Wir haben üblicherweise in Parlamenten - und das ist wohl, wenn ich das richtig weiß, auch im Thüringer Landtag bisher so üblich gewesen -, dass es vor der Sommerpause zumindest mal Eckpunkte des Haushalts für das nächste Jahr gegeben hat. Die vermisse ich weit und breit. Auch das, sage ich, hat nicht geklappt.
Und letztlich, weil es so häufig lobend erwähnt worden ist: Wir haben ein Kita-Gesetz hier gemeinsam verabschiedet, das soll am 1. August in Kraft treten. Damit es in Kraft treten kann, braucht es eine Durchführungsverordnung, die, wenn ich es richtig weiß, im Bildungsausschuss einvernehmlich besprochen werden muss. Wenn das Ding in Kraft treten soll, muss der Bildungsausschuss das noch machen. Wir haben heute die letzte Haushaltssitzung und mir ist von einer Sondersitzung des Bildungsausschusses nichts bekannt - Testat: nicht geklappt.
Alles, was diese Regierung gemacht hat, hat geklappt, Frau Ministerpräsidentin mit Verlaub, das ist eine zarte, polemische Übertreibung. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, Sie entschuldigen die nonverbalen Äußerungen, aber dazu hat Herr Mike Mohring alles gesagt, was notwendig ist und ich kann mich da seinen Worten nur anschließen.
Herr Barth, Sie haben schon öfters hier Reden gehalten, die die wenigstens verstanden haben, aber diesmal ist es Ihnen gelungen, da doch ein bisschen Wut in mir aufkommen zu lassen. Herr Barth, erste Vorbemerkung, die ist auch polemisch, aber Sie haben ja gesagt, dass Sie das verstehen: Das einzige, was in Berlin klappt, sind die Türen, aber auf keinen Fall die schwarz-gelbe Koalition, erster Punkt.
Der zweite Punkt ist, dass wir als Länderregierungen auf das angewiesen sind, was Sie uns vorgeben und das ist grottenschlecht.
Ich sage Ihnen eins, wer auf Bundesebene anfängt, über das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger zu diskutieren, der muss sich selber hinterfragen. Beginnen
Sie endlich mal damit, Ihre eigene Politik zu hinterfragen und nicht immer mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Der nächste Punkt: Wenn Sie nichts anderes dieser Landesregierung vorzuwerfen haben, als über Zeitpläne zu diskutieren,
Die Zeitpläne sind im Wesentlichen eingehalten worden. Sie haben gesagt, ja, das eine oder andere muss noch oder geht den Weg der Mühen, wie nun viele Dinge zu gehen haben, und ja, genau das ist gewollt; auch das hat die Ministerpräsidentin immer sehr deutlich gesagt: Bevor wir hier irgendein Gesetz verabschieden, was dann im Nachgang wieder zu korrigieren ist, dann werden wir im Vorfeld darüber reden, ob alles seine Ordnung hat. Das haben wir mit dem Kita-Gesetz gemacht. Dieses Kita-Gesetz ist rechtzeitig im Hinblick auf das nächste Kita-Jahr verabschiedet worden, nach einer sehr umfassenden Anhörung, nach Änderungen und auch nach einer sehr unterschiedlichen, aber letztendlich sehr positiven Diskussion innerhalb der Koalition.
Der zweite Punkt ist die Gemeinschaftsschule. Wissen Sie, wenn Sie meinen, die Sie hier immer über Schulpolitik diskutieren, dass von einem auf den anderen Tag alles umgedreht werden kann, dann haben Sie was versäumt, da sollten Sie vielleicht mal bei Kollegin Hitzing nachfragen. Das wissen Sie ganz genau, dass dieses nicht funktioniert. Dazu sind die Äußerungen und die groben Schwerpunkte, was die Gemeinschaftsschule angeht, auf den Tisch gelegt worden und jetzt wird es im Detail noch einmal besprochen. Und es wird rechtzeitig auf den Weg gebracht.
Und dann noch einmal etwas zur Haushaltsdiskussion: Ja, es ist eine Verschuldung in Größenordnungen notwendig gewesen.
Ja, aber wissen Sie, wir haben Sie gemacht, weil sie notwendig gewesen ist. Und wenn Sie vernünftige Anträge auf den Tisch gelegt hätten und nicht darüber
diskutiert hätten, dass hier Kaffeemaschinen eingespart werden müssten, dann wäre ich ja bereit, mit Ihnen zu reden.
