Stellung nehmen, dass Sie zum Punkt d nichts sagen können, ist klar an dieser Stelle, weil wir einfach noch Informationen benötigen. Aber a, b, c ist eine Sache, die man gut hätte recherchieren können. Unser Antrag stammt vom September 2010, Sie haben es erwähnt. Die Kommunen abzufragen, welche freiwilligen Leistungen sie im Augenblick stemmen, die Kommunen abzufragen, über was für eine Höhe wir reden, die Kommunen abzufragen, was es denn heißt, wenn die Novellierung kommt, jeweils finanziell, ich glaube, dass ist möglich und wäre möglich gewesen und ich bedauere, dass es dazu jetzt keine weiteren Informationen gab.
Warum diskutieren wir heute hier über Hartz IV. Ich glaube, es muss noch einmal dargestellt werden, was für eine Tragweite diese Reform eigentlich hat und dass es nicht reicht, wenn wir abwarten, was in Berlin dazu entschieden wird. Um die Zahl noch einmal zu nennen, 2009 haben in Thüringen fast 57.000 Aufstocker und Aufstockerinnen zusätzlich Hartz IV bekommen, um auf Sozialniveau arbeiten und leben zu können, weil ihr Lohn, den sie hier bezogen haben, nicht ausgereicht hat. Wir haben in Thüringen über 133.000 Bedarfsgemeinschaften. Das sind mehr als genug Bürgerinnen und Bürger, die betroffen sind, und mehr als genug einzelne Gründe, um darüber hier auch zu reden. Nirgendwo, in keinem anderen Bundesland gibt es so viele Klagen vor den Sozialgerichten wie in Thüringen. Wir haben hier eine Quote von 8,5 Prozent. Das heißt, 8,5 Prozent derjenigen, die bei uns Hartz IV bekommen, klagen am Ende vor einem Gericht.
Hartz-IV-Empfänger - das bette ich gern mal in die aktuelle Bildungsdebatte ein, wir reden auch über Bildungspolitik, eine der Arbeitsgemeinschaften, die der Staatssekretär gerade erwähnte, beschäftigt sich genau mit diesem Punkt - bekommen kein Schulgeld erstattet. Das heißt, ausgerechnet die Debatte über freie Schulen, die wir hier führen dürfen in Thüringen angesichts der weitsichtigen Politik, die Schwarz-Rot hier führt, hat auch unmittelbare Folge für alle Hartz-IV Bedarfsgemeinschaften, insbesondere deren Kinder, denen vermutlich der Zugang zu den freien Schulen verwehrt wird, weil sie sich das höhere Schulgeld nicht leisten können. Ich kann Ihnen noch viele weitere Gründe nennen, warum es gut ist, hier darüber zu diskutieren.
Jenseits davon lassen Sie mich zu unserem Antrag kommen. Der erste Teil war das Berichtsersuchen, das ist, um genau zu sein, nicht erfüllt worden, zum einen weil keine Informationen vorliegen, zum anderen, weil die Recherche nicht erfolgt ist. Punkte II und III sind Punkte, wir haben Ihnen wieder eine Neufassung vorgelegt, die wir sehr wohl vom heutigen Standpunkt aus noch beeinflussen können, obschon der Vermittlungsausschuss im Augenblick tagt.
Sie wissen alle, das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2010 das Grundsatzurteil gefällt, darin heißt es ich zitiere ganz kurz: „Es muss eine freihändige Satzung ohne empirische und methodische Fundierung geben, die ins Blaue hinein erfolgt, korrigiert werden.“ Diese hat es gegeben, diese soll korrigiert werden. Das ist Anliegen genau der Reform, die im Augenblick verhandelt wird. Da geht es zum einen um die Würde des Menschen, sie kennen die entsprechenden Festsetzungen im SGB II und im SGB XII. Erst im September hat es einen ersten Referentenentwurf gegeben, erste Informationen tröpfchenweise sind durchgedrungen. Erst im September haben wir gehört, wie SchwarzGelb gern das Bundesverfassungsgerichtsurteil umsetzen möchte. Das war weder nachvollziehbar noch transparent und das ist auch der Grund, warum die Entscheidung im Augenblick verschleppt wird. Dass es so lange gedauert hat, spricht auch für die Arbeitsweise dieses Bundesministeriums.
