Protocol of the Session on April 29, 2010

Meine Damen und Herren, „Wer ein Ziel will, darf den Weg nicht scheuen.“ - so Theodor Fontane. Deshalb werden wir als gemeinsame Aufgabe von

Kulturakteuren, Land und Kommunen ein Leitbild Kulturland Thüringen entwickeln als Grundlage eines nachhaltigen Kulturkonzepts. Damit bietet sich die Chance, tatsächlich planerisch gestaltende Rahmenvorgaben für die künftige Ausrichtung der Kultur in Thüringen zu schaffen. Das wird sicher kein leichter Prozess werden, aber ich bin überzeugt, dass er uns gelingen kann. Denn Kulturförderung ist keine Subvention, Kulturförderung ist Investition in die Zukunft. Ich denke, wir sollten uns klar sein, Kultur ist kein Luxus, Kultur ist unser Leben. Herzlichen Dank.

Danke, Herr Abgeordneter. Aus der Mitte des Hauses liegen mir im Augenblick keine weiteren Wortmeldungen vor. Deshalb rufe ich den Kultusminister auf.

Also auf meinem Redeentwurf steht auch „Frau Präsidentin“, aber es stimmt ganz offensichtlich immer noch nicht.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung ist jetzt seit knapp sechs Monaten im Amt. Wichtige Projekte sind auf den Weg gebracht, auch im Bereich von Bildung, Forschung und Kultur. Wir haben heute Morgen miteinander einen wichtigen Baustein auf diesem Weg diskutiert, das neue Kindergartengesetz. Wir haben in dieser Zeit einen Haushalt aufgestellt, einen Haushalt in ökonomisch sehr schwieriger Zeit. Ich will mich an dieser Stelle zunächst noch mal bei allen bedanken, die hier mitgearbeitet haben, sowohl in meinem eigenen Haus als auch alle, die sich in der Klausur an der Debatte beteiligt haben. Ich möchte mich auch bedanken für alle, die konstruktiv und engagiert mitgearbeitet haben bei der Beratung dieses Haushalts im Parlament, herzlichen Dank dafür.

Ein solcher Haushalt ist die Brücke zwischen „nötig“ und „möglich“. Das hat diese Debatte auch wieder gezeigt. Natürlich kann man verschiedene Felder benennen, wo man mit Leichtigkeit auch noch mehr Dinge beschreiben kann, die eigentlich nötig sind. Aber wir müssen das Mögliche dabei im Blick behalten, denn wir dürfen nicht vergessen, Europa kämpft noch immer mit der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte. Die Bundesregierung - und das sage ich auch noch mal mit Blick auf die Kollegin und Kollegen von der FDP - hat auf diese Krisensituation mit einer Rekordverschuldung von 80 Mrd. € reagiert, die höchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Das hat auch Gründe; der Grund liegt darin, dass es überhaupt keinen Sinn macht, der Krise hinterherzu

sparen und in einer ökonomisch ohnehin instabilen Situation die Konjunktur abzuwürgen. Das hätte fatale Folgen für Wirtschaftsentwicklung, für Arbeitsmarkt und damit auch auf zukünftige Staatseinnahmen.

Sicher - auch darauf ist hingewiesen worden - andere Bundesländer, auch im Osten, stehen zum Teil besser da als Thüringen und kommen auch in diesem Jahr mit geringerer Neuverschuldung aus. Aber das hat auch Gründe. Die Gründe liegen in dort getroffenen vorausschauenden Strukturentscheidungen der vergangenen Jahre und deshalb hat die neue Landesregierung diese Aufgabe auch sofort angepackt. Wir haben unter Vorsitz der Finanzministerin eine Haushaltsstrukturkommission eingesetzt, die Vorschläge dazu macht, wie auch Thüringen in den nächsten Jahren auf einen Pfad der Konsolidierung kommt und welche Strukturveränderungen dazu notwendig sind. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, langfristig mehr zu sparen, ist eine wichtige Aufgabe.

Die wichtigste Aufgabe von Politik ist allerdings, Zukunft zu gestalten. Und das ist eine uralte Weisheit. Wir müssen das Saatgut von morgen über den Winter bringen. Wer das nicht schafft, hat keine Kraft für das nächste Jahr. Dieses Saatgut heißt: Bildung und Forschung. Nur wenn wir hier genug säen, können wir morgen ausreichend Wachstum, Arbeitsplätze und dann natürlich auch staatliche Einnahmen ernten. Diese Erkenntnis setzt sich überall immer stärker durch. Deshalb stehen wir auch kurz vor dem Beschluss einer Qualifizierungsinitiative für Deutschland. Das Ziel ist schon im letzten Jahr von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten beschrieben worden, 10 Prozent des gesamten deutschen Bruttoinlandsprodukts sollen künftig für Forschung und Bildung ausgegeben werden. Bund und Länder werden sich über das „Wie“ in den kommenden Wochen verständigen.

Damit setzen sich Bund und Länder ein ambitioniertes Ziel. Und wer sich den Haushalt anschaut, den wir Ihnen vorgelegt haben, der kann sehen, Thüringen ist auf dem richtigen Weg. Wir stehen zur Verantwortung für die Kindergärten, für die Schulen und für die Hochschulen. Wir fördern Wissenschaft, Forschung und Kultur. Der Haushalt 2010 dokumentiert dieses.

Ich will noch einmal etwas zu den großen strukturellen Linien in diesem Haushalt und im Einzelplan sagen. Ich glaube, das ist auch nach dieser Debatte wichtig, jedenfalls so, wie sie von der FDP hier geführt worden ist. Den Effekt kennt, glaube ich, jeder, der schon einmal in Gremienarbeit gesessen hat: Diejenigen, die den großen Überblick über die strukturell wichtigen Entscheidungen und Ausgaben

nicht haben, halten sich in der Debatte an der Kaffeemaschine fest. Genau das haben wir bei der FDP heute auch gesehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, es geht hier darum, wirklich strukturell richtige Entscheidungen zu treffen über die wichtigen Zukunftsinvestitionen. Als Erstes verstärken wir die Investitionen in die frühkindliche Bildung. Das haben wir heute Vormittag diskutiert und im Haushaltsentwurf sind die erforderlichen Mittel für die Novelle des Kindertagesstättengesetzes bereitgestellt. Ich will es noch mal sagen: Im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von mehr als 40 Mio. €, wir finanzieren alle zusätzlichen Kosten der Kita-Novelle aus Landesmitteln.

Der zweite große Bereich ist der Schulbereich. Auch hier setzen wir deutliche Akzente. Auch hier versuchen wir, die Aufgabe mit einem langfristigen Blick anzupacken. Deshalb reagieren wir auch schon jetzt auf den drohenden Lehrermangel, der ab dem Jahr 2014/2015 sichtbar wird. Deshalb haben wir vereinbart, ohne zusätzliche Stellen im Haushalt bereitstellen zu müssen, dass wir über die Aussetzung der Realisierung von Sperrvermerken bei Lehrerstellen die Möglichkeit haben, neue Lehrerinnen und Lehrer in den Schuldienst zu bringen. Das ist ein ambitioniertes Vorhaben, aber wir waren uns gemeinsam einig, wir wollen keine Stellenausweitung insgesamt im Landeshaushalt und wir müssen deshalb die bestehenden Möglichkeiten nutzen.

Frau Klaubert, Sie haben hier die Schulpsychologen angesprochen. Ich habe es an anderer Stelle im Plenum schon deutlich gemacht, wir wollen zusätzliche Einstellungen vornehmen. Sie wissen auch, dass die Schulpsychologen dann an den Schulämtern beschäftigt sind, nicht an den einzelnen Schulen, und dann für mehrere Schulen auch entsprechend zur Verfügung stehen. Es gibt eine Empfehlung der Kultusministerkonferenz, welcher Schlüssel an Schulpsychologen sinnvoll ist und wir wollen möglichst rasch diese Zahl erreichen. Wir nutzen dazu den bestehenden Einstellungsspielraum.

Natürlich ist klar, dass wir auch Zielkonflikte in diesem Bereich haben und auch das ist bei Ihnen deutlich geworden. Auf der einen Seite besteht der Wunsch, den Lehrerinnen und Lehrern, die jetzt angestellt sind, die sich im Floating befinden, größere Stundenumfänge zuzugestehen, weil die Ungleichbehandlung zwischen Angestellten und verbeamteten Lehrerinnen und Lehrern in den Schulen auch ein Spannungsfeld ist, was wir entschärfen wollen. Aber klar ist auch, je weiter wir dabei gehen, desto geringer sind die Einstellungsmöglichkeiten für neue Lehrerinnen und Lehrer. Diesen Zielkonflikt müssen wir sinnvoll ausbalancieren, daran führt kein Weg vorbei. Wir

sind im Moment auch noch in einer Situation, in der wir Stellenüberhänge in den Regelschulen und den Gymnasien haben und nicht sozusagen Lücken, die wir füllen können.

