Wenn Sie dieser Tage in der Zeitung mit einem Zitat zitiert werden, was lautet: „Bei vielen Dingen sind wir in Thüringen gut oder im guten Mittelfeld, nur bei den Finanzen ist uns das bisher noch nicht gelungen.“ dann ist das sicherlich eine objektive Einschätzung, steht aber auch im merkwürdigen Widerspruch zu dem, was Sie hier gesagt haben, insbesondere werde ich ganz unruhig, wenn Sie dann sagen, dass der neue Finanzminister das nahtlos fortführen soll, was Frau Walsmann immerhin als nun noch nicht einmal gut oder gutes Mittelfeld ihm hinterlässt. Dann, Herr Voß, weiß ich jetzt
oder ob es nicht in Wahrheit so ist, werte Damen und Herren, liebe Frau Ministerpräsidentin, dass Sie auch mit den Worten, wer ein Stück Sachsen will, der kann ein Stück Sachsen haben, zitiert worden sind. Ich glaube, dass gar nicht das Problem des Stücks Sachsen auf diesem Stuhl hier drüben auf der Seite des Rednerpults das Problem ist, sondern die Frage des Umgangs von dem Stück Thüringen, das auf diesem Stuhl sitzt mit den Aufgaben und der Unterstützung dieses Stuhlinhabers zu tun hat. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das scheint mir in Wahrheit das Problem zu sein.
Nun ist heute auch schon hier von 100 Tagen gesprochen worden, in Wahrheit ist aber das Ergebnis dieser Amtsübergabe doch nichts anderes, als dass Sie sozusagen bereits am ersten Tag unter dem amerikanisch bezeichneten „friendly fire“ von zwei Koalitionsfraktionen stehen. Der Versuch der Ministerpräsidentin, der auf den ersten Blick vielleicht elegant erscheint, kurz vor der Verabschiedung die ehemalige Amtsinhaberin mit einer neuen Aufgabe zu betrauen, sie damit ein Stück weit aus dem Feuer zu nehmen und mit der Unschuld des neuen Amtsinhabers alles ein bisschen reinzuwaschen und sich insgesamt damit aus der Verantwortung zu nehmen, dieser Versuch, Frau Ministerpräsidentin, kann und muss als gescheitert gelten, in Wahrheit beschädigt dieser Haushalt Sie alle.
Die Unterstützung für den Finanzminister bzw. für die Finanzministerin seitens der Inhaberin der Richtlinienkompetenz wäre umso wichtiger gewesen, weil Ihr Koalitionspartner ganz offenkundig eine ganz andere Auffassung von Generationen- und von Chancengerechtigkeit hat, als Sie das am Ende Ihrer Rede dann wiederum inhaltlich durchaus richtig und unterstützenswert dargestellt haben.
Der Wirtschaftsminister hat Anfang dieses Jahres gesagt, Thüringen könne und müsse sich eine Neuverschuldung von 1,5 Mrd. € leisten, 1,3 Mrd. € sind es dann am Ende des Jahres immerhin geworden. Er hat auch konsequent selbst dazu beigetragen, indem er seinen Haushalt in den vergangenen zwei Jahren, also gegenüber 2009, um über 100 Mio. € aufgebläht hat. Und dass das nicht nur die Einsparungen im Sozialministerium von 90 Mio. € mehr als wieder auffrisst, sondern dass über diese Einsparungen inhaltlich hier auch so wenig geredet worden ist, lässt mich mit Blick auf den Haushaltsvollzug und auf die Stellen, in denen da eingespart worden ist im Haushaltsplan, zumindest nichts Gu
Wenn der Bildungsminister mit Wahlversprechen, die sich im Bereich des Bildungswesens angesiedelt hatten, einen Erfolg erzielt hat, der zumindest zu einer Regierungsbeteiligung seiner Partei geführt hat und Ihnen das Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten und für die Bildung zuständigen Ministers gebracht hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann ist der Blick auf das, was in diesem Haus geschieht, auch recht merkwürdig.
