Protocol of the Session on August 19, 2010

Der zweite Kritikpunkt ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens: Da das Gesetz nach § 2 des vorliegenden Entwurfs bereits am Tage nach der Verkündung in Kraft treten soll, ist ein geordneter Übergang von den Landratsämtern auf die standesamtsführenden Gemeinden kaum möglich. Dies betrifft nicht nur die Abgabe der Verfahren an die zuständigen Standesämter, die dem Grundsatz der jahrgangsweisen Beurkundung der Personenstandsfälle unterliegen, sondern auch die Übertragung der den Landratsämtern für das Haushaltsjahr 2010 zugewiesenen Mittel auf die standesamtsführenden Gemeinden. Das Gesetz sollte deshalb nicht während des laufenden Jahres, sondern zum 1. Januar 2011 in Kraft treten.

Aus den vorgenannten Gründen ist dem angekündigten Entwurf der Landesregierung gegenüber dem vorliegenden Entwurf der Fraktion DIE LINKE

(Abg. Hauboldt)

der Vorzug zu gewähren. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Ich glaube, ich kann damit die Aussprache schließen. Es ist Ausschussüberweisung des Gesetzentwurfs beantragt worden, und zwar an den Innenausschuss, den Gleichstellungsausschuss und den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten.

Wir stimmen zuerst über die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Das scheint einstimmig zu sein. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht. Damit ist die Überweisung einstimmig erfolgt. Wer der Überweisung an den Gleichstellungsausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Auch hier scheint das Ergebnis einstimmig zu sein. Ich frage nach Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Die gibt es auch nicht.

Nun stimmen wir über die Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Gibt es auch nicht. Die Überweisung ist auch einstimmig erfolgt.

Wir stimmen nun über die Federführung ab. Es ist beantragt worden, dass diese beim Innenausschuss liegt. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Die gibt es nicht. Stimmenthaltungen? Gibt es auch nicht. Die Federführung liegt beim Innenausschuss. Das ist einstimmig beschlossen worden.

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 6. Bevor wir in den Tagesordnungspunkt 7, nämlich über die Regelungen zur Veränderung unserer Geschäftsordnung, einsteigen, möchte ich etwas tun, was nicht immer üblich ist. Wir haben heute ein Kinderparlament hier, das kommt aus Worbis. Die Kinder sitzen hier oben. Wir begrüßen immer alle Besucher ganz herzlich, aber ganz besonders die Kinder vom Kinderparlament Worbis,

(Beifall im Hause)

die nun jetzt mal schauen, wie wir über die Geschäftsordnung reden werden. Sie sind noch bis um 12.00 Uhr da. Ich sage das gleich.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7 in seinen Teilen

a) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zur Stärkung der Transparenz par- lamentarischer Arbeit) Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1308 ERSTE BERATUNG

b) Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/1311 ERSTE BERATUNG

c) Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE, der SPD, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/1302 dazu: Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/1354

dazu: Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/1305

dazu: Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/1353

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat angekündigt, dass sie zum Tagesordnungspunkt 7 b eine Begründung möchte. Frau Abgeordnete RotheBeinlich, Sie haben das Wort.

Vielen herzlichen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kinder, ich werde mich bemühen, so zu sprechen, dass auch alle verstehen, worum es geht.

(Heiterkeit im Hause)

Ich finde das ganz toll, dass heute auch Kinder da sind und es geht um einen Gesetzentwurf. Das ist manchmal auch schwer, nachzuvollziehen, warum hier was beantragt wird. Wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht, weil wir die Verfassung ändern wollen. In der Verfassung steht nämlich, dass die Ausschüsse, die über inhaltliche Themen beraten da gibt es den Bildungsausschuss, den Umweltausschuss, den Sozialausschuss und ganz viele andere Ausschüsse im Thüringer Landtag - grundsätz

