Protocol of the Session on March 26, 2010

Nein, das kann ich ihnen nachher geben. Das verstehen sie wahrscheinlich sowieso nicht.

Das also dazu. Es ist schon ein bisschen kurios, zu welchen Blüten dann diese ganzen Gesetzlichkeiten und Steuertatbestände führen, welche Kuriositäten da auch entstehen. Das hat uns doch schon ein bisschen verwundert, dass sich derart fürsorglich um die Beamten gekümmert wird. Bei den Lehrern zum Beispiel läuft das ganz anders, die bekommen gar keine Reisekosten ersetzt. Wenn sie eine Klassenfahrt machen wollen, müssen sie erst vorher bekunden, dass sie auf die Reisekosten gänzlich verzichten wollen. Das ist auch noch mal so ein kritischer Punkt.

Aber es geht ja um das Schulessen. Die Position der LINKEN an dieser Stelle ist ganz klar. Das Mittagessen gehört zum Schulalltag. Schülerinnen und Schüler verbringen einen Großteil des Tages, ihrer Freizeit oder ihrer Zeit in der Schule. Zwei Drittel des Tages sind sie in der Schule. Das heißt eigentlich auch, dass das Mittagessen integraler Bestandteil der Beschulung sein muss. Aus diesem Grund setzen wir uns dafür ein, dass es ein kostenloses Essen gibt.

Dazu hat die Fraktion DIE LINKE im Haushaltsausschuss natürlich auch einen Antrag eingebracht. Wir fordern weiterhin, dass das Land Thüringen das Mittagessen mit einem Zuschuss pro Portion unterstützt. Wir haben da angesetzt, dass man 1 € pro Portion in den Grundschulen zuschießt, damit das Essen erschwinglich wird. Dabei geht es aber auch um mehr. Es geht nicht nur darum, dass das Essen erschwinglich wird, sondern es geht auch darum, dass die Standards der gesunden Ernährung eingehalten werden, dass diese auch kontrolliert werden. Es geht darum, auch gesundes Essen in die Schule zu bringen und gesundes Essen auch zum Bestandteil von Unterricht und Bildung zu machen. Die nationale Verzehrstudie hat sich darum gekümmert. Auch der neue Kinder- und Jugendbericht hat im Fokus, dass die Gesundheitssituation von unseren Kindern in den Schulen dramatisch ist, dass immer mehr übergewichtige und fettleibige Kinder da sind. Ich glaube, wenn man da mit gesundem Essen und auch Handhabungen der gesunden Ernährung etwas machen würde, hätte man viel gekonnt.

(Beifall DIE LINKE)

Ein ganz wichtiger Punkt ist für uns die Frage, wo das Essen zubereitet wird und wie das alles funktioniert. Wir als LINKE würden es natürlich gern sehen, wenn an den Schulen direkt gekocht wird.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das hätte nicht nur Vorteile im Steuerrecht, das ist ganz unbenommen, sondern es hätte beispielsweise auch Vorteile für die Etablierung eines öffentlichen Beschäftigungssektors -

(Beifall DIE LINKE)

da müssen Köchinnen eingestellt werden, da müssen Nahrungsmittel aus dem regionalen Umland verarbeitet werden. Das heißt, damit kann man regionale Wirtschaftskreisläufe in Gang setzen. Man kann das natürlich auch wunderbar in den Unterricht integrieren, so wie wir das hier schon vorgeschlagen haben.

Wie gesagt, den Antrag der GRÜNEN unterstützen wir durchaus. Es ist eine tolle Sache, dass Sie das vorgeschlagen haben. Dass uns das nicht weit genug geht, ist ganz selbstverständlich, wir werden uns dem aber dennoch nicht verweigern.

Zu dem, was Herr Recknagel ausgeführt hat: Ich verstehe jetzt langsam, wie Ihre Steuerpolitik funktioniert. Wenn bei Ihnen zweimal 12 Prozent 19 sind, dann kann ich mir schon vorstellen, wie Sie das alles finanzieren wollen. Schönen Tag noch.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen herzlichen Dank, das Wort hat jetzt Abgeordneter Kowalleck von der CDU-Fraktion.

Frau Landtagspräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Landtagssitzung am Mittwoch hat die CDU-Fraktion erneut deutlich gemacht, dass wir Überlegungen zum derzeitigen Steuersystem sehr begrüßen. Mein Vorredner hat auch gesagt, dass er kein Steuerexperte ist, das muss auch nicht sein. Wir haben vor einigen Jahren mal den Vorschlag gemacht, die Steuererklärung auf einem Bierdeckel zu installieren.