Aber wenn das Ihre inhaltlichen Vorschläge gewesen sind, da muss ich sagen, da mache ich einen Haken. Jetzt sage ich Ihnen noch einmal eines: Ein öffentlicher Haushalt, ein Landeshaushalt ist nicht zu vergleichen mit einem Privathaushalt. Wir haben hier Aufgaben zu absolvieren, zu denen wir uns positioniert haben im Koalitionsvertrag. Und da sind wir in der Koalition auch nicht bereit, auf bestimmte Dinge, was Sozialpolitik, Bildungspolitik und auch Wirtschaftspolitik angeht, zu verzichten. Wenn Sie das nicht verstehen, ist das Ihr Problem, aber Sie haben ja noch ein paar Jahre Zeit, um uns folgen zu können.
Es gibt jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr. Damit schließe ich die Aussprache zur Regierungserklärung und den Tagesordnungspunkt 1.
„Tätigkeitsbericht 2009 der Lan- desbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR“ Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drucksache 5/1008 -
Mir ist nicht signalisiert worden, dass die Fraktionen CDU oder/und SPD das Wort zur Begründung nehmen wollen. Aber die Landesregierung hat angekündigt, den Sofortbericht zu erstatten. Bitte, Frau Ministerin Taubert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, zum vorliegenden Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD möchte ich folgenden Sofortbericht abgeben.
Ich begrüße es ausdrücklich, dass im Jubiläumsjahr der deutschen Einheit dieses Thema gerade in dieser Woche auf der Tagesordnung steht. Denn gerade gestern wurde in zahlreichen Veranstaltungen an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 erinnert und der Opfer, die an diesem Tag zu beklagen waren, gedacht. Die Demonstranten 1989 standen in der Tradition der Frauen und Männer des 17. Juni 1953, auch wenn es den meisten damals nicht bewusst war.
Der 9. November 1989 und der 3. Oktober 1990 wären nicht möglich gewesen ohne all diejenigen, die in der ehemaligen DDR schon Jahre und Jahrzehnte zuvor für Freiheit und Bürgerrechte und Demokratie gekämpft haben. Die friedliche Revolution hat gezeigt, dass mündige Bürgerinnen und Bürger ein Unrechtsregime mit friedlichen Mitteln überwinden können. Diesen Menschen haben wir viel zu verdanken.
Nicht vergessen werden darf, dass diese Menschen deshalb in das Visier des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR gerieten und zum Teil heute noch unter den Folgen des SED-Unrechts leiden, weil sie sich für Demokratie und für Meinungsfreiheit eingesetzt haben.
Der Tätigkeitsbericht 2009 der Landesbeauftragten des Freistaates Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR ist hilfreich für die Arbeit der Landesregierung. Ich danke daher der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Hildigund Neubert, und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich für ihre geleistete Arbeit und für ihr Engagement.
Im Rahmen dieses Sofortberichts kann ich nicht auf alle Details, Fakten und Aussagen des Tätigkeitsberichts eingehen, sondern dem Antrag der Fraktion der CDU und SPD folgend, werde ich den Schwerpunkt auf die Beantwortung der zwei formulierten Fragestellungen legen. Zuerst ist nach den allgemeinen politischen Schlussfolgerungen gefragt, die die Landesregierung aus dem Tätigkeitsbericht zieht. Da die wesentliche Rechtsgrundlage der Arbeit der Landesbeauftragten das Stasi-Unterlagen-Gesetz ist, möchte ich zunächst auf diesen Aufgabenbereich eingehen. Ausgehend von einer Initiative der Thüringer Landesregierung zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes und zur Änderung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften, konnte mit der Beschlussfassung im Dezember 2006 ein Kompromiss zum Siebenten Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vorgelegt werden. Aus Thüringer
Sicht war es besonders erfreulich, dass die Länder unsere Position unterstützt haben und im Interesse aller Opfer des SED-Regimes kein Schlussstrich unter die Stasi-Vergangenheit gezogen wurde.