Wir haben recht behalten, wir haben gesagt, dass dieses Thema weder Priorität hat bei Schwarz-Gelb noch dass da vernünftig gearbeitet wird. Es ist nur tatsächlich traurig, wenn man als Opposition an dieser Stelle recht behalten muss. Wir haben heute 19 Tage nach der Frist, an dem das Gesetz eigentlich hätte in Kraft treten müssen, und das ist allein Schwarz-Gelb in Berlin zuzuweisen, dass es genau dahin gekommen ist. Ich bedauere sehr, dass es so ist. Ich kann mich jetzt im Endeffekt nur darauf verlassen, dass auf Bundesebene BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und DIE LINKE die eklatanten Mängel im Vermittlungsausschuss entsprechend aufdecken.
Aber ich will noch mal vier Punkte nennen, die besonders wichtig sind bei genau diesen Verhandlungen.
Erstens: Die Heranziehung von lediglich 15 Prozent statt der bisher üblichen 20 als Referenzhaushalte zur Abgrenzung unterer Einkommensschichten ist völlig willkürlich und wird vom 1. Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag übrigens allein mit haushaltspolitischen Überlegungen begründet; das muss man sich mal vorstellen.
Zweitens: Die geplante Absenkung der Leistungen für behinderte Erwachsene, die bei ihren Eltern leben, ist in jetziger Form schlicht verfassungswidrig.
Drittens: Beim Bedarf für Mobilität muss die regelmäßige Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs vollständig berücksichtigt werden. Sie sehen, wie viele verschiedene Ebenen das sind. Da gibt es noch die Neuregelung der Unterkunftskosten, wo man über Angemessenheit reden muss, und, und, und. Das sind viele kleine Punkte und Sie sehen, dass in den drei Arbeitsgemeinschaften eine Menge zu stemmen ist.
Jetzt noch einmal konkret zu unserem Antrag: Unser Berichtsersuchen hat sich bezogen zum einen auf die Frage, wie betrifft das die Thüringer Kommunen und zum anderen die Verhandlung im Bundesrat; das muss ich jetzt nicht noch mal ergänzen. Was ich aber ergänzen möchte, ist, dass unsere Sozialverbände, der Paritätische zum Beispiel in Vorhand gegangen ist und bevor ein fertiges Bildungspaket auf dem Tisch lag, bereits sich bemüht hat, mit Jobcentern, mit Kommunen, mit ARGEN usw. an einem Tisch zu sitzen, um darüber zu reden, was das am Ende für die Empfängerinnen und Empfänger bedeuten kann. Ich finde das gut, dass man nicht nur darauf wartet, ein fertig geschnürtes Gesetzespaket zu bekommen, sondern dieses von vornherein auch mit zu beeinflussen. Diese Arbeit ist wichtig und ich begrüße an dieser Stelle, dass die Auseinandersetzung damit an vielen Stellen auch rechtzeitig begonnen hat und man nicht nur auf Ergebnisse wartet.
Was mir wichtig ist zum heutigen Zeitpunkt, drei Monate nach unserer ursprünglichen Initiative, hier über die Frage und die Bedeutung des Mindestlohnes zu reden. Wir hatten das Thema heute schon, fast alle EU-Staaten haben ihn. Das Europäische Parlament hat ihn gefordert, in den USA und Großbritannien gibt es ihn und so weiter und so fort. Allein in der Bundesrepublik wird beim Thema Mindestlohn nach wie vor das Gespenst vom Verlust von Millionen Arbeitsplätzen bemüht; ich finde zu Unrecht. Meine Frage hier an dieser Stelle ist gar nicht mehr, ob wir einen flächendeckenden Mindestlohn brauchen, branchenspezifisch hin oder her. Die Frage ist also nicht, ob er kommt, sondern wann und wie. Ich bitte Sie einfach, auch Mut zu haben, an dieser Stelle aus Thüringen heraus entsprechende Signale zu setzen. Eine Mindestlohnkommission, wie es sie beispielsweise in Großbritannien gibt, das sehen Sie in unserem Antrag, könnte hier aus Vertretern der Sozialpartner, der Wissenschaft zusammengesetzt sein und genau diese Ängste, die da immer geschürt werden, auch umdrehen, könnte zeigen, dass sie nicht sinnvoll sind, sondern würde zeigen, dass der Niedriglohnbereich und diese 57.000 Aufstocker und Aufstockerinnen, die wir in Thüringen haben, genau durch solche sinnvollen politischen Maßnahmen auf einem sozialverträglichen Niveau arbeiten lassen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Bevor wir fortfahren in der Rednerliste möchte ich noch einmal fragen, das war von hier oben nicht gut zu erkennen. Lediglich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat durch ein dezentes Kopfnicken mir angezeigt, dass wir die Berichterstattung, also den Sofortbericht, jetzt auch in der Dis
kussion zum Gegenstand hatten. Wie war das denn mit dem dezenten Kopfnicken der anderen? Auch dezent alle genickt. Gut, dann war das von allen ein dezentes Kopfnicken. Vielen Dank.
