Protocol of the Session on November 19, 2009

Zum Stichwort billige Argumentation: Sie werfen uns vor, dass wir mit einem Wahlergebnis von 18,5 Prozent eine für Sie ganz erstaunliche Anzahl von Ministern und - wie Sie das ausdrücken - Posten erreicht hätten. Meine Damen und Herren, abgesehen von der Absurdität dieses Arguments, lässt das für mich den ganz erstaunlichen Rückschluss zu, Herr Kollege Ramelow, welche Rolle Sie der SPD in einer Koalition mit Ihnen ganz offensichtlich zugedacht hatten.

(Beifall SPD)

Dann stellen Sie sich hierher und verwenden einen guten Teil Ihrer Redezeit dafür, um, nachdem Sie diese Kritik an uns angebracht haben, Ihre ersten Forderungen nach stärkerer Berücksichtigung bei Gremien und Posten, nach mehr Geld für politische Vorfeldorganisationen und was auch immer zu stellen. Mein Gott, Herr Ramelow, das ist wirklich billige Argumentation, da hätte ich ehrlich gesagt mehr von Ihnen erwartet.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Hausold, DIE LINKE: Da wärst du sogar Ministerpräsident ge- worden.)

Ein letzter Punkt an dieser Stelle: Sie verfallen an manchen Passagen geradezu in eine Art von Selbstmitleid. Sie beklagen, Ihre Partei würde an den verschiedensten Stellen in den verschiedensten Bereichen stigmatisiert. Herr Ramelow, ich sage das Ihnen, aber auch Ihrer Partei insgesamt, Sie haben es versäumt, eine ehrliche und offene Aufarbeitung Ihrer eigenen Geschichte vorzunehmen.

(Beifall CDU, SPD)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Kein Wort habt ihr in den Debatten ge- sagt, die SPD hat dagesessen und ge- schwiegen.)

(Unruhe DIE LINKE)

Daraus resultieren die Vorbehalte gegen Ihre Partei und die Politik, die Sie an manchen Stellen miteinander vertreten. Wenn ich daran denke, welche Debatten gerade Sie persönlich zum Thema Unrechtsstaat DDR geführt haben, dann ist das wirklich ein entlarvendes Beispiel dafür.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Barer Unsinn.)

Ich will an dieser Stelle diese Debatte insofern beenden, will Sie aufrufen, Herr Ramelow, Sie haben darum gebeten, entsprechend auch in diesem Hohen Hause als Opposition beteiligt zu werden. Ja, wem sagen Sie das! Wem sagen Sie das? Das betone ich an dieser Stelle ausdrücklich.

Zu einem lebendigen Parlament gehört selbstverständlich eine Opposition, die in konstruktiver Art und Weise ihrer Rolle gerecht wird, meine Damen und Herren, noch etwas ist ganz entscheidend, ihrer Rolle gerecht wird im Interesse des Landes. Warum betone ich das? In der Verfassung steht das Wohl des Volkes als das Ziel jeglicher politischer Aktivitäten. Vom Wohl einer Partei habe ich da nichts gelesen, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Tiefer geht es nicht mehr.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, der Eintritt der SPD in eine Regierungskoalition, und das zum zweiten Mal in der Geschichte des Freistaats Thüringen seit seiner Wiedergründung,

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Das hat schon beim ersten Mal nicht geklappt.)

ist eine besondere Verantwortung für uns Sozialdemokraten. Wir sind uns dessen bewusst. Wir sind uns vor allem bewusst, dass wir jeden Tag, jeden einzelnen Tag dafür kämpfen müssen, dafür arbeiten müssen, unsere politischen Ziele und unsere Überzeugungen den Menschen im Land nahezubringen und sie auf diesem Weg vor allen Dingen mitzunehmen. Mir ist bei der Vorbereitung auf diese Debatte heute ein Zitat untergekommen, da war ich zunächst erst einmal etwas wie elektrisiert, vor allen Dingen als ich dann auch die Quelle dieses Zitats etwas näher recherchiert habe: „Nichts verändert die Linie einer politischen Partei so sehr wie der Übergang von der Opposition in die Regierung.“ Nun hätte man ja sagen oder denken können, das muss einer gesagt haben, der sich im politischen Raum einigermaßen auskennt oder der vielleicht schon die eine oder andere eigene Erfahrung an dieser Stelle gemacht ha

ben dürfte. Als ich dann zur Kenntnis nahm, dass der Autor dieses Zitats ein italienischer Kriminalautor namens Carlo Manzoni ist, der als Verfasser spannender humoristischer Kriminalromane gilt, der als ein Meister des hintergründigen Humors bezeichnet wird - übrigens, Herr Ramelow, ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen, sein bekanntestes Werk heißt „Der Finger im Revolverlauf“.

