Protocol of the Session on March 26, 2010

Aber kommen wir zur Debatte um diesen Antrag. Wenn man nämlich den Antrag genau liest, der ist ja nicht sehr lang, der besteht ja genau genommen

aus einem Satz, der Rest ist Begründung, dann sieht man sehr schnell, worum es geht. Es geht nämlich nicht um den Inhalt an sich, wo wir ja gern darüber streiten können, wo wir darüber diskutieren können, wie wir uns beispielsweise auch in den Schulen dahin bewegen, dass es eine tatsächlich praxisnahe Berufsberatung beispielsweise gibt. Ob das immer zum Chefinnen- oder Chefsessel führen muss, das sei jetzt mal dahingestellt, aber dass es auf jeden Fall Bedarf gibt, mit Blick darauf, Mädchen und Jungen praxisnah und frühzeitig zu beraten über das Berufswahlspektrum, das ihnen offenstehen sollte, das steht ja außer Frage. Aber in dem einzigen Satz steht: „Die Landesregierung wird aufgefordert, das Lehrmaterial ‚Traumberuf Chef’ in den Lehrplan der Thüringer Schulen zu integrieren.“ Es geht also nicht um die Sache, sondern es geht um dieses Material. Da müssen Sie sich natürlich genau die Frage gefallen lassen, die Ihnen eben der Abgeordnete Metz gestellt hat.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Natürlich hätten Sie auch wissen müssen und wissen können, dass die Frage kommt, denn die benannten Gesellschaften waren bereits Gegenstand der Debatte sowohl im Hessischen Landtag als auch im Bundestag. Ich helfe Ihnen da gern auf die Sprünge.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Das brauchen Sie nicht, junge Frau.)

Das kann ich mir vorstellen, dass Sie meinen, dass wir das nicht brauchen.

Es gab einen Entschließungsantrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag, weil nämlich genau dort freihändig - so will ich es mal nennen - Aufträge an die benannten Agenturen vergeben wurden, nämlich an die hier führende Gestaltungsagentur Cicero Gesellschaft für Werbung und Kommunikation. Ich frage mich schon, wenn Sie mit diesem Antrag einfordern...

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: In der Schule würde ich sagen: Thema verfehlt, Sechs, setzen.)

Entschuldigen Sie bitte, Sie haben, glaube ich, hier überhaupt gar nicht das Recht, mir eine Schulnote zu erteilen. Ich habe Ihren Antrag vorliegen und spreche genau dazu. Sie haben beantragt, dass genau dieses Material von der benannten Agentur in die Lehrpläne zu integrieren ist, nicht das Thema an

sich, sondern dieses Material von dieser Agentur.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

(Unruhe FDP)

Und da erlaube ich mir jetzt, aus dem Plenarprotokoll aus Hessen einmal ein Stück weit zu zitieren, denn genau dort war diese ganze Thematik bereits einmal Thema, auch die Frage, warum eine Partei eigentlich im Mitbesitz von Werbeagenturen ist. Das ist eine Werbeagentur. Der Sinn von Agenturen ist nun einmal genauso wie von Unternehmen, Gewinne zu erzielen und die Gewinne den Eigentümern zur Verfügung zu stellen. Die Eigentumsverhältnisse wurden eben schon vom Abgeordneten Metz dargestellt. Das heißt, man muss sich schon überlegen, warum die FDP Agenturen besitzt, wenn die Gewinnerzielungsabsicht genau die benannte ist und wenn dann Aufträge - ich sehe das mal als Auftrag - an die Landesregierung erteilt werden sollen, die dazu führen, dass ein Lehrmaterial von der parteieigenen Agentur in die Thüringer Lehrpläne integriert wird, was dazu führen wird, dass natürlich Einnahmen erzielt werden von der Agentur. Diese Gelder werden selbstverständlich in die Finanzierung der Partei, sprich der FDP gelenkt, denn sie sind zur Hälfte der Eigentümer.

(Beifall SPD)

Deswegen müssen Sie sich selbstverständlich die Frage gefallen lassen, warum Sie dieses Material genau aufnehmen lassen möchten.

(Unruhe FDP)

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Wer hat denn Ihre Bierdeckel bezahlt?)

Die habe ich alle selbst bezahlt. Die hat nicht einmal die Fraktion bezahlt, ich persönlich, ganz privat habe die bezahlt.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass hier ganz offenkundig interessengeleitet eine bestimmte Lehrmappe für die Integration in den Lehrplan beschlossen werden soll. Dem können und werden wir in unserer Fraktion selbstverständlich nicht zustimmen. Wir können uns gern über Inhalte verständigen, auch beispielsweise darüber, was alles noch wichtig ist mit Blick auf das zukünftige Berufsleben, vielleicht auch darauf, wie wir Jugendliche ermutigen, später - wie Sie es immer so schön sagen - die eigene Chefin oder der eigene Chef zu werden, auch wenn das nicht alles im Leben sein kann, das sage ich ganz deutlich,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

aber dazu braucht es nicht diesen Antrag und schon gar nicht die Unterstützung dieses Materials. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Abgeordneter Emde das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, wir haben fast eine Punktlandung hingelegt mit unserer Geschäftsordnung. Ich will deswegen auch nicht zu lange reden, weil ich weiß, man möchte gern in die Wahlkreise zurückfahren;

(Heiterkeit und Beifall im Hause)

diejenigen, die einen haben, ich habe einen. Wo? Im schönen Ostthüringen.

