Protocol of the Session on July 8, 2011

(Beifall DIE LINKE)

Damit kämen wir aus der Kalamität heraus, Sport als freiwillige Aufgabe zu betreiben. Sport als Pflichtaufgabe hätte eine ganz andere Verankerung und Möglichkeit, hier Veränderungen auch und gerade für Frauen und Mädchen herbeizuführen. Dabei ließen sich auch die im Antrag aufgestellten Einzelforderungen auf einer solchen Grundlage schneller und effizienter umsetzen. Es steht außer Frage, dass Sport einen wichtigen Beitrag zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund leisten kann. Es steht auch außer Frage, dass derzeitig nur wenige Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund zum Fußball finden. Hierfür gibt es das Programm des Bundesinnenministeriums, Integration durch Sport. Dieses könnte angewandt auf unsere Thüringer Gegebenheiten eine gute Ausgangsposition für Mädchen mit Migrationshintergrund sein und würde neue Freiräume auch im Fußball eröffnen. Aber auch hier besteht ständig die Gefahr, dass die finanzielle Ausstattung solcher Programme gekürzt oder gestrichen wird.

Lassen Sie mich bitte an dieser Stelle auch noch einige Worte zu Fragen der Sportstätten verlieren. Für die Stärkung des Frauen- und Mädchensports, nicht nur des Fußballs, ist es unbedingt erforderlich, auch die Sportanlagen baulich entsprechend anzupassen. Dabei gibt es einen großen Sanierungsbedarf, wie wir in den vergangenen Haushaltsberatungen hier in Thüringen bereits gesehen haben. Jeder kann sich sicherlich daran erinnern, auch an die große Liste der Beantragungen und wie wenige überhaupt davon nur realisiert werden konnten und können. Diesen Aspekt spricht der vorliegende Antrag nicht an, obwohl er aus unserer Sicht ein Kernproblem aufgreift. Wenn Mädchen und Frauen Sport treiben wollen, müssen ihnen auch Umkleideräume und Duschen zur Verfügung stehen. Aufgrund der oft veralteten Sportanlagen in Thüringen gibt es da erhebliche Defizite. Um einen solchen Umbau oder eine Sanierung realisieren zu können, müssen wir bei den Haushaltsberatungen dieses Jahres dringend dafür sorgen und das gemeinsam, dass der Sanierungsstau bei Sport- und Freizeitanlagen aufgelöst wird, denn die kaputtgesparten Kommunen können dies in aller Regel nicht allein leisten.

(Beifall DIE LINKE)

Die gesellschaftliche Bedeutung und damit natürlich auch des Frauen- und Mädchenfußballs reicht in viele Bereiche hinein. Deshalb ist es aus unserer Sicht wichtig, dass sich der Antrag nicht nur auf Fußball beschränkt. Sport ist eben auch Bestandteil der Umwelt, der Entwicklungs- und Kulturpolitik. Wenn die Frauenfußball-WM als Türöffner für eine größere Akzeptanz und für stärkeren Einfluss des Mädchen- und Frauensports in Thüringen wirken soll, müssen die sich daraus ergebenden Chancen unmittelbar aufgegriffen werden. Das bedeutet - ich betone an dieser Stelle noch einmal - schnell, konkret und mit den Akteuren vor Ort gemeinsam über die Entwicklung von Frauen- und Mädchenfußball und den Frauen- und Mädchensport im Allgemeinen zu diskutieren.

Ganz zum Schluss, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich sage noch einmal, liebe Sportfreundinnen und Sportfreunde, wünsche ich natürlich den weiteren Spielen der Frauenfußball-Weltmeisterschaft dieses Jahres viele Zuschauer in den Stadien, viele Zuschauer an den Fernsehgeräten, eine weitere Erhöhung der Akzeptanz des Frauenfußballs und der deutschen Nationalmannschaft natürlich weiterhin viel Erfolg und ich hoffe auf einen Weltmeistertitel.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das hast du fein gesagt.)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Korschewsky. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Grob für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde des Sports,

(Zwischenruf Abg. Schubert, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Freundinnnen.)

(Beifall DIE LINKE, FDP)

liebe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

(Heiterkeit im Hause)

also das Stadion ist nicht ganz gefüllt, aber dennoch hoffe ich auf ein paar einzelne Zuhörer.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: -in- nen.)

Sie werden mich nicht damit anstecken.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Die Europameisterschaften im Ringen waren vor einem Monat in Dortmund, da waren Mädchen und Jungen auch aus Thüringen dort. Hat das von Ihnen jemand mitbekommen?

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU, und Abg. Stange, DIE LINKE: Wir ja.)

Nur mal so am Rande dieser Diskussion. Da wird sehr gute Nachwuchsarbeit gemacht, flächendeckend, auch in Schulen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Antrag auf eine stärkere Förderung des Frauenund Mädchenfußballs in Thüringen gestellt, dessen Sinn ich infrage stelle.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben hier eine neue Sportpartei.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: So ist es.)

Ich habe ungefähr diese Woche noch das Jubeln in den Ohren, als München die Olympischen Spiele verloren hat. Das war in erster Linie Ihre Fraktion in Bayern, die es fertiggebracht hat, sogar eine

(Beifall CDU)

„no Olympia“ zu gründen, mit dem Ziel, irgendwann die Olympischen Spiele komplett abzuschaffen. Deswegen höre ich hier Ihre lauten Töne von Sportunterstützung nicht unbedingt.

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Serienklän- ge sind das.)

Ja, genau, so denke ich mir das auch. Aber ich will trotzdem, wenn Sie schon teilweise gesagt hatten, die Entwicklung des Frauensports, an diesen Zahlen kann man schon einiges erkennen, hier in Deutschland und in Thüringen schildern. In der DDR gründete sich damals die erste Frauenfußballmannschaft BSG Empor Dresden Mitte bereits im Jahr 1968. Frauenfußball war keine olympische Disziplin und wurde nicht als Leistungssport gefördert und gehörte zunächst in den Bereich des Freizeit- und Erholungssports. Bereits 11 Jahre später, 1979, hatte man sich so weit etabliert, dass ein überregionaler Spielbetrieb aufgenommen werden konnte. Weitere 11 Jahre später, im Jahr der Wiedervereinigung 1990, wurde zum ersten Mal die Meisterschaft nach dem Vorbild der DDR-Oberliga ausgerichtet. Auch im Westen Deutschlands nahm der Frauenfußball eine rasche Entwicklung, nachdem der DFB den Irrtum erkannte und das Verbot Frauenfußball war mal verboten - im Jahr 1970 wieder aufhob, wurden ab 1971 Liga-Spiele in den unteren Klassen bestritten und bereits zwei Jahre später, 1973, der Beschluss zur Austragung einer Deutschen Meisterschaft gefasst. Die kommenden zwei Jahrzehnte waren geprägt von einer voranschreitenden Ausdifferenzierung der Strukturen des Frauenfußballs. Ich kann mich erinnern, auch in meinem Nachbarort, in Pferdsdorf war das, gab es eine hervorragende Damenmannschaft, die damals gespielt hatte, und wir hatten noch nicht diese Voraussetzung, Herr Korschewsky, wie jetzt, dass es

(Abg. Korschewsky)

da Duschen gab. Ich kann mich noch erinnern, da war so ein großes Fass, da wurde sich kurz abgespült und dann ging es nach Hause.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das war ein Bierfass.)

Ja, aber trotzdem hat man diesem Fußball wirklich einiges abgerungen und der einzige negative Punkt dabei war, dass die Mannschaft dann immer ein Problem hatte mit dem Gegner, weil Pferdsdorf in der Sperrzone lag und die gar nicht einreisen durften.

Der Vereinsfußball wurde ausgebaut, die Förderung von Jugendtalenten und insbesondere Nationalspielerinnen vorangetrieben und die Präsenz des Frauenfußballs in der deutschen Öffentlichkeit gesteigert. Heute sind wir das Vorzeigeland des Frauenfußballs und schlechthin mit einer Bilanz, die sich sehen lassen kann. Die deutschen Frauen sind bereits zweimal Weltmeister und siebenmal Europameister geworden und nun erleben wir noch das großartige Ereignis der Weltmeisterschaft im eigenen Land mit der deutschen Mannschaft als TopFavorit und der Wunsch vom Sportfreund Knut, wir hoffen auf einen Weltmeistertitel. Den wird es geben, wir wissen nur noch nicht, welches Land es ist.

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Das ist das Problem.)