(Beifall CDU, FDP)

Das wäre vielleicht eine Lösung, die viele Dinge vereinfacht. Damit haben wir bundesweit für Aufsehen gesorgt. Wer es sich noch mal anschauen möchte,

auf www-cdu-weimarerland.de ist das nachzuschauen.

(Beifall CDU)

(Unruhe im Hause)

Das zeigt auch, dass sich die Union ideenreich für eine Vereinfachung des Steuersystems einsetzt und auch über den Tellerrand schaut.

Aber der aktuelle Tagesordnungspunkt bezieht sich auf die Mehrwertsteuer und auch hier sehen wir Änderungsbedarf. Ein besonderer Dank gilt Frau Ministerin Walsmann für ihre Ausführungen und die Forderung, Produkte und Leistungen grundsätzlich zu prüfen, für die der ermäßigte Steuersatz gilt. Wir unterstützen das Anliegen, dass mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz weiterhin soziale Belange gefördert werden.

Auch die Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner hat vor zwei Wochen auf die Ungereimtheiten im Mehrwertsteuersystem im Zusammenhang mit dem Thema Schulessen hingewiesen. Es wurde erwähnt, dass die Union und die FDP auf Bundesebene im Koalitionsvertrag vereinbart haben, die Struktur der Mehrwertsteuer unter die Lupe zu nehmen.

(Beifall FDP)

In der Presse war bereits zu lesen, dass Thüringen eine Bundesratsinitiative zur steuerlichen Entlastung von Schulessen einbringen will, die Ministerin hat das heute bestätigt. Die Landesregierung und der Landtag beschäftigen sich nicht erst seit heute mit dem Thema der gesunden Ernährung von Kindern und Jugendlichen. Ich erinnere hier nur an die Debatte zum Schulobstprogramm, das von den Landtagsfraktionen diskutiert wurde und auch entsprechend im Haushaltsentwurf eingestellt ist.

Viele Eltern - ich schließe mich dabei ein - haben sicher schon darüber nachgedacht, warum Windeln und Kinderbekleidung mit einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent und Hundefutter mit 7 Prozent ausgewiesen sind. Die Junge Union Thüringen hält es für einen Skandal, dass in Deutschland die Förderung von Hundefutter einen höheren Stellenwert hat als die gesunde Ernährung von Kindern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Zukunft sollte für Kinderprodukte insgesamt ein ermäßigter Steuersatz gelten. Dem kann ich mich im vollen Umfang anschließen.

Der Kollege hatte vorhin schon einige Beispiele genannt. Ich möchte ergänzen: Taxifahrt, Schnittblu

men, Milch, Äpfel werden mit 7 Prozent besteuert, hingegen Apfelsaft, Mineralwasser, alkoholfreie Getränke, Strom, Gas und Heizöl mit 19 Prozent. Es gibt genug Beispiele, die zeigen, dass im Steuersystem etwas nicht stimmt und dieser Fakt auch von weiten Teilen der Bevölkerung als ungerecht empfunden wird.

Viele Kommunen setzen sich für ein gesundes und ausgewogenes Mittagessen ein. Es werden zum Beispiel hohe Zuschüsse zum Schulessen bezahlt, da schließe ich auch meinen Heimatlandkreis Saalfeld-Rudolstadt ein.

(Beifall FDP)

Natürlich versteht man auch die vielfältigen Reaktionen auf die vermeintliche Ungleichbehandlung von Schulspeisung und Fast Food. Das Bundesfinanzministerium hat auch auf die aktuelle Diskussion reagiert und am 15.03. einen Beitrag auf die Internetseite eingestellt zum Thema Umsatzsteuer bei Fast-FoodRestaurants und Schulkantinen. Hier kann nachgelesen werden, dass Fast Food zum gleichen erhöhten Steuersatz angeboten wird wie Schulessen, wenn es vor Ort verzehrt wird. Die Ministerin hatte dazu auch schon Ausführungen gemacht. Es ist aber so, dass die Menschen es ungerecht finden, wenn bei Mitnahme von Fast Food der ermäßigte Steuersatz fällig wird. Wir können schließlich unsere Schüler nicht zum Mittagessen auf die Straße schicken. Auf diesen Fakt sollte das Bundesfinanzministerium auch mal eingehen.

In dieser Woche habe ich mich mit einem Imbissbetreiber aus meinem Wahlkreis unterhalten. Dieser war der Meinung, dass der Steuersatz vereinfacht werden sollte. Sie müssen sich vorstellen, gerade im Imbiss hat man dann eine Kasse mit zwei Tasten, einmal 7 Prozent, einmal 19 Prozent, was natürlich auch buchhalterisch einen enormen Aufwand verursacht und natürlich auch in der Praxis. Selbst die Betreiber von dem normalen Imbiss sehen das nicht ein, warum das nicht vereinfacht werden kann. Ich denke, die Ministerin hat es hier auch gesagt, wir müssen da auch die Initiative von Thüringen aus angehen insgesamt für das Mehrwertsteuersystem.