Die Rednerliste wird fortgesetzt und das Wort hat der Abgeordnete Bärwolff für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Siegesmund hat gerade schon ausgeführt, was das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dem Gesetzgeber, zunächst erst mal dem Bundesgesetzgeber, mit auf den Weg gegeben hat, beispielsweise dass die Kinder einen eigenen originären verbrieften Rechtsanspruch auf die Absicherung ihrer soziokulturellen Teilhabe und ihres soziokulturellen Existenzminimums haben. Aber auch die Teilhabe an der Gesellschaft ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch anerkannt jetzt, eine ganz wichtige Voraussetzung zur Bekämpfung von Kinderarmut und vor allem, der Regelsatz darf nicht bloß aus dem Regelsatz für Erwachsene abgeleitet werden, sondern er muss originär berechnet werden. Dass der Bundesregierung erst vom Bundesverfassungsgericht gesagt werden muss, dass die Regelsätze im SGB II verfassungswidrig sind, und erst danach zögerliche Verbesserungen angegangen werden, ist ein Armutszeugnis. Fast ein Jahr nach der Urteilsverkündung stehen wir also heute hier und festgelegt ist noch nichts. Neben den höheren Regelsätzen für die Kinder steht auch ein sogenanntes Bildungs- und Teilhabepaket im Raum. DIE LINKE hat bereits bei der Einführung der HartzIV-Gesetze darauf hingewiesen, dass sowohl das System Hartz IV als auch die zustande gekommenen Regelsätze und deren Höhe für die Betroffenen unter aller Würde sind.
Die gesellschaftliche Spaltung, die mit den HartzGesetzen einhergeht, ist für den bundesdeutschen Sozialstaat höchst gefährlich. Erwähnt seien nur die Tiraden, die seitens der Konservativen gegen Leistungsbezieher gehalten werden und Empfänger von staatlichen Leistungen mitunter unter Generalverdacht stellen. Es wird so getan, als ob die einen nicht arbeiten wollen und die anderen, die arbeiten, auf das Ungeheuerlichste belastet werden. Diese Demagogie, diese von Sozialwissenschaftlern mittlerweile schon als Solidaritätsverweigerung bezeichnete Tendenz macht sich mit jeder weiteren Runde in der Diskussion über Hartz IV breit. Nun geht es also um die Berechnung der Regelsätze für Kinder und alles, was damit auch zusammenhängt. Die Regelsätze beispielsweise für die Kinder wurden bislang einfach von dem der Erwachsenen heruntergebrochen. Es waren 60, 70 bzw. 80 Prozent
des Geldes dessen, was ein Erwachsener braucht. Nun steht im neuen Gesetzentwurf ein anderer Regelsatz.
Beispielsweise bekommen Kinder von 0 - 5 Jahren 257 €, was einer Erhöhung um 42 € entspräche. Auch Kinder bis 13 Jahre werden bessergestellt mit 21 € und die Kinder von 14 - 17 Jahren sollen 23 € mehr erhalten. Diese Erhöhungen sind zwar durchaus positiv, jedoch stellt sich die Frage, ob die Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an die Berechnung der Regelsätze gestellt hat, wirklich erfüllt sind. Denn nach wie vor ist es so, dass die Regelsätze für die Kinder nicht eigens berechnet werden, sondern wieder werden sie pauschal vom Erwachsenenregelsatz abgeleitet. Kein Wort steht im Gesetz davon, dass Kinder andere, eigene Bedarfe haben, die sich von den Erwachsenen unterscheiden. Lediglich bei dem vom Verfassungsgericht festgeschriebenen Anspruch auf die Teilhabe am sozioökonomischen Leben gab es einige Bewegung. Allerdings stellt sich auch hier die Frage, wieso man das Bildungs- und Teilhabepaket auf einen so undurchsichtigen Weg gebracht hat. Selbst die Diskussionen, die derzeit im Vermittlungsausschuss und dessen Arbeitsgruppen geführt werden, zeigen, dass es dort nur sehr, sehr wenig Bewegung gibt. Im Bildungs- und Teilhabepaket sind verschiedene Leistungen für Kinder zunächst von SGB-II-Beziehern festgeschrieben. Diese Leistungen sollen nach den vorliegenden Entwürfen unter anderem eintägige und mehrtägige Fahrten von Schulen und Kitas, 100 € für Schulbedarf, die nun als Neuerung in zwei Tranchen ausgeteilt werden, Schülerbeförderung, die angemessene und ergänzende Lernförderung und das sogenannte Teilhabepaket umfassen. Dabei, und das ist eigentlich der Knackpunkt dieser ganzen Regelung, sind verschiedene Institutionen an der Bewilligung und Zahlung dieser Leistungen beteiligt. So ist es bei der Schülerbeförderung die weitere Aufgabe des Schulträgers, aber ergänzend sind jetzt auch noch Jobcenter damit beschäftigt. Bei den mehrtägigen Schulausflügen, die es auch bisher schon gab, kommt jetzt noch das Jobcenter als zusätzliche Instanz dazu. Ebenso verhält es sich auch bei den sogenannten angemessenen Lernförderungen. Die LINKE begrüßt durchaus, dass es mehr Leistungen für Kinder und Jugendliche geben soll. Aber dieses Bildungs- und Teilhabepaket ist leider nur gut gemeint und gut gemeint ist nicht gut gemacht. Wir LINKE fordern Sie, Herr Staatssekretär - Frau Ministerin ist gerade nicht da -, aber wir fordern auch die Frau Ministerin, wenn sie wieder da ist, auf, wenn Sie noch irgendeinen Einfluss auf dieses Gesetzgebungsverfahren haben, dann setzen Sie sich bitte dafür ein, dass dieses Bildungs- und Teilhabepaket nicht im SGB II untergeht, sondern dass es in das SGB VIII eingesetzt wird, zur Kinder- und Jugendhilfe kommt, da, wo es fachlich auch
hingehört. Denn so, wie es bislang angelegt ist mit dieser SGB-II-Verankerung bringt es nur zusätzliche Bürokratie, zusätzliche Hürden mit sich und damit ist keinem geholfen. Dann hätten wir auch die ganze Verantwortung in der Jugendhilfe und die unleidlichen Diskussionen, die wir jetzt hier haben über Leistungsanbieter, Leistungserbringer, Verträge, Gutscheine, Direktzahlungen usw., die wären dann vom Tisch.
