Protocol of the Session on December 10, 2010

Es ist falsch. Die Elternbeiträge müssen so sozial gestaffelt werden, dass alle Eltern Zugang zu solchen Schulen haben. Das ist die Wahrheit und so steht es im Gesetz.

(Beifall SPD)

Herr Barth, wenn Sie hier mit solchen Märchen kommen, dass die Thüringer Gemeinschaftsschule Schüler braucht und wir deshalb Schulen in freier Trägerschaft nicht mehr haben wollen, dann treiben Sie die Debatte wirklich ins Absurde, dann zeigen Sie, dass Sie überhaupt nichts begriffen haben.

(Beifall SPD)

Denn die Gemeinschaftsschulen entstehen durch Umwandlung bestehender Schulen in Gemeinschaftsschulen. Die brauchen keine neuen Schüler, die wir irgendwo herbekommen müssten, sondern bestehende Schulen wandeln sich um. Das ist der Weg, auf dem Gemeinschaftsschulen entstehen. Also noch einmal: Laufen Sie nicht draußen herum und verbreiten Sie Panik und Falschmeldungen, bemühen Sie sich um Sachlichkeit, dann können wir auch vernünftige Schulpolitik hier in Thüringen nach draußen vertreten.

Herr Minister, es gibt den Wunsch auf eine Nachfrage durch die Abgeordnete Dr. Klaubert.

(Minister Matschie)

Ich möchte jetzt keine Nachfragen zulassen, sondern hier vortragen, wie die Fakten tatsächlich sind.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das muss ja eine Angst sein.)

Dazu gehört auch, dass hier immer wieder Zitate von 2007 aus der damaligen Schuldebatte ausgepackt und als Vorwurf gebracht werden. Auch das ist unseriös und das wissen Sie auch, denn das war die Debatte, die wir geführt haben vor der Entscheidung über die Schulfinanzierung. Dann gab es eine Entscheidung für ein bestimmtes Finanzierungsmodell und von dieser Entscheidung aus führen wir heute die Debatte. Es macht doch überhaupt keinen Sinn, hinter diese Entscheidung zurückzuspringen und Zitate aus einer Zeit zusammenzusuchen, die mit der heutigen Entscheidungssituation überhaupt nichts zu tun haben. Das ist unredlich und Sie wissen es auch. Deshalb noch einmal: Lassen Sie es einfach, argumentieren Sie sauber und fair, dann können wir uns über sachliche Argumente hier auseinandersetzen.

(Beifall CDU, SPD)

Frau Rothe-Beinlich, Sie haben in Ihrem Beitrag angesprochen, besonders die Regelschulen seien ja jetzt gefährdet. Sie wissen auch, dass die Regelschulen in den letzten Jahren einen deutlichen Aufwuchs in der Finanzierung hatten. Wenn man sich die Zahlen anschaut, was haben die Regelschulen in den letzten Jahren pro Kopf bekommen, dann sieht man einen Aufwuchs von 2008 zum Jahr 2010 von knapp 14 Prozent der Zuweisungen pro Kopf. Wir sehen bei den Grundschulen beispielsweise eine Entwicklung, die negativ war bei den Pro-KopfZuweisungen nach dem alten Berechnungsmodell. Jetzt kommt ein neues Berechnungsmodell, was diese Entwicklung auch in gewisser Weise wieder korrigiert, was dafür sorgt, dass in den kommenden Jahren bei den Grundschulen wieder ein Plus möglich wird, und was dafür sorgt, dass bei den Regelschulen jetzt die Förderung zurückgefahren wird. Aber trotz dieses Zurückfahrens der Förderung bei den Regelschulen, schauen Sie sich bitte einmal an, was einzelne Bundesländer für diese Schulart ausgeben und Sie werden feststellen, auch nach der Entscheidung, die heute zu treffen ist, stehen die Thüringer Regelschulen bei der Förderung auf Platz 3 im Bundesländervergleich. Daraus ein Katastrophenszenario zu entwickeln, kann ich Ihnen sagen, das ist einfach nur unredlich. Sie versuchen, hier Angst zu schüren und nicht zu einer sachlichen Debatte beizutragen.

