Also ich kann es mir nicht vorstellen, das es so eine große Verwaltung, die jemand mit 21 Jahren dort reingesetzt hat, gewählt hat, dass er der Sache auch gerecht wird. Aber die 21 Jahre sind eben drei Jahre mehr Lebenserfahrung, eine abgeschlossene Berufsausbildung oder Ähnliches. Ich denke, das muss man alles mit ins Kalkül ziehen und deswegen halten wir auch daran fest. Ich will auch gleich dazu kommen, was die Anhörung letztendlich ergeben hat. Die Anhörung hat ergeben, die ja nun mehrfach zitiert wurde hier...
Bevor Sie auch zur Anhörung kommen, geben Sie mir recht, Herr Kellner, dass es in der Tat auch jede Menge überforderte 40- oder 50-Jährige an Spitzen von Verwaltungen etc. gibt?
Das kann ich nicht bestätigen. Wenn Sie sie kennen, dann müssen Sie Ross und Reiter nennen und dann können Sie sich genau mit den Kollegen auseinandersetzen, die unter Umständen überfordert sind. Können Sie ja machen.
Also, ich komme zur Anhörung und weil das ja nun gern zitiert wurde, wie die Einzelnen waren, wenn wir auf die 18 Jahre abstellen, in Hessen ist es möglich ab 25 Jahren, in Schleswig-Holstein ab 27 Jahren, in Sachsen 21, Landräte ab 27, in Nordrhein Westfalen ab 23, Brandenburg ab 25, Niedersachsen ab 23 und Bayern 21. Und da sieht man schon an der Stelle, dass Thüringen seinen jungen Leuten viel zumutet und viel zutraut, nämlich 21 Jahre. Wir haben gerade gehört, alle anderen sind weit darüber hinaus gegangen, was das Alter anbelangt, diese Stelle jemandem anzuvertrauen. Ich denke, das spricht Bände und da können wir die Anhörung nehmen wie wir wollen, die Zahlen stehen dagegen. Aus dem Grund werden wir diesen Punkt ablehnen und ich komme gleich zu dem nächsten, da geht es um die Verlängerung, dass man die Wahlmöglichkeit einräumt, Bürgermeister auch mit 67 Jahren noch zur Wahl stellen zu können. Das scheint im ersten Moment auch nachvollziehbar, dass man sagt, in der Gesellschaft wird immer länger gearbeitet, warum an dieser Stelle nicht auch. Das bedeutet aber auch und das muss man sich auch anschauen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn jemand mit 67 diesen Schritt gehen muss, wir reden ja auch über das kommunale Wahlamt, bei den Ehrenamtlichen ist ja die Altersgrenze nicht gegeben, aber bei den Hauptamtlichen bedeutet das, sie müssen im Extremfall bis 73 Jahre arbeiten.
In allen anderen Beamtenverhältnissen - und wir reden hier vom Beamtenverhältnis ist bei 65 Schluss und was darüber hinausgeht, muss der Dienstherr prüfen bzw. der Beamte eine gesundheitliche Prüfung über sich ergehen lassen, ob eine Verlängerung möglich ist, um die Leistungsfähigkeit auch zukünftig zu gewährleisten. Das soll an dieser Stelle nicht gelten. Ich denke, hier können wir nicht diesen Unterschied dulden. Es ist ein Amt, das mehr als 40 Stunden umfasst und wer an dieser Stelle hauptamtlich tätig war, der weiß, von was er spricht. 67 Jahre an der Stelle ist meiner Ansicht
nach nicht gerechtfertigt. Das sieht auch die Fraktion so. Auch hier werden wir diesen Absatz nicht mittragen. Wenn man abstellt auf Bayern, das haben jetzt Herr Bergner und Frau Rothe-Beinlich gesagt, hier gibt es einen Entwurf der Landesregierung, die auch diesen Fall diskutiert. Aber es gibt nur den Entwurf. Im Moment ist es in Bayern genau wie in Thüringen, 21 bis 65. Im Moment ist die Sachlage, wie sie ist. In Thüringen soll es so bleiben. Deswegen lehnt die CDU-Fraktion diesen Änderungsantrag ab. Danke.