Frau Hitzing, Sie haben die Personalkosten angesprochen - jetzt ist sie gerade nicht da - und auch ein spezielles Beispiel dazu genannt. Ich bin Frau Sojka dankbar, die auch im Ausschuss, glaube ich, mit dabei war als diese Frage schon einmal gestellt worden ist von der FDP und ganz deutlich beantwortet worden ist. Es hat damit zu tun, dass auch Angestellte auf Beamtenstellen geführt werden, aber natürlich dann an anderer Stelle etatisiert werden.

Noch einmal mit Blick auf die FDP: Bitte bereiten Sie sich auf nächste Haushaltsdiskussionen etwas gründlicher vor. Sie haben die Möglichkeiten, Nachfragen zu stellen zum Haushalt, Aufklärung zu verlangen. Dann kommen Sie am Ende auch nicht mit unsinnigen Anträgen, die nur dazu führen, dass weniger Lehrer bezahlt werden können und Stundenausfälle in den Schulen entstehen würden.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich möchte auch etwas zu den Hochschulen sagen. Das erste Gesetz dieser Landesregierung, das dieses Parlament passiert hat in der neuen Legislaturperiode, war das Gesetz zur Abschaffung der Verwaltungsgebühren. Wir haben damit die Hochschulen in Thüringen noch ein Stück attraktiver gemacht für Studierende. Das war auch ein wichtiger und richtiger Schritt. Denn wir wissen aus sehr umfangreichen Befragungen von Studierenden, welches die Motive sind für Studieren in Thüringen. Die Hochschule in Jena, die Friedrich-Schiller-Universität, hat uns dazu eine umfangreiche Erhebung vorgelegt. Ein wichtiger Punkt für die Studierenden ist, dass das Studium in Thüringen gebührenfrei ist und deshalb ist es hier eine wichtige Verbesserung für die Attraktivität des Studienplatzes Thüringen. Wir haben nicht wahnsinnig viele Möglichkeiten, um Zuwanderung nach Thüringen zu erzeugen. Unsere Hochschulen sind eine solche Möglichkeit. Sie können Magneten sein für junge Leute aus der ganzen Bundesrepublik hierherzukommen, hier eine Ausbildung zu machen und vielleicht im Anschluss auch hier einen Job zu finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber das ist nicht das Einzige, was wir tun. Wir kümmern uns um die Studierenden - neben der Verbesserung des BAföG, das ist eine gemeinsame Entscheidung von Bund und Ländern - auch durch die Verbesserung der Finanzsituation der Studentenwerke und ein Programm für studentisches Wohnen, die mit dem neuen Haushalt geplant sind, um die Wohnsituation zu entspannen. Insgesamt sind für die Thüringer Hochschu

len in diesem Jahr über 40 Mio. € zusätzlich veranschlagt. Ein großer Teil davon ist durch die Personalkostensteigerungen, also durch die Tarifsteigerungen, verursacht. Aber wir schaffen auch an anderen Stellen neue Spielräume. Das ist gut investiertes Geld in die Zukunft unseres Landes, denn Hochschulen sind Triebfedern für die Entwicklung insgesamt. Einen Schub bekommt auch der Bereich Forschung und Innovation. Hier sind wir über Verträge in vielen Fällen ja gebunden in der gemeinsamen Finanzierung mit dem Bund bei Forschungseinrichtungen. Hier gibt es gegenüber dem Jahr 2009 ein Plus von 9 Mio. €, auch hier eine zusätzliche Kraftanstrengung trotz schwieriger Zeit. Mehr Bildung, mehr Wissen, immer neue Technik, aber die Gesellschaft muss auch mit diesen Dingen umgehen können, das alles muss für uns beherrschbar bleiben. Spätestens an diesem Punkt - Hans-Jürgen Döring hat das hier auch angesprochen - kommt die Kultur ins Spiel. Nur wenn wir unsere kulturellen Wurzeln ernst nehmen, wenn wir sie pflegen, wenn wir kulturelle Verwurzelung haben, haben wir Sicherheit für Neues, können wir uns Veränderungen stellen. Menschen brauchen starke Wurzeln, damit sie Neues auch zulassen und anpacken können.