(Zwischenruf Abg. Hennig, DIE LINKE: Das Wohl des Volkes.)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Jetzt weiß ich, warum.)

Ich glaube, Sie haben das verstanden.

(Zwischenruf Abg. Bärwolff, DIE LINKE: Wir sind Pazifisten.)

Natürlich, bei Kriminalromanen entstehen dann eine ganze Reihe von Assoziationen. Kriminalromane haben in der Regel die Eigenschaft, spannend zu sein, und sie haben in der Regel ein gutes Ende, weil entweder der Bösewicht gefasst oder er daran gehindert wird, etwas Böses zu tun. Wir haben es sicherlich, wenn man eine gewisse Replik der vergangenen zweieinhalb Monate vornimmt, mit einer gewissen Spannung auch in dem politischen Geschehen in Thüringen zu tun gehabt. Wir hatten einen spannenden Wahlabend mit einem überraschenden Ausgang. Der Drittplatzierte hatte den Hebel plötzlich in der Hand und musste entscheiden, welche politische Richtung das Land in der Zukunft steuert. Im zweiten Teil dieser Handlung, die geprägt war von ebenso spannenden Sondierungen, gab es am Ende eine durchaus ebenso überraschende Wendung des Geschehens, vor allen Dingen auch deshalb diese überraschende Wendung des Geschehens, weil einige der beteiligten Protagonisten nicht in der Lage waren, die Ernsthaftigkeit ihres Tuns so unter Beweis zu stellen, dass der Verhandlungspartner auch überzeugt werden konnte. Die einen wollten sich nicht wirklich entscheiden und andere standen sich da eher selbst im Wege. Der dritte Teil, für einige wohl der interessanteste, von einer ebensolchen Spannung geprägt, vor allen Dingen von denen, die von der Hoffnung getrieben waren, dass die einmal von der SPD getroffene Entscheidung möglicherweise revidiert werden würde, und die anderen, die wirklich gehofft hatten im Interesse des Landes, dass diese Entscheidung auch so weiter getragen wird. Am Ende für den unbeteiligten Leser ein glücklicher Ausgang, ich sagte es, Kriminalstücke haben so etwas an sich, weil etwas entstanden ist, was geeignet war, seine persönliche Zukunft in den nächsten Jahren positiv zu beeinflussen. Beenden wir die Assoziation mit dem Gedankensprung vom Leser des Kriminalstücks hin zu unseren Bürgerinnen und Bürgern des Frei

staats Thüringen: Wodurch wird ihre Zukunft positiv beeinflusst in den nächsten Jahren, meine Damen und Herren? Ich denke, wir sind uns darüber einig, zumindest was die Koalition betrifft - bei der Opposition, das gebe ich zu, müssen wir noch ein Stück weit Überzeugungsarbeit leisten -, ich denke, der Bürger kann darauf bauen, dass seine Kinder eine deutlich qualitativ bessere Betreuung in Erziehung und Bildung bekommen, ein ganzheitliches, durchgängiges Konzept von frühkindlicher Bildung hin zu einer besser individuell geförderten Schullaufbahn mit einem neuen Angebot für ein für Thüringen neues längeres gemeinsames Lernen bis hin zu einem gebührenfreien Studium an attraktiven Hochschulen. Warum das alles, meine Damen und Herren? Um auch wirklich alle geistigen Ressourcen zu erschließen und nicht nur die mit dem dicken Geldbeutel, meine Damen und Herren. Darauf kann der Bürger bauen.

