Protocol of the Session on November 10, 2010

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße auch die Zuschauer auf der Zuschauertribüne sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien. Besonders herzlich begrüße ich Frau Ben-Chorin, die anlässlich der 18. israelisch-jüdischen Kulturtage hier in Erfurt weilt. Herzlich willkommen hier im Thüringer Landtag!

(Beifall im Hause)

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen Herr Abgeordneter Meyer. Die Rednerliste führt die Frau Abgeordnete König.

Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt Frau Vizepräsidentin Hitzing, Herr Abgeordneter von der Krone und Herr Minister Machnig.

Folgende allgemeine Hinweise: Der Landessportbund hat uns für heute zu einem parlamentarischen Abend in der Leichtathletikhalle eingeladen, der nach dem Ende der Plenarsitzung beginnen soll.

Hinweise zur Tagesordnung:

Die Fraktionen sind im Ältestenrat übereingekommen, den Tagesordnungspunkt 47, Wahl einer neuen Schriftführerin, nach der Aktuellen Stunde aufzurufen und gegebenenfalls heute eine zweite Fragestunde durchzuführen und eventuell weitere zusätzliche Tagesordnungspunkte aufzurufen. Der Ältestenrat ist übereingekommen, dass nach 19.00 Uhr kein weiterer Aufruf erfolgt. Morgen wird der letzte Tagesordnungspunkt 23.30 Uhr aufgerufen.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur in TOP 2 hat die Drucksachennummer 5/1783.

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur in TOP 3 hat die Drucksachennummer 5/1784.

Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses zu TOP 18 hat die Drucksachennummer 5/1788.

Zu TOP 48, Fragestunde, kommen die Mündlichen Anfragen in den Drucksachen 5/1764, 5/1771, 5/ 1772, 5/1775 bis 5/1778 und 5/1780 bis 5/1782 hinzu. Die Abgeordneten Hauboldt und Adams haben ihre Mündlichen Anfragen in den Drucksachen 5/ 1725 und 5/1779 in Kleine Anfragen umgewandelt.

Die Landesregierung hatte bereits für die letzten Plenarsitzungen angekündigt, zu den Tagesordnungspunkten 11 b, 19, 20, 21, 22, 26, 29, 31, 32, 33 a, 34, 35, 36 und 37 von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 GO Gebrauch zu machen. Außerdem hat sie angekündigt, zu den Tagesordnungspunkten 41, 42 und 44 von der

Möglichkeit des Sofortberichts Gebrauch zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben im Ältestenrat abschließend beraten, dass wir die Tagesordnung in verkürzter Redezeit abarbeiten, außer die Tagesordnungspunkte 2, 3 und 12.

Des Weiteren hat der Abgeordnete Fiedler um eine persönliche Erklärung nach § 33 gebeten, die wir heute am Ende der Sitzung aufrufen werden.

Gibt es weitere Anmerkungen zur Tagesordnung? Bitte schön, Herr Blechschmidt.

Danke, Frau Präsidentin. Ich möchte zum Ersten entsprechend § 52 Abs. 4 Geschäftsordnung unseren Antrag in Tagesordnungspunkt 11 b - Drucksache 5/1533 - zurückziehen und zum Zweiten entsprechend § 22 Abs. 1 Geschäftsordnung den TOP 44 - Drucksache 5/1761 - von dieser Tagesordnung absetzen lassen.

Ich möchte in dem Zusammenhang noch darauf verweisen, dass wir eine Drucksache fristgerecht eingereicht haben, über deren Aufnahme in die Tagesordnung wir auch abgestimmt haben wollen. Die Drucksachennummer ist mir jetzt nicht geläufig.

Danke schön. Gibt es weitere Anmerkungen? Bitte schön, Herr Pidde.

Frau Präsidentin, ich möchte beantragen, den Gesetzentwurf der Landesregierung unter Tagesordnungspunkt 8, Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen, in erster und zweiter Beratung, die zweite Beratung dann gegebenenfalls am Freitag, durchzuführen.

Vielen Dank. Den Tagesordnungspunkt 11 b zurückziehen kann der Antragsteller ohne Abstimmung. Wir kommen zur Abstimmung über den Vorschlag, Tagesordnungspunkt 44 abzusetzen. Dazu brauchen wir die einfache Mehrheit. Wer damit einverstanden ist, dass wir diesen Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung absetzen, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist dieser Tagesordnungspunkt einstimmig von der Tagesordnung abgesetzt.

Als Nächstes kommen wir zur Aufnahme der Drucksache 5/1762, Nein zum Neubau einer 380-kV-Leitung. Der Antrag ist fristgemäß eingegangen. Für

die Aufnahme wird die einfache Mehrheit benötigt. Gibt es einen Antrag auf Platzierung? Nein, dann ist es am Ende der Tagesordnung. Dann ist der Antrag aufgenommen.

Es gibt den Antrag, TOP 8 in erster und zweiter Beratung zu behandeln und die zweite Beratung gegebenenfalls am Freitag durchzuführen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Gegenstimmen aus der Fraktion DIE LINKE. Damit ist die Mehrheit erreicht für die erste und zweite Beratung von TOP 8.

Gibt es weitere Anmerkungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann können wir nach der Tagesordnung verfahren.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 49, Aktuelle Stunde. Alle Fraktionen haben eine Aktuelle Stunde beantragt, die Fraktionen der CDU und der SPD gemeinsam zu einem Thema. Die Zeit für die einzelnen Themen beträgt dreißig Minuten. Die Redezeit der Landesregierung bleibt unberücksichtigt. Die Redezeit für einen Beitrag beträgt maximal fünf Minuten.

Wir kommen zum ersten Teil der Aktuellen Stunde.

a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: "Konsequenzen aus der Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke für Thüringen" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/1743

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Frau Anja Siegesmund zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe fünf Minuten. Fünf Minuten gegen den Ausstieg aus dem Ausstieg. Ich habe fünf Minuten, um Ihnen zu sagen und deutlich zu machen, warum uns der Ausstieg aus dem Ausstieg auch in Thüringen etwas angeht.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Diese fünf Minuten will ich nutzen für fünf gute Argumente, die vielleicht den einen oder die andere zum Nachdenken bringen. Mein erstes Argument, der Ausstieg aus dem Ausstieg stellt unsere Demokratie auf die Probe.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie haben es gesehen, allein am Wochenende waren mehr als 50.000 Menschen gegen den AtomDeal der Regierung unterwegs, darunter auch zahlreiche Thüringerinnen und Thüringer. Viele Tausende haben sich im Anschluss daran trotz Kälte, trotz massiver Polizeipräsenz gegen den Ausstieg aus dem Atomausstieg gewandt, haben protestiert, haben zum Teil auch blockiert, friedlich. Es waren so viele wie nie zuvor und das geht auch uns hier etwas an,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

wenn so viele Menschen gegen die Atomlobby auf die Straße gehen. Es zeigt uns überdeutlich, die Bundesregierung kann ihre Atompläne zwar per Gesetz verordnen, aber die überwiegende Ablehnung der Gesellschaft bläst ihr umso kräftiger ins Gesicht, denn die Menschen durchschauen den faulen Kompromiss, sie durchschauen die Luftbuchungen der Brennelementesteuer, sie durchschauen den Geheimvertrag der vier Energieriesen und sie durchschauen die Kurzsichtigkeit dieser gefährlichen Politik. Allein der Müll wird sich in den nächsten Jahren verdoppeln. Strahlender Müll, den keiner von uns möchte. Und deswegen, sehr geehrte Damen und Herren, gehen die Bürgerinnen und Bürger auf die Straße. Sie gehen auf die Straße, weil sie wollen, dass nachhaltige Politik gemacht wird und eben nicht das, was jetzt gerade passiert.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich will diese erste Minute nutzen um zu sagen, dieses Land muss sich im Bundesrat dafür stark machen, diesem Spuk ein Ende zu setzen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir haben ja das Bekenntnis gehört, bitte tun Sie es auch. Diese Aufforderung möchte ich hier deutlich machen.