Die Ministerin hatte auch an dieser Stelle hingewiesen, dass eine steuerfreie Abgabe des Schulessens durchaus möglich ist, zum Beispiel wenn die Ausgabe des Schulessens durch den Schulträger erfolgt, oder auch bei gemeinnützigen Vereinen, die einem Wohlfahrtsverband angehören, können Schulessen umsatzsteuerfrei abgegeben werden. Ich möchte das jetzt nicht noch mal wiederholen, aber es muss auch klar sein, dass vor Ort in vielen Kommunen diese Varianten nicht durchführbar sind und somit der Umsatzsteuersatz von 19 Prozent vorliegt. Wenn

mein Vorredner sagt, dann müssen wir eben das Schulessen neu gestalten, Küchen in die Schulen und so weiter und so fort, dann ist das sicher ein gutes Anliegen, aber in der Praxis sieht es doch ganz anders aus. Da müssen Sie mal in die Kreise gehen. Wir haben hier auch im Landtag viele Kommunalpolitiker, die sehen, dass die Landkreise und die Kommunen ganz anders organisiert sind in den letzten Jahren, dass man auf Caterer zurückgreift und auch damit gute Erfahrung gemacht hat.

Die erwähnten Möglichkeiten zeigen schon, wie verworren das Mehrwertsteuersystem ist. Wir sollten uns an dieser Stelle nicht nur für eine praktikable Lösung aussprechen, sondern auch für einfache und für den Bürger verständliche Regelungen. Ich möchte darauf hinweisen, dass es weitere Fragen gibt, die zu klären sind. Wie wirken sich zum Beispiel Mitnahmeeffekte aus, das heißt, wenn ein Caterer für seine Leistungen bisher 19 Prozent zahlt und nach einer eventuellen Änderung diese 7 Prozent. Diese Einsparungen müssen auch weitergegeben werden und darauf sollte man dann achten.

Die CDU-Fraktion begrüßt ausdrücklich die Initiative der Landesregierung zur Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für das Essen in Schulen, Kindertagesstätten und vergleichbaren sozialen Einrichtungen. Denn es ist wichtig, dass wir uns im Zusammenschluss mit den Schülern, Eltern, Kommunen für ein bezahlbares, gesundes, vitaminreiches, ausgewogenes Schulessen einsetzen.

(Beifall CDU)

Vielen herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt Abgeordneter Dr. Werner Pidde für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „Katzenfutter wird steuerlich begünstigt, Schulessen nicht“,

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das ha- ben wir jetzt alles schon gehört.)

so lautete eine Schlagzeile einer Thüringischen Tageszeitung. Die anderen Medien titelten ähnlich. Katzenfutter wird steuerlich begünstigt, Schulessen nicht; Hotelübernachtungen selbst in 5-Sterne-Hotels für zahlungskräftige Gäste sind steuerlich begünstigt, Schulessen nicht; Kunstgegenstände, Pflanzen, Sägespäne - Herr Recknagel und Herr Kowalleck haben etliche Beispiele aufgeführt, man könnte noch einige hinzufügen zu dieser langen und auch widersprüchlichen Liste der Tatbestände der ermäßigten

Mehrwertsteuersätze von 7 Prozent. Über die Jahrzehnte haben sich im Umsatzsteuerrecht zahlreiche Vergünstigungen festgesetzt. Bei mancher dieser Regelungen fragt man sich heute wirklich, warum es diese überhaupt gibt. Die schwarz-gelbe Koalition im Bund hat mit der Mehrwertsteuerreduzierung für Hotelübernachtungen noch eine unsinnige Steuervergünstigung hinzugefügt.

(Beifall SPD)

Selbst durch die rosarote Brille ist kein gesamtstaatlicher Vorteil zu erkennen. Es ging lediglich darum, eine ganz bestimmte Klientel zu befriedigen und dazu gehört schon eine Portion Abgebrühtheit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dazu bewirkt dieses Gesetz erheblichen bürokratischen Mehraufwand. Herr Recknagel, wenn Sie immer wieder sagen, Ihre Partei ist die Partei, die die Steuervereinfachung will; hier haben Sie genau entgegengesetzt gehandelt. Das müssen Sie einfach so zur Kenntnis nehmen.

Meine Damen und Herren, wir haben eine völlig willkürliche Abgrenzung von vollen und ermäßigten Mehrwertsteuersätzen.

Herr Pidde, gestatten Sie eine Nachfrage des Abgeordneten Recknagel?