinnvoll erachtet, müssen aber erst solche Nebenwirkungen im Bereich Datenschutz mit geprüft werden. Daher sollte die Umsetzung des Staatsvertrages zur elektronischen Fußfessel, vor allem auch die Arbeit der Gemeinsamen Überwachungsstelle aufmerksam kritisch begleitet und nach spätestens - wir hatten einmal formuliert - zwei Jahren, die Kollegen der FDP-Fraktion haben jetzt in ihrem Antrag festgelegt bis 01.01.2013, auch damit kann ich selbstverständlich leben, diese Fragen evaluiert werden, was gegebenenfalls auch eine Nachjustierung des Staatsvertrags aus unserer Sicht bedeuten könnte. Es fällt auf, dass das Thema Fußfessel ohne breitere gesellschaftliche Diskussion nun bundesweit und mit Überwachungsstelle zentralisiert ziemlich schnell eingeführt wurde. Dabei wäre es aus unserer Sicht sinnvoll gewesen auch hier im Landtag, sich die hessischen Erfahrungen noch einmal genauer anzuschauen. Es gibt übrigens auch Erfahrungen aus anderen Staaten. Gerade in den skandinavischen Ländern ist die Fußfessel nichts Neues. Auch in Amerika hat man diesbezüglich, in den USA, Erfahrungen sammeln dürfen, die nicht immer die besten waren. Es gibt also nicht nur neue Erfindungen hinsichtlich dieser elektronischen Gerätschaft, sondern es gibt auch immer Gegenmaßnahmen, wie diese ausgehöhlt und umgangen werden können. Aber das ist ein weiteres technisches Detail, was ich hier an der Stelle nicht näher ausführen möchte. Aber dann kam, Sie können sich erinnern, 2009 das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur nachträglichen Sicherungsverwahrung eben mit der Folge, dass zahlreiche Betroffene entlassen werden mussten. Genau in diesem Windschatten dieser Ereignisse wurde die Fußfessel dann sehr schnell hoffähig als Hilfsmittel zur Lösung praktischer Folgeprobleme erkannt. Umso wichtiger ist aus unserer Sicht, meine Damen und

Herren, nun die aufmerksame Auswertung der Umsetzung des Staatsvertrags und seiner Evaluierung. Wir stimmen diesem Staatsvertrag so in seiner Form zu und würden auch, wie gesagt, dem Antrag der FDP-Fraktion folgen können, nach einem Jahr eine Evaluierung vorzunehmen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Scherer zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der fast staatstragenden Rede des Kollegen Hauboldt brauche ich eigentlich nicht mehr viel zu sagen.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Na, ich habe gesagt „fast staatstragende Rede“. Aber sie war doch in sehr weiten Teilen staatstragend. Das muss man so sagen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: War- ten Sie ab, ich rede auch noch.)

Ach ja, das habe ich mir schon gedacht, dass Sie…

(Heiterkeit im Hause)

In der Tat ist vor einem Jahr diese Regelung im StGB eingeführt worden, eine zusätzliche Möglichkeit der Führungsaufsicht, die ich auch für gut halte, weil sie aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs stammt, der die nachträgliche Sicherungsverwahrung für unzulässig erklärt hat. Das ist eine der Möglichkeiten, sinnvoll mit solchen Straftätern umzugehen, wenn eine nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht möglich ist, weil es eben keine Fußfessel in dem Sinn ist, dass man tatsächlich an einen Ort gefesselt ist, sondern man kann sich schon frei bewegen. Nur ist es letztlich überwachbar, ob jemand die von der Führungsaufsicht festgelegten Grenzen überschreitet. Das ist eigentlich der Sinn der elektronischen Aufenthaltsüberwachung. Natürlich ist es nicht ungefährlich. Da gebe ich Ihnen recht. Es werden viele Daten gesammelt. Die Krux liegt darin, dass sie automatisiert gesammelt werden. Das heißt, normalerweise schaut keiner auf diese Daten und sie werden nach zwei Monaten gelöscht. So steht es in der Regelung im Gesetz, dass sie nach zwei Monaten zu löschen sind, wenn vorher keine Auffälligkeiten waren. Das heißt, wenn einer seine Grenze überschreitet, dann bleiben die Daten natürlich gespeichert, weil es eine Verletzung der Weisungen aus der Führungsaufsicht ist, die sogar strafrechtlich als Antragsdelikt geahndet werden kann. Dann macht es auch Sinn, die Daten weiterhin zu speichern. Aber bei allen Straftätern, die diese Führungsaufsichtsmaßnahme

haben und sich in dieser Zeit nichts zuschulden kommen lassen, das heißt bestimmte Grenzen nicht überschreiten, werden die Daten nach zwei Monaten automatisch gelöscht. Ich gehe davon aus, dass das dann auch so passiert. Diesen allgemeinen Vorbehalt, dass im Gesetz zwar etwas steht, das dann hinterher nicht gemacht wird, den es bei anderen gibt, den habe ich so nicht, weil ich keinen Anlass dazu habe. Es betrifft auch zum Beispiel Straftäter, bei denen man auf diese Art und Weise genau eingrenzen kann, wo sie sich nicht hinbewegen dürfen. Zum Beispiel Sexualstraftäter, bei denen man genau festlegen kann, in dem und dem Bereich dürfen sie sich nicht aufhalten. Das ist ein Vorteil, den ich auf andere Art und Weise nicht gewährleisten kann.

