Protocol of the Session on July 18, 2014

Wie wir alle wissen, befinden wir uns am Anfang einer neuen EU-Förderperiode, 2014 bis 2020, einer Förderperiode, die trotz gewisser Mittelreduzierungen nicht unerhebliche 2,3 Mrd. € in unser Land fließen lässt. Das sind in der Summe die Mittel aus EFRE, ESF und ELER. Dass dies vom Fördervolumen her nach 2020 nicht mehr der Fall sein wird, dürfte uns allen klar sein. Um diesen zumindest bis 2020 vorhandenen Geldfluss auch zu ermöglichen, die EU-Mittel und sonstige Mittel effektiv einzusetzen sowie die neuen Förderrahmenbedingungen zu erfüllen, waren erhebliche Hausaufgaben zu erledigen und sind zahlreiche EU-Vorgaben zu beachten. Dazu zählen bekanntlich auf der Grundlage der Wachstumsstrategie Europa 2020 Stärken- und Schwächenanalysen der wirtschaftlichen und sonstigen Entwicklung in Thüringen, die Erstellung der Operationellen Programme für EFRE und ESF und natürlich auch das Entwicklungsprogramm für den ELER, die Anpassung der Landes- und Förderrichtlinien an die EU-Verordnung, die Bearbeitung der GRW-Richtlinie, die RIS3-Strategie und vieles mehr.

Inhalt oder Gegenstand dieser Veränderungen oder Schwerpunktverlagerungen in der Wirtschafts- und Innovationspolitik in Thüringen sind - sehr verkürzt dargestellt - unter anderem:

1. Nahezu ausschließliche Förderung von KMU;

2. Förderung von Großunternehmen nur noch in Einzel- bzw. Ausnahmefällen;

3. weniger Gewährung von nicht rückzahlbaren Zuschüssen und mehr Gewährung von zinsgünstigen und rückzahlbaren Darlehen aus revolvierenden Fonds;

4. weg vom Zwang der Schaffung neuer Arbeitsplätze und hin zur Bestandssicherung unserer Unternehmen einschließlich einer Qualifizierung in technologischer, innovativer und humankapitalbildender Hinsicht;

5. stärkere Konzentration der Förderung auf Steigerung der Produktivität, Steigerung der Ausgaben für Forschung, Entwicklung und Innovation von gegenwärtig 2,3 Prozent des BIP auf 3 Prozent sowie Erhöhung und Internationalisierung und

6. stärkere Akzentuierung der Förderung des Technologietransfers zwischen Kooperation und Vernetzung von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen.

All dieses, meine Damen, meine Herren, sollte dazu beitragen, dass unsere KMU ihr Potenzial entfalten, so den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft und damit die Lebensqualität bei uns im Freistaat verbessern, so wie es das HWWI im Thüringer Mittelstandsbericht auch beschrieben hat. Dass dieses nicht so einfach ist und wird, dürfte uns allen klar sein, weil natürlich auch die Solidarpaktmittel und die EU-Mittel weniger werden.

Gleichwohl, meine Damen, meine Herren, zum Ziel „Innovationskraft des Mittelstandes stärken“ sagen wir eindeutig „Ja“; zum FDP-Antrag, der durchaus Positives enthält, allerdings nach Abwägung „Nein“. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Hausold von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, es wurde schon darauf verwiesen, wir haben uns mit dem Thema verschiedentlich befasst. Die Kollegin Siegesmund hat betont, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen ähnlichen Antrag zur Debatte gestellt hatten. Wir hatten schon vorher in anderem Zusammenhang einmal die Fragen der Technologieförderung aufgerufen. Also insofern hatten wir schon reichliche Debatten zu diesen Fragen. Nichtsdestotrotz, richtig ist natürlich, dass diese Thematik, die die FDP hier schon seit Längerem als Beratungsgegenstand vorgeschlagen hat, im Grunde genommen ständig auf Tagesordnungen und in Debatten

des Parlaments eine Rolle spielen kann, weil dies ich glaube, mein Vorredner hat das einigermaßen verdeutlicht - natürlich auch ein ständiges Anliegen parlamentarischer Arbeit in Bezug auf Wirtschaftspolitik ist.