Ich möchte gern noch zu zwei Aspekten des Bildungs- und Teilhabepakets etwas sagen: Zum einen möchte ich noch einmal auf die sogenannte angemessene Lernförderung eingehen. Hier soll kurzfristig und zeitlich befristet Nachhilfe für Schülerinnen und Schüler bezahlt werden. Allerdings steht dummerweise noch ein Ermessensspielraum für die Jobcenter, die diese Maßnahme bezahlen und bewilligen sollen, im Raum. Welcher Sachbearbeiter in einem Jobcenter hat aber bitte schön die Kompetenz, zu entscheiden, welcher Schüler nun Nachhilfe braucht und wer nicht. Hier muss die Schule mit ins Boot geholt werden, denn Lehrerinnen und Lehrer, die täglich mit den Schülerinnen und Schülern arbeiten, wissen am besten, wer einen Bedarf hat und können diesen auch konkret formulieren. Allerdings geht es bei dieser Lernförderung nur um eine kurzfristige Nachhilfe. Das ist durchaus grenzwertig, denn, wenn man sich überlegt, wer wirklich diese Nachhilfe in Anspruch nehmen soll, die ist nur kurzfristig. Es geht nicht darum, den Schulabschluss zu erreichen, wenn beispielsweise ein Schüler von der Regelschule auf das Gymnasium wechseln möchte, dass man dann die Leistungen verbessert, sondern es geht wieder nur um kurzfristige Nachhilfe, was eigentlich nicht im Sinne des Erfinders ist. Fraglich ist vor allem auch, wer diese Nachhilfe auch anbieten soll. Sind es Lehrer, sind es Schüler, sind es Nachbarn oder sind es doch kommerzielle Nachhilfeinstitute? Wer wird vom Jobcenter akzeptiert und zugelassen? Diese Fragen müssen geklärt werden und wenn sie, so wie es jetzt im Gesetz auch verankert ist, nicht geklärt werden, dann führt das, denke ich, durchaus zu sehr viel Bürokratie. Ich denke, dann wird auch die Klageflut an den Thüringer Sozialgerichten nicht weniger werden, sondern sie wird im Zweifel mehr werden.
Dann möchte ich auch noch einmal zu dem Teilhabepaket kommen. Die Fraktion DIE LINKE ist durchaus der Meinung, dass das Teilhabepaket eine tolle Idee ist. Aber so, wie es angedacht ist, steht es vor allem sich selbst im Wege. Denn die 10 € Teilhabe pro Monat für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind wirklich eine gute Sache. Aber die Beschränkungen, die mit dem Teilhabepaket einhergehen, werfen Fragen auf. So sollen nach dem Willen der Bundesregierung nur Aktivangebote für Kinder und Jugendliche unterstützt und finan
ziert werden, nicht der Kinobesuch, aber auch nicht der Besuch im Theater. Was aber kann denn finanziert werden? Finanziert werden können angeleitete und geführte Veranstaltungen, Mitgliedschaften in Vereinen und Aktionen von Vereinen, aber auch Aktionen und Veranstaltungen von Jugendhäusern. Deren Angebote sind aber meistens im Bereich der öffentlichen Jugendhilfe angesiedelt und kostenfrei. Das ist auch gut so. Die Jugendhilfelandschaft wurde in den letzten Jahren schon oft geschröpft und die Vereine gehen seit mehreren Jahren auf dem Zahnfleisch. Ich erinnere hier nur an die Kürzungsorgie der CDU-Landesregierung bei der Jugendpauschale, die seinerzeit um 6 Mio. € gekürzt wurde.
Jetzt winkt also dieses Bundesgeld aus dem Teilhabepaket und das ist für die Vereine eine ganz willkommene Einnahmequelle, denn 10 € zu haben oder nicht zu haben, ist für kleine Vereine doch keine Kleinigkeit, das ist ja ein Wert. Also ist die Frage, wie geht man damit um? Gestern war eine Fachtagung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands zum Bildungs- und Teilhabepaket und da hat sich schon durchaus angedeutet bei den Vereinen, die anwesend waren, dass es zu einer Monetarisierung von solchen Angeboten kommt. Das heißt, das, was bislang kostenlos ist, wird aller Voraussicht nach demnächst Geld kosten, damit diese Vereine auch diese 10 € mitnehmen können. Man kann es ihnen ja nicht verdenken, wenn Vereine kein Geld haben, sind sie auf jede Einnahmequelle angewiesen. Deshalb fordern wir Sie auf, Herr Staatssekretär, wirklich alles zu unternehmen - Sie sind ja im Verfahren auch beteiligt -, um beispielsweise diese Monetarisierung zu verhindern. Da können Sie, denke ich, durchaus auch als Fachministerium, was für die Jugendhilfe zuständig ist, auf die Jugendämter zugehen. Es wird am Ende wohl so sein, dass es eine Liste gibt mit zugelassenen Angeboten und zugelassenen Trägern für diese Teilhabepakete, dass man darauf achtet, dass Angebote der Jugendhilfe nicht mit dabei sind, weil sonst steht sich das Teilhabepaket möglicherweise selber im Wege und die niedrigschwellige Teilhabe, die man versucht, damit zu ermöglichen, wird zu einer hochschwelligen, denn diejenigen Angebote, die dann Geld kosten, kosten eben dann Geld. Wenn der Gutschein aufgebraucht ist, dann können diese Angebote nicht mehr wahrgenommen werden.