Vielleicht noch als Drittes, was noch dazukommt, ich kann es nur anwenden bei schwersten vorherigen Straftaten oder das ist die andere Möglichkeit, ich kann es auch in anderen Bereichen anwenden, wenn der Betroffene zustimmt, zum Beispiel zur Vermeidung von Untersuchungshaft oder zur Vermeidung von kleineren Freiheitsstrafen, die den Staat Geld kosten und deren Sinn letztlich irgendwo fragwürdig ist. Auch dieser Bereich ist auf diese Art und Weise abdeckbar. Deshalb stimmt die CDUFraktion diesem Staatsvertrag natürlich auch zu, weil er letztlich viele Kosten spart, wenn es alle gemeinsam mit einer Stelle machen. Thüringen müsste es ansonsten allein machen mit erheblichem Kostenaufwand, weil quasi alle anderen Länder zum größten Teil schon ihre Zustimmung erteilt haben und das gemeinsam machen werden.

Jetzt lassen Sie mich noch einen Satz zum FDPAntrag sagen: Natürlich gibt es eine Verfassungsbeschwerde, das stimmt, was in dem Antrag steht. Das Verfassungsgericht hat die Beschwerde auch angenommen, weil es natürlich Grundrechtseinschränkungen enthält, nicht der Staatsvertrag, sondern die Regelungen im StGB 68 b enthalten natürlich Grundrechtseinschränkungen, das ist völlig klar. Ich finde es auch gut, wenn das Verfassungsgericht, gerade wenn so eine Norm neu eingeführt ist, ziemlich am Anfang darauf schaut und sich dazu äußert, ob die Norm, so wie sie steht, tatsächlich verfassungskonform ist oder nicht oder ob da noch einmal nachgesteuert werden muss. Das ist alles richtig. Wobei man auch mal sehen muss, wer hier Verfassungsbeschwerde eingelegt hat, ein Straftäter, der über 20 Jahre abgesessen hat. Ich habe gesagt, es ist ganz gut, wenn man draufschaut.

Nur, wenn ich mir den Evaluationszeitraum anschaue, also bis Ende dieses Jahres soll man evaluieren, ob die Vorschrift sinnvoll angewendet werden kann und ob diese elektronische Aufenthaltsüberwachung sinnvoll ist und ob sie in Ordnung ist. Dieser Zeitraum ist viel zu kurz. Wir haben schon Ende Januar. Bis die Zustimmungen da sind von al

(Abg. Hauboldt)

len Ländern, bis das Ding in den Lauf kommt, ich schätze mal, dass das vielleicht mal gerade drei, vier Monate dann in tatsächlicher Anwendung ist und das ist in meinen Augen viel zu kurz für eine Evaluierung, die ich letztlich auch für notwendig halte, aber nicht in einem Zeitraum bis zum 1. Januar 2013. Da kann man vernünftigerweise noch gar nichts sagen, da hat vielleicht Thüringen zwei Fälle, wenn überhaupt, und dann will man anhand der zwei Fälle eine Evaluierung der gesamten Vorschrift machen. Das halte ich für ziemlich sinnlos und deshalb halte ich auch von dem FDP-Antrag nichts. Dem Gesetz zur Zustimmung zum Staatsvertrag wird die CDU-Fraktion zustimmen. Danke schön.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Marx das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir sind uns einig, dass dieser Staatsvertrag so richtig und gut ist und hier heute auch unsere Zustimmung finden kann. Wie gesagt, im Rahmen der Neuregelung der Sicherheitsverwahrung ermöglicht er eine elektronische Überwachung des Verurteilten. Die Zuständigkeit für den Gesetzesvollzug, die Führungsaufsicht liegt bei den Ländern. Es ist sehr gut und, denke ich, auch vorbildlich, dass sich hier mehrere Länder zusammengetan haben, um ein gemeinsames Überwachungsmodell, ein Kooperationsmodell zu diesen Anforderungen zu schaffen und dass man jetzt eine gemeinsame Stelle gefunden hat, von der aus solche Maßnahmen vorgenommen werden können.

Das Besondere an dem Staatsvertrag ist, dass wir nicht nur die sogenannte elektronische Fußfessel, die eigentlich keine Fessel ist, das wurde schon gesagt, nicht nur für den Fall der Sicherungsverwahrung in dem Staatsvertrag haben, sondern dass der Artikel 4, das wurde auch schon zitiert, auch noch andere Fälle nennt, bei denen dieser Eingriff gewählt werden kann. Wenn man das mit einer medizinischen Terminologie vergleichen will, könnte man sagen, diese elektronische Überwachung ist der minimalinvasive Eingriff gegenüber anderen freiheitsberaubenden Maßnahmen.