Mit dem im Jahr 2006 geänderten Gesetz wurde neben der Frage der Überprüfungen auch der Bereich der wissenschaftlichen und publizistischen Nutzung der Stasi-Unterlagen erweitert. Das Aktenmaterial kann nun auch allgemein zur Aufarbeitung der Herrschaftsmechanismen der sowjetischen Besatzungszone und der DDR verwendet werden. Der Tätigkeitsbericht stellt zahlreiche Beispiele pädagogischer Bildungsangebote und wissenschaftlicher Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit sowie von Veranstaltungen, mit denen der friedlichen Revolution vor 20 Jahren gedacht wurde, vor. Aus Sicht der Landesregierung ist die Erforschung der DDR-Vergangenheit noch weiter zu verstärken und die Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen - nicht nur im 20. Jahr nach der Wiedervereinigung. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Geschichte der deutschen Teilung sowie der kommunistischen Diktatur in ganz Deutschland erforscht, dokumentiert, gelehrt, unterrichtet, ausgestellt, nachgelesen und in Dokumentarfilmen gezeigt werden kann. Dazu bedarf es der kontinuierlichen und pluralistischen Auseinandersetzung mit diesem Kapitel der deutschen Geschichte. Denn die Beschäftigung mit der Vergangenheit ist kein Selbstzweck. Aus ihr erwachsen Einsichten für die Gestaltung einer besseren Gegenwart und Zukunft und es bilden sich quasi Antennen heraus, die Entwicklungen frühzeitig wahrzunehmen, die der demokratischen Gesellschaft und Zivilcourage entgegenstehen. Soweit der Tätigkeitsbericht auf die Rehabilitierung und Wiedergutmachung von SED-Unrecht Bezug nimmt, ist die Unterstützung der SED-Opfer seit Jahren Schwerpunkt im Arbeitsprogramm der Landesregierung. Dazu hat der Freistaat Thüringen zahlreiche Vorhaben auf den Weg gebracht, die im Zusammenhang mit der Einführung der Opferpension stehen. Beispielhaft sei gesagt: Bereits im Jahr 2004 hatten die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit einem Bundesratsantrag die Einführung einer Opferpension für ehemalige politische Häftlinge in den jungen Ländern gefordert. Dabei sollte es sich nicht um eine Sozialleistung handeln, sondern die Opferpension sollte den besonderen Stellenwert und die herausragende Bedeutung des Widerstandes gegen die zweite deutsche Diktatur für das heutige ungeteilte Deutschland hervorheben. Der Freistaat Thüringen hatte im Jahr 2006 in einer weiteren Bundesratsinitiative in der Länderkammer einen Bundesratsbeschluss erreicht, der vorsah, die Fristen zur Antragstellung in allen drei Rehabilitierungsgesetzen um drei weitere Jahre zu verlängern. Diese Forderung wurde mit dem
Dritten Gesetz zur Verbesserung rehabilitationsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der damaligen DDR aufgegriffen und die Antragsfristen um weitere Jahre bis 2011 verlängert. Aktuell ist beabsichtigt, sich mit einer neuen Bundesratsinitiative für eine vollkommene Aufhebung der Antragsfristen einzusetzen. Dieses Vorhaben entspricht sowohl der Koalitionsvereinbarung für die 5. Legislaturperiode des Thüringer Landtags als auch den Intentionen des vorgelegten Tätigkeitsberichts.
Mit der Koalitionsvereinbarung haben die Parteien CDU und SPD darüber hinaus vereinbart, sich nachdrücklich für eine Abschaffung der Bedürftigkeitsregelung bei der Opferpension und einen Ausbau der Leistungshöhe, gestaffelt nach Haftdauer, einzusetzen. Auch der im Jahre 2006 in Auftrag gegebene Forschungsbericht zur sozialen Lage der Opfer des SED-Regimes in Thüringen zählt zu den Vorhaben der Landesregierung, die die Verbesserung der Situation der SED-Opfer zum Ziel hatten. Der vom Jenaer Zentrum für empirische Sozial- und Kulturforschung e.V. erstellte Bericht beschrieb die soziale Lage der SED-Opfer aus juristischer, soziologischer und zeithistorischer Perspektive. Breiten Raum nehmen im Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR die Beratungstätigkeit für die Betroffenen von SED-Unrecht und die Unterstützung der Arbeit der Thüringer Beratungsinitiative ein. Dafür bildet die Förderung der Opferverbände und Betreuungsinitiative durch die Landesregierung eine wichtige Grundlage. Insgesamt wurden bisher für die Förderung der Opferverbände und der Beratungsinitiative Landesmittel in Höhe von fast 1,2 Mio. € verausgabt. Mit der Förderung der Beratungsinitiative und der Förderung der Opferverbände trägt die Landesregierung entscheidend dazu bei, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass betroffene SED-Opfer in ganz Thüringen umfassend und qualifiziert beraten und betreut werden.