Protocol of the Session on June 18, 2010

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube und ich hoffe, dass wir hier zu einem hoffentlich möglichst einheitlichen Bild kommen. So darf und kann

es nicht weitergehen. Wege aus und zur Überwindung der Krise beschreitet man nicht zulasten der Schwächsten,

(Beifall DIE LINKE)

indem man mit ihnen wilde Sparorgien betreibt und auf diese unsoziale Art und Weise versucht, den Haushalt zu sanieren, denn nichts anderes ist es. Die Einsparungen im sozialen Bereich werden aus unserer Sicht heraus zu mehr Arbeitslosigkeit, Abbau von Arbeitnehmerrechten und zur Verschärfung der Armutsfalle führen und analog dazu die Binnennachfrage endgültig schwächen. Deshalb ist unser Antrag ein Stoppsignal gegen die Aufkündigung des Sozialstaats und für eine Umsteuerung hin zu guter Arbeit und fairen Löhnen - zu denen im Übrigen heute früh die Ministerpräsidentin gesprochen hat in ihrer Regierungserklärung - und die Umsetzung der darin formulierten Forderung längst überfällig und gerade jetzt für das Fortbestehen und die Weiterentwicklung des Sozialstaatsprinzips in Deutschland hoch aktuell. Das Sparpaket der schwarz-gelben Koalition gefährdet nicht nur den sozialen Frieden im Land, sondern ist auch ein unmittelbarer Angriff auf das demokratische Gemeinwesen. Das kann nicht im Interesse Thüringens sein. Dies zu verhindern, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Aufgabe von Politik, ist die Aufgabe auch dieses Hohen Hauses auch am heutigen Tag. Deshalb unser dringender Appell, diesem Antrag zuzustimmen und sich damit zur Wahrnahme ihrer sozialen Verantwortung zu bekennen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter Korschewsky. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer II des Antrags. Herr Minister Machnig, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bundesregierung hat in der letzten Woche ein Sparpaket auf den Weg gebracht. Dieses Sparpaket sieht Ausgabenkürzungen und Einnahmensverbesserungen bis zum Jahre 2014 von insgesamt 80 Mrd. € vor. Schaut man in dieses Paket, so sieht man, dies ist eine Mischung aus Steuererhöhungen und massiven Kürzungen im Bereich der Sozialpolitik und im Bereich der Arbeitsmarktpolitik sowie Maßnahmen im Bereich der Verwaltungsausgaben, die erheblich sind. Im Bereich der Steuerpolitik sollen bis zum Jahre 2014 Einnahmeverbesserungen von 19,2 Mrd. erzielt werden. Das sind Maßnahmen wie zum Beispiel eine sogenannte ökolo

gische Luftverkehrsabgabe, ein steuerlicher Ausgleich der Brennelementesteuer, eine Wiedereinführung des Fiskusprivilegs usw., also Steuererhöhungen. Die Bundesregierung hat in ihrer Regierungserklärung vom November 2009 im Vertrag eines klar festgehalten, und darauf will ich hinweisen. Dort heißt es auf Seite 5: „Steuererhöhungen zur Krisenbewältigung kommen für uns nicht infrage. Wir wollen, dass sich Leistung und Arbeit wieder lohnen.“ Ich stelle fest, wenn man dieses zugrunde legt, was im Koalitionsvertrag steht, so entspricht dieser Koalitionsvertrag zumindest an dieser Stelle nicht den Realitäten, die jetzt auf den Tisch gelegt worden sind, sondern wir reden über eine Mehrbelastung von 19,2 Mrd €.

Jetzt will ich eines sagen auch als Wirtschaftsminister: Dabei sind Maßnahmen dabei, die ich für völlig inakzeptabel halte. Nicht weil ich gegen Steuererhöhungen wäre an der einen oder anderen Stelle, aber ich will ein Beispiel sagen: Wenn zum Beispiel die Ausnahmetatbestände bei der Ökosteuer für energieintensive Unternehmen zur Disposition gestellt werden, treiben wir Unternehmen in den wirtschaftlichen Ruin. Das will ich an einer Stelle klar machen. Ich habe im letzten Jahr, noch zusammen mit Herrn Röttgen, ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht zur Unterstützung der Aluminiumindustrie. Wie wir alle wissen, eine Industrie mit hoher Energieintensität, die auch nicht in der Lage ist, selbst durch technische Optimierung weiterhin Energie einzusparen. Diese Unternehmen sind in der Substanz gefährdet und deswegen halte ich diese Maßnahme für falsch und ich halte diese Maßnahme für bedenklich.

Im Übrigen ist eines auch interessant: Beim Thema Brennelementesteuer gibt es unterschiedliche Aussagen vonseiten der Bundesregierung. Die eine lautet, man werde die Brennelementesteuer in jedem Fall einführen, weil daraus ein Beitrag finanziert werden solle zum Beispiel zur Lösung der Endlagerfrage. Es gibt andere, die das Gegenteil behaupten und sagen würden, die Brennelementesteuer werde nur dann kommen, wenn es auch zu einer Laufzeitverlängerung kommt, das heißt, wir werden abwarten müssen, ob denn die Einnahme kommt und unter welchen Bedingungen sie kommt.

Der zweite Teil des Maßnahmenpakets umfasst unter der Überschrift „Neujustierung von Sozialgesetzen“ eine Vielzahl von Maßnahmen im Bereich zum Beispiel der SGB-II- und SGB-III-Leistungen, zum Beispiel die Kürzung des Erziehungsgelds für ALG-IIBezieher, aber auch Maßnahmen, dass zum Beispiel das Wohngeld, der Heizkostenzuschuss für bestimmte Einkommensgruppen gestrichen werden, und er sieht vor, das sogenannte Pflichtleistungen in Ermessensleistungen umgewidmet werden sollen. Die Bundesanstalt für Arbeit hat gerade zu diesem Gesichtspunkt sich sehr eindeutig positioniert. Sie hat

darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Sparvolumen, wie es dort vorgesehen ist, aus ihrer Sicht in dieser Form nicht zu halten ist. Sie hat nämlich darauf hingewiesen, dass sie maximal mit einem Spareffekt von 116 Mio. € rechnet. Die Bundesregierung kalkuliert mit einem viel höheren Anteil. Das zeigt, dass wir vor einem Paket stehen, von dem niemand genau weiß, welche Konsequenzen es am Ende hat und ob es in dieser Form kommen wird.

Eines können wir sagen: Erstens, die neuen Bundesländer werden härter getroffen als andere Teile der Gesellschaft, weil die Armutsquote in den neuen Bundesländern sehr viel höher ist, das heißt, Menschen werden hier massiver getroffen als andere. Die zweite Feststellung, die man treffen kann: Dadurch, dass es zu einer Abschaffung des Rentenzuschusses für ALG-II-Empfänger und des Heizkostenzuschusses kommt, werden die kommunalen Haushalte belastet. Das heißt, es passieren zwei Effekte: Finanzierungsprobleme, etwa in der Rentenversicherung, werden zulasten zukünftiger Generationen verschoben und es gibt andere Maßnahmen, die etwa im Bereich der Kinder und der Eltern massive Einschnitte mit sich bringen, die vonseiten der Kommunen aufgefangen werden müssen.

Diese Debatte findet vor dem Hintergrund statt, dass das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in dieser Woche einen Bericht vorgelegt hat über die soziale Entwicklung in Deutschland. In diesem Bericht heißt es und ich zitiere: „Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer, die Gruppe mit niedrigem Einkommen ist in den letzten Jahren von 18 Prozent auf 22 Prozent gestiegen, die der Reichen von 16 Prozent auf 19 Prozent.“ Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass das weitere Spreizen der Einkommensschere die Stabilität in unserer Gesellschaft gefährden kann. Soweit das Zitat des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Ich zitiere, weil ich ja nur einen Bericht mache.

Wenn man sich die politischen Reaktionen anschaut, muss man sagen, sie sind auch sehr eindeutig. Sie gehen von Peter Müller, dem Ministerpräsidenten des Saarlands, der davon gesprochen hat, ausweislich eines Zitats in der Süddeutschen Zeitung: „Die Beiträge starker Schultern sind nicht zu erkennen.“ So Peter Müller. Oder - und ich begrüße das sehr - die Aussage der Ministerpräsidentin Thüringens, die etwa im Zusammenhang mit dem Elterngeld darauf hingewiesen hat, dass die Streichung, die dort für die Hartz-IV-Empfänger vorgenommen würde, eine „unzulässige Stigmatisierung von Menschen sei“ und es deswegen für sie nicht akzeptabel sei, dass solche Maßnahmen am Ende des Tages getragen werden.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Thüringer Landtag hat darauf hingewiesen, „dass das Steuersystem und die Verteilung gerechter werden muss, weil Gerechtigkeit die Grundlage des Vertrauens in die Politik ist“. Ich stimme dem ausdrücklich zu. Das ist in der Tat die Grundlage für ein Sparpaket.

(Beifall CDU)

Es ist richtig, das ist die Grundlage für ein Sparpaket. Wenn man jetzt die Maßnahmen bewertet, komme ich zu einem Schluss: Es handelt sich bei diesem Sparpaket um eine Mischung aus unkalkulierbaren Kosten für die Länder und die Kommunen. Der Koalitionsvertrag von SPD und CDU ist eindeutig hier in Thüringen. Wir werden alle Maßnahmen ablehnen, die zulasten der Länder und der Kommunen gehen.

Die zweite Feststellung ist die, dass dieses Paket eine Reihe von Luftbuchungen enthält, das heißt, wir sind am Beginn einer Spardiskussion und das wird nicht das Ende sein.

Die dritte Feststellung ist die, dass das, was wir hier vorgelegt bekommen haben, der politischen und ökonomischen Verteilungssituation nicht gerecht wird. In dem Zusammenhang will ich zitieren den Vorsitzenden des Wirtschaftsrates der CDU, der gesagt hat: „Wenn alle etwas geben müssen in dieser Gesellschaft, Arm und Reich, dann müssen alle dabei sein.“ Er hat recht. Dieses Paket macht eines deutlich: Bestimmte Einkommensgruppen sind nicht dabei. Warum das notwendig ist, will ich an einer Zahl beleuchten, der Zahl nämlich, dass die vermögensbezogenen Steuern in Deutschland, also Grund-, Erwerbs-, Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögenssteuer 0,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmachen; Tendenz im Übrigen fallend. Andere Länder im EUDurchschnitt haben immerhin eine Quote von 2,1 Prozent, die USA von 3,1 Prozent und Großbritannien von 4,6 Prozent. Das heißt, gerade diejenigen Länder, von denen immer behauptet wird, da würde die Herrschaft der Märkte gelten, haben zumindest eines verstanden: Beim Thema Finanzierung öffentlicher Aufgaben müssen andere stärker herangezogen werden, zumindest was Vermögenssteuer und ähnliche Punkte angeht.

Es ist nicht - und auch das gilt es zu erwähnen - ins Auge gefasst worden, das Steuersenkungen, die es gegeben hat zu Beginn des Jahres, etwa im sogenannten „Mövenpick-Paket“, das Anfang des Jahres durch den Deutschen Bundestag geprügelt worden ist und damit allein 5 Mrd. € Steuerermäßigungen realisiert worden sind, die hätte man reduzieren können. Man hätte dieses Gesetz zurückholen können und hätte dadurch auch einen Beitrag zur sozialen Symmetrie in unserem Lande leisten können.

Heribert Prantl hat, wie ich finde, zu diesem Paket unter der Überschrift „Sparpaket? Windbeutel!“ einen bemerkenswerten Kommentar geschrieben. Diesen Kommentar möchte ich dem Hohen Hause nicht vorenthalten. Heribert Prantl schreibt: „Das Sparpaket wurde mit der Begründung gepackt, dass ‚man’ nicht länger ‚über seine Verhältnisse’ leben dürfe. Wer lebt über seine Verhältnisse? Die vom Sparpaket primär Betroffenen, zuallererst die Arbeitslosen, sind es eigentlich nicht, die einem bei dieser Beschreibung zuvorderst einfallen. Saus und Braus herrscht nicht so sehr in den Sozialwohnungen als auf den Finanzmärkten.“ Und weiter: „Das Sparpaket der schwarzgelben Koalition erspart sich jedwede Mehrbelastung der Gut- und Sehr-Gut-Verdienenden. Es spart sich jedwede Belastung der Hochvermögenden und der Millionenerben.“ Abschließend schreibt er: „Das Sparpaket ist nur bei den sozial Schwachen ein Sparpaket. Ansonsten ist es ein Windbeutel; und die Politiker, die es als sozial ausgewogen bezeichnen, sind, um nichts Schlimmeres zu sagen, Spruchbeutel.“

Ich habe diesen Ausführungen von Herrn Prantl nichts hinzuzufügen und will sie ausdrücklich unterstreichen. Deswegen will ich am Schluss dieser Diskussion sagen, in der Tat gibt es in den nächsten Jahren Konsolidierungsnotwendigkeiten in Deutschland. Diese Konsolidierungsnotwendigkeiten sind erheblich auch angesichts der Krisenlasten, die mit der Wirtschafts- und Finanzkrise verbunden sind. Dabei ist eines wichtig - nicht nur aus ökonomischen oder aus finanzpolitischen Gesichtspunkten, sondern vor allen Dingen aus psychologischen Gesichtspunkten -, dass es uns dabei gelingt, eines klarzumachen: Es kann die Politik nicht sein, dass die Probleme einer Gesellschaft oder die Risiken oder die Finanzprobleme sozialisiert werden, und zwar Einkommensgruppen da herangezogen werden, die mit der Krise nichts zu tun haben, während andere leer ausgehen und sich nicht daran beteiligen. Für mich ist eines ganz entscheidend: Wenn es um eine Politik geht, die auf Konsolidierung setzt - und ich sehe sie in einem gewissen Umfang -, auch wenn dabei die konjunkturellen Konsequenzen zu beachten sind, muss es eine Reihe von Prinzipien geben, woran sich eine Politik zu orientieren hat, und die will ich nennen.

Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes muss Maßstab des Handelns bleiben, im Übrigen auch deswegen, weil das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil eines klargemacht hat: Das Sozialstaatsprinzip in Deutschland hat Verfassungsrang. Und Verfassungsrang heißt, es muss gewährleistet sein, dass Menschen an der kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Entwicklung teilhaben können.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Prinzip von Fairness und Gerechtigkeit bei der Verteilung möglicher Belastungen und Sparmaßnahmen muss hergestellt werden.

Im Rahmen einer Konsolidierungspolitik - das ist mir sehr wichtig - sind die Einnahme- und die Ausgabeseite gleichmäßig zu betrachten. Das heißt, wir müssen auch darüber reden, wie kann die finanzielle Situation der öffentlichen Hand in den nächsten Jahren verbessert werden und welche Bereiche müssen dazu einen Beitrag leisten.

Zukunftsinvestitionen und notwendige konjunkturelle Impulse müssen gesichert werden, die Binnennachfrage belebt, die Verursacher der Krise zur Finanzierung und deren Folgen herangezogen werden. Insgesamt gilt es, das Prinzip durchzusetzen, dass die Stärkeren mehr schultern als die Schwächeren.

Ich sage das mit so großer Leidenschaft aus einem Grunde: Mir macht eine Entwicklung sehr große Sorgen, das will ich hier auch sehr deutlich sagen. Wenn die Menschen in Deutschland den Eindruck haben, dass gerade in der jetzigen Phase, wo es auch wirklich Anstrengungen gibt im Bereich der öffentlichen Haushalte, nicht mit Augenmaß, mit sozialer Symmetrie agiert wird, dann verliert die Demokratie in Deutschland an Zustimmung. Ich möchte eines nicht, dass, weil durch eine falsche Politik bzw. diese Symmetrie nicht eingehalten wird, wir hier in Deutschland die Zustimmung zu Demokratie infrage stellen. Deswegen, glaube ich, sollten wir auch in dieser Debatte eines deutlich machen: Dieses Sparpaket geht in die weiteren Beratungen im Bundestag und Bundesrat und alle sind aufgefordert, Alternativen, Verbesserungen aufzuzeigen und da, wo notwendig, auch Dinge nicht mitzumachen. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Minister. Gibt es den Wunsch zur Beratung zum Sofortbericht? Das sehe ich bei fast allen Fraktionen. Danke.

Ich eröffne die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer II des Antrags und gleichzeitig die Aussprache zu den Nummern I und III des Antrags. Auf der Rednerliste hat jetzt das Wort die Kollegin Siegesmund von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, Herr Minister, vielen Dank für den Sofortbericht, der umfassend erläutert hat, was von

dem Sparpaket auf Bundesebene zu halten ist. Danke auch an DIE LINKE für den Antrag.

Sie haben uns vorhin plastisch geschildert, worauf es ankommt, wenn wir über das Sozialstaatsgebot reden, haben tagespolitisch eine Sache weggelassen, die auch in diesem Paket drinsteht. Wir reden nicht nur über die Abschaffung des Elterngeldes, über den Wohn- und Heizkostenzuschuss, wir reden auch über die Abschaffung des Zuschusses zur Rentenversicherung für ALG II-Empfänger.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie: Darauf habe ich hingewiesen.)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist sozusagen ein Katalog, der sich fortsetzt. Ich will sagen, es ist in dieser Dimension auch einzigartig, darüber zu reden, wie ausgerechnet denjenigen, die die Schwächsten in der Gesellschaft sind, noch ein zusätzlicher Schlag versetzt werden soll.

Wir reden also darüber, dass ein Sparpaket auf Bundesebene verabschiedet werden soll, was Armut in jeder Hinsicht fördert - genau das, was wir nicht wollen. Wir haben heute Morgen beim Thüringen-Monitor darüber gesprochen, dass Armutsbekämpfung im Mittelpunkt für uns stehen soll. Wir reden über ein Sparpaket, das ein schwerer Schlag auch gegen soziale Gerechtigkeit ist. Ich frage mich, warum Gerechtigkeit immer genannt wird in irgendwelchen Zusammenhängen und wenn es dann um tagesaktuelle Dinge geht, vergisst man sehr schnell, was die Überschrift ist. Wir reden über eine völlig unsoziale Umverteilung von unten nach oben. Es gibt in dieser Krise auch Gewinner. Dass aber genau diese Krisengewinnler nicht mal einbezogen werden, wenn gesagt wird, wir wollen den Haushalt konsolidieren - eben genau deswegen reden wir nicht über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und andere Dinge. Wir reden im Übrigen auch nicht - damit möchte ich an dieser Stelle auch mal aufräumen - über eine ökologische Modernisierung, nur weil pseudomäßig wir an irgendeiner Stelle finden, dass Flüge teurer werden sollen durch eine Abgabe. Ich bitte Sie ernsthaft, nicht zu glauben, dass das etwas mit einer ökologischen Modernisierung zu tun hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen bin ich dankbar für den Antrag der LINKEN, der sich auch wohlwollend, erlauben Sie mir den Satz, in seiner Qualität von dem Weltfriedensantrag abhebt.

(Zwischenruf Abg. Lemb, SPD: Das sehen wir anders.)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Hartz IV und Weltfrieden passen gut zu- sammen.)

Ich finde viele Punkte hier drin, die ich tragen kann und die ich diskussionswürdig finde. Der Weltfrieden ist sicher auch betroffen, wenn wir über Sozialabbau sprechen. Aber über den Weltfrieden möchte ich jetzt gar nicht so sehr reden, ich will über den Sozialstaat reden.

(Unruhe DIE LINKE)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sozialausgaben und Weltfrieden zusammenzunehmen, ist eine interessante Debatte. Vielleicht stricken Sie uns mal einen Antrag, der beides zusammenführt, Sozialstaat und Weltfrieden. Aber jetzt lassen Sie mich vor allen Dingen zum Sozialstaat reden, weil folgende Punkte wichtig sind: Wenn wir über das Sozialstaatsgebot reden - jeder von uns weiß, es gibt eine endliche Ressource, wenn wir in den Haushalt schauen. Das Gebot, wenn man über den Sozialstaat redet, muss eigentlich sein, darüber zu diskutieren, wie sieht denn nachhaltige Haushaltspolitik aus im Hinblick auf Sozialpolitik. Die Frage ist also nachhaltige Sozialpolitik. Es kann nicht sein, wenn man über nachhaltige Sozialpolitik spricht, dass man völlig vergisst, dass man denjenigen zuerst helfen muss, die es auch brauchen, nämlich den Schwächsten. Deswegen danke für das Stopp-Signal, danke auch für den Antrag.

Ich will einen Punkt benennen, den Sie hier nicht drin haben: Die aktuelle Debatte um die Jobcenter hätte man gut noch aufnehmen können. Ich hoffe, dass wir die Gelegenheit haben, in den Ausschüssen darüber zu diskutieren. Ich zum Beispiel verstehe bis jetzt nicht, es ist zwar schön, dass man eine Einigung findet zwischen SPD - vielleicht nimmt einer der Kollegen das nachher noch auf -, CDU und FDP, darüber zu sprechen, inwieweit die Jobcenter ausgebaut werden, so dass Kommunen auch autark über Optionskommunen entscheiden können und woher die 110 plötzlich kommt, will mir nicht einleuchten. Das ist eine Debatte, die wir hier an der Stelle übrigens auch führen müssen, weil in den Kommunen ganz oft das Know-how ist, um darüber zu entscheiden, was gut verteilt werden kann und was nicht. Vielleicht macht das auch der Herr Koppe von der FDP und begründet das mal. Da bin ich doch sehr dankbar.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das ehrt Sie.)

Sie haben hier ein weites Feld angesprochen, die Bundesratsinitiative auch. Ich denke, wir können das gut mittragen und ich wünsche mir jetzt eine gute und sachliche Debatte zu dem Thema. Danke.