Protocol of the Session on August 19, 2010

Sie alle kennen den prominentesten Anwendungsfall dieser Regelung: Google Street View. Dies bedeutet jedoch mitnichten, dass es sich deshalb um ein Einzelfallgesetz handelt. Anders als im ursprünglich in den Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf ist eine Beschränkung auf bloße Straßenansichten gerade nicht mehr enthalten. Vielmehr soll die Aufnahme und anschließende Internetveröffentlichung georeferenzierter Bildaufnahmen, zum Beispiel auch aus der Vogelperspektive, allgemein gesetzlich geregelt werden. Der Anwendungsbereich beschränkt sich also nicht auf Google Street View und vergleichbare Dienste, sondern regelt umfassend einen drängenden Aspekt des Datenschutzes im Internet, der im Bundesdatenschutzgesetz nach einhelliger Auffassung unzureichend erfasst ist.

Wenn die Bundesregierung darüber hinaus, wie angekündigt, das Bundesdatenschutzgesetz zeitnah grundlegend überarbeiten und an die Anforderungen des Internetzeitalters anpassen will, ist dies zu begrüßen. Die Landesregierung wird die Gesamtentwicklung im IT-Bereich auch in Zukunft aufmerksam beobachten und begleiten. Dies zeigt, der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist bereits in wesentlichen Punkten überholt. Aus den genannten Gründen regt die Landesregierung daher an, diesem Antrag nicht zuzustimmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich habe jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisung des Antrags an verschiedene Ausschüsse. Mir liegt vor der Wunsch der Überweisung an den Innenausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit und den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten.

Wir beginnen mit dem Antrag auf Überweisung des Antrags an den Innenausschuss; ich wiederhole noch mal die Drucksache, es ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/1310. Es wird jetzt abgestimmt über die Überweisung dieses Antrags an den Innenausschuss. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das ist die Fraktion DIE LINKE, die Fraktion der FDP und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage: Wer ist gegen eine Überweisung an den Ausschuss? Das ist die Mehrheit, und zwar die Fraktionen der CDU und SPD. Gibt es Stimmenthaltungen? Keine. Damit ist der Antrag nicht an den Innenausschuss überwiesen.

Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Wer ist dafür? Bitte Handzeichen. Gegenstimmen? Das ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag nicht an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit überwiesen worden mit der Mehrheit der Stimmen der CDU und der SPD.

Der Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten: Wer ist für die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Stimmenthaltungen? Das ist wieder die Mehrheit. Damit ist auch diese Überweisung abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/1310 in Gänze. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Jastimmen der Fraktionen der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN. Wer ist gegen diesen Antrag? Das sind die Fraktionen der CDU und SPD in

(Staatssekretär Geibert)

der Mehrheit. Gibt es Gegenstimmen? Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt und wir kommen zum Tagesordnungspunkt 12

Zähne retten - Zähne schützen: Zahnrettungsboxen an Thüringer Schulen flächendeckend einführen Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache 5/1298

Wünscht die Fraktion der FPD das Wort zur Begründung? Es hat das Wort der Abgeordnete Koppe von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, manchmal sind gerade die Dinge von großer Bedeutung, die bei flüchtiger Betrachtung zunächst als das genaue Gegenteil erscheinen. Politik hat nach unserer Auffassung nicht die Pflicht, nur in abstrakten Kategorien oder großen gesellschaftlichen Leitbildern zu denken und zu sprechen. Politik wird auch dann spürbar, wenn aus Gesagtem konkretes Handeln wird.

(Beifall FDP)

Politik muss sich auch und gerade an dem messen lassen, was sie tut, und nicht nur daran, was sie will. So verstehen wir liberale Politik und unseren Auftrag in diesem Parlament. So verstehen wir auch diesen Antrag.

Lassen Sie mich Ihnen unseren vorliegenden Antrag begründen. Ich will dies anhand von drei verschiedenen Begründungsebenen versuchen, zum einen die medizinische Notwendigkeit, zum anderen die Begrenzung auf den Geltungsbereich Schule sowie auf die Frage, weshalb wir dabei die Landesregierung in der Pflicht sehen.

Unfälle mit Zahnschäden passieren in Schulen und besonders im Sportunterricht gar nicht so selten. Fast ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen in Europa bis zum 16. Lebensjahr hat einen Zahnunfall. Diese Fallzahlen sind steigend. Dies hat umso größere Bedeutung, als dass vor allem die wichtigen oberen Schneidezähne betroffen sind. Deren Fehlen ist besonders auffällig und somit belastend für Heranwachsende. Dank moderner Adhäsivtechniken können Kronenfrakturen in den meisten Fällen dauerhaft und kosmetisch zufriedenstellend repariert werden. Der Verlust eines kompletten Zahnes dagegen ist ein schwerwiegendes Ereignis für die betroffenen Personen. Doch so weit muss es nicht kommen. Ausgeschlagene Zähne können erfolgreich in den Kiefer wieder eingepflanzt werden. Voraussetzung ist, dass das Gewebe, das der Wurzel des ausgeschlagenen Zahnes anhaftet, keinen