(Beifall SPD)

Wenn das nicht gegeben ist, dann wehrt sich eine Gesellschaft gegen Veränderungen, die sie nicht bewältigen kann. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir auch im Kulturbereich neue Impulse gesetzt haben und diesen Bereich sehr ernst nehmen. Die erste Regierungserklärung der Ministerpräsidentin hat auch deutlich gemacht, das ist nicht nur ein Vorhaben des neuen Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur, sondern ein Vorhaben, hinter dem die gesamte Landesregierung steht.

(Beifall SPD)

Wir haben deshalb die Programme gerade auch in der Projektförderung ausgebaut. Wir haben die Investitionen in Museen verstärkt, auch die Vorbereitung des Reformationsjubiläums, eine Aufgabe, die vom ganzen Haus ja auch unterstützt worden ist in den Debatten der vergangenen Wochen. Wir haben die Klassik Stiftung Weimar als eine der wichtigsten Kulturstiftungen in Deutschland gestärkt. Die Klassik Stiftung Weimar ist die drittgrößte Kulturstiftung in Deutschland mit erheblichem Gewicht für die kulturelle Entwicklung nicht nur hier in Thüringen, sondern für unser Land insgesamt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, Frau Klaubert hat es vorhin so formuliert: „Wir hätten gern noch mehr im Kulturbereich.“ Natürlich kann ich mir das auch vorstellen, aber wir müssen mit begrenzten Möglichkeiten umgehen. Ich will an

dieser Stelle eine Bitte äußern. Bitte sorgen Sie mit dafür, überall dort, wo Sie in den Kommunen mit in Verantwortung sind - und ich weiß, dass viele von Ihnen auch in kommunalen Parlamenten sind -, dass auch die Kommunen ihrer kulturellen Verantwortung gerecht werden. Es kann nicht funktionieren in schwierigen Zeiten, dass die Kommunen ihre eigenen kulturellen Ausgaben zusammenstreichen und dann sagen, bitte Land, spring in die Lücke ein. Auch das Land hat nur begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung. Wir sind an die Grenzen des Möglichen gegangen, aber mehr ist an dieser Stelle nicht drin. Die Kommunen müssen ihrer Verantwortung in diesem Bereich auch gerecht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Haushalt ist immer ein Kompromiss zwischen Notwendigem und Machbarem. Das haben die intensiven Beratungen der vergangenen Wochen gezeigt. Ich will mich zum Schluss noch einmal bedanken für die intensive Mitarbeit und bitte Sie um Zustimmung zu diesem Haushalt. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, SPD)

Danke, Herr Minister. Ich frage: Gibt es aus dem Haus noch Redebedarf? Das ist nicht der Fall und ich schließe die Debatte zum Einzelplan 04.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gab im Ältestenrat die Vereinbarung, dass wir uns gegen 19.00 Uhr in den Fraktionen darüber verständigen, wie wir denn gedenken, den Tag noch weiter zuzubringen. In der ersten Phase gibt es jetzt zwischen den Fraktionen folgende Verständigung. Wir machen heute auf jeden Fall noch die Einzelpläne 05 und 06, und ich habe auch gehört, es gibt eine ganz große Tendenz, dann auch den 07er Haushalt heute noch zu machen. Also 05 und 06 zunächst definitiv, informieren Sie alle, die Ihnen nahestehen, dass das Abendessen heute noch etwas zu warten hat.

Insofern eröffne ich jetzt die Debatte zum Einzelplan 05 - Justizministerium - und gebe das Wort dem Abgeordneten Blechschmit von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE hat immer schon besonderen Wert auf die Stärke der sozialen Funktion und Aufgabe von Justiz gelegt. Eine sehr wichtige Funktion ist der Zugang zu Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung ohne soziale Benachteiligung zu gewährleisten. Bei der Prozesskostenhilfe ist die Landesregierung auf wiederholtes Drängen von PDS und LINKEN dazu

übergegangen, einen Haushaltsansatz zu wählen, der dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Dies begrüßen wir.