Natürlich kann man trotzdem die Datenschutzproblematik ansprechen, dafür bin ich immer sehr; Datenschutz ist ja mein Lieblingsthema. Aber in dem Fall ist das, was wir sonst immer fürchten müssen, nämlich dass ein Bewegungsprofil von uns erstellt wird, was dann irgendwo herumvagabundiert, das ist gerade das, was hier gewollt wird, nämlich ein Bewegungsprofil von jemandem zu erstellen als Er

satz dafür, dass man ihn nicht in Haft nimmt, also nicht eine Tür hinter ihm abschließt, nicht seinen Bewegungsspielraum von vornherein einengt, sondern eben nur schauen kann, wo er hingeht. Wie es eben bei der Sicherungsverwahrung oft der Fall ist, werden mögliche Auflagen erteilt werden, wo sich ein Verurteilter aufhalten darf und wo nicht, in welchen Bereichen und in welchen Grenzen. Kollege Scherer hat schon darauf hingewiesen, wenn keine Auffälligkeiten bestehen, wenn also gegen Weisungen über den gewählten Aufenthaltsort nicht verstoßen wird, dann werden diese Daten nach zwei Monaten vernichtet. Das, was in anderen Redebeiträgen ein bisschen als bedenklich angesprochen wurde, ist gerade das Schöne, dass Artikel 4 des Staatsvertrags auch sagt, wir können weitere Einsatzzwecke vorsehen, wenn wir das wollen. Jedes Land - das ist dann wieder eine besondere Sache von Thüringen, aber diese Vereinbarung haben wir bisher noch gar nicht - kann durch gesonderte Vereinbarung mit dem Land Hessen, wo in Bad Vilbel diese Stelle sitzen wird, die elektronische Überwachung des Aufenthaltsorts von Personen dieser Stelle auch zu anderen Zwecken übertragen, insbesondere bei Außervollzugsetzung eines Haftbefehls, im Rahmen einer Bewährungsweisung, bei Gnadenerweisung, zur Vermeidung der Vollstreckung von kurzen Freiheitsstrafen oder von Ersatzfreiheitsstrafen, zur Überwachung vollzugsöffnender Maßnahmen oder im Rahmen der Führungsaufsicht, in Fällen, die jetzt nicht schon von der Sicherungsverwahrung umfasst sind. Es ist eine große Chance gegenüber einer schwerwiegenderen Freiheitsberaubung oder -einschränkung in Einzelfällen, dann die elektronische Überwachung zu wählen. Wir haben, wie gesagt, keine datenschutzrechtlichen Bedenken, denn das Bewegungsprofil ist der Preis der relativen Freiheit, die ansonsten nicht gewährt werden könnte.

Jetzt komme ich zum Entschließungsantrag der Kollegen von der FDP. Es ist immer schön, wenn Sie sich in Erinnerung rufen, aber in dem Fall - das wurde schon gesagt - ist es etwas vorschnell. Wir werden diese Regelung jetzt erst einmal in Kraft setzen, es wird erst angefangen damit, bisher gibt es keinen einzigen Fall. Es wird dann, Kollege Scherer hat es gesagt, vielleicht eins, zwei oder drei Fälle geben. Das ist nichts für eine große Auswertung. Und bei der Ziffer 2, das sagte ich gerade, die Zweckmäßigkeit des Einsatzes in anderen Fällen zu prüfen, da ist es so, wir haben bisher noch nicht einmal eine Vereinbarung, wenn ich das richtig sehe, mit dieser GÜL, dieser künftigen Stelle, zu solchen anderen Fällen, wie ich sie verlesen habe, überhaupt von Thüringen aus dorthin zu übertragen. Das müsste erst einmal zusätzlich geschehen. Dann erscheint es in der Tat viel zu kurzfristig und auch unnötig, dass bereits im Februar 2013 eine Evaluation und eine Prüfung zu Ziffer 2 erfolgen sollen. Das, was Sie hier wollen, wäre normalerwei

(Abg. Scherer)

se ein Einzeiler für einen Selbstbefassungsantrag im Justiz- und Verfassungsausschuss gewesen, den man jederzeit einbringen kann. Deswegen sehen wir von der SPD keinen Grund, einen förmlichen Antrag zu verabschieden, nur damit man in den Annalen einmal mehr die Kürzel FDP abgeheftet hat.

Ich möchte zusammenfassend sagen, dass auch wir diesen Staatsvertrag begrüßen, ihm zustimmen und hoffnungsvoll sind, dass weiter einschneidende freiheitsbeschränkende Maßnahmen durch diese neue Form der elektronischen Aufenthaltsüberwachung vermieden werden können.

(Beifall CDU, SPD)