(Staatssekretär Geibert)

lich nicht öffentlich tagen. Das heißt, es ist nicht möglich - so wie heute hier - bei solchen Ausschuss-Sitzungen zuzuhören, wenn man sich für das interessiert, was dort beraten wird. Viele Landtage machen das anders. In Bayern, in Berlin, in Hamburg, in Nordrhein-Westfalen, in RheinlandPfalz und in Schleswig-Holstein sind AusschussSitzungen grundsätzlich öffentlich, das heißt, jede und jeder, der Interesse daran hat, an einer Ausschuss-Sitzung teilzunehmen, weil ihn oder sie das Thema interessiert, was dort beraten wird, wenn es zum Beispiel um Kindergärten oder um Schulen oder aber auch um Sozialpolitik oder etwas anderes geht, kann daran teilnehmen. Das ist in Thüringen nicht der Fall. In der Thüringer Verfassung steht nämlich geschrieben, dass die Ausschuss-Sitzungen grundsätzlich nicht öffentlich stattfinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen, dass wir bereits zur letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause diesen Gesetzentwurf eingebracht haben, ihn aber noch einmal zurückgezogen haben, weil die Fraktionen der CDU insbesondere aber auch der SPD signalisiert haben, dass sie noch einmal bereit sind, darüber nachzudenken, doch öffentliche Ausschuss-Sitzungen stattfinden zu lassen, um für mehr Transparenz und um für mehr Bürgernähe zu sorgen. Als wir nach der Sommerpause wieder zusammentraten, war das leider vergessen, weil nämlich erst dann offenkundig der CDU und der SPD aufgefallen ist, dass in der Verfassung des Freistaats Thüringen festgeschrieben steht, dass die Ausschuss-Sitzungen eben nicht öffentlich stattfinden. Wir sind der Meinung, dass die Ausschüsse transparent arbeiten sollten, also so, dass jede und jeder, den es interessiert, daran teilnehmen kann, um dort zuzuhören. Deswegen haben wir gesagt, können wir das natürlich nicht nur in der Geschäftsordnung ändern, sondern müssen auch den Mut haben, eine Verfassungsänderung anzustreben. Und dafür braucht es ein Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats und das haben wir eingereicht.

Ich will hier in aller Deutlichkeit sagen, dass ich wirklich enttäuscht bin. Ich bin sehr enttäuscht, dass wir dazu keinen gemeinsamen Vorstoß machen können, weil ich glaube, dass wir uns eine Chance vergeben, Menschen zu beteiligen, Menschen mitzunehmen und mehr Menschen für Politik zu begeistern. Wir hören das ja immer wieder, dass Leute sagen, was macht ihr da überhaupt in eurem Parlament. Ihr entscheidet sowieso alles hinter geschlossenen Türen. Wir werden gar nicht beteiligt. Wir können gar nicht mitreden. Wir wissen gar nicht worum es geht. Die Erfahrungen aus den Ländern, die öffentliche Ausschuss-Sitzungen machen, haben gezeigt, dass sich tatsächlich viele interessierte Menschen melden, einfinden, um an den Ausschuss-Sitzungen teilzunehmen. Was sich aber nicht gezeigt hat, ist, dass die Ausschuss-Sitzun

gen dadurch quasi unendlich lang geworden sind. Das ist eine Sorge, die immer wieder geäußert wurde, dass dann die Ausschuss-Sitzungen viel zu lang und zu ineffektiv werden, dass man nicht mehr offen reden könnte. Da bekomme ich doch einen Schreck. Gestern haben wir schon so eine kleine Vorahnung bekommen, als Herr Kowalleck in einem anderen Zusammenhang sagte, wir können das ja gut beraten in den Ausschüssen, solange diese nicht öffentlich tagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe doch sehr, dass wir alles, was wir beraten - und das sind wir meiner Meinung nach auch denen, die uns hierher gewählt haben, schuldig - auch öffentlich gut und sachlich beraten können.