Neben diesen inhaltlichen Fragen, die sich bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets stellen, gibt es vor allem Kritik an dem bürokratischen Aufwand für die Umsetzung. Neben den Jobcentern, die für die Kinder aus Hartz-IV-Familien verantwortlich sind, sollen nun auch noch die Kommunen im Wege der Beauftragung in das Boot geholt werden. Bei den Kindern, die im Rechtskreis des SGB XII sind, sind sowieso die Kommunen verant
wortlich. Aber die Kinder, die beispielsweise den Kinderzuschlag bekommen, für die soll allem Anschein nach die Familienkasse zuständig werden. Um dem Ganzen noch eine Krone aufzusetzen, soll auch das Bundesamt für den Zivildienst in die Verwaltung dieser ganzen Geschichten noch mit einbezogen werden. Da ist dann die Frage, wer mit welchen Vereinen, Schulträgern, Beförderungsunternehmen, Caterern an Schulen, die Mittagessen anbieten, Vereinen, Nachhilfelehrern und wer da alles mit betraut ist, am Ende die ganzen Vereinbarungen, Verträge schließt und wer dann am Ende mit diesen ganzen Leuten auch in das Geschäft kommt und wo das ganze Geld eigentlich hinfließt. Sogar Experten aus der Bundesagentur für Arbeit halten das Bildungs- und Teilhabepaket für völlig falsch konzipiert. Man rechnet mittlerweile mit über 140 Mio. € an Verwaltungskosten. Wenn Sie allein diese Gelder an die Kommunen geben würden, so dass diese Angebote für Kinder und Jugendliche schaffen könnten, da hätten wir viel mehr gekonnt, glaube ich.
DIE LINKE hat bereits vor einigen Jahren das Konzept der Kindergrundsicherung aufgegriffen und macht sich seitdem mit außerparlamentarischen Partnern dafür stark. Ich glaube, das Bildungs- und Teilhabepaket beweist einmal mehr, dass die Kindergrundsicherung wirklich die bessere Alternative ist. Das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder ist aus Sicht der LINKEN wirklich nur gut gemeint. Die Schwierigkeit ist die, dass Politiker oftmals sagen, Kinder sind die Zukunft unseres Landes, Kinder sind ganz wichtig, aber wenn Sie diesen Satz wirklich ernst genommen hätten, also nicht nur Sie, sondern auch Frau von der Leyen, wenn das nicht alles aus persönlichen Befindlichkeiten jetzt im SGB II landen würde, dann würde man sich wirklich dafür stark machen, das Ganze in das SGB VIII zu packen. Man könnte dann den § 90 ändern, statt einer Kannvorschrift eine Sollvorschrift machen, dann hätte man alles unter einem Hut.
Ich bitte Sie einfach, hier etwas für die Kinder zu tun, etwas für die Träger zu tun, etwas für die Vereine zu tun, die auch Angebote vorhalten und auf Bundesebene sich wirklich im Bundesrat dafür stark zu machen, dieses ganze Bildungs- und Teilhabepaket zu vereinfachen. Man kann wirklich ganz einfache Wege finden. Wenn Sie allein die 10 € für das Teilhabepaket auf den Regelsatz draufgeschlagen hätten, hätten die Kinder wesentlich mehr davon. Dazu möchten wir Sie gern auffordern. Ich danke Ihnen.
Vielen herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Bärwolff. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gumprecht für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ausgangsbasis beider in nun abgeänderter Form vorliegenden Anträge ist in seiner Begründung, und darin sind die Anträge stabil geblieben, nämlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar des vorigen Jahres zu suchen, welches den Gesetzgeber auffordert, Regelsätze bis Ende 2010 unter Maßgabe einer sachgerechten und nachvollziehbaren Neubemessung der Regelsätze neu zu regeln. Es hat festgelegt, dass der Gesetzgeber selbst entscheiden darf, ob er das menschenwürdige Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert und welche Position der Einkommens- und Verbraucherstichprobe als Regelsatz zu werten ist.