(Beifall SPD)

Er kann darauf vertrauen, dass diejenigen in der Gesellschaft, die unserer besonderen Fürsorge bedürfen, vor allem Kinder aus einkommensschwachen Familien, Hilfe bekommen und diese auch tatsächlich dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Ich hoffe, dass sich dieser Landtag hinter dem Satz versammeln kann, Kinderarmut ist das beschämendste Armutszeugnis, das sich eine Gesellschaft überhaupt leisten kann. Das müssen wir ändern und wir werden das ändern, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, SPD)

Wir wissen aber auch, dass wir nicht nur Wohltaten zu verteilen haben und nicht nur Wohltaten verteilen können, sondern auch eine gewisse Wertschöpfung muss generiert werden, denn Sozialleistungen - der Satz ist profan, aber immer wieder richtig - fallen nun einmal nicht vom Himmel. Für Sozialdemoraten im Übrigen ist das selbstverständlich. Ich hoffe, andere Fraktionen können sich irgendwann auch dieser Argumentation anschließen. Ja, ich sage es ganz deutlich, Wachstum ist notwendig, aber wir wollen dies nicht auf Kosten anderer erreichen und immer weniger auf Kosten unserer natürlichen Ressourcen. Deshalb setzen wir in der Wirtschaftsentwicklung auf den von Frau Lieberknecht schon beschriebenen grünen Motor.

Frau Kollegin Siegesmund hat gefragt, was denn darunter zu verstehen sei. Wir setzen den Schwerpunkt auf neue Umwelttechniken und effiziente Technologien bei den erneuerbaren Energien - das ist Zukunft, das hat Zukunft. Das ist etwas, was Thüringen auch in Deutschland und in Europa und, wenn wir daran arbeiten, auch in der Welt entsprechend nach vorn bringt.

Wenn wir uns den Koalitionsvertrag anschauen und finden dort Begriffe im Bereich der Wirtschaftspolitik wie Zukunftsatlas, Wirtschafts- und Innovationsrad, aber auch die Akademie des ländlichen Raums, dann stellt das für die Wirtschaftspolitik Thüringens durchaus ein Novum dar. Ich glaube, das ist gut so. Das alles bringt uns voran, davon sind wir überzeugt. Wenn dabei eine deutlich sozialdemokratische Handschrift erkennbar ist, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dann soll Sie das bitte nicht erschrecken, auch wir haben das Wohl Thüringens fest im Blick. Das haben die Verhandlungen gezeigt; wir werden das gemeinsam realisieren.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, es ist heute schon viel gesagt worden über den Inhalt und den Geist des Koalitionsvertrags. Ich will mit diesen beiden exemplarisch herausgegriffenen Politikfeldern, die, glaube ich, prägend sind für das, was die Koalition sich an Aufgaben vorgenommen hat, verdeutlichen, dass diese Koalition in der Tat eine neue Qualität in der Entwicklung Thüringens dokumentiert. Herrn Kollege Ramelow und auch an die Adresse der Grünen sei an dieser Stelle gesagt, der von einigen nicht für möglich gehaltene und der der SPD angesichts ihrer Entscheidung für eine Koalition mit der CDU nicht zugetraute Politikwechsel über Inhalte ist eine Tatsache, die von niemand an ernsthafter Politik Interessiertem wirklich noch bezweifelt werden kann, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Ich glaube, nun kommt es darauf an, dass diese anspruchsvollen Aufgaben und Vorsätze in praktische Politik umgesetzt werden, so schnell wie möglich, aber auch so besonnen, ausgewogen und fachlich kompetent wie nötig. Wie schaffen wir das?

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Mit Prüfungen.)

Meine Damen und Herren, erstens das Stichwort „Haushalt und Finanzen“: Natürlich wissen wir um die schwierige Finanzsituation. Ich sage das auch ganz deutlich in Richtung Regierung, weil noch nicht alle Erfahrungen aus der Oppositionszeit in der kurzen Zeit der Regierungsbeteiligung verklungen sein können. Ich sage das ganz deutlich, mit einer transparenten Politik der Haushaltswahrheit und -klarheit ohne Schattenhaushalte und mit möglichst wenigen Globalen Minderausgaben - da kommt der alte Haushälter ab und zu noch mal durch -, das wird die Aufgabe sein, die wir bei der Bewältigung des Haushalts zu schaffen haben. Eines sei an dieser Stelle ganz deutlich gesagt, meine Damen und Herren, wenn wir