Schaden nimmt und die Behandlung rechtzeitig erfolgen kann. Die Zahnrettungsbox - ich habe Ihnen mit Genehmigung der Präsidentin mal ein Exemplar mitgebracht - bietet dabei die bestmögliche Chance, dass ein ausgeschlagener Zahn wieder eingesetzt werden darf. Denn bei unsachgemäßer Aufbewahrung kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen, die eine Einheilung bzw. Erhaltung des Zahns unmöglich machen. Wie lange die zahnzementbildenden Zellen in unterschiedlicher Umgebung überleben, ist umfangreich untersucht worden. Wird ein Zahn beispielsweise in einem Taschentusch aufbewahrt und trocknet aus, so sind nach 30 Minuten alle Zellen tot. Der Zahn geht unrettbar verloren. Die Erhaltung des natürlichen Zahnes dagegen verhindert große Folgekosten. Bei derzeit knapp 1.000 Schulen in Thüringen würden dem Landeshaushalt einmalig Kosten in Höhe von ca. 20.000 € zufallen.

Wenn man allerdings bedenkt, dass die Unfallkassen bei Zahntraumata mit Behandlungs- und Folgekosten pro Fall zwischen 10.000 € und 15.000 € ausgehen, kann man sich leicht errechnen, dass mithilfe von diesen Zahnrettungsboxen, abgesehen von der professionellen Erstversorgung, enorme Kosteneinsparungen möglich sind.

(Beifall DIE LINKE)

Die Unfallkasse Baden-Württemberg spricht dabei von ca. 2.000 Fällen pro Jahr, was allein in diesem Bundesland die zuständige Unfallkasse mit ca. 30 Mio. € belastet. In Sachsen geht die Unfallkasse von ca. 600 Fällen im Jahr aus. Auch hier kann man sich die Belastung für die zuständige Unfallkasse leicht ausrechnen. Daran sehen Sie, meine Damen und Herren, dass das von mir an den Anfang gestellte Credo, dass die vermeintlich kleinen Dinge durchaus große Wirkung besitzen, gerade für diesen Antrag gültig ist.

(Beifall FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte nun erklären, weshalb wir uns bei der Einführung der Zahnrettungsboxen auf die Örtlichkeit Schule begrenzen. Denn es ist ja augenscheinlich, dass Zahnunfälle auch in Schwimmbädern und Vereinen passieren können.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Auch in Kindergärten.)

Richtig, auch in Kindergärten. Allerdings sind wir als Liberale der Auffassung, dass der Staat lediglich die Sphäre zu sanktionieren hat, die in seinem Verantwortungsbereich liegt. Im Gegensatz zum Kindergarten, wo ich mir schwer vorstellen kann, dass ein Kind in diesem Alter schon die zweiten Zähne hat, ist die Schule explizit dafür verantwortlich.

(Beifall FDP)

(Vizepräsidentin Hitzing)

Es wird schnell deutlich, worin da der Unterschied liegt. Während der Besuch im Schwimmbad und im Sportverein in der Freizeit und damit in die Sphäre des Privaten fällt, stellt es sich aus unserer Sicht durch die Schulpflicht explizit anders dar. Daher kann und soll der Gesetzgeber den bestmöglichen Schutz für die Kinder gesetzlich fixieren. Dazu gehört unserer Meinung nach auch eine Zahnrettungsbox als Teil der Notfallausstattung an Schulen. Zu guter Letzt möchte ich die Frage klären, weshalb wir hier die Landesregierung in der Pflicht sehen.

Herr Abgeordneter Koppe, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche. Wir haben eine Anfrage. Lassen Sie die zu?

(Unruhe im Hause)

Zu guter Letzt will ich die Frage klären, ich wiederhole es noch einmal, auch wenn es die Frau Taubert relativ lustig findet, weshalb wir hier die Landesregierung in der Pflicht sehen. Ich habe eben schon deutlich gemacht, dass die vermeintliche Kleinigkeit Zahnunfall relevante systemische Auswirkungen hat. Dennoch hat die Unfallkasse Thüringen bis jetzt noch keinerlei Versuche gemacht, freiwillig die Schulen damit auszustatten.

Ihre Redezeit geht zu Ende.

Anders als ihre Schwesternkassen in Hessen, Sachsen und Baden-Württemberg ist uns auch nicht bekannt, dass sie in Zukunft solches plant.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist jetzt zu Ende.