Danke, Herr Abgeordneter Kellner. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind ja nicht dafür bekannt, dass wir vieles gutheißen, was die FDP hier in diesem Haus praktiziert oder produziert,
aber diesmal stimmen wir ausdrücklich dem Vorschlag der FDP zu, weil er vernünftig und zeitgemäß ist. Da wir keine Dogmatiker sind, fällt es uns nicht schwer, Ihnen in dieser Frage auch mal zuzustimmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns ist das Entscheidende, dass zum Schluss der Wähler entscheidet. Das ist auch hier gesagt worden. Wir haben hohes Vertrauen in den Wähler. Der Wähler wird abwägen, ob ein 18-Jähriger schon die Sozialkompetenz aufweist, er wird auch abwägen, ob das ein 21-Jähriger, 40-Jähriger usw. kann. Er kann auch abwägen, ob ein über 65-Jähriger noch in der Lage ist, dieses Amt auszufüllen. Wenn ich aufgepasst habe, ist Konrad Adenauer nach meinem Kenntnisstand mit 71 Jahren erstmalig Bundeskanzler geworden, oder 73 war er sogar. Also weit über das hinaus, worüber wir hier reden. Das war noch zwei Generationen zurück, wo die Lebenserwartung auch noch eine andere war. Von daher ist das alles nichts Neues.
Ich bin schon erstaunt, Herr Hey, wie Sie hier versuchen, Generationen gegeneinander auszuspielen. Das lehnen wir ab.
Wir sehen nicht mal ansatzweise einen Zusammenhang zwischen 18-Jährigen und ihrer Wählbarkeit als Bürgermeister und Menschen, die bereits über 65 sind. Das war ein etwas hilfloses Argument. Das haben Sie eigentlich nicht nötig. Ihre Argumente sind sonst immer zielgerichteter und zielgenauer. Wenn Sie sich heute bei der Sache auf den Gemeinde- und Städtebund berufen, dann erwarte ich, dass Sie in der bevorstehenden Haushaltsdebatte und zum Finanzausgleichsgesetz in gleicher Art und Weise den Argumenten der kommunalen Spitzenverbände folgen. Dann wissen wir ja, wie Sie hier entsprechend im Haus agieren werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine abschließende Bemerkung: Es ist für uns - auch für mich, das gebe ich zu - unwahrscheinlich schwierig, die Sozialkompetenz von Menschen zu bewerten. Aber das haben schon verschiedene Redner gesagt, es ist absolut kein Problem des Lebensalters, sondern es ist von sehr vielen Faktoren abhängig. Im Übrigen unterliegt auch die Sozialkompetenz bestimmten Schwankungen selbst im Amt. Es gibt ausreichend Beispiele, wo Frauen und Männer mit sehr viel Euphorie ins Amt gekommen sind und dann mit der Zeit gibt es einen gewissen Verschleiß. Nicht umsonst werden zum Beispiel im angelsächsischen Raum Konzepte der Mandatszeitgrenzung diskutiert und auch praktiziert und wenn ich der Argumentation von Herrn Kellner folgen würde, müsste die CDU konsequenterweise auch hier eher dem angelsächsischen Model folgen. Das macht sie nicht. Insofern gibt es keine Begründung mehr, an der jetzigen Regelung in Thüringen festzuhalten. Wir wissen, wir reden hier über einen Randbereich der Problemlagen in Thüringen. Thüringen hat andere Probleme, aber trotzdem. Auch mit Blick auf das Jahr 2012 und die anstehenden Bürgermeisterwahlen wäre es ein deutliches Signal und deshalb stimmen wir dem Vorschlag der FDP zu. Danke.
Danke, Herr Abgeordneter Kuschel. Es liegt mir jetzt kein Redner mehr vor. Doch, der Herr Innenminister hat jetzt das Wort.
Vielen Dank. Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Sie haben sich für die heutige 67. Plenarsitzung eine anspruchsvolle Tagesordnung vorgenommen. Die Anhörung und die anschließende Diskussion im Innenausschuss zu dem vorliegenden Tagesordnungspunkt hat keinerlei Anlass geboten, von der Haltung der Landesregierung, wie sie bereits in der 55. Plenarsitzung geäußert wurde, abzuweichen. Es käme deshalb einer Missachtung dieses Hohen
Hauses sehr nahe, wenn ich Ihnen erneut die Argumentation vom 15. Mai vortragen würde. Ich gestatte mir, darauf zu verweisen und bitte in
Danke, Herr Minister Geibert. Ich habe jetzt keinen Wunsch auf Rede. Das heißt, wir kommen zur Abstimmung. Abgestimmt wird direkt über den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/2675 in zweiter Beratung. Es wurde gegongt.
Wir beginnen mit der Abstimmung. Wer für den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer gegen den Gesetzentwurf ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU und der SPD. Wer enthält sich? Niemand enthält sich. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Gesetz zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes in Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/2701 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit - Drucksache 5/3273
Das Wort hat Frau Abgeordnete Meißner aus dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zur Berichterstattung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnetenkollegen, durch Beschluss des Landtags vom 19. Mai 2011 wurde der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/2701 an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen. Der Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit hat den Gesetzentwurf in seiner 19. Sitzung am 9. Juni, in seiner 20. Sitzung am 15. Juni und in seiner 23. Sitzung am 8. September 2011 beraten sowie ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Es wurden 12 Anzuhörende festgelegt, wovon 4 keine Stellungnahme abgaben bzw. sich nicht meldeten. Ablehnung des Gesetzentwurfs kam von beiden kommunalen Spitzenverbänden, die als Gründe keinen Regelungsbedarf,
erheblichen Verwaltungsmehraufwand, Widerspruch zum Bundesrecht und eine Leistungsausweitung ohne Kostenerstattung sahen. Der Gesetzentwurf wurde durch den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit abgelehnt, was Ihnen in der Beschlussempfehlung in der Drucksache 5/3273 schriftlich vorliegt. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Meißner. Ich eröffne jetzt die Aussprache und das Wort hat die Frau Abgeordnete Anja Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will es kurz machen zu dem Thema, zumal die betreffende Ministerin gerade nicht im Raum ist. Ich will es kurz machen, weil ich eigentlich erwartet hätte, dass der Gesetzentwurf der LINKEN zum Teilhabe- und Bildungspaket auch dafür sorgt, dass die Landesregierung eine eigene Landesregelung parallel vorlegt oder wir zumindest eine Substanz haben, eine Grundlage, auf der wir im Ausschuss reagieren können. Dazu habe ich leider nichts gesehen, das bedauere ich sehr.
Grundsätzlich kann ich Ihnen gern sagen: Wir als GRÜNE sagen, das Bildungs- und Teilhabepaket ist zu bürokratisch, es ist umständlich, es ist zu viel Aufwand für wenig Geld, Sie wissen das. Wir haben bei der Abstimmung im Bundestag nicht mitgemacht. Wir haben zwar damals beim Bildungspaket nachverhandelt, haben gesagt, das ist einer der zentralen Punkte, die aus Sicht BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wichtig sind, schließen uns aber jetzt in der Umsetzung in Thüringen auch der Kritik vor allen Dingen der Wohlfahrtsverbände an. Sie sagen, dass die Gutscheine für bedürftige Kinder für die Beteiligten vor allen Dingen viel Aufwand bedeuten. Sie sagen, dass die Hilfen zum Teil nicht ankommen. Es fällt Familien insbesondere schwer, einfach Zugang zu den Ämtern zu finden, und das nicht nur in den Städten, sondern vor allen Dingen in den ländlichen Regionen. Man kann auch sagen, das Bildungs- und Teilhabepaket hat einfach den Praxistest nicht bestanden.
Meine Damen und Herren, auch der PARITÄTISCHE sagt, der Praxistest sei nicht bestanden. Nach Recherchen des PARITÄTISCHEN, heißt es, haben bisher zwischen 20 und 35 Prozent der Thüringer Familien, die es beträfe, für ihre Kinder tatsächlich das Teilhabe- und Bildungspaket in Anspruch genommen, beantragt. Sie sehen an diesen
geringen Zahlen, dass das nicht das passende Angebot zum Problem ist; da fehlt etwas. Da fehlt mindestens Aufklärungsarbeit, da fehlt eine Flankierung durch das Land. Wie gesagt, ich bedauere es sehr, dass wir an dieser Stelle nicht anders diskutieren konnten noch einmal auf Grundlage eines Gesetzentwurfs der Landesregierung - fehlt, verpasst.
Andere Länder sind das deutlich leidenschaftlicher angegangen. Baden-Württemberg hat sich zum Beispiel darum bemüht, dieses gesetzlich zu flankieren. Dort gibt es eine Landesregelung. Trotzdem kann man sagen, umgesetzt werden kann es auch dort nicht, weil wir einfach selbst am Bildungs- und Teilhabepaket zweifeln als dem richtigen Schlüssel, weil es einfach an denjenigen vorbeigeht und weil der zentrale Fehler des Ganzen ist, dass auf Bundesebene nicht in Infrastruktur investiert wird, sondern wieder in monetäre Leistung. Unser zentraler Vorwurf auch an dieser Stelle: Wieder die falsche Stellschraube gestellt, das ist Ideologie von Schwarz-Gelb, die wir hier in Thüringen ausbaden müssen. Danke.