uns die Zahlen, die vorhin von Frau Lieberknecht referiert wurden, ansehen, wie die Einnahmeseite für das Jahr 2010 für den Freistaat aussehen wird; es wird ohne neue Schuldenaufnahme für 2010 nicht gehen. So ehrlich sollten wir das den Bürgerinnen und Bürgern sagen. Aber, da schließe ich mich gerne der Argumentation an, es sind Investitionen in Innovation und Bildung und das sind in jedem Falle die Kredite, um im finanzpolitischen Bild zu bleiben, die man als rentierlich bezeichnen muss im Interesse derer, wie Sie das so schön gesagt haben, die das auch in Zukunft zu zahlen haben. Zweitens schaffen wir das, meine Damen und Herren, mit einer Politik des gegenseitigen Vertrauens. Dazu gehört Vertrauen zwischen den Koalitionspartnern ohne Fingerhakelei und ohne hintergründige Alleingänge, geprägt von dem gegenseitigen Respekt vor der Leistung des anderen. So kann es gehen, ich bin davon überzeugt, so wird es gehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Beim Stichwort Vertrauen möchte ich noch auf einen Aspekt in besonderer Weise hinweisen. Es bedarf aber auch eines Vertrauens und eines vertrauensvollen Umgangs zwischen Parlament und Regierung. Ich betone das deshalb so besonders, weil natürlich, wenn eine ehemalige Präsidentin des Parlaments nunmehr eine Regierung führt, die Hoffnung groß ist, dass der Respekt vor den beiden tragenden Säulen der Demokratie besonders ausgeprägt sein wird. Ich bin davon überzeugt, eine gute Regierung ist ein Segen für jedes Land. Ein selbstbewusstes Parlament ist ein Glücksfall für die Demokratie, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Wenn ich einmal beim Thema Glücksfall bin; ich habe das große Glück und das Vergnügen, eine Fraktion in dieser Koalition zu führen, die voller Engagement und voller Enthusiasmus sich für das Wohl der Bürgerinnen und Bürger in deren Dienst stellt. Wir werden - und das ist keine Drohung, das ist ein Versprechen - ein kraftvoller Partner in dieser Koalition sein. Wir werden eine hörbare Fraktion sein, die sich mit dem ihr eigenen Selbstbewusstsein sowohl der Erfüllung des Koalitionsvertrags, aber auch der Weiterentwicklung des eingeschlagenen Weges widmen wird, und das mit ganzer Kraft.

(Beifall SPD)

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zum Abschluss jemanden zitieren, vor dem ich persönlich riesengroßen Respekt habe. Ich möchte ihn als großen Sozialdemokraten bezeichnen: Egon Bahr, der uns auch in diesem Jahr wieder hier in Thüringen unterstützt hat, hat einmal gesagt: „Selbst bei einer absoluten Mehrheit ist es Aufgabe der Partei,

weiter zu denken, als die Regierung handeln kann. Ist die Regierung zufrieden mit der Partei, dann hat die Partei nicht weit genug gedacht.“ In diesem Sinne für ein starkes Thüringen, innovativ, nachhaltig, sozial und weltoffen - lasst uns dafür arbeiten!

(Beifall CDU, SPD)

Für die FDP-Fraktion hat sich Abgeordneter Barth zu Wort gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Frau Ministerpräsidentin! „Aller Anfang ist hingeordnet auf Vollendung“, mit diesen Worten, mit diesem Zitat haben Sie Ihre Regierungserklärung hier begonnen. Bevor ich mich nun dem Weg, auf den Sie sich machen wollen zur Vollendung, widme, gestatten Sie mir doch einige Gedanken im Rückblick auf den Anfang. Am 30. August war Landtagswahl. Das ist heute genau 80 Tage her. 1,1 Mio. Menschen sind damals zur Wahl gegangen und haben ihre Stimme abgegeben und dem Parlament damit diese aktuelle Zusammensetzung verliehen. Damit haben wir als Politiker Verantwortung bekommen, aus dem Wahlergebnis etwas zu machen, es in praktische Politik umzusetzen. Das ist der Anspruch und der berechtigte Auftrag, den die Wählerinnen und Wähler uns auf den Weg gegeben haben. Was der erstaunten Öffentlichkeit in den letzten 80 Tagen allerdings vorgesetzt wurde, war ein wochenlanges Taktieren, innerparteilicher Streit, offenkundiges Misstrauen potenzieller Partner. Das Wort vom unwürdigen Schauspiel hat - wie ich finde zu Recht - mehrfach in den Medien die Runde gemacht. Ein unwürdiges Schauspiel ist es gewesen, dieses über 50 Tage andauernde Sondieren, Verhandeln, Streiten, Entscheiden, wieder Verwerfen und erneute Beginnen, ohne dass dabei irgendein substanzielles Ergebnis für Thüringen herausgekommen ist. Der meistgesprochene Satz aus dieser Zeit lautete sicher, es ginge nicht um Posten. Dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren, ging es in Wahrheit die ganze Zeit um überhaupt nichts anderes als nur um die Frage, wer Ministerpräsident werden will, wer es vielleicht werden könnte und wer es aber auf gar keinen Fall werden darf. Tatsächlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ging es nur darum. Allen selbst ernannten Systemänderern und Politikwechslern war nur diese Frage in irgendeiner Form von Bedeutung. Über zwei Monate hinweg haben vier Fraktionen in diesem Haus in wechselnder Besetzung nichts, aber auch nichts ausgelassen, um unseren Freistaat in der Bundesrepublik unmöglich zu machen.