Was meine Fraktion angeht, so will ich noch einmal deutlich sagen: Jawohl, die Fragen der Innovation im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Entwicklung spielen eine herausgehobene Rolle. Wir werden uns deshalb meiner Auffassung nach in der Zukunft sogar noch in stärkerem Maße damit befassen müssen.

Allerdings - und das will ich auch sagen - vieles von dem, was in dem Antrag steht, wurde von Herrn Minister Höhn bereits in der 148. Sitzung am 20.03. in seinem Sofortbericht zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr ausführlich und aus meiner Sicht auch sehr nachvollziehbar erörtert.

(Beifall DIE LINKE)

Insofern noch einmal einige Bemerkungen zur Thematik an sich: Ja, wir haben eine Situation - das wissen wir alle und das betonen wir immer wieder in den Debatten -, dass Thüringer Unternehmen sehr kleingliedrig sind, dass 95 Prozent unter zehn Beschäftigte haben. Hier ist es trotzdem so, dass sich diese Prozentzahl nicht immer in den Förderverhältnissen widerspiegelt. Gegenwärtig ist es so, dass ein umfangsgerechter Fördermittelanteil an diese Kleinen und Mittleren sozusagen entsprechend ihrem Gewicht in der Thüringer Wirtschaft nicht in dem Maße erfolgt. Das ist sicherlich auch für die Zukunft eine wichtige Aufgabe, weil - darauf will ich noch mal verweisen - insbesondere die Kleinteiligkeit unserer Unternehmen eine wichtige Rolle in diesen Fragen spielen muss. Dass wir in einem Paradigmenwechsel sind, den die Landesregierung und das Wirtschaftsministerium in gewisser Weise eingeleitet haben, will ich durchaus bestätigen. Wichtig ist allerdings, das auch in der Folgezeit insgesamt mehr und mehr zum Durchbruch zu bringen. Damit sind eine ganze Reihe sehr konkreter Fragen verbunden. Eine will ich hier noch einmal herausgreifen, das ist immer wieder die Frage: Was technisches Know-how betrifft, was Forschung und Entwicklung betrifft, benötigen wir im Land eine viel stärkere Verzahnung zwischen Forschungsinstituten, Einrichtungen, Hochschulen und den kleinen und mittelständischen Unternehmen. Dafür braucht es Rahmenbedingungen, und diese Rahmenbedingungen müssen wir in den nächsten Jahren aus politischer Verantwortung stärker ausbauen.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Das steht in dem Antrag.)

(Abg. Wucherpfennig)

Ich hatte nicht bemerkt, dass in Ihrem Antrag lauter falsche Sachen stehen, Herr Kemmerich, davon bin ich weit entfernt. Das war nicht meine Rede. Ich habe darauf verwiesen, dass wir das hier schon häufig miteinander beraten haben.

Ich will auch noch einmal auf ein Problem aufmerksam machen, worüber wir meiner Meinung nach zu wenig deutlich reden, wenn es um die Betriebsgrößen geht. Natürlich können wir sagen, diese Kleinteiligkeit der Thüringer Wirtschaft hat Vorteile und wir müssen sie stark zur Geltung bringen. Wir müssen sie bei der Förderung beachten. Aber wir müssen auch Möglichkeiten im stärkeren Maße schaffen, damit diese Kleinteiligkeit dort, wo es die konkrete Entwicklung des Unternehmens hergäbe, überwunden werden kann. Da haben wir immer noch gewisse Schwellen, die dies immer wieder verhindern. Eine ist eben, und das ist, denke ich, von uns gemeinsam richtig erkannt, auch die Frage der Innovationsförderung und der Überführung von innovativen Produkten in eine regelmäßige Produktion, einschließlich allem, was da im Vorfeld und danach dranhängt. Ich denke, die Bemühungen des Ministeriums gehen in diese Richtung. Eine andere - ich werde ich nicht müde, das immer wieder zu betonen - ist die Frage der Eigenkapitalsituation. Auch hier, denke ich, sollten wir Wege beschreiten, die Neuland sind, sollten die politischen Impulse dafür setzen, zum Beispiel auch für eine herstellbare Beteiligung von Forschungseinrichtungen an Unternehmen, um dort in gemeinschaftliche Projekte zu kommen. Das alles wäre auch von den politischen Rahmenbedingungen her eine Innovation und würde im wahrsten Sinne des Wortes diese Frage der Stärkung der Innovationskraft der Thüringer Wirtschaft stützen.

