Protocol of the Session on November 16, 2011

Ja, das machen wir.

Die Frage ist also, wenn ich Eltern Geldleistungen dafür überweise oder zukommen lasse, dass sie die Erziehungsleistung erfüllen, ist auch immer die Frage: Was passiert für diese Leistung? Denn der Staat gibt kein Geld ohne eine Gegenleistung und diese Frage führt uns wirklich in politisch heikles Gebiet, nämlich: Welche Gegenleistung wollen Sie erwarten von den Eltern? Die Erziehungsleistung, wie wollen Sie die kontrollieren? Welche Grenzen gibt es dort? Welche Grundsätze gibt es dort? Welche Qualitätskriterien gibt es möglicherweise dort? Wollen Sie die Eltern - und das wäre im überspitzten Sinne dann die Konsequenz - kontrollieren, zum Beispiel den Bildungsplan für die Kinder im Alter von 0 bis 10 umzusetzen? Das halte ich für schwierig. Deshalb ist dieses Argument, dass man mit dem Landeserziehungsgeld die Wahlfreiheit stärkt und den Eltern eine echte Wahl lässt, eben nicht greifend.

Ich muss natürlich auch noch etwas zur FDP sagen: Ich finde es durchaus positiv und begrüße es auch, dass Sie den Antrag hier gestellt haben, das

Landeserziehungsgeld zu streichen. Da haben Sie uns auf Ihrer Seite. Allerdings ist die Frage: Was machen Sie denn gerade auf Bundesebene? Das ist natürlich sehr spannend, wenn Sie hier sagen, ja, wir müssen das Landeserziehungsgeld streichen, das finde ich auch positiv. Aber auf Bundesebene haben Sie ja in den letzten Wochen einen großen Koalitionsgipfel gehabt und haben

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

beschlossen, dass die Lücke im Kinderfördergesetz, in dem stand, dass bis 2013 der Ausbau der Kinderkrippen stark voranschreiten soll, wir wollen 750.000 Krippenplätze in etwa schaffen für ganz Deutschland. Da haben Sie gesagt, okay, vielleicht werden es doch nicht 750.000 Krippenplätze, sondern vielleicht machen wir es über ein Betreuungsgeld und versuchen da, den Bedarf für die Krippenplätze auf diese Weise zu reduzieren. Das finde ich natürlich schwierig und ich denke, dass, wenn Sie hier auf der Landesebene sagen, wir müssen das Landeserziehungsgeld abschaffen, dann können Sie auf der Bundesebene nicht sagen, wir tragen ein Betreuungsgeld mit. Denn im Grunde ist das Betreuungsgeld dasselbe.

Ich will versuchen, Ihnen das an ein paar Zahlen auszurechnen: Ein Krippenplatz oder ein Kita-Platz kostet in Thüringen in etwa 750 €. Wenn man da noch das Landeserziehungsgeld abzieht, dann bleiben noch 650 € und wenn man ungefähr 100 € für Elternbeiträge abzieht, bleiben ungefähr 500 € übrig, die der Staat quasi als Ersparnis hat. Wenn man das auf die Bundesebene hochrechnen würde und auf die gesamten Kinder, die nicht in die Kitas gehen, und auf die Kita-Plätze, die nicht gebaut werden müssen, dann ist das schon eine ganz schöne Summe. Da stehen also 150 € Bereuungsgeld gegen etwa 500 €, die ausgegeben werden müssen. Ich glaube, dass hier in dieser finanziellen Betrachtungsweise auch des Pudels Kern des Betreuungsgeldes ab 2013 liegt und das finde ich unredlich.

Eine weitere Frage, die müssen Sie einfach beantworten, auch Sie von der CDU, weil die nicht logisch ist, nicht schlüssig in ihrer Konsistenz. Es gibt das Bundeselterngeld, das wird bei Empfängern von Hartz IV angerechnet als Leistung mit der Begründung, dass die Hartz-IV-Eltern sowieso zu Hause sind und auf die Kinder aufpassen können und dieser Lohnersatz nicht stattfinden muss. Das Betreuungsgeld wiederum, also die 150 € bzw. auch das Landeserziehungsgeld, was wir in Thüringen haben, das wird nicht angerechnet. Aber es sind trotzdem dieselben Eltern, die immer noch keine Arbeit haben und immer noch zu Hause sind. Es ist also merkwürdig, dass sie das Elterngeld anrechnen und das Erziehungsgeld nicht anrechnen. Auch hier gibt es durchaus noch Klärungsbedarf

und es ist ein Stück weit Ausdruck einer nicht konsistenten politischen Haltung.

Ansonsten kann man sagen, dass die 28 Mio. €, die wir durch das Landeserziehungsgeld einsparen würden, gut angelegt werden können. Herr Zeh hatte in der letzten Debatte im Oktober starke Ängste geäußert, dass in den Kitas zu viel Stress herrscht und zu viel Lärm ist. Es ist so, dass man die 28 Mio. € auch dazu nutzen könnte, um die Qualität in den Kitas und auch die räumliche Ausstattung der Kindertagesstätten zu verbessern. Ich denke, für die 28 Mio. €, die aus dem Landeserziehungsgeld frei werden, gibt es vernünftige Investitionsmöglichkeiten. Ich möchte noch kurz Steffen Richter zitieren, der bei unserer gemeinsamen Anhörung ausgeführt hat: „Wenn wir Geld für Kinder in die Hand nehmen, dann müssen wir auch in Kitas investieren.“ Die 28 Mio. € aus dem Landeserziehungsgeld, denke ich, sind in den Kitas sehr gut aufgehoben. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bärwolff. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Koppe für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Kollege Bärwolff hat es schon angesprochen, wir haben uns schon mehr als ein Mal über das Thema unterhalten. Ich glaube, die Argumente, die wir heute noch mal hören wollen, sind nicht grundsätzlich neu. Ich will es gleich am Anfang sagen, unsere Argumentation hat sich nicht geändert, logischerweise, wir finden auch heute, das Landeserziehungsgeld ist nicht zielführend in Thüringen.

Ein paar Punkte möchte ich dazu ausführen. Wir sind immer noch der Meinung, dass zuallererst die Eltern für die Kosten eines Kindes aufkommen müssen. Wenn der Gesetzgeber eine Leistungsunterstützung bei der Erziehung offeriert, wie zum Beispiel die Finanzierung der Kindertagesstätten, dann berechtigt eine Nichtanspruchnahme im Gegensatz nicht automatisch zu einer steuerfinanzierten Kompensation durch das Erziehungsgeld.

(Beifall FDP)

Diese Leistung hilft aus unserer Sicht auch nicht, die Erziehungsqualität der Eltern zu verbessern, denn gottlob darf der Staat, mit Ausnahmen, nicht in die Erziehungskompetenz der Eltern hineinreden. Für die adäquate Ausstattung der Kindertagesstätten bzw. die Verbesserung der frühkindlichen Bildung darf er wiederum Geld aufwenden, denn dies entspricht aus unserer Sicht staatlicher Handlungskompetenz und da gehört das Geld auch hin.

(Abg. Bärwolff)

(Beifall FDP)

Die CDU spricht zudem stets von der Wahlfreiheit der Eltern, die aus unserer Sicht bereits dadurch besteht, dass jeder heute schon entscheiden kann, bringe ich mein Kind in eine Kindertagesstätte oder eine Krippe oder nehme ich die Leistung nicht in Anspruch und betreue mein Kind zu Hause, diese Wahlfreiheit habe ich. Wenn ich mich für die Erziehung im eigenen Heim entscheide, muss ich keine Gebühr für einen Kitaplatz aufwenden, also spare ich dieses Geld auf jeden Fall.

Wir sind auch immer noch der Meinung, dass sich ein Land wie Thüringen, das, wie wir alle wissen, Geld aus dem Länderfinanzausgleich erhält, eine solche freiwillige Leistung nicht leisten sollte. Im Übrigen wird diese Meinung auch äquivalent von der Jungen Union geteilt, das nur mal so zum Hinweis. Kollege Bärwolff hat die Regelung auf Bundesebene zum Betreuungsgeld, das noch nicht beschlossen ist, angesprochen. Ich will Ihnen nur sagen, ich glaube, meine Kolleginnen und Kollegen hatten einfach ein Problem in Berlin, sie konnten dem Charme der Frau von der Leyen nicht widerstehen und haben das wahrscheinlich bei einem Martini am Morgen verhandelt und damit kam dann das Ergebnis zustande. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Koppe. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gumprecht für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich beginne, es geht um die Frau Schröder, die Frau von der Leyen hat inzwischen ein anderes Ressort. Das vielleicht als Vorbemerkung.