(Beifall SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen, dass die neuen Finanzierungsregelungen ja

nur ein Teil sind. Deshalb will ich auch noch auf die anderen Änderungen des Gesetzes eingehen.

Aber gestatten Sie mir noch eine Bemerkung, weil das hier immer wieder angesprochen worden ist, dass die Umstellung von der Istkostenberechnung auf die Sollkostenberechnung angeblich eine Kürzung sei. Wir haben bisher als Berechnungsgrundlage für die Schülerkosten der Schulen in freier Trägerschaft die tatsächlich angefallenen Kosten im staatlichen Schulsystem pro Schüler zugrunde gelegt. Sie wissen, dass es ein Urteil gab, das die Teilzeitverbeamtung für unrechtmäßig erklärt hat, dass sich sehr viele Lehrerinnen und Lehrer, die in Teilzeit als Beamte gearbeitet haben, dafür entschieden haben, wieder Vollzeit zu arbeiten. Das ist ihr gutes Recht, aber es führt dazu, dass wir im staatlichen Schulsystem dadurch personelle Überhänge finanzieren, die die Kosten pro Schüler verteuern.

Jetzt frage ich Sie, gibt es einen einzigen sachlichen Grund, dass wir die Schieflage, die im staatlichen Schulsystem in der Finanzierung dadurch eingetreten ist, auch noch auf die Schulen in freier Trägerschaft übertragen? Gibt es einen einzigen sachlichen Grund? Ich sage Ihnen, es gibt keinen und deshalb ist es richtig, von Ist- auf Sollkostenberechnung umzustellen.

(Beifall SPD)

Damit erhalten die Schulen in freier Trägerschaft eine verlässliche Basis für ihre Finanzierung in den kommenden Jahren.

Es gibt eine ganze Reihe von Erleichterungen durch das neue Schulgesetz für die Schulen in freier Trägerschaft, eine deutliche Entbürokratisierung und einige dieser Neuerungen möchte ich Ihnen noch einmal kurz nennen: Es gibt zukünftig für die Schulen in freier Trägerschaft mehr Eigenständigkeit bei der Personalauswahl. Es gibt entgegen der Regelung für staatliche Schulen keine Genehmigungspflicht mehr für Schulleiter. Voraussetzung ist lediglich ein Hochschulabschluss oder eine vergleichbare Berufserfahrung. Das heißt, hier können die Schulen in freier Trägerschaft viel freier agieren als staatliche Schulen. Sie bekommen auch mehr Flexibilität bei der Verwendung der Finanzmittel. Bisher war vorgeschrieben, 85 Prozent der Finanzmittel für Personal einzusetzen und 15 Prozent für Sachkosten.

Künftig kann der freie Träger nach den Erfordernissen vor Ort das Schulbudget frei einsetzen. Auch damit ist größere Handlungsmöglichkeit gegeben.

Wir schaffen Verlässlichkeit beim Genehmigungsverfahren. Wenn ein freier Träger seine Genehmigungsunterlagen drei Monate vor Schuljahresbeginn einreicht, garantieren wir eine Entscheidung innerhalb von sechs Wochen. Ein weiterer Punkt,

der die Planungssicherheit für die freien Träger verbessert.

Wir schaffen mit dem neuen Gesetz auch die scharfe Trennmauer zwischen Schulen in freier und staatlicher Trägerschaft ab. Wir schaffen mit dem Gesetz Kooperationsmöglichkeiten zwischen Schulen in freier Trägerschaft und staatlichen Schulen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit tragen wir zu einer deutlichen Entbürokratisierung bei. Wir schaffen den freien Trägern mehr Handlungsmöglichkeiten, auch mehr Handlungsmöglichkeiten als es im staatlichen Schulsystem gibt.