Ähnlich wichtig ist aber auch die Beratungshilfe. Sie ermöglicht Betroffenen, besonders in sozial und finanziell schwierigen Situationen, eine kostenlose Erstberatung bei einem Anwalt, damit erst einmal geklärt werden kann, welche weiteren Schritte zur Rechtsdurchsetzung bzw. zum Rechtsschutz sinnvoll und notwendig sind. Immer mehr Menschen sind in existenziell wichtigen Bereichen wie Mietrecht, Familienrecht oder Sozialrecht von rechtlichen Problemen betroffen. Immer weniger Menschen, gerade in Ostdeutschland in den neuen Bundesländern, können sich noch Rechtsschutzversicherungen leisten, umso wichtiger werden Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe. Doch immer wieder erfahren wir von Betroffenen, dass ihnen die Erteilung von Beratungsscheinen durch die Gerichte verweigert wurde mit dem Argument: Der Haushaltstopf ist schon leer. Besonders gegen Ende des Jahres gibt es verstärkt solche Fälle. Deshalb hat DIE LINKE im Haushalts- und Finanzausschuss einen Änderungsantrag auf die Erhöhung des Haushaltsansatzes für die Beratungshilfe um 250.000 € gestellt. Dieser Antrag hat im Ausschuss leider keine Mehrheit gefunden, was wir als LINKE angesichts der Betroffenen und der dargestellten Fakten für äußerst kritikwürdig halten.

Meine Damen und Herren, hinsichtlich der Beachtung sozialer Aspekte im Justizvollzug ist - so seltsam das klingen mag - die Neuerrichtung einer Justizvollzugsanstalt dringend geboten. Es gibt hier offensichtlich auch schon Vorüberlegungen über Standorte, an denen ich mich hier nicht beteiligen werde. Fest steht aber seit Langem, dass die Unterbringungsbedingungen in den Justizanstalten Hohenleuben und Gera nicht mehr den geltenden Standards entsprechen, so dass eine zeitgemäße Vollzugsgestaltung praktisch nicht mehr möglich ist - Stichwort Unterbringung von sechs Gefangenen in einem Raum. Auch die Arbeitsbedingungen der Bediensteten gestalten sich durch diese Umstände äußerst schwierig. Mit Blick auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist auch der neue Haushaltstitel für die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen beim Amtsgericht Mühlhausen zu begrüßen. Dennoch fordert DIE LINKE, einen neuen Titel zumindest für die Planungsleistungen der JVANeubauten aufzunehmen. Der Beginn der Arbeiten in diesem Projekt darf nicht weiter hinausgezögert werden. In der Planungsphase sollten auch schon die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den Ländern Sachsen und Sachsen-Anhalt geprüft werden.

Meine Damen und Herren, eine weitere wichtige „Baustelle“ im Bereich des Justizvollzugs ist die Behebung des Personalproblems der ärztlichen Versorgung der Thüringer Justizvollzugsanstalten. Das

Problem ist schon länger in Bearbeitung. Personalgewinnungsprogramme und damit verbundene andere Maßnahmen würden nun langsam vonnöten sein. Deshalb stellt DIE LINKE einen entsprechenden Entschließungsantrag zur Überprüfung der Arbeitsbedingungen von Ärzten in den JVAs. Zu prüfen wäre in diesem Zusammenhang auch, ob man der wiederholten Empfehlung des Thüringer Rechnungshofs folgen und es in Thüringen wieder öffentlich angestellte Anstaltsärzte geben sollte.

Der Entschließungsantrag zur Schaffung bzw. Verstärkung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Wirtschaftsstrafsachen lässt sich nicht unbedingt aus der sozialen Funktion der Justiz ableiten, aber aus ihrer Aufgabe der Gleichbehandlung bei Strafverfolgungen. Es wird zu Recht von Bürgerinnen und Bürgern als ungerecht und skandalös empfunden, wenn etwaige Strafsünder und Wirtschaftskriminelle unter Umständen ungeschoren davonkommen, weil ihr Fall wegen fehlender Ermittlungskapazitäten verjährt ist. Die Diskussion um den Kauf der Steuersünder-CD hat nochmals deutlich gemacht, dass im Bereich der Wirtschaftskriminalität die Ermittlungskapazitäten aufgestockt werden müssen, zumal es sich dabei meist um sehr komplexe Sachverhalte handelt und die Anzahl der Straftaten weiter zunimmt.