Ich denke, gerade Hessen und Sachsen können hier sowohl für die Landesregierung als für die hiesige Unfallkasse Vorbild sein. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Koppe. Die Rednerliste ist gefüllt und das Wort hat die Abgeordnete Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich musste ja zunächst etwas schmunzeln, als ich den Antrag gelesen habe und habe dann überlegt, als Sozialpolitikerin muss ich jetzt trotzdem dazu Stellung nehmen und erlauben Sie mir die Vorbemerkungen. Bislang konnte man sich an der Politik der FDP hier nicht gerade die Zähne ausbeißen, weil wenig geboten wurde, also nehme ich die Gelegenheit allein schon deswegen wahr, mich damit auseinanderzusetzen. Was ich allerdings bedaure, ist, dass Sie auf Bundesebene offenbar nicht so viel Leidenschaft beim Thema Zahnersatz an den Tag gelegt haben. Da wäre vielleicht einiges zu gewinnen gewesen. Haben Sie nicht getan. Das ist die FDP, auf Bundesebene ist Zahnersatz nicht wichtig, aber in Thüringen reden wir über Zahnrettungsboxen. Die Frage, die dem Ganzen zugrunde liegt, ist ja, warum wollen Sie jetzt auf einmal kollektive Vorsorge machen und an Selbstverantwortung appellieren, wenn das sonst auf Bundesebene überhaupt nicht Ihre Linie ist. Ich habe mir da viele Gedanken drum gemacht und auch ein bisschen recherchiert und offensichtlich haben Sie da auch ein, zwei gute Argumente auf Ihrer Seite. Genauer betrachtet ist es ja so, dass man für eine relativ geringe Investition hohe Folgekosten sparen kann und das ist zunächst erst einmal löblich. Das sage ich in Richtung der FDP. Unversorgte, ausgeschlagene Zähne sterben, wenn man sich damit auseinandersetzt nach 30 Minuten ab, noch ein Punkt, der für Ihre Zahnrettungsbox spricht. Dann kommt aber der ganze Katalog an Punkten, der leider dagegen spricht, dass man das tatsächlich tut; das ist vor allen Dingen ein institutioneller, der der FDP aufgefallen sein müsste. Ich bedaure, dass Sie das nicht gut genug recherchiert haben. Es gibt im Land Thüringen eine Institution, die dafür verantwortlich wäre, präventiv genauso eine Maßnahme vorzuschlagen, und das ist nicht die Landesregierung, das ist die Unfallkasse in Thüringen. Die Unfallkasse, die dafür verantwortlich ist, Prävention zu machen, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, gespeist aus Geldern der Kommunen, des Landes und anderer Träger. Ich bedaure, dass Sie Ihren Antrag dann nicht wenigstens so sauber formuliert haben, dass die Institution, die dafür verantwortlich ist, Prävention umzusetzen, dies auch in Thüringen tut. Das wäre die Unfallkasse.

Im Übrigen hätten Sie da nur mal den Blick nach Hessen wenden müssen, wo es Zahnrettungsboxen gibt

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Es geht nicht um Hessen, das ist unser Antrag.)

und die werden von der Unfallkasse finanziert. Deswegen, nette Idee, dreimal darüber geschmunzelt,

(Abg. Koppe)

zweimal gelacht und dann am Ende, schade, dass es nicht ordentlich gemacht wurde.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Siegesmund. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gumprecht für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der FDP, ich gebe es offen und ehrlich zu, sorgte in meiner Fraktion zunächst für allgemeine Erheiterung. Änderungsvorschläge wie Zähne zeigen, Zehen schützen, Haare sammeln und so ähnlich kamen auf. Unwissenheit mag der Grund dafür gewesen sein

(Beifall FDP)

und Assoziationen von sich prügelnden Halbstarken vernebelten uns zunächst die Sichtweise auf den Inhalt und die Zielstellung des Antrags. Aber ein zweiter Blick auf den Antrag und ein weiterer in das Internet sorgten für den erhellenden Aha-Effekt. Worum geht es also? Der Antrag der FDP zielt darauf ab, die Notfallausrüstung der Schulen um eine Zahnrettungsbox, eine Dose dieser Größe zu ergänzen und die Kosten für eine verwendete, also nicht mehr brauchbare, dem zuständigen Versicherungsträger zu übertragen. Da fragt man sich nun: Was ist diese Zahnrettungsbox? Nichts Aufregendes, wie wir gehört haben. Eine Zahnrettungsbox ist eine mit Nährlösung gefüllte Dose oder ein Schraubglas. Es bietet die Möglichkeit, einen ausgeschlagenen Zahn oder das Bruchstück eines solchen bis zu 48 Stunden aufzubewahren, ohne dass die Zellen der Wurzeloberfläche absterben. Wenn der Zahn innerhalb dieser Zeit vom Zahnarzt in den Kiefer zurückgesetzt wird, bestehen gute Chancen, dass sich der Zahn im Kiefer wieder festigt und das weitere Knochenwachstum des Kiefers nicht behindert wird.

Unter wirtschaftlichen wie auch medizinischen Aspekten macht die Einführung durchaus Sinn, denn ein ausgeschlagener Zahn kann so erhalten und wieder implantiert werden. Es ist nicht nur wesentlich kostengünster als ein künstliches Implantat, sondern auch für den Betroffenen von unschätzbarem Vorteil, da sich der natürliche Zahn wieder perfekt in die Zahnreihe einreiht.

„Zähne retten - Zähne schützen“ lautet der Titel des Antrags der FDP, dies ist auch der Titel einer bundesweiten Aufklärungskampagne. „Zahnunfall und Zahnrettung Hessen“ ist dabei ein gutes Vorzeigebeispiel. Die hessische Unfallkasse hat in den Jahren 1999, 2002, 2005 und 2008 flächendeckend alle hessischen Schulen mit besagten Zahnrettungs