Protocol of the Session on November 18, 2011

(Beifall SPD)

Auch das ist ein Grund zur Freude, jawohl. Was hätten andere Generationen früher darum gegeben.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Deshalb, weil das so ist, wird aber die Bundeswehr auch ihre Artilleriekräfte um rund die Hälfte reduzieren. Das trifft uns mit den Truppenteilen des Artillerieregiments 100. Der Standort Mühlhausen wird von 820 Dienstposten auf nur noch 6 schrumpfen, also eine faktische Schließung. Das ist schmerzlich für uns.

Eine andere Schließung, in Ohrdruf, möchte ich in dem Zusammenhang auch nennen, den Truppenübungsplatz.

(Beifall SPD)

Hier betrifft es im Ist 77 Dienstposten, im Soll ausgewiesen waren 340. Wobei ich aber auch sage, in Ohrdruf setze ich auf alternative Konzepte,

(Beifall SPD)

die es seit Jahren gibt in diesem Gelände, in dieser Landschaft. Ich bin sicher, da werden wir auch nach Vorbild an anderen Teilen Thüringens, meine ich, etwas Gutes hinbekommen.

(Beifall SPD)

Klare Regelungen brauchen wir hier zur Altlastensanierung, die muss der Bund gewährleisten, das ist völlig klar. Aber hier sehe ich die Perspektive. Es gibt nur - damit Sie meinen, ich hätte das nicht zur Kenntnis genommen - auch Hinweise, es könnte sich daran noch einmal etwas ändern. Gesichert ist das alles nicht. Ich gehe für uns hier von alternativen Lösungen unter Federführung des Landes und aller auch örtlich lokal Engagierten aus, dass wir hier das Areal entsprechend aufbereiten können.

(Beifall SPD)

In Sondershausen wird die Auflösung der Artillerie kompensiert, auch das ist eine gute Nachricht. Zum einen wird die Kraftfahrerausbildung aus Erfurt dorthin verlegt, zum anderen wird ein Ausbildungsbataillon für Unteroffiziers- und Feldwebelanwärter eingerichtet. Auf diese Weise bleiben somit zum einen 220 Stammdienstposten erhalten. Wenn es allein dabei bliebe, wäre es ein herber Verlust. Da aber konstant 500 bis 600 Lehrgangsteilnehmer in Sondershausen sein werden, haben wir eine de facto Kompensation, und zwar für einen Lehrgang ganzjährig, einjährig jeweils Soldatinnen und Soldaten am Standort zu haben, die dort dienen bzw. lernen. Das war eine gute Entscheidung für Sondershausen und hier ist auch unser Einsatz honoriert worden.

(Beifall CDU, SPD, FDP)

Anders sieht es in Mühlhausen aus. Hier haben wir die mit Abstand größte Betroffenheit. Die Landesregierung ist hier auf mehreren Ebenen tätig. Mit dem Bund sprechen wir über Ausgleichsmaßnahmen. Wir haben, ich habe es zitiert, im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz unsere entsprechenden Rahmen gesetzt. Konversionsmaßnahmen, die wir hier fordern, verbilligte Abgabe nicht mehr benötigter Liegenschaften, Sanierung etwaiger Altlasten, das alles gehört dazu.

Die Bundesregierung hat im Fall strukturschwacher Regionen ja auch ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert. Diese Arbeitsgruppe, die gestern ja noch einmal im Beschluss erhärtet wurde, wird zustande kommen. Da bin ich fest überzeugt und wir werden das ja auch im Dezember noch einmal thematisieren. Wir haben auch für die Vorbereitung der Dezembersitzung, wo wir unsere Erwartungen auch an die Bundeskanzlerin äußern, wo erste Erwartungen unsererseits dann auch konkret zu untersetzen sind, selbstverständlich mit den örtlich verantwortlichen Politikern, Oberbürgermeister Dörbaum, aber auch vor allen Dingen dem Landrat des UnstrutHainich-Kreises den Kontakt aufgenommen. Ich bin