Eine Volksweisheit sagt, steter Tropfen höhlt den Stein. Die FDP wiederholt die Forderung zur sofortigen Abschaffung des Landeserziehungsgeldes nun zum zigsten Mal in der Hoffnung, den Stein zu höhlen. Da irren Sie meine Damen und Herren, denn die Angelegenheit hat einen Haken. Eine falsche Position wird durch zahlreiche Wiederholungen auch nicht besser, schon gar nicht richtig. Nun kann ich mit einer anderen Volksweisheit schlussfolgern, mancher lernt es nimmer. Denn vor wenigen Tagen haben die Berliner Koalitionspartner sich für die Einführung eines pauschalierten Erziehungsgeldes ausgesprochen. Herr Koppe, vielleicht wäre es günstiger, sich vorher doch einmal mit den Berlinern in Verbindung zu setzen. Ich glaube nicht, dass die Position so hinzunehmen ist. Immerhin wurde Thüringen in der Argumentation und auch Bayern beim Bundeserziehungsgeld positiv als Beispiel hinge

stellt. Ich denke, das stärkt und unterstreicht unsere Position.

Mir ist natürlich bewusst, dass die öffentliche Diskussion erwartungsgemäß sehr kontrovers erfolgte. Das zeigt, wie weit die politischen Meinungen nicht nur in Thüringen, sondern bundesweit auseinander liegen. Die Diskussionen in den letzten Tagen waren Spiegelbild der öffentlichen Auseinandersetzung, die wir hier in den letzten Jahren bis heute zu diesem Thema austragen. Ich habe die Diskussion innerhalb der CDU verfolgt, die ebenfalls differenziert war. Ich habe Verständnis dafür, wenn Frauen, vor allem in den westlichen Bundesländern, zuallererst großen Wert auf einen zügigen Ausbau der Kindergartenplätze legen. Da gibt es erheblichen Nachholbedarf. Da sind wir hier in Thüringen weit voraus. Thüringen beweist aber auch, dass es mit der Einführung des Landeserziehungsgelds nicht zu einem Rückgang in der Krippenbesuchsquote gekommen ist.

Meine Damen und Herren, wir werden nach wie vor bei unserer Position der Wahlfreiheit bleiben. Ich möchte gerade jetzt das Recht der Eltern, die aus gesundheitlichen oder pädagogischen Gründen ihr Kind länger als ein Jahr zu Hause behalten, hier nicht hinten anstellen. Ich bin der Meinung, wir dürfen sie nicht benachteiligen. Mich hat eben gerade, Herr Bärwolff, Ihr Diskussionsbeitrag doch etwas verwirrt, muss ich sagen, einerseits sind Sie dagegen, andererseits sagen Sie gleichzeitig, es müsste viel mehr sein. Also für irgendwas müssen Sie sich schon entscheiden. Ich denke, wir haben darüber diskutiert.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Na wenn, dann richtig.)

Ich halte natürlich auch die Fragen der Gleichbehandlung, der Gerechtigkeit hier für äußerst wichtig. Wir bezuschussen als Freistaat einerseits die Kinderbetreuung in einer Einrichtung mit mehr als 600 € pro Kind monatlich. Warum, jetzt stelle ich hier die Frage, soll also eine Mutter oder ein Vater, der in dieser Zeit auf ein eigenes Einkommen länger als andere verzichtet aus Gründen, die ich eben genannt hatte, gesundheitliche oder pädagogische oder sonstige, nicht auch einen geringeren Zuschuss für diese Familien- und Erziehungsleistung erhalten? Ich kann nur sagen, das wollen wir. Für mich ist das gerecht. Wir lehnen also den Gesetzentwurf, der die Abschaffung des Landeserziehungsgelds fordert, ab. Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Herr Abgeordneter Gumprecht, es gibt noch eine Frage. Lassen Sie die zu? Bitte, Herr Abgeordneter Barth.