(Beifall DIE LINKE)

Da finde ich, sollten wir keine Angst haben vor Beteiligung, keine Angst haben vor Demokratie, keine Angst haben vor Transparenz und deswegen haben wir auch diesen Gesetzentwurf eingebracht, weil wir möchten, dass eben tatsächlich nicht alles hinter verschlossenen Türen verhandelt wird. Noch eine Anmerkung: Es gibt Dinge, die sicherlich erst einmal in einer internen - also einer geschlossenen - Sitzung beraten werden müssen. Auch dafür haben wir selbstverständlich eine Möglichkeit eingeräumt, wenn es um Personalangelegenheiten geht oder wenn es um konkrete Regelungen in Gesetzesvorhaben geht, das haben wir eingeräumt. Das wissen Sie, Herr Emde, auch ganz genau. Wir haben uns sehr oft dazu verständigt. Genau das wollten wir auch möglich machen. In Bremen z.B. wird zu Beginn jeder Ausschuss-Sitzung entschieden, ob der Ausschuss öffentlich oder nicht öffentlich tagt. All das wäre mit uns verhandelbar, über all das könnten wir reden. Ich hoffe nur, dass Sie die Debatte und auch die Änderung letzten Endes ermöglichen. Danke schön.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von den anderen Fraktionen liegt mir kein Wunsch zur Begründung ihrer Anträge vor, so dass wir jetzt unmittelbar in die gemeinsame Aussprache aller Anträge gehen. Als Erster erhält für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Emde das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, Frau Präsidentin, liebe Kinder, wer zusammenlebt braucht Regeln, der Landtag hat sich auch Regeln gegeben, damit unser Zusammenleben funktioniert. Diese Regelungen heißen eben hier Geschäftsordnung und sicherlich muss sich auch ein Schülerparlament Regeln geben und eine Geschäftsordnung befolgen. Dann ist es so, dass das

(Abg. Rothe-Beinlich)

Leben sich weiterentwickelt und von Zeit zu Zeit muss man Regeln auch ändern,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

zum Beispiel in einer Familie, wenn man Internet bekommt, muss man schon mal regeln mit den Kindern, wie und wie lange man das Internet nutzt. Das ist ja auch ein Grund - das Thema „Moderne Medien“ -, warum wir die Geschäftsordnung fortschreiben, denn es geht durchaus auch darum, uns die neuen technischen Möglichkeiten zunutze zu machen, effizienter zu arbeiten, schneller zu arbeiten, besser zu informieren, vielleicht Papier und Geld einzusparen. All diese Dinge sind auch Hintergrund dieser Geschäftsordnungsnovelle. Es geht aber auch darum, mit der Geschäftsordnung zum Beispiel die Sitzungen des Thüringer Landtags, diese Plenarsitzungen für die Öffentlichkeit noch weiter zugänglich zu machen, sie interessanter zu machen und die Debatten für die Öffentlichkeit besser darzustellen. So haben wir jetzt Landtagssitzungen an drei Tagen, früher war die Sitzung kürzer. Auch das dient der Öffentlichkeit, besser teilzunehmen. Wir haben auch einen Punkt aufgenommen, dass jede Fraktion jetzt ein Thema für die Aktuelle Stunde stellen darf. Das stärkt auch kleine Fraktionen, dient aber insbesondere dazu, dass aktuelle Themen hier aufgerufen und strittig diskutiert werden können, so dass sich die Öffentlichkeit ein Bild machen kann.