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

ja auch mit zahlreichen Abgeordneten auch dieses Hauses im Gespräch, wie wir die Situation möglichst verträglich gestalten können. Dazu ist es wichtig, die Angaben auch aus der Region heraus aufzunehmen. Der Landrat des Unstrut-HainichKreises hat uns das bereits in einem ersten Schriftsatz - und das ist ja auch kreistagsrelevant vor Ort zugeleitet. Das geht über die verschiedensten Punkte von möglichen Unternehmensansiedlungen, Fördermaßnahmen der verschiedensten Art, Regionalentwicklung, Straßen- bzw. Umgehungsstraßenbau, welche die Infrastruktur in der Region erleichtern können, über weitere touristische Erschließungen bis hin zur Umsiedlung von Behörden zugunsten von Mühlhausen und die nochmalige Überprüfung der entsprechenden Entscheidungen. Das alles ist in einem ersten Schriftsatz zu Papier gebracht, wird am Montag auch noch einmal konkret in der Arbeitsgruppe bei der Ministerin in der Staatskanzlei, der Chefin der Staatskanzlei, angesprochen. Es geht darum, tatsächlich gemeinsam von der Landesebene mit den kommunal Verantwortlichen vor Ort und ausdrücklich unter Einbeziehung der Bundeswehrzuständigen vor Ort das Zielführendste zu formulieren und dann mit einer Stimme entsprechend gegenüber der Bundesregierung aufzutreten. Das will ich hier ganz deutlich sagen.

Die Verknüpfung der Pläne von der kommunalen Ebene vor Ort mit Ideen, die aus den Fachressorts kommen, deswegen auch die interministerielle Gruppe von allen Ministerien des Landes, die sich daran beteiligen. Wir haben also prioritär, ich will es noch einmal sagen, unseren Einsatz für Mühlhausen. Wir haben unseren Einsatz für freigezogene Liegenschaften aufgrund von Truppenreduzierung, vor allem im südwestlichen Bereich Thüringens in Bad Salzungen. Wir haben die Konversion im wahrsten Sinne des Wortes, was den Truppenübungsplatz in Ohrdruf betrifft, und wir haben vor allen Dingen auf der einen Seite den kulturhistorischen, militär-musikhistorischen Einsatz, aber auch die gegenwärtige Sympathiewerbung für die Bundeswehr mit unserem Wehrbereichsmusikkorps, was unsere Hauptpunkte des Einsatzes für die Bundeswehr im Freistaat Thüringen sind.

Ich will auch noch einmal in der Gesamtbetrachtung sagen, der Einsatz von Abgeordneten des Hohen Hauses, aber vor allen Dingen auch von den Kolleginnen und Kollegen aus der Landesregierung, der Chefin der Staatskanzlei, die ich hier namentlich nenne, auch des Innenministers, der in vielen Veranstaltungen vor Ort gewesen ist, und auch ich selbst, die ich die Standorte unserer Truppe über viele Monate im Freistaat Thüringen ganz bewusst besucht und die Argumente aufgenommen habe, hat sich, wenn man den Ländervergleich sieht, tatsächlich gelohnt. Wir stehen zu unserer Bundeswehr.

(Beifall CDU, SPD)

Deswegen will ich es noch einmal sagen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen:

1. Thüringen ist nicht überproportional betroffen. Im Gegenteil, wir kommen in Gänze gesehen relativ gut weg bei dieser Reform. Die schmerzlichen Punkte habe ich genannt. Dass wir durch eine deutlichen Verkleinerung der Truppe nicht ganz ungeschoren davonkommen würden, damit mussten wir allerdings auch rechnen, denn wer A sagt - und das haben wir alle gewollt - muss eben auch B sagen, das gehört dazu.

(Beifall CDU, SPD)

2. Die Landesregierung handelt. Wir sind auf allen Ebenen aktiv, um den Prozess der Umsetzung der Standortentscheidungen zu begleiten und wo sie uns nicht nachvollziehbar sind, neu zu verhandeln. Auch das habe ich deutlich gemacht. Wichtig ist, dass wir gemeinsam mit den Kommunen handeln. Wir stehen zu unseren Kommunen und wollen so weit wie möglich die negativen Folgen für die Standorte abmildern.

3. Die Landesregierung steht - und das ist mir besonders wichtig - zu unseren Soldatinnen und Soldaten sowie zu den Zivilbeschäftigten der Bundeswehr in Thüringen. Das haben wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, immer getan. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Wir stehen für ein gutes Miteinander, wir stehen für Kontinuität und für Verlässlichkeit. Das ist ein Ausweis des Handelns dieser Landesregierung und dabei wird es auch in Zukunft bleiben. Herzlichen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung weise ich noch einmal darauf hin, dass Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt werden. Ich frage Sie, wünscht jemand das Wort zur Aussprache? Das sehe ich bei allen Fraktionen. Dann kommen wir zur Aussprache zum Sofortbericht. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gentzel für die Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ausdrücklich vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin für Ihren Bericht.