(Abg. Koppe)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Kollege Gumprecht, mein Kollege Koppe hatte auch auf die Tatsache hingewiesen, dass es jetzt mit den Regelungen, die im Bund beabsichtigt sind und den Regelungen, die es in Thüringen gibt, quasi eine Doppelförderung gibt. Derselbe Tatbestand wird sowohl vom Bund als auch vom Land gefördert. Ich würde Sie bitten, vielleicht noch einmal zu erklären, warum Sie das auch gerade mit Blick auf die Haushaltslage des Landes nicht für ausreichend halten, wenn der Bund, und die Summen sind ja vergleichbar, das nun tut, warum damit dem Ansinnen, was Sie inhaltlich unterstützen, nicht ausreichend Rechnung getragen ist.

Also ich kann Ihnen klar sagen, ich vertrete hier die Meinung, ein Schritt nach dem anderen. Es ist klar zunächst eine Absichtserklärung und ich weiß, dass Gesetze dann oftmals doch etwas anders aussehen. Es ist beabsichtigt, dass diese Leistungen des Bundes ab 2013 … Wir reden zurzeit über den Haushalt über das Jahr 2012. Wir sollten dann entscheiden, was wichtig ist. Im Augenblick steht das Thema für mich nicht.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Gumprecht, es gibt noch den Wunsch auf eine zweite Frage. Lassen Sie die zu?

Dann werden wir den Dialog weiterführen.

Bitte.

Der Kollege Bärwolff hat dann auch noch den Wunsch. Vielleicht können Sie ihm entgegenkommen. Ich schöpfe daraus eine gewisse Hoffnung und möchte fragen, ob ich das dann auch so interpretieren darf, dass, wenn dieses Vorhaben von Frau von der Leyen, welches von Frau Schröder übernommen worden ist, die übrigens mindestens genauso charmant ist, es dürfte genauso schwer fallen ihr zu widerstehen bei solchen Dingen, Gesetzeskraft erlangt hat, dass es seitens Ihrer Fraktion dann durchaus Verhandlungsbereitschaft gibt im nächsten Jahr sich hier an dieser Stelle inhaltlich darüber zu unterhalten.

Ich gehe davon aus, dass wir uns in Hainich darüber unterhalten werden. Ich hatte zu Beginn schon gesagt: Eine Entscheidung folgt der anderen und zu gegebener Zeit werden wir diese Entscheidung treffen.

Herr Abgeordneter Gumprecht, es gibt jetzt den Wunsch auf Fragen von Herrn Abgeordneten Bärwolff. Bitte, Herr Abgeordneter Bärwolff.

Danke, Frau Präsidentin und Herr Gumprecht. Herr Gumprecht, Sie hatten ausgeführt, dass mit dem Landeserziehungsgeld die Wahlfreiheit gestärkt wird und dies auch unter der Fragestellung Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu betrachten sei. Da hätte ich die Frage: Ist es nicht so, dass die Höhe des jetzigen Landeserziehungsgelds dieses klassische Ernährermodell von einem Vollzeit arbeitenden Mann mit gutem Einkommen und einer zu Hause bleibenden Frau durchaus noch zementiert und eben nicht hilft, das aufzubrechen?

Herr Bärwolff, ich halte eigentlich diese Auffassung von Ihnen für etwas sonderbar. Ich kenne genauso viele Männer, die zu Hause sind und ihre Kinder betreuen und das in Anspruch nehmen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genauso viele?)

Ich kenne eine ganze Reihe. Entschuldigung, ich nehme das Wort genauso zurück, aber ich kenne eine ganze Reihe. Insofern ist das für mich auch ein Thema der Gleichberechtigung und nicht Ihres so vermeintlichen Familienbildes, was Sie hier in den Raum stellen wollen.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gumprecht. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute schon einiges gehört hier in diesem Raum. Einige Abgeordnete wurden heute Nachmittag wahnsinnig, jetzt sind sie irritiert und jetzt reden wir über das Landeserziehungsgeld und schauen, inwieweit wir das noch einordnen können in die Gefühlslagen mancher Abgeordneter. Eingebrockt hat uns das sie FDP. Ich sage deswegen eingebrockt, weil ich es schon schräg finde - lassen

Sie mich das so offen formulieren -, wenn man den gleichen schlechten Gesetzentwurf innerhalb eines Jahres wieder ohne Aussicht auf Erfolg vorlegt

(Beifall CDU)

und nicht aus der Debatte gelernt hat, dass der juristisch zweifelhaft ist. Ich dachte, das hätten Sie vor 365 Tagen, als wir hier zum gleichen Thema diskutiert haben, mitbekommen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)