Ich will ein paar Dinge zu den Anmerkungen von Frau Rothe-Beinlich sagen. Die Öffentlichkeit von Ausschuss-Sitzungen ist in unserem Landtag gut gegeben. Wenn Sie in die Geschäftsordnung schauen, dann werden Sie feststellen, dass es eine Vielzahl von Punkten und Regelungen gibt, bei denen generell die Öffentlichkeit schon hergestellt ist. Natürlich können wir jederzeit auch Öffentlichkeit herstellen. Aber es hat wirklich gute Gründe, dass zunächst einmal in der Verfassung des Freistaats steht - und die wurde hier im Landtag mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet und mit Zustimmung der Bevölkerung von über 70 Prozent auch verfasst -, dass eine Nichtöffentlichkeit der Beratung zunächst einmal gilt, denn es muss möglich sein, in Ausschüssen ungeschützt Meinungen äußern zu dürfen, ohne dass man gleich öffentlich an den Pranger gestellt wird. Es muss möglich sein, ungeschützt auch einmal eine Meinung zu sagen, die man dann vielleicht im Laufe der Diskussion wieder revidiert. Es muss möglich sein,

(Beifall CDU)

zum Beispiel auch Anhörungen zu Gesetzesvorhaben intern zu diskutieren und Meinungen hin und herzuspielen. Das geht nun einmal nicht so gut, wenn die Öffentlichkeit dabei ist und - wie das heutzutage üblich ist - dann gleich jedes Wort in den Medien zerrissen wird. Insofern gibt es gute Gründe für die Nichtöffentlichkeit. Frau Rothe-Beinlich, wir

haben gesagt, wir wollen prüfen, ob man in der Frage der öffentlichen Ausschuss-Sitzung noch weitergehen kann. Die Prüfung hat für uns ergeben, dass es wirklich keine Möglichkeit mehr gibt außer dieser generellen Öffnung, die wir nicht wollen. Insofern kann man einfach nur sagen, das, was in der Geschäftsordnung schon geregelt ist zur Öffentlichkeit von Ausschuss-Sitzungen, tut der Sache wirklich Genüge. Wenn ich einfach mal an meine Zeit in den Ausschüssen zurückdenke, wie groß das Interesse war, dass einzelne Personen und Medienvertreter an Ausschuss-Sitzungen teilnehmen, das war schon sehr, sehr gering und ist auf wenige spannende Punkte begrenzt.

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man braucht sich ja nicht zu fürchten, Herr Emde.)

Insofern hören wir Ihre Argumente, wir haben Gegenargumente. Dann wird eben darüber abgestimmt. Es gibt ja auch noch eine Beratung im Justizausschuss, in dem man dieses Thema noch einmal erörtern kann.

Es gibt einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen zu Änderungen der Geschäftsordnung. Ich will mich darüber jetzt nicht weiter auslassen. Es ist ganz einfach so, dass zum Beispiel die Erfahrungen bei den Wahlvorgängen hier im Plenum noch einmal aufgegriffen wurden, dass die Frage der Öffentlichkeitsarbeit, der Versendung von Akten oder von Unterlagen per elektronischer Medien eine Rolle spielt etc., alles Dinge, die wir gemeinsam regeln können.

Zu den Anträgen der Opposition, insbesondere der GRÜNEN, dass auch die Gremienbesetzung hier anders sein soll, will ich so viel sagen:

1. Wahlergebnisse müssen sich auch adäquat widerspiegeln in der Besetzung von Gremien, von Positionen und bei der Sitzverteilung.

2. Es gibt kein generelles Recht aller Fraktionen auf bestimmte Funktionen und Positionen. Gremien müssen immer eine handhabbare Größe besitzen und Paritäten müssen gewahrt sein und außerdem sind wir uns doch auch einig, dass es einen Schutz davor geben muss, dass demokratiefeindliche Gruppierungen Zugriff erhalten könnten auf bestimmte Gremien.

Insofern kann ich auch nur sagen, wir haben demokratisch gut miteinander gespielt, indem nämlich die LINKE-Fraktion, die SPD-, die CDU-Fraktion verschiedene Positionen an die kleinen Fraktionen abgetreten haben. Man sieht es bei der Besetzung des Präsidiums und vieler anderer Gremien.

(Beifall FDP)

Ich denke, das war eine Handreichung unter Demokraten. Das sollte auch von Ihnen einmal gewürdigt werden.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Danke, Herr Emde.)