Deshalb lassen Sie mich zum Schluss noch einmal deutlich machen, die Debatte, die wir geführt haben über die freien Schulen war eine wichtige Debatte. Sie hat auch gezeigt, dass Auseinandersetzungen durchaus produktiv sein können. Es hat im Verfahren der Diskussion eine ganze Reihe von Änderungen an dem vorgelegten Referentenentwurf gegeben. Viele Anliegen der freien Träger finden sich im Gesetz wieder und deshalb bin ich überzeugt, dass wir hier ein gutes Gesetz vorgelegt haben.

Zu der angekündigten Verfassungsklage kann ich sagen: Sie haben ja zum Beispiel in Ihren Untersuchungen, die Sie da zugrunde gelegt haben, sehr stark auf die generelle dreijährige Wartefrist abgehoben. Ich muss das noch mal erläutern: Wir sagen, es gibt eine Wartefrist, die generell drei Jahre beträgt. Damit heben wir auch einen deutlichen Unterschied zwischen großen Schulträgern und kleineren Initiativen auf. Denn große Schulträger mussten bisher keine Wartefrist haben, wenn sie eine Schule gleicher Schulart an einem anderen Standort betrieben haben. Wir sagen, die Wartefrist muss für alle gleichermaßen für drei Jahre Gültigkeit haben.

(Beifall SPD)

Wir lassen aber auch Ausnahmen zu. Die Wartefrist kann dann verkürzt werden, wenn der Schulträger zustimmt, das heißt, sich diese Schule in die Schulnetzplanung sinnvoll einfügt. Die Wartefrist kann im Berufsschulbereich dann auch aufgehoben werden, wenn wir Berufsschulgänge haben, in denen nachgewiesen wird, dass ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse da ist, und dieser Bildungsgang jetzt kurzfristig gebraucht wird.

Damit schaffen wir eine Regelung, die für alle transparent und nachvollziehbar ist und die keine Vorteile von großen Trägern gegenüber kleinen Trägern mehr beinhaltet. Es hat gerade ein Urteil des Verfassungsgerichts in Mecklenburg-Vorpommern gegeben, das eine solche dreijährige Wartefrist für rechtens erklärt hat. Vielleicht überdenken Sie noch einmal Ihre verfassungsrechtlichen Bedenken, die Sie hier vorgetragen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sorgen mit dem jetzt vorgelegten Gesetz für Entbürokratisierung, für mehr Entscheidungsmöglichkeiten der freien Träger. Wir sorgen dafür, dass Sie für die kommenden Jahre eine verlässliche und stabile Finanzierungsgrundlage haben und deshalb bitte ich Sie heute um Zustimmung zu diesem Gesetz.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Minister. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Sojka von der Fraktion DIE LINKE.

Verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich weiß nicht, wie man in zwei Jahren so komplett einknicken kann. Ihre Annahme ist schon falsch.

(Beifall DIE LINKE)

Bei Bildung darf man nicht sparen,

(Beifall DIE LINKE)

und zwar egal, ob im staatlichen oder im freien Bereich. Es gibt dafür keinen Grund. Wir haben so viele Aufgaben vor uns und bezeichnen das immer als die Investition in die Zukunft. Deswegen ist schon dieses Herangehen und das zu vergleichen und uns zu begründen falsch. Ich weiß nicht, wer im Lande die Katastrophenstimmung verbreitet und wer die Leute aufhetzt oder was Sie uns alles vorgeworfen haben. Sagen Sie es doch mal konkret. Bin ich das, Frau Dr. Klaubert, Frau Astrid RotheBeinlich oder wer hetzt denn wohl rum? Wer hat welche Lobby, Herr Metz? Schon das Wort! Nach meinen Geschmack ist das einfach falsch. Ich freue mich über jeden Demokratieerfahrungstag, den die Schüler hier draußen verbringen, sich einen Kopf darüber machen, warum und wie viel Geld eventuell nicht da ist, weil, das sind, Gott sei Dank, freie Schulen. Da kann kein Schulamt einen Schülerstreik verbieten. Das ist der Unterschied und eigentlich wünsche ich mir das für alle Schülerinnen und Schüler in Thüringen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dann könnten wir auch auf Missstände, die es im staatlichen System gibt, aufmerksam machen und dann könnte man daran arbeiten, denn Politik hat in allererster Hinsicht eins als vorwiegende Aufgabe, genau hinzuschauen, zu analysieren und darauf zu reagieren und nicht im Nachhinein irgendwelche Begründungen für Sparorgien zu finden.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Anfrage?

(Minister Matschie)

Ja, ich habe zwar noch gar nicht angefangen zu reden, aber bitte.

Bitte, Frau Abgeordnete Mühlbauer.

Eine Frage, werte Frau Kollegin, Sie waren ja gestern auch bei der Demo anwesend. Ich halte es auch für ganz wichtig, dass sich junge Menschen in die politische Debatte mit einbringen, sich hier präsentieren, ihre Meinung äußern. Aber halten Sie das nicht auch für eine Pflicht von uns Politikern, von uns Demokraten, wenn wir erkennen, hier ist eine Gefährdung der Gesundheit zu erkennen. Und gestern waren zwei Schüler hier auf dem Fenster auf vier Meter Höhe, dass man da auch drauf aufmerksam macht, nicht dass hier in der Debatte die Wellen zu hoch schlagen. Halten Sie uns da nicht auch in der Verantwortung, da den Finger zu zeigen und zu mahnen. Ja, Demonstrationen, politische Meinungsäußerungen sind wichtig, aber die Verantwortung auf Leib und Leben und die Gesundheit ist wichtig.

Zu dem Zeitpunkt, als ich draußen war, hat Herr Adams belehrt und hat auch darauf hingewiesen und ich habe den Eindruck gehabt, dass darauf auch reagiert wurde. Auch Herr Eberl war draußen als Veranstaltungsteilnehmer. Ich hatte durchaus den Eindruck, dass das Ganze ganz gut funktioniert hat. Es sind ja immerhin Schülerinnen und Schüler. Die Sache, die Sie beobachtet haben, habe ich leider nicht beobachtet, das habe ich mir hinterher erzählen lassen. Das hat aber jetzt mit dem Gesetz nichts zu tun und deswegen möchte ich nicht weiter darauf eingehen.

(Beifall DIE LINKE)

Im Übrigen habe ich überhaupt den Eindruck, dass es hier nicht wirklich nur um das Gesetz geht, das muss ich mal so sagen, sondern es geht um eine grundlegende Strategieänderung. Ich bin von sehr vielen gefragt worden bei den Veranstaltungen, die von Herrn Metz genannt wurden, und wo eigentlich immer nur eine Verteidigungsposition, wenn die SPD da war, eingenommen wurde und keine wirklichen Argumente vorgebracht wurden. Er hat heute hier auch keine Argumente gebracht, die CDU hat ganz oft ganz gefehlt. Ich muss sagen, ich bin von vielen Teilnehmern am Rande immer gefragt worden, wo ist denn jetzt eigentlich das Problem? Ist es tatsächlich ein haushalterisches Problem, muss eingespart werden oder ist es nicht so, dass man den weiteren Aufwuchs von freien Schulen eigentlich verhindern will? Da muss ich mal sagen, ich ha

be den Eindruck, dass diese Debatte nicht ehrlich geführt wird und dass eine Mischung aus beidem der Hintergrund ist. Da muss ich sagen, dass ich das eine gar nicht teile und das andere nur begrenzt.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte, dass die Schulen, die existieren und die nachgewiesenermaßen eine richtig gute Arbeit machen, genau diese Arbeit fortsetzen können, und dazu brauchen sie zum Teufel auch dasselbe Geld.