Mein zweites Argument gegen den Ausstieg aus dem Ausstieg: Wir machen eine Rolle rückwärts bei den erneuerbaren Energien. Es kann sich hier jeder hinstellen und sagen, wir wollen eine Energiewende, aber gehen Sie mal an verschiedene Universitäten, gehen Sie an Fachhochschulen und fragen Sie bitte nach, was es für die Studiengänge jeweils heißt. Für die Studiengänge heißt das nämlich Folgendes: Wir haben auf der einen Seite eine Boombranche erneuerbare Energien, wo jeder, der einen guten Abschluss hat, sofort „aufgesaugt wird“ und im Markt arbeiten kann. Auf der anderen Seite erleben Sie gerade - Beispiel FH Jena - einen massiven Einbruch beim Studiengang erneuerbare Energien, weil Jugendliche verunsichert sind ob der Politik in Berlin. Ich sage Ihnen eins, das kann so nicht sein. Wir müssen hier etwas tun.

(Präsidentin Diezel)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mein drittes Argument gegen den Ausstieg aus dem Ausstieg: Stadtwerke und Kommunen werden geschwächt. Allein unsere Bundestagsfraktion hat fast 800 Stadtwerke in der ganzen Bundesrepublik befragt, was sind die Auswirkungen von SchwarzGelb? Was sind die Auswirkungen dieses Atomdeals? Die sagen Folgendes: Es wird wirtschaftliche Auswirkungen geben, denn die regionale Wertschöpfung vor Ort wird geschwächt. Sie sagen zweitens, im Durchschnitt werden unsere Investitionen deutlich weniger wert sein, unsere Investitionen sind erneuerbare Energien. Ich sage Ihnen, das, was die Stadtwerke uns an dieser Stelle mit auf den Weg geben ist: Machen Sie diesen Ausstieg aus dem Ausstieg rückgängig, denn nur so können auch wir erneuerbare Energien fördern und das geht auch uns in Thüringen etwas an.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viertes Argument gegen den Ausstieg aus dem Ausstieg: Wer manchmal in Ostthüringen unterwegs ist und das vielleicht auch vor 20 Jahre war und das heute noch tut, sieht, dass wir heute noch darunter leiden, was auf den ehemaligen Standorten rund um Ronneburg und der Wismut passiert ist. Die Altlastenentsorgung um Ronneburg ist nach wie vor im Gang, sie wird noch einige Jahre andauern. Wir haben ein echtes Problem, weil jenseits der kartierten Flächen, um die sich die Wismut kümmert, weiterhin Altlasten schwelen, um die sich keiner kümmert. Wir brauchen eine vernünftige Kartierung. Und spätestens - wer sich das mal anschaut und sich mit kirchlichen Umweltgruppen oder anderen, die sich um Ronneburg kümmern, auseinandersetzt, wird hören, es ist kurzsichtig zu meinen, dass ein Atomkraftwerk von allein läuft und uns das in Thüringen nichts angeht. Viertes Argument also: Blicken Sie nach Ronneburg und Sie sehen, Thüringen geht dieser Ausstieg aus dem Ausstieg etwas an.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fünftens - Großquellentransporte auf Thüringens Straßen: Da haben wir eindrücklich vor zwei Monaten hier gehört, in dem einen Ministerium gibt es dazu keinen Vorgang, keinen Vorgang zu der Frage, wie oft 2009 Kobalt 60 über Thüringens Straßen gefahren ist. Keine Antwort auf die Frage, wie oft es jenseits davon gemacht wird, keine Antwort auf die Frage, was ist denn jetzt, wenn die nächsten Transporte von Ahaus nach Polen geplant sind, über welche Straßen wollen die eigentlich. Ich frage Sie also ernsthaft, wie kann man sich hier hinstellen und meinen, das ginge uns in Thüringen nichts an? Ich finde, das geht uns sehr wohl etwas an.

(Beifall DIE LINKE)

Es ist grob fahrlässig, so zu tun, als sei die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke etwas, was in Berlin stattfindet und uns hier nicht tangiert. Das ist skandalös und ich bitte um eine ernsthafte Debatte darum, wie wir hier in Thüringen umsteuern wollen und was unser Beitrag aus Thüringen ist, um umzusteuern.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)