Ich habe gesagt, ich will es kurzhalten, deswegen ein paar Sätze zu diesem Thema „Traumberuf Chef“. Dass Schüler lernen, meine Damen und Herren, was es bedeutet, als Unternehmer tätig zu sein und was dazugehört, einen Betrieb erfolgreich zu führen und dass es vielleicht auch ein lohnenswertes Ziel sein kann, sich selbstständig zu machen mit einer Geschäftsidee,

(Beifall CDU)

das ist wichtig für junge Leute und es ist ohne Zweifel richtig in diesem Land. Es ist in diesem Land besonders notwendig, weil wir ein Bundesland sind, in dem über Jahrzehnte unternehmerisch denkende Familien ausgemerzt wurden.

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Das halte ich für eine sehr vorsichtige Formulie- rung.)

Einen Beitrag zu dem Thema leistet Schule aber wirklich nur bedingt. Ich sage aber auch, es gibt an der Stelle sicherlich Reserven in der Schule. Zu bedenken ist der Umstand, dass Lehrer in der Regel nie Unternehmer sind, aber Unternehmer in der Regel auch wenig Einblick in das Innenleben von Schule haben. Das dürfte man als negative Gelingensbedingung benennen dürfen. Es gilt also für uns als

Politiker, dafür zu sorgen oder mitzuhelfen, dass es ein gegenseitiges Verständnis gibt, und es gilt zu vermitteln. Dies geschieht in diesem Land auch in vielfältiger Form. Der Bezug zum Lehrmaterial „Traumberuf“ ist der, dass ich sage, dieses Material kann hilfreich sein. Es ist auch ein Material, was durchaus in den Schulen zum Einsatz kommen kann. Man könnte Herrn Matschie bitten, die Schulen darüber zu informieren, dass es so ein Informationsmaterial oder Lehrmaterial gibt, aber ich sage auch ganz deutlich, dieses Material zum Gegenstand eines Lehrplans zu machen, widerspricht eindeutig dem Gedanken des schlanken und des standardorientierten Lehrplans. Das ist nicht zukunftsgerecht.

(Beifall CDU, SPD)

Ich kann mir eine Randbemerkung an die Kollegen aus der FDP-Fraktion nicht ganz verkneifen. Ich sage Ihnen, Sie sollten sich mal ein bisschen mehr Mühe machen mit Ihren Anträgen, denn wenn man die Pressemitteilung des Bundeswirtschaftsministers einfach nur kopiert am Computer, strg c und strg v und batsch habe ich alles auf dem Antragstext, das ist ein bisschen wenig.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will aber auch eines sagen und das auch ganz entschieden, denn gegen das Lehrmaterial gibt es in der Sache nichts einzuwenden, aber gegen den Vorwurf von Herrn Metz und jetzt auch noch die Worte von Frau Rothe-Beinlich zu Filzgeschäften, dagegen gibt es schon etwas zu sagen,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Haben Sie da mal reingeschaut?)

denn auch die SPD druckt und veröffentlicht bei Firmen, an denen sie beteiligt ist,

(Beifall FDP)

und sie ist nicht zu knapp an Medienunternehmen beteiligt. Das ist legal. Auch dieses Lehrmaterial ist legal, wie es zustande gekommen ist. Deswegen gibt es dagegen auch nichts zu sagen. Deswegen ist es nicht richtig, hier Filzgeschäfte vorzuwerfen, und es ist einfach nicht gut, wenn sich die Fraktionen in diesem Landtag solche Dinge gegenseitig vorwerfen. Am Ende fällt der Vorwurf zurück auf alle Fraktionen und auch auf die SPD-Fraktion.

(Beifall CDU, FDP)

Herr Emde, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke, keine Zwischenfrage.

Insofern, Herr Metz, ist das für mich ein unwürdiger Abschluss in dieser Landtagsdebatte gewesen. Danke.

Gut. Das Wort hat jetzt Abgeordnete Hennig von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, bis jetzt war ich ja nicht motiviert, aber das einhellige Stöhnen nach meinem Aufruf motiviert mich dann doch.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn wir etwas gelernt haben, ist es, glaube ich, dass der Satz „Alles hängt mit allem zusammen.“ heute wieder bestätigt worden ist. Mal ganz ehrlich, auch mit Blick auf Herrn Emde, wir wussten doch alle, bevor diese Filz- und Bevorteilungsvorwürfe bei der FDP gelandet sind, auch heute in der TA, dass sie mit diesem Antrag Klientel-Politik machen, und auch das enttäuscht uns doch alle nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD)