Protocol of the Session on June 17, 2010

Gleich, zum Schluss. Und dann ist es ja nicht so, dass diese Meinung, die Ihre Fraktion vertritt, nun die einzige wäre. Ich habe herübergeblickt, lieber Kollege Manfred Hellmann, das ist genau das Beispiel dafür, dass es auch andere Ansichten gibt und komischerweise von Leuten, die sehr tief in der Kommunalpolitik verwurzelt sind.

(Beifall FDP)

Der Kollege Hellmann ist Bürgermeister der Gemeinde Viernau, ungefähr 2.000 Einwohner, Mitgliedsgemeinde der Verwaltungsgemeinschaft Haselgrund. Da haben sich einige Bürgermeister, die ein CDUTicket haben, auf den Weg gemacht und wollen Veränderungen herbeiführen. Lieber Manfred, mit Verlaub, ich sage von diesem Pult aus, Du bist einer derjenigen, die da im Bremserhäuschen sitzen mit gutem Grund, sage ich. Die Gemeinde Viernau steht nicht schlecht da und der Kollege Hellmann ist da seit Jahren engagiert und auch jetzt erst wiedergewählt worden als Bürgermeister. Es ist für mich ein beredtes Beispiel dafür, dass eben dann, wenn es konkret wird, wenn Leute in Verantwortung vor Ort und in ihrer Gemeinde verwurzelt sind, die Dinge ganz anders sehen, als so vaterlandslose Gesellen, wie wir sie hier in diesem Hause haben. Da gucke ich ganz speziell mal in die Richtung der GRÜNEN. Fahrendes Volk, sage ich; da ist wenig Bindung und da fällt es auch leicht, dass man dort solche Dinge von dieser Stelle aus hier sagen kann, wie das, was wir heute hier gehört haben.

(Unruhe DIE LINKE)

Lieber Manfred Hellmann, ich denke mal, ich habe genug provoziert, um jetzt vielleicht noch mal eine Wortmeldung von Dir dazu zu hören.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter, Sie haben insofern auch noch weiter provoziert; für die vaterlandslosen Gesellen erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke für die Zulassung der Frage, ich hoffe, Herr Heym, Sie sind sich bewusst, was für eine antiziganistische Bemerkung Sie eben gemacht haben. Vielleicht können wir Ihnen das bei der Debatte zum Antrag um die Abschiebung der Roma aus dem Kosovo noch näher erläutern.

Das hat mir jetzt noch gefehlt, Frau Berninger.

Die Frage, die ich stellen wollte: Sie haben meinem Kollegen Hauboldt vorgeworfen, es sei unanständig die CDU-Landrätinnen und Landräte anzusprechen. Fanden Sie es genauso unanständig, als Ihr Kollege Fiedler dies vorhin bei den Geschäftsführern der IHK’en getan hat?

Nein, ich finde das nicht unanständig. Ich will Ihnen was dazu sagen: Die Forderung der IHK’en, dass wir Gebietsreform durchführen müssten per Gesetz hier aus diesem Haus heraus, die ist schon einige Jahre alt. Aber genauso alt ist auch die Diskussion der Unternehmerschaft, in den Kammerbezirken vielleicht auch Veränderungen herbeizuführen

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das war nicht meine Frage.)

und alle drei Kammern haben gute Argumente und gute Gründe zu sagen, wir lassen es so. Aber dann sollen Sie auch den Anstand haben und sollen sagen,

(Unruhe DIE LINKE)

wir lassen auch unseren Kommunalpolitikern vor Ort erst einmal die Chance und die Gelegenheit, selbst zu entscheiden, was in ihrer Region vielleicht die richtige Struktur ist. Nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall CDU, FDP)

Das ist das, was wir verlangen.

Es gibt den Wunsch einer weiteren Nachfrage vom Abgeordneten Augsten.