Insofern, meine Damen und Herren, glaube ich, dass wir uns gemeinsam darüber im Klaren sind, welche Anstrengungen in Zukunft notwendig sind. Wir sind nicht der Auffassung, dass der Antrag der FDP für uns in allen Punkten zustimmungsfähig wäre. Dort ist viel Richtiges enthalten, meine Fraktion wird sich deshalb bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Baumann von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, wieder haben wir einen Antrag zum Thema Innovationspolitik. Wahrscheinlich gehen den Kolleginnen und Kollegen der FDP die Themen aus und sie müssen immer das wiederholen, was wir schon

zigmal behandelt haben und was schon mehrfach gesagt wurde.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Aber es wird ja nicht umgesetzt, Herr Baumann. Um- setzen!)

Es ist doch so, wir reden jetzt das vierte Mal, glaube ich, innerhalb von vier Wochen über dieses Thema.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Warum macht die Union denn nichts?)

Sie hätten zum Beispiel beim letzten Plenum, als die Grünen den Antrag gestellt haben, einen Alternativantrag stellen können, da hätten Sie alles hineinschreiben können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So hätten wir das alles in einem diskutieren können. Nein, aber fünf Jahre haben nicht gereicht, damit Sie mitbekommen, wie die parlamentarischen Gepflogenheiten hier sind. Zudem kritisieren Sie Initiativen der Thüringer Landesregierung wie „Thüringen braucht dich“. Das trägt nämlich zum positiven Image dieses Landes bei und hat auch schon seine Wirkung gezeigt. Dann noch mit diesen Worten, was mich sehr geärgert hat, dass diese Landesregierung sozial-romantische Projekte umsetzt. Von welcher Kälte sind Sie bedroht? Von welcher Kälte? Das ist eigentlich, muss ich schon sagen, eine Frechheit, was Sie hier gesagt haben.

(Unruhe FDP)

Wir haben im März-Plenum über dieses Thema eingehend debattiert. Auch im Juni-Plenum hatten wir das auf der Tagesordnung, wenn man das ein Stückchen weiterfasst in der Teildebatte zur Regierungserklärung zur Hochschulstrategie. Wir haben mehrfach - es wurde schon gesagt - im Wirtschaftsausschuss darüber gesprochen. Die Landesregierung hat mehrfach ausführlich dargelegt, dass wir das Thema Innovation, Innovationsförderung sehr ernst nehmen.

Ich möchte an das diesjährige Weimarer Wirtschaftsforum vor wenigen Tagen erinnern. Ich zitiere ein paar Titel aus der Einladung: Einleitung „Zukunft Innovation“, Wirtschaftsminister Höhn; „Innovationsstrategie für Ostdeutschland“, Bundesforschungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka; „Innovationsnetzwerke 2020“, Prof. Dr. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. Ich möchte an die Regierungspressekonferenz vom 10. Juni erinnern - Thema „Regionale Forschungsund Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung für Thüringen. RIS3 Thüringen“. Wir brauchen die FDP nicht, um uns dieses Themas anzunehmen. Nein, wir haben das auch selbst im Blick, weil wir genau wissen, wie wichtig das für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung Thüringens, für die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze ist. Ich stelle