(Beifall FDP)

Sie haben bewiesen, wie leicht es ist, einen guten Ruf, nicht ihren, sondern den guten Ruf Thüringens, in kurzer Zeit, im Rekordtempo zu verspielen. Apropos Rekordtempo: In Sachsen hat man am selben Tag wie in Thüringen den Landtag gewählt. Innerhalb von 23 Tagen war dort die Koalitionsvereinbarung unter Dach und Fach. Das war ein Zeitpunkt, da hatten hier die Verhandlungen noch nicht mal angefangen. Trauriger Höhepunkt dieses Possenspiels mit dem Titel „Regierungsbildung Thüringen 2009“ war dann sicherlich die Qual der Wahl der Ministerpräsidentin. Mit Fehlstart, meine Damen und Herren, ist das wohl noch sehr freundlich umschrieben.

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung hier fast pathetisch ausgerufen, was vereinbart ist, das gilt, wir sind verlässliche Partner. Mal ganz abgesehen von dem sehr spärlichen Applaus, der aus den Koalitionsfraktionen an dieser, wie ich fand, doch sehr konstitutiven Stelle Ihrer Regierungserklärung gekommen ist, würde mich doch mal interessieren: Was war denn bei Ihrer Wahl vereinbart? Woran hat man sich denn da gehalten? Der Sinn einer solchen Vereinbarung, die dazu führt, dass man aus einer relativ komfortablen Vierstimmenmehrheit in zwei Wahlgängen keine Mehrheit bekommt, der will sich mir, ganz ehrlich gesagt, nicht so recht erschließen. Das lässt auf die innere Verfassung Ihrer Koalition jede Menge Rückschlüsse zu. Keiner davon ist wirklich positiv. Sie haben gesagt, zu einer verantwortungsvollen Politik gehört auch der Mut, den Menschen die Wahrheit zu sagen. Ich füge hinzu, es gehört auch der Mut dazu, der Wahrheit ins Auge zu blicken, Frau Ministerpräsidentin. Die Wahrheit ist, diese Koalition ist damit gestartet, dass Sie Ihnen, ihrer Chefin, ganz am Anfang sehr deutlich Ihre Grenzen aufgezeigt hat und dass es keine Liebesheirat war; was da seinen Ausdruck gefunden hat, hat wohl jeder gewusst oder zumindest geahnt. Dass die Scheidungsurkunde aber quasi gleich am Traualtar mit überreicht wird, offenbart einen Mangel an Gemeinsamkeit, der aus Ihrem Zweckbündnis tatsächlich nicht mehr als eine reine Notgemeinschaft macht. Um im Bild zu bleiben: Dass wir bei dieser Heirat sozusagen als aktive Trauzeugen beigesprungen sind, ist schlicht und ergreifend der Tatsache zuzuschreiben, dass die vielköpfige Kinderschar ansonsten einem Adoptivvater in die Hände gefallen wäre, aus dessen Familie bzw. aus der Gefangenschaft von dessen Familie sich die Kinder vor vielen Jahren mit einem erheblichen Risiko selbst befreit haben.

(Beifall CDU, SPD, FDP)