Vielen Dank. Herr Kollege, wir kommen aus derselben Gegend, da gibt es einen schönen Spruch: „Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil“, insofern meine Frage: Haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich vorhin ein bisschen geärgert habe, als gesagt und uns vorgehalten wurde, dass wir keine eigenen Bürgermeister haben; vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass die CDU eine Vergangenheit hatte zu DDR-Zeiten, die natürlich wirkt bis heute und dass viele der Funktionsträger/Mandatsträger natürlich auch von damals noch herrühren. Insofern: Wir haben neu angefangen 1990, im Gegensatz zur CDU, deswegen sind wir noch nicht so weit.

(Unruhe CDU)

Es hat auch Gründe, warum es bei der CDU immer weniger Mandatsträger gibt.

(Beifall DIE LINKE)

Lieber Kollege Augsten, also gerade weil wir regionale Gemeinsamkeiten haben, habe ich auch eine mentale Verbundenheit mit Ihnen. Von daher, das, was ich vorhin gesagt habe, gilt zuletzt für Sie. Aber was natürlich umtreibt, ist, wenn man vom Kollegen Meyer oder von anderen, die vollkommen legitim seit einiger Zeit hier leben, aber nicht die Wurzeln haben und nicht erlebt haben, wie das Gefühl war, das vor 20 Jahren in den Gemeinden die Leute wieder sagen konnten: Wir bestimmen jetzt selbst,was gut für uns ist und was nicht. Das jetzt erst einmal die 20 Jahre gelebt zu haben, war eine Erfolgsgeschichte. Denn wie unsere Dörfer und Städte aussehen, das kann sich sehen lassen.

(Beifall CDU, FDP)

Da brauchen wir keine GRÜNEN-Politiker, die von den 20 Jahren, in denen Politik gemacht wurde in diesem Freistaat, die paar Jahre, die Sie in diesem Parlament waren, brauchen wir nicht die klugen Ideen, um unseren Kommunalpolitikern vor Ort zu sagen, was für sie gut oder nicht gut ist. Die sind alle sehr schlau und haben genug Erfahrung, um selbst zu wissen, wie ihre Region erfolgreich weiterentwickelt werden kann. Deshalb wird es mit der CDU eine wahrscheinlich noch sehr lange Phase der Freiwilligkeit geben.

Es gibt den Wunsch auf eine Nachfrage vom Abgeordneten Hauboldt - hat sich erledigt. Dann gibt es den Wunsch auf eine Nachfrage von Abgeordneten Hellmann.

Herr Vizepräsident, damit ich keinen Fehler mache, ich möchte eine kurze Erklärung abgeben. Kann ich das von hier aus oder dann an das Pult?

Ich würde sagen, nach dem letzten Redner zum Tagesordnungspunkt. Danke, Herr Abgeordneter. Um das Wort gebeten hat der Abgeordnete Kummer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Tasch hat vorhin etwas zur Leistungsfähigkeit von VG-Gemeinden gesagt. Die ganze Diskussion Freiwilligkeit oder Nichtfreiwilligkeit, das ruft mich hier an das Pult. Ich möchte die Situation aus dem Landkreis Hildburghausen mal darstellen. Bei uns sinken jetzt einige Einheitsgemeinden unter die 3.000-Einwohner-Grenze. Die Bürgermeister stehen kurz vor der Rente. Sie haben zwei verschiedene Varianten, damit umzugehen. Die eine Variante ist, man versucht Verwaltungsgemeinschaften, die bei uns aber auch so knapp um die 5.000 Einwohner sind, noch Mitgliedsorte abzuluchsen. Man versucht anderen Gemeinden Gemeindeteile abzuluchsen oder aber man sagt, okay, ich mache in Zukunft als Rentner ehrenamtlicher Bürgermeister und eine 2.000-Einwohner-Gemeinde mit einem ehrenamtlichen Bürgermeister ist auch was ganz Schönes. Das Grundzentrum Themar sinkt unter die 3.000 Einwohner, die verlieren ihren hauptamtlichen Bürgermeister. Da ist inzwischen der Plan - da aus der VG niemand bereit ist, in diese Stadt mit reinzugehen -, dass die Stadt in die Verwaltungsgemeinschaft mit reingeht. Wir haben dann ein Gebiet von 7.000 Menschen in etwa, wo in der gesamten Verwaltungsgemeinschaft nicht eine Gaststätte mehr ist, die mittags aufhat, wo so gut wie keine Einkaufsmöglichkeiten mehr da sind, wo mit der Stadt Themar zusammen nur noch zwei Hausärzte da sind, die sind über 70, die nicht mehr in der Lage sind, langfristig die Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Wir haben einen Beigeordneten bei uns im Kreis, der sagt, wenn ihr euch mal anschaut, wie die Feuerwehr ausgestattet ist, dann hätte ich als ehrenamtlicher Bürgermeister in diesen Ge