(Abg. Hausold)

mal die Frage, was ich jetzt noch Neues, Innovatives zu Ihrem Antrag sagen soll. Wahrscheinlich ist das gar nicht zielführend, da wir mit unseren Aktivitäten und Themen bei Ihnen, liebe Vertreterinnen und Vertreter der FDP hier im Haus, nicht durchdringen. Da dürfte die stetige Wiederholung von bereits Gesagtem und Getanem hilfreich sein, damit es bei Ihnen vielleicht noch einmal im Gedächtnis hängen bleibt. In diesem Sinne will ich Ihnen sagen, das Thüringer Innovationssystem hat sich gerade in der letzten Zeit sehr gut entwickelt. Die Landesregierung hat viele gute Initiativen und Projekte zur Innovationsförderung ergriffen und klare Schwerpunkte gesetzt, um auf Defizite...

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Welche denn?)

Ich will es nicht noch mal wiederholen, ich sage Ihnen dann noch einmal...

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Es sind einfach nur Behauptungen ohne Inhalt!)

Kramen Sie doch einfach mal in Ihrem Gedächtnis nach.

Herr Abgeordneter Kemmerich, ich habe keinen Bock, hier oben in meiner letzten Runde noch Ordnungsrufe zu verteilen. Sie haben anschließend 9 Minuten.

(Beifall SPD)

Dieses permanente Zwischenreden werde ich nicht mehr akzeptieren. Herr Abgeordneter, machen Sie weiter.

Danke, Herr Präsident. Die Landesregierung hat viele gute Initiativen und Projekte zur Innovationsförderung ergriffen und klare Schwerpunkte gesetzt, um auf Defizite in der Innovationspolitik angemessen zu reagieren und diese auszugleichen. Die wichtigsten will ich noch einmal kurz erläutern und für Ihr Gedächtnis anführen: „Zukunftsdiskurs 2020“ und das daraus resultierende „Zukunfts- und Innovationsprogramm Thüringen 2020“, den Trendatlas, Thüringer Wirtschafts- und Innovationsrat, RIS 3.

Nun zu einigen Punkten in Ihrem Antrag: Es ist unsinnig und schier falsch, wie Sie behaupten, die bisherige Wirtschaftspolitik folge einem falschen Ansatz, nämlich dem der Förderung von Großunternehmen, auch das zum wiederholten Male. Dass innovative Unternehmen schneller wachsen und international tätig sind, ist ebenfalls eine Behauptung Ihrerseits ohne jegliche Untersetzung. Technologieförderung wird in Thüringen durch die Landesregierung, durch das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie betrieben. Zudem

muss der Landtag nicht feststellen, dass Aufwendungen für Forschung und Entwicklung nachweisbar positive Beschäftigungseffekte haben, die Produktivität und das Lohnniveau steigern oder dass Innovationsvorhaben für viele Thüringer Betriebe mit hohen Fixkosten und Aufwand verbunden sind und kleine und mittelständische Unternehmen dadurch strukturell benachteiligt seien. Das sind allgemeine Feststellungen, die uns bekannt sind.

Der Landtag muss auch nicht fordern, die Wirtschaftspolitik des Freistaats auf eine mittelstandsorientierte und technologieoffene Investitionsförderung neu auszurichten, das ist schon so - auch das zum wiederholten Male. Es wird nicht richtiger, wenn Sie hier immer wieder behaupten, die erfolgte Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung sei Ausdruck einer Abkehr von irgendetwas. Das hat der Minister hier schon häufiger klargestellt. Die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung hat zuallererst mit der neuen EU-Förderperiode - auch das wurde heute hier schon einmal von meinen Vorrednern gesagt -, mit den dafür zur Verfügung stehenden EU-Mitteln zu tun, nicht mehr und nicht weniger, auch das zum wiederholten Mal. Gleiches gilt für den Punkt unter III. und IV.

Zu Ihren 10 Forderungen unter dem letzten Punkt Ihres hoch innovativen Antrags: Das sind ebenfalls Aspekte, die bereits durchgeführt werden und wünschenswert sind.