(Beifall CDU)

In der Sachdarstellung, in der Wertung und in der Art und Weise, wie Sie folgende Schritte angespro

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

chen haben, deckt sich das, was Sie hier gesagt haben, mit dem, was ich hier sagen wollte. Deshalb habe ich mir erlaubt, ungefähr drei Viertel meiner Rede am Platz zu lassen.

(Beifall FDP)

Es deckt sich zu Ihren Aussagen zum Wehrbereichsmusikkorps, es deckt sich die Freude über die Entwicklung in Erfurt, aber es deckt sich auch die Erkenntnis über die Schwierigkeiten des Nordens, wie Sie es genannt haben, und in Gotha. Jetzt könnte ich eigentlich schließen, aber in einem Punkt, den Sie nicht angesprochen haben, will ich für meine Fraktion Kritik anmelden. Zum anderen habe ich das so wahrgenommen, dass einzelne Abgeordnete, vielleicht ganze Fraktionen ein bisschen den Wettbewerb vom Zaun gebrochen haben, wer unsere Soldaten am meisten lieb hat.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um nicht missverstanden zu werden über die Kürze der Rede, will ich in zwei, drei Sätzen mit eigenen Worten noch einmal das kurz wiederholen,

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Dann wäre davon die Rede gewesen.)

was auch Sie gesagt haben. Die Zahlen sind nicht schön, aber die Zahlen sind erklärbar. Eine Bundeswehrreform mit dem Ergebnis einer Freiwilligenarmee und einem Personalabbau um die 30 Prozent heißt auch Stellenabbau, Standortschließung bzw. -verkleinerung. Die Eckpunkte dieser Entscheidung sind immer verteidigungspolitische, also die Frage nach der militärischen Notwendigkeit. So sehr es nachvollziehbar ist, dass der eine oder andere sich wünscht, dass regionalpolitische Entscheidungen oder wirtschaftspolitische Entscheidungen eine größere Rolle spielen sollten, sage ich deutlich: Dies ist in der Frage nicht angebracht und dass es bei der Bundeswehr in der Planung schon lange keine Ländergrenzen mehr gibt, das ist so und das ist auch richtig.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Zeit der Panzerschlachten ist vorbei und deshalb brauchen wir keine Panzerbataillone und auch keine nachgeordneten Dienste mehr. Die betroffenen Regionen sind zu unterstützen, das ist selbstverständlich, im konzeptionellen Teil, im logistischen Teil, bei planerischer Hilfe. Ob wir mit Geld helfen können, dahinter will ich ein klares Fragezeichen stellen. Zunächst gilt auch in solchen Fällen: Wer die Musik bestellt, der bezahlt. Zum Zweiten fordere ich den einen oder anderen Kritiker auf, einen Blick in den Landeshaushalt zu werfen und zu fragen, wo das denn herkommen soll. Zum Abschluss zum Schwachpunkt der Reform: Er betrifft nicht Thüringen, aber es ist - ich will es vorsichtig formulieren - schade, dass der Bundesverteidigungsminister und die Bundesregierung nicht die

Kraft hatten, das Verteidigungsministerium von Bonn endgültig nach Berlin zu verlegen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das zerstört leider das eine oder andere gute und richtige Argument vonseiten der Bundesregierung. Wäre das noch geschafft worden, hätte ich gesagt, es ist eine runde, komplett nachvollziehbare Entscheidung. Meine Damen und Herren, auch die SPD steht zu ihren Soldaten. Ich hoffe, ich habe das mit meiner kurzen Rede klarmachen können. Danke schön.

(Beifall SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gentzel. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Barth für die Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anwesenheit der Bundeswehr in Thüringen ist aus Sicht der FDP sicherheits- und natürlich auch gesellschaftspolitisch ebenso erforderlich wie ausdrücklich erwünscht.

(Beifall FDP)

Das hat meine Fraktion nicht nur immer wieder betont und gesagt, sondern das haben wir auch in mittlerweile etwa 40 Truppenbesuchen und Gesprächsrunden mit der Bundeswehr immer wieder verdeutlicht. Das haben wir, Kollege Gentzel, ich will das gar nicht als Angriff gegen meine Fraktion verstehen, nicht getan, um einen Wettbewerb loszutreten, sondern um darauf hinzuweisen, dass es sich hier tatsächlich um ein gesellschaftspolitisch relevantes Thema handelt.

(Beifall FDP)

Ich will von dieser Stelle aus ausdrücklich den Soldatinnen und Soldaten und auch den zivilen Beschäftigten dafür danken, dass sie für die Verteidigung unseres Vaterlandes und - auch das gehört dazu und das sage ich ganz bewusst - für unsere internationalen Interessen im In- und Ausland ihren Dienst leisten.