Die Kita-Gebühren und ihre Auswirkungen haben uns gestern schon beschäftigt und sind hier auch gelegentlich erwähnt worden. Ich muss mit Blickrichtung auf das Kultusministerium, auf Sie, Herr Staatssekretär, sagen - weil Ihr Minister vielleicht endlich da draußen bei den Demonstranten ist -, die ganzen Rechentricks und Darstellungen, wie sich das in dem Kommunalen Finanzausgleich verhält, die mögen ja richtig sein. In Wahrheit haben Sie aber einen anderen Anschein erweckt. Sie haben mit dem Anschein, den Sie erweckt haben, dieses Parlament und die Bürgermeister und Landräte draußen im Land schlicht und ergreifend hinter die Fichte geführt,
denn Sie haben den Anschein erweckt, dass Sie tatsächlich die Mehrkosten, die entstehen, auf das bestehende Volumen des Finanzausgleichs obendrauf packen würden. Deswegen hilft in Wahrheit Ihr Linke-Tasche-rechte-Tasche-Spiel, was Sie im Nachhinein jetzt machen, keinem weiter. Es ist genauso wie bei den freien Schulen, Sie tragen durch die Kürzungen bei den freien Schulen zu genau der sozialen Selektion bei, gegen die Sie in den Sonntagsreden - in den berühmten - an anderer Stelle immer polemisieren. Auch heute hat es stattgefunden und es ist auch hier schon gesagt worden, dass in Deutschland Bildung so sehr von der sozialen Herkunft abhängt. Der Befund ist richtig, aber mit diesen Maßnahmen werden Sie diesen Trend noch verstärken und ihn nicht bekämpfen, das prophezeie ich Ihnen.
Das ist nicht abstrus, Herr Staatssekretär, sondern das ist eine ganz konsequente Logik. Wenn Sie für die Schulen in freier Trägerschaft die Beiträge kürzen, wird es dazu führen, dass die Elternbeiträge steigen und das wird dazu führen, dass nur noch die, die sich diese Beiträge leisten können, ihre Kinder in die freien Schulen schicken. Das ist eine ganz einfache und geradlinige Überlegung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Sie dann bei den Universitäten auch noch kürzen, bei den einzigen Institutionen, die normalerweise und
regelmäßig junge Menschen in unser Land holen mit Blick auf die demographische Entwicklung scheint mir das ein unterstützenswertes Ziel -,
die diese Aufgabe regelmäßig leisten, dann auch noch kürzen, das setzt dem Fass noch die Krone auf, schlägt dem einen oder anderen dann auch noch ins Gesicht. Da verstehe ich die Logik in der Tat dann am Ende überhaupt nicht mehr.
In der Summe rundet die Diskussion um die Gemeinschaftsschule das Bild ab, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie greifen im Bildungssystem in einer Art und Weise ein, die in Wahrheit eine Unruhe im Bildungssystem verursacht, wie wir sie, glaube ich, in den vergangenen 20 Jahren nicht erlebt haben und die dazu führt, dass - wie wir das da draußen gerade erleben - Schüler, Schulen, Eltern und Lehrer im System gegeneinander ins Szene setzt, gegeneinander ausspielt. Das haben sich viele von denen, die Sie gewählt haben, unter sozialdemokratischer Bildungspolitik ganz bestimmt nicht vorgestellt und
Herr Kollege Mohring hat hier ein Lenin-Zitat vorgetragen. Das lautete in etwa so, dass Politik nicht abstrakt ist, sondern dass konkrete Situationen auch immer konkrete Politik und konkrete Schritte erfordern. Die konkrete Situation, die er beschrieben hat, ist die Haushaltskonsolidierung. 470 Mio. € neue Schulden sind keine Haushaltskonsolidierung, sie sind das genaue Gegenteil von Haushaltskonsolidierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die konkrete Situation, in der wir sind, ist also nicht die Haushaltskonsolidierung, sondern es ist die Notwendigkeit einer Haushaltskonsolidierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Dazu hat die Landesregierung in Wahrheit wenig beigetragen und haben auch die Koalitionsfraktionen in Wahrheit wenig beigetragen.