Der lange Weg der Anerkennung - Rainer Hennies und Daniel Meuren, denken Sie an diese Namen, die hatten nämlich ein Buch geschrieben „Der lange Weg der Anerkennung“. In diesem Buch wird über diesen Fußball referiert. Es wurde so erfolgreich beschritten, es ist nicht wieder wegzureden und auch wenn die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das mit diesem Antrag versucht. Ich habe hier noch ein Zitat von Bernd Schröder. Ich hoffe, dass Sie wissen, wer das ist. Bernd Schröder ist nicht der Bruder von Gerd, er ist der Trainer von damals SG Turbine Potsdam. Er sagte: „Ich vermute, dass viele, die sich jetzt auf den Zug des Frauenfußballs aufschwingen, diese Sportart sehr oberflächlich betrachten.“ Sehen Sie, das kann man so auch bei Ihnen erkennen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN behauptet des Weiteren, dass es im Frauenfußball in Thüringen keine flächendeckenden Strukturen gibt. Dieses möchte ich bezweifeln. Laut der aktuellen Tabelle spielt eine Mannschaft, Sie kennen ja USV Jena, in der Bundesliga. Wir haben 11 Mannschaften in den Verbandsligen und insgesamt 17 Mannschaften in den Landesklassen. Ich weiß, in meinem Wahlkreis haben wir seit 96 einen Ligaspielbetrieb. Wir hatten immer unterschiedlich 9 bis 12 Mannschaften in den Staffeln. Darüber hinaus gibt es Freundschaftsspiele von Mannschaften, die nicht in den Ligaspielbetrieb involviert sind und wenn Sie das auch wissen, die Mannschaften in diesen Ligen spielen Kleinfeld und die spielen nicht auf Extrafeldern, sondern die neh

men genau die Spielfelder, die der Nachwuchs nimmt, die die alten Herren nehmen, die spielen die dann auch und es ist immer nicht so gern gesehen, wenn sie auf den großen Feldern spielen. Das hat auch einen Grund. Wo die Tore sind, sind dann immer solche Mulden. Das hat aber nichts mit den Frauen zu tun. Aber diese Kleinfeldfußballfelder sind es auch deswegen, weil es eben nicht so viele Spielerinnen gibt. Das ist der Grund dafür. Markus Bienert, der Frauenfußballbeauftragte vom Fußballverband Thüringen - wir haben einen Frauenfußballbeauftragten hier in Thüringen - bestätigt die ständig wachsende Zahl der kickenden Mädchen und Frauen. Laut seiner Aussage hat die Zahl der Fußballerinnen in den letzten sechs Jahren auf derzeit 7.600 Vereinsmitglieder zugenommen, die in ca. 190 Mannschaften kicken. Die Zahlen haben wir schon gehört. Wie dies zeigt, gibt es Frauenfußball auf allen Ebenen in Thüringen, also auch als Breiten- und Freizeitsport. Das ist zwar noch nicht so ausgeprägt wie beim Männerfußball, erfährt aber doch zunehmende Bedeutung.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass man in den letzten Jahrzehnten ohne viele Auflagen sehr viel erreicht hat.

(Beifall FDP)

Die Entwicklung des Frauenfußballs ist in enormen Schritten vorangegangen, ohne dass sich der Thüringer Landtag damit befasst hat.

(Beifall CDU, FDP)

Des Weiteren fordert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass die Spiele der Frauenfußballmannschaften und der Frauenbundesliga ein gleichwertiger und fester Bestandteil in der Berichterstattung und in Sportsendungen im gebührenfinanzierten Fernsehen und Radio werden sollten. Also auch Grüße an die Radiohörer!

(Heiterkeit CDU, FDP)

Hierzu möchte ich sagen, dass das gebührenfinanzierte Fernsehen seinen Aufgaben nachkommt und die WM der Frauen überträgt. Sie haben es ja selbst auch so erkannt. Aber auch die öffentlichen Sender können sich vor den bestehenden Realitäten nicht verschließen. Ich möchte Ihnen einige Vergleiche zwischen Frauen- und Männerfußball nennen, die - wenn Sie die Sportbild beziehen - am 8. Juni nachzulesen sind.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die beziehe ich nicht, Herr Grob.)

Na gut, man kann sie ja auch einzeln kaufen, wenn etwas Interessantes drinsteht, die Damen. Die Erfolge: Frauen, das hatte ich schon gesagt, zweimal Weltmeister, siebenmal Europameister, die Männer dreimal Weltmeister, dreimal Europameister. Die Zuschauerzahlen im Durchschnitt bei den Frauen

836 pro Spiel, eine gute Zahl, im Durchschnitt bei den Männern 40.408. Die Frauenpräsenz, das habe ich schon gesagt, ist natürlich unterschiedlich. Wir haben da Länderspiele plus DfB-Pokal live bei den Frauen und wir haben dann 1., 2. und 3. Liga-Zusammenfassung bei den Männern. Aktive: Wir haben 1 Mio. Frauen und Mädchen, die in den Vereinen spielen. Wir haben 5,7 Mio. Männer, die in Vereinen Fußball spielen. Der Etat von Meister Potsdam, Sie wissen hoffentlich, dass Potsdam Meister ist, beträgt 1 Mio. Der Spieleretat von Meister Dortmund liegt ungefähr bei 36 Mio., wobei das nicht die Mannschaft mit dem größten Etat ist. Das möchte ich dazusagen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Bayern München.)

Richtig. Gehälter: Birgit Prinz, das hattest du angesprochen, das sind 72.000 € im Jahr.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Geschätzt.)