Die Entscheidungen müssen natürlich sachgerecht hergeleitet werden und sind nachvollziehbar zu begründen. Dieser Aufgabe - und das ist so - ist die Bundesministerin natürlich in Zusammenarbeit mit anderen Behörden, vor allem dem Statistischen Bundesamt, nachgekommen. Sie hat im Bundestag eine Neuregelung der Hartz-IV-Sätze vorgelegt und dieser hat sie im Dezember 2010 beschlossen.
Ja, es sind nur 5 € mehr. Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts, die Höhe der Regelsätze neu und nachvollziehbar zu kalkulieren, hieß nicht automatisch, diese zu erhöhen. Zwischenzeitlich haben sich zahlreiche Gutachter dazu mehr oder weniger kritisch geäußert. Auch der Deutsche Landkreistag hat auf einen Mangel hingewiesen. Frau Präsidentin, ich darf zitieren: „Dem Bundesarbeitsministerium könnte bei der Neuberechnung des Hartz-IV-Regelsatzes ein schwerwiegender Fehler unterlaufen sein. Nach Informationen des Deutschen Landkreistages ist der Bedarf für Warmwasserbereitung nicht in die Bemessung des Regelsatzes eingegangen. Das war früher der Fall. Um den existenziellen Bedarf zu decken, flossen bisher 4,47 € für das Warmwasser in den Regelsatz der erwachsenen Hartz-IV-Empfänger ein. Das Bundesarbeitsministerium räumte ein, dass die Warmwasserbereitung nicht mehr gesondert erfasst werden.“ So weit ein Artikel aus der „FAZ“ vom 6. Januar 2011.
Sollte der Bund die Warmwasserbereitung künftig nicht mehr zum Regelsatz, sondern zu den Kosten der Unterkunft zählen, werden unserer Kommunen wahrlich erheblich belastet. Die Wohnkosten von immerhin 14 Mrd. € würden um zusätzliche 400 Mio. € etwa steigen. Das muss aufgeklärt werden und, ich denke, das ist auch gerade jetzt in der Diskussion.
Die Grundlage, meine Damen und Herren, der Berechnung der Regelsätze bildet die sogenannte Einkommens- und Verbraucherstatistik des Jahres 2008, wie es verfassungsgerecht geboten war mit etwa 230 Positionen. Es wurde analysiert, welche Menschen mit kleinem Einkommen monatlich einbezogen werden. Dabei wurden solche Aspekte wie die Ausgaben für Internet oder Praxisgebühr neu aufgenommen. Ausgeschlossen wurden demgegenüber - und nach meiner Ansicht auch zu Recht Positionen wie Tabak oder Alkohol. Hartz IV soll das Existenzminimum sichern, der Grundbedarf ist unantastbar, aber Genussmittel wie Alkohol und Tabak gehören nun nicht dazu.
Als Maßstab zählt, was können die Leute ausgeben, die mit ihrer Arbeit ihr eigenes kleines Einkommen verdienen. Auch die können sich nicht alles leisten. Sie finanzieren Hartz IV mit ihren Steuern mit und müssen selbst oft jeden Cent umdrehen. Erklären Sie mal diesen Leuten, dass die derzeitigen Regelsätze zu niedrig sind.
Wer jetzt von Verhöhnung spricht, sollte sich darüber im Klaren sein, dass eine weitere Erhöhung der Regelsätze gerade eine Verhöhnung dieser Menschen bedeutet, die jeden Tag mit kleinem Einkommen ihren Lebensunterhalt selbst verdienen.
Meine Damen und Herren, das bedeutet, dass Grundsicherung zwar auskömmlich sein muss, aber vor allem auch Anreize schaffen muss, Menschen für den Arbeitsmarkt fit zu machen.
Lassen Sie mich diese Aussage noch durch ein paar Zahlen untermauern: Die Mehrheit der Bevölkerung ist nämlich gegen höhere Regelsätze. Ich kann darauf verweisen, 56 Prozent der Deutschen lehnen eine Regelsatzerhöhung ab. 14 Prozent sind sogar für eine Kürzung, drei von vier Befragten sind für die Streichung von Ausgaben für Alkohol und Tabak.