meinden Angst, wenn die Feuerwehr ausrücken muss, weil sie noch nicht einmal die vorschriftsmäßige Sicherheitsbekleidung hat.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist ja unerhört.)

Das hat ein Beigeordneter gesagt, der von Ihrer Partei ist. Ich kann es doch hier nur ansprechen.

Unsere VG-Gemeinden sind nicht verschuldet. Die sind, wenn ich mir die Haushaltszahlen ansehe, wirtschaftlich gesund. Aber sie haben natürlich bei 80 oder 100 Einwohnern keine Leistungsfähigkeit. Ich kann in diesen Regionen nicht investieren, um uns voranzubringen, um auch jungen Menschen wieder eine attraktive Wohnortlage zu geben, um entsprechende Angebote zu unterbreiten. Wir brauchen doch hier eine Lösung. Es hilft mir nicht, wenn jeder versucht, nur nach seinem eigenen Schema zu denken - da nehme ich unsere Bürgermeister nicht aus - und sich selber zu retten zulasten von anderen, die dann darüber stolpern und wirtschaftlich auch keine Leistungsfähigkeit mehr haben. Deshalb muss man dort ein Gesamtkonzept bündeln. Wer soll es denn tun, wenn nicht wir? Warum sollen wir denn nicht hier auch noch Verantwortung mit wahrnehmen? Natürlich muss das in Absprache mit den Menschen erfolgen - ich will nicht über ihre Köpfe hinweg Maßnahmen -, aber wir müssen mit ihnen gemeinsam eine Gesamtlösung finden. Da kann es nicht sein, dass jeder nur an seinen eigenen Kirchturm denkt. Da müssen wir für unsere Regionen Lösungen finden, die akzeptabel sind. Da braucht es wirklich einmal einen Draufblick und nicht nur das einzelne Kirchturmdenken. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Adams von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade den Ruf gehört mit der Frage, ob das jetzt das letzte Wort ist. Es kommt ganz darauf an, wie wir auseinandergehen wollen in einer solchen Debatte.

Herr Heym, ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken. Sicherlich können Sie sich vorstellen, dass innerhalb von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN es ein Prädikat ist, von Ihnen angegriffen zu werden, und auch mit den Worten, die Sie als Angriff nutzen.

(Beifall DIE LINKE)

Es zeigt ein Stück weit Ihre Vaterlandsorientierung, aber Sie haben den Ordnungsruf dafür erhalten.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das war es mir auch wert.)

Es ist mir im Übrigen eine Freude, von Ihnen beschimpft zu sein, weil es ganz klar zeigt, wo der Unterschied zwischen uns liegt, nicht nur zwischen unseren Parteien, sondern vielleicht auch zwischen uns persönlich. Was ich jedoch nicht akzeptieren werde und ich glaube, dass es das Präsidium einfach überhört hat, dass Sie hier mit dem Begriff „Fahrendes Volk“ operieren. Ich fordere Sie deshalb von hieraus auf, sich unverzüglich bei den Sinti und Roma zu entschuldigen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Oder lieber Herr Heym, Sie kriegen ja gerade einen Lachkrampf, erklären Sie mal, was Sie mit dem Begriff bezwecken wollten und was man Ihrer Meinung nach darunter versteht.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das er- kläre ich Ihnen auch.)

Sie meinen sicherlich nicht, dass ich Tourismuspolitiker bin. Ich würde Sie bitten, doch einfach ein bisschen aufzupassen, welche Wortwahl Sie treffen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das müssen Sie gerade sagen.)