Abschließend: Dieser Entschließungsantrag zu den Schwerpunktstaatsanwaltschaften korrespondiert insoweit, meine Damen und Herren, auch mit den Anträgen der LINKEN zur Aufstockung des Personals im Bereich der Steuerprüfung. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Blechschmidt. Es hat jetzt Abgeordnete Marx von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mit einem Zitat beginnen. Es lautet: „Alles wäre verloren, wenn ein und derselbe Mann oder dieselbe Körperschaft der Fürsten, des Adels oder des Volkes diese drei Gewalten ausübte: Gesetze zu erlassen, sie in die Tat umzusetzen und über Verbrechen und private Streitigkeiten zu richten.“ Diesen wunderschönen Satz hat Montesquieu aufgeschrieben in seinem berühmten Werk „De l’esprit des lois“ („Vom Geist der Gesetze“) und das war schon etwas länger her, nämlich schon im Jahr 1748.

(Beifall CDU)

Dieser Satz ist dennoch wichtig, denn er gilt als Grundlage unserer Gewaltenteilung, die Teilung in Legislative, Exekutive und Judikative. Die finden wir heute in Artikel 20 Abs. 2 unseres Grundgesetzes als dreigeteilte Staatsgewalt wieder, die vom Volke ausgeht und dort garantiert wird. Die Gewaltenteilung gehört mit in den Katalog der Artikel des Grundgesetzes, die der Verfassungsgeber vor nunmehr über 60 Jahren mit der sogenannten Ewigkeitsgarantie versehen hat. Das heißt, dieser Grundsatz kann, solange unser Staat existiert, nicht abgeändert werden.

Unabhängig davon, ob Montesquieu’s Verfassungsgrundsätze heute noch uneingeschränkt anwendbar sind, bleibt seine soziologische Erkenntnis über die Bedingungen der Freiheit gültig, die Einsicht, dass Freiheit und Recht nur da gewährleistet sein können, wo Pluralismus und ein Gleichgewicht gesellschaftlicher Kräfte vorhanden sind.

Warum, liebe Kolleginnen und Kollegen, komme ich Ihnen jetzt damit am Ende dieses noch nicht endenden langen Tages? Ich möchte Ihnen deutlich machen, wir arbeiten im Justizressort zusammen mit dem Ministerium nicht nach Belieben, sondern wir haben Vorgaben der Verfassung zu erfüllen. Wir haben Pflichtaufgaben mit Verfassungsrang. Dazu gehört, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Judikative ihre Aufgaben pflichtgemäß sowohl unabhängig von uns als dem Gesetzgeber und auch unabhängig von der Regierung erbringen kann. Diese hochrangige nicht in unsere Dispositionsbefugnis gestellte Aufgabe wird haushalterisch im Einzelplan 05 untersetzt. Natürlich geht es heute nicht darum, für Richter Thronsessel zu erwerben oder Justizpaläste zu schaffen. Die berühmten Justizpaläste, die wir heute noch in mancher großen Stadt bewundern können, entstanden vor allem im späten 19. und frühren 20. Jahrhundert als Repräsentationsbauten eines noch feudalistischen Machtgefüges. So prächtig wie seinerzeit müssen moderne Gerichte sicher nicht sein. Aber Recht kann nicht in Kellerräumen gedeihen, wie das bis zum Bezug des neuen Sozialgerichts in Nordhausen bis zum Anfang dieses Jahres noch versucht werden musste und der Fall gewesen ist, als ein Kellerraum im hoffnungslos überlasteten alten Gebäude als Verhandlungssaal genutzt werden musste. Es geht deshalb nicht nur heute darum, als dauernde Aufgabe die dritte Gewalt in Ausstattung und Handlungsmöglichkeiten mit den anderen Gewalten gleichzustellen. Lange Wartezeiten bei Gerichten und veraltete Haftanstalten sind nicht einfach nur Missstände, bei deren Beseitigung mit anderen Behörden in Zeiten knapper Kassen in Konkurrenz getreten wird, die dritte Gewalt hat einen Anspruch auf Gleichstellung, weil sie der Garant der Bürger ist vor staatlicher Willkür oder der, vor bösen Nachbarn effektiv und zeitnah geschützt zu werden. Gerechtigkeit und Schutz vor

Unrecht können nicht auf eine Wartebank oder eine normale Behördenausbauliste gesetzt werden. Wir begrüßen daher ausdrücklich den Aufwuchs an Richterstellen im Bereich der Sozialgerichte und die weitere Modernisierung veralteter Haftgebäude. Dass die überfällige Renovierung der Amtsgerichte Rudolstadt und Mühlhausen in diesem Haushaltsjahr jeweils nur ein Leertitel geworden ist, ist schade, wir können aber, hoffe ich, die Positionen bald füllen. Die Modernisierung der technischen Ausstattung kann auch nicht unbegrenzt verschoben werden.