Ich werde in der Schlussrunde dann unseren Entschließungsantrag, der Ihnen bis dahin auch vorliegen wird, noch einmal vorstellen und dort die wesentlichen Punkte noch einmal erwähnen, die darin bestehen, dass wir auf einen Haushalt ohne Neuverschuldung hinarbeiten müssen, dass wir in Zukunftsbereiche investieren müssen, dass wir auf Steuererhöhungen auch in den Kommunen verzichten müssen, weil - mein Kollege Recknagel hat das schon dargestellt - es darum geht, dass wir die, die die Steuern zahlen, auch erhalten und eben nicht
die Fehler, die 20 und mehr Jahre vorher gemacht worden sind, wiederholen, wo nämlich mit Spitzensteuersätzen von über 90 Prozent gearbeitet wurde. Soweit ich mich erinnere, hat Reichtum nicht wirklich zu den Problemen der untergegangenen DDR gehört.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zukunft Thüringens ist die Zukunft unserer Kinder. Das ist es, Herr Kollege Höhn, was ich, was wir unter Chancen und auch unter Generationengerechtigkeit verstehen. Wenn es nur Ihre Kinder wären, denen Sie diese Schuldenberge und diese neuen Schulden hinterlassen, dann wäre das auch Ihr Problem. Das Problem ist aber in Wahrheit, es sind auch meine Kinder und es sind unser aller Kinder und es sind die Kinder aller Thüringerinnen und Thüringer, denen Sie diese Schulden hinterlassen.
Deswegen kann und will ich und wollen auch meine Kollegen aus meiner Fraktion nicht ruhig bleiben. Chancengerechtigkeit geht anders, meine sehr verehrten Damen und Herren. Zukunftssicherheit geht auch anders. Herr Kollege Höhn, Sie haben recht, Sie haben Verantwortung für dieses Land - ja. Aber ich sage, in der Haushaltspolitik nehmen Sie sie eben nicht wahr und das ist der Vorwurf, den Sie sich gefallen lassen müssen.
Dieser Haushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein weiterer Schritt in Richtung Handlungsunfähigkeit dieses Landes. Es ist in Wahrheit ein weiterer Beitrag, ein weiterer Baustein zur Bedrohung der Existenz unseres Landes, nicht nur der freien Schulen, sondern des Landes insgesamt. Deshalb, Frau Ministerpräsidentin, wenn Sie von Konsolidierungssignalen hier reden, fordere ich Sie auf, reden Sie nicht nur darüber, sondern senden Sie die in Zukunft mit klaren Anträgen und mit Sparhaushalten auch aus,
denn in der aktuellen Situation ist Sparen ein Politikziel, muss es sein. Da dieser Haushalt diesem Ziel in keiner Weise entspricht, wird meine Fraktion ihm natürlich auch nicht zustimmen, sondern wir werden diesen Haushalt ablehnen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Ministerpräsidentin, nicht, weil wir jetzt noch mal 7 Minuten dazubekommen haben, bin ich hier noch mal an das Pult gegangen, sondern weil mich Ihre Rede dazu veranlasst hat, vor allen Dingen ein Punkt, auf den ich zurückkommen möchte. Sie sagten im Zusammenhang mit dem Wechsel an der Spitze des Finanzministeriums am gestrigen Tage, ja, das wäre alles möglich, das ist überhaupt kein Problem, die Messen sind ja sowieso schon gesungen. An der Stelle verstehe ich Ihr Demokratieverständnis nicht.
Da muss ich doch ganz einfach mal sagen: Wenn die Messen dann schon gesungen sind, warum sitzen wir dann heute überhaupt noch hier und warum bringen wir dann noch Anträge ein?
(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Aber sie ist ehrlich. Endlich mal eine ehrliche Mi- nisterpräsidentin.)
Das Demokratieverständnis kann ich wirklich an dieser Stelle überhaupt nicht verstehen und das macht eigentlich auch deutlich, dass überhaupt kein Wille da ist, Anträge hier in diesem Parlament, die auch von Oppositionsfraktionen - ich sage bewusst „Fraktionen“ - gestellt werden, wenigstens zu prüfen und möglicherweise auch einmal mit zu beschließen an dieser Stelle.
Um auf Kollegen Höhn noch mal zu reagieren: Einnahmen und Ausgaben - DIE LINKE hat kein Konzept. Kollege Höhn, wahrscheinlich haben Sie dann doch nicht richtig zugehört bzw. zu früh aufgehört zu schreiben bzw. gar nicht erst angefangen, das wird es wahrscheinlich sein.