Protocol of the Session on June 27, 2014

Die Ausländerbehörden der kommunalen Gebietskörperschaften, also der kreisfreien Städte und der Landkreise, haben die Benennungen, vor allen Dingen geht es ja um Familienangehörige, weitergereicht an das Bundesamt für Migration und Flücht

(Abg. Berninger)

linge. Mir ist nicht bekannt, dass wir irgendwelche „Anträge“ zurückgewiesen haben.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Es sind 1.600 und noch etwas gestellt. Sind die auch alle bewilligt?)

Nein, die sind alle an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weitergeleitet worden. Wie ich eben schon gesagt habe, entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dort liegt die Entscheidungskompetenz. Die liegt nicht bei den Ausländerbehörden. Es gibt im Übrigen ein Merkblatt des Bundes, wo das Verfahren im Einzelnen sehr schön erläutert wurde. Das Merkblatt ist vom 18.03.2014. Das stelle ich Ihnen natürlich gern zur Verfügung und da können Sie alles noch einmal nachlesen.

Vielen Dank. Es gibt außerdem den Wunsch auf Nachfrage aus den Reihen der Abgeordneten. Herr Abgeordneter Kuschel, bitte.

Danke, Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, Sie betonen immer wieder bei Ihren Antworten „nach meinem Kenntnisstand“. Deshalb die Frage:

(Heiterkeit DIE LINKE)

Entspricht Ihr Kenntnisstand dem Kenntnisstand der Landesregierung?

Ja, natürlich.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, man wird ja wohl noch fragen dürfen.)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich sehe jetzt keine weitere Nachfrage. Wir kommen zur letzten Frage dieser Fragestunde. Das ist die Frage der Frau Abgeordneten Stange für die Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/7909. Bitte, Frau Abgeordnete Stange.

Danke, Frau Präsidentin.

Projektförderung „EX-IN Ausbildung“

Der Freistaat Thüringen hat mittels einer Projektförderung das Kontakt- und Beratungsbüro des EX-IN Landesverbandes Thüringen e.V. unterstützt. Nach Angaben des Landesverbandes endet die finanzielle Unterstützung am 31. Juli 2014. Der EX-IN Landesverband Thüringen e.V. hat sich mit Schreiben vom 26. Mai 2014 an das Thüringer Ministerium für

Soziales, Familie und Gesundheit gewandt mit der Bitte, das Kontakt- und Beratungsbüro auch ab dem 1. August 2014 bis Ende 2014 weiter zu fördern. Eine Antwort des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit steht bisher aus.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist der aktuelle Stand bezüglich der weiteren Förderung der Kontakt- und Beratungsstelle des EX-IN Landesverbandes Thüringen e.V. bis Ende 2014?

2. Welche Möglichkeiten (aus welchen Haushaltsti- teln) gibt es aus Sicht der Landesregierung zur weiteren Förderung des Landesverbandes bis Ende 2014?

3. Inwieweit hat die Landesregierung die Förderung von Maßnahmen für psychisch Kranke und seelisch Behinderte im Rahmen der Aufstellung des Haushalts für die Jahre 2015/2016 angemeldet?

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Stange. Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit. Frau Ministerin Taubert, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Stange wie folgt:

Zu Frage 1: Die Projektförderung für die oben genannte Maßnahme endet vereinbarungsgemäß gemäß Bewilligungsbescheid des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit vom 4. April 2014 am 31. Juli 2014. Mit der Landesförderung in den Jahren 2013 und 2014 in Höhe von insgesamt 110.605 € wurde der vom Landesverband beantragte Ausbildungskurs Genesungsbegleiter als Grund- und Aufbaukurs in voller Höhe finanziert. Die Förderung eines weiteren, zweiten Ausbildungskurses als Genesungsbegleiter über den oben genannten Bewilligungszeitraum hinaus war nicht Inhalt der vorliegenden Förderanträge und der diesbezüglichen Abstimmungsgespräche. Die im Fachreferat vorliegenden Förderanträge des EX-IN Vereins zur Finanzierung einer Trainerausbildung für die ausgebildeten Genesungsbegleiter und zur Gründung einer Akademie wurden aus fachlichen und haushaltsrechtlichen Gründen abgelehnt.

Zu Frage 2: Über den Antrag des EX-IN Landesverbandes zur Förderung eines Kontakt- und Beratungsbüros hat das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit erst über das Schreiben des Landesverbandes vom 26. Mai 2014 erfahren. Der Vorgang befindet sich derzeit in der Antragsprüfung.

(Staatssekretär Rieder)

Zu Frage 3: Die Haushaltsplanung für Maßnahmen für psychisch kranke Menschen im Kapitel 08 29 Titel 684 71 beträgt für das Jahr 2015 380.000 € und für das Jahr 2016 ebenfalls 380.000 €.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Es gibt den Wunsch auf Nachfrage durch die Fragestellerin.

Frau Ministerin, Sie haben auf meine Frage 2 geantwortet, dass der Vorgang im Moment in der Antragsprüfung Ihrerseits sei. Können Sie sagen, wie lange die andauert und ab wann der Verein mit einer Antwort rechnen kann?

Das kann ich Ihnen nicht sagen, Frau Stange. Sie müssen sich überlegen, es ist keine vier Wochen her. Ich bin vorige Woche von einer Kollegin angesprochen worden. Das ist alles sehr holterdiepolter. Ich kann mich noch sehr gut an die Antragstellung selbst erinnern. Da war nicht davon die Rede, dass es eine dauerhafte Einrichtung werden wird. Das ist zwar eine Hoffnung, die der Verein darauf hat, und ich bin auch dankbar, dass jetzt die Maßnahme stattgefunden hat, gleichwohl ist es schwierig, mitten im Haushaltsjahr, wenn vereinbart ist, es nur bis zur Hälfte zu fördern, dann am Ende noch Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, um ein halbes oder ganzes Jahr oder auch weitere Förderung vorzunehmen.

(Zwischenruf Abg. Stange, DIE LINKE: Also, Sie müssen es doch nicht.)

Vielen Dank, Frau Ministerin Taubert. An dieser Stelle ist die Fragestunde beendet, weil alle Fragen abgearbeitet sind. Ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 14

Rechte Gewalt sichtbar machen, Gerechtigkeit für Opfer und Angehörige ermöglichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/7376

Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Nein, das ist nicht der Fall. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags. Herr Innenminister Geibert, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, das Thema des vorliegenden Antrags ist nicht neu. Es ist bereits mehrfach auf Bundesebene, aber auch hier im Thüringer Landtag behandelt worden. Das gilt insbesondere für die Aprilsitzung des Innenausschusses, in der ich ausführlich zur Methodik des Gemeinsamen Abwehrzentrums Rechtsextremismus, GAR, bei der Überprüfung ungeklärter Tötungsdelikte berichtet habe. Ich darf insoweit die Methodik der AG Fallanalyse beim GAR noch einmal kurz skizzieren. Das Bundesministerium des Innern und die Ständige Konferenz der Innenminister und Senatoren der Länder haben unmittelbar nach Aufdeckung der Verbrechensserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds mit ihren nachgeordneten polizeilichen Fachgremien eine Überprüfung bislang ungeklärter Altfälle beschlossen. Aktuell werden im ersten Schritt der Überprüfung ungeklärte Tötungsdelikte einschließlich Versuchen aus den Jahren 1990 bis 2011 überprüft. Als Richtschnur dieser Überprüfung ist ausgehend von der Definition der PMK Rechts gemeinsam mit Wissenschaftlern aus dem Bereich der Rechtsextremismusforschung ein Indikatorenkatalog zur Identifikation möglicher neu zu bewertender Fälle entwickelt und zwischen Bund und Ländern abgestimmt worden. Danach stehen Straftaten im Blickpunkt, bei denen in Würdigung der Tatumstände und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Tat mit der Herkunft, Nationalität, Volkszugehörigkeit, ethnokulturellen Zugehörigkeit, Hautfarbe, der Religion oder Weltanschauung, der politischen Einstellung oder einem anderweitigen Engagement, zum Beispiel dem Auftreten als Islamist oder Aussteiger aus der rechten Szene, dem äußeren Erscheinungsbild, Kleidung, Behinderung, der sexuellen Orientierung, dem gesellschaftlichen Status oder der Funktion als staatliche Repräsentanten oder Angehörige ausländischer Streitkräfte im Kausalzusammenhang stehen könnte. Neben diesen sogenannten harten Opferkriterien werden außerdem weiche Kriterien, wie zum Beispiel die Tatörtlichkeit, etwa Nähe eines Treffpunkts Homosexueller oder einer jüdischen Einrichtung, aber auch eine gegebenenfalls vorliegende räumliche beziehungsweise zeitliche Nähe zu bestimmten Veranstaltungen, zum Beispiel der linksautonomen oder -extremistischen Szene, bewertet. Anhand dieser Kriterien sind über 3.300 ungeklärte Tötungsdelikte auf entsprechende abstrakte Anhaltspunkte für eine politisch rechte Tatmotivation in den Blick genommen worden. In die aktuelle Überprüfung einbezogen sind zudem auch jene geklärten Tötungsdelikte, die in der von „Tagesspiegel“ und „Zeit“ und im September 2010 veröffentlichten Auflistung - 137 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990 benannt werden. Insgesamt wurden so 745 Sachverhalte identifiziert und für diese ein einheitlicher

(Ministerin Taubert)

Abgleich mit den einschlägigen Dateien des Bundeskriminalamts durchgeführt. Ziel ist es, im Kontext zu anderen Taten oder im Rahmen neuer Ermittlungsansätze Hinweise auf einen eventuellen rechtsextremistischen, rechtsterroristischen Hintergrund oder sogar einen Zusammenhang zu Straftaten des NSU nachzuvollziehen. Anders als häufig in der Medienberichterstattung gemutmaßt, kann anhand dieser Vorauswahl jedoch noch keine Aussage über einen tatsächlichen oder auch nur wahrscheinlichen politisch rechts motivierten Hintergrund getroffen werden. Die identifizierten Fälle sind lediglich Grundlage für die weitere kriminalistisch-analytische Aufbereitung und Einzelfallbetrachtung durch die jeweils zuständigen Polizeidienststellen. Diese Überprüfung wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2014 abgeschlossen. Erst dann können belastbare Aussagen dazu getroffen werden, ob Taten aus dieser Deliktsgruppe tatsächlich neu zu bewerten sind. In den 745 genannten Sachverhalten sind sieben Thüringer Sachverhalte enthalten. Fünf Fälle sind bereits sehr detailliert in der Beantwortung der Kleinen Anfragen Nummer 1995 und 2142 der ehemaligen Thüringer Abgeordneten Renner behandelt worden. Zwei weitere Fälle befinden sich noch in Prüfung. Für Thüringen zeichnet sich nach derzeitigem Stand jedoch ab, dass sich die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Tötungsdelikte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erhöhen wird. Wie bereits mehrfach dargelegt, war in Thüringen seit 1990 ein Todesopfer rechter Gewalt zu beklagen. Diese erste Phase wird nach Abschluss der Überprüfung evaluiert und in den zuständigen IMK-Gremien beraten werden, um zu entscheiden, wie in Bezug auf die Überprüfung weiterer Deliktsgruppen verfahren wird. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit einer systematischen Auswertung mit folgenden Schwerpunktsetzungen: Phase 2 ungeklärte Brand- und Sprengstoffdelikte, Phase 3 ungeklärte Raubüberfälle auf Banken und Sparkassen, Phase 4 ungeklärte Straftaten gegen Waffen-, Sprengstoff- und Kriegswaffenkontrollgesetz, Phase 5 ungeklärte Vereinigungsdelikte gemäß § 129 StGB, Phase 6 unaufgeklärte Straftaten.

Vor diesem Hintergrund komme ich nun zu den Forderungen des vorliegenden Antrags. Ich denke, mit Blick auf den Ermittlungsaufwand und die bisherigen Anstrengungen kann man nicht unterstellen, die Aufklärung würde nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit betrieben und insbesondere einer rechten Tatmotivation nicht mit der genügenden Sorgfalt nachgegangen. Auf der Basis des in der IMK abgestimmten Verfahrens sehe ich deshalb auch keinen Grund für Änderungen. So werden die in Ziffer 2 unter Punkt aa) genannten Straftaten gegen Leben und Freiheit einer Person ebenso, wie die unter Punkt cc) genannten Körperverletzungen mit Todesfolge derzeit im GAR untersucht. Eine Aufbereitung der unter bb) genannten Straftaten mit Schusswaffen ist ebenso wie die unter ff) aufge

führten Verstöße gegen das Waffengesetz, das Kriegswaffenkontrollgesetz als Phase 4 vorgesehen. Banküberfälle gemäß dd) finden sich in Phase 3 ebenso wie die unter ee) genannten Bombenund Sprengstoffdelikte bereits als Phase 2 beim GAR geführt werden. Deswegen ist auch Ziffer 3 des Antrags, wonach die Landesregierung aufgefordert wird, in der IMK auf eine Überprüfung in allen Bundesländern hinzuwirken, entbehrlich, denn die vereinbarte Überprüfung läuft bereits und wird regelmäßig in der IMK und ihren nachgeordneten Gremien erörtert. Eines möchte ich jedoch auch klarstellen. Das Verfahren in der IMK ist auf die Aufklärung offener Straftaten gerichtet. Eine rückwirkende Überprüfung aller schweren Straftaten seit 1990 ist demgegenüber schon tatsächlich nicht zu leisten und würde die Polizei weitgehend lahmlegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich halte die Bekämpfung des Rechtsextremismus für eine der wichtigsten Aufgaben der Sicherheitsbehörden. Aus diesem Grund habe ich in der Vergangenheit eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, um rechtsextremistische Bestrebungen wirksam zurückzudrängen. Ich erinnere nur an die Einrichtung der BAO ZESAR. Um diese Aufgabe auch zukünftig mit der gebotenen Intensität und Sorgfalt wahrnehmen zu können, müssen wir uns jedoch stets des Möglichen bewusst sein. Vor diesem Hintergrund und der bereits bestehenden Beschlusslage der IMK vermag ich deshalb eine Notwendigkeit zur Änderung des bundesweit abgestimmten Verfahrens nicht zu erkennen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, SPD)

Vielen herzlichen Dank, Herr Minister. Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung werden Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt. Da Wortmeldungen aus allen Fraktionen vorliegen, frage ich trotzdem noch mal: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags? Das sind auch alle Fraktionen. Dann darf ich jetzt auf Verlangen aller Fraktionen die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer 1 des Antrags eröffnen und gleichzeitig die Aussprache zu den Nummern 2 und 3 des Antrags.

Als Erste hat das Wort die Abgeordnete Katharina König für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe mögliche Internetzuschauer! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Antrag vorgelegt, der da lautet „Rechte Gewalt

(Minister Geibert)

sichtbar machen, Gerechtigkeit für Opfer und Angehörige ermöglichen“. Ein sehr guter Titel, der eine richtige Motivation erkennen lässt, dessen Inhalt allerdings dem Titel nicht gerecht wird. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat - zumindest meines Wissens - diesen Antrag gleichzeitig in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen eingereicht.

In Thüringen ist es so - der Innenminister hatte schon darauf hingewiesen -, dass wir zum einen im Innenausschuss, zum anderen über Anfragen meiner ehemaligen Kollegin Martina Renner all diese in dem Antrag der Grünen geforderten Themen schon abgearbeitet hatten bzw. die Informationen dazu schon hatten. Allerdings nicht erst im April 2014, sondern bereits im Dezember 2013 gab es im Innenausschuss eine entsprechende Thematisierung durch die Fraktion DIE LINKE, im April dann eine weitere Thematisierung durch die Koalitionsfraktionen. Ihr Antrag stammt aus dem Februar 2014. Was ich damit sagen will: Sie hätten im Februar 2014 schon längst die Informationen zum einen über den Innenausschuss und zum anderen über die Antworten auf die Anfragen meiner Kollegin haben können.

(Beifall DIE LINKE)

Was ich für schwierig erachte, ist, dass wir momentan an der Erarbeitung der Empfehlungen für den NSU-Ausschuss sind, der hier im Thüringer Landtag sehr lange und sehr intensiv gearbeitet hat. Ich bin der Meinung, man sollte auch diesem NSUAusschuss die Möglichkeit lassen, entsprechende weitergehende Empfehlungen bis hin zu möglichen weitergehenden Definitionen, die dann für das Innenministerium zum Beispiel geltend sind, dass dies der Ausschuss tun kann. Zum Zweiten - und das finde ich wirklich schwierig -: Sie sagen, Sie wollen über diesen Antrag - so suggeriert es zumindest der Titel - „Gerechtigkeit für Opfer und Angehörige ermöglichen“, allerdings gehen Sie in dem Antrag an keiner Stelle auf die Opfer bzw. Opferangehörigen ein. Das finde ich mehr als problematisch. Zum Nächsten - das finde ich noch problematischer - gab es scheinbar im Vorfeld keinerlei, ich nenne es mal, Kontaktaufnahme mit den Opferberatungsstellen, wie wir sie zum Beispiel in Thüringen haben. Ezra sei an der Stelle genannt. Ich glaube, wenn es darum geht, dass Gerechtigkeit für Opfer und Angehörige ermöglicht werden soll, dann geht es für diese natürlich auch um das Strafmaß bzw. entsprechende Verurteilungen. Allerdings ist entscheidend für die Opferangehörigen und für die Opfer, dass es eine entsprechende Begleitung nach einem oftmals traumatisierenden Übergriff durch Neonazis geht, dass sie nicht allein gelassen werden zum einen in Gerichtsverfahren, zum anderen aber auch in ihrer Alltagserfahrung. Ich verweise an der Stelle nur auf das, was die Ballstädter erfahren mussten, dass eben Thomas Wagner aus dem Gefängnis zurückkam und sie ihm plötzlich auf

der Straße begegneten und Angst hatten. Ich glaube, es geht um solche Themen, wenn man fordern will, dass Gerechtigkeit für Opfer und Angehörige ermöglicht werden muss und ermöglicht werden soll. Wenn es darum geht, rechte Gewalt sichtbar zu machen, hätten Sie über den Antrag Möglichkeiten gehabt, das entsprechend zu fordern, beispielsweise über eine strukturelle Stärkung der BAO ZESAR, die der Innenminister hier schon angeführt hat, aber auch dass die sogenannte PMK, also politisch motivierte Kriminalität, entsprechend angepasst werden sollte. Um dafür ein Beispiel zu bringen: In Kahla gab es zerstörte, gestohlene Plakate, welche seitens der PMK der linken Szene zugerechnet werden, und das, obwohl das FN, das Freie Netz Kahla, sich entsprechend positioniert. Was auch eine Möglichkeit wäre, um entsprechend rechte Gewalt sichtbar zu machen, wäre die Einführung eines Hinweissystems, so, wie es zum Beispiel in Baden-Württemberg schon der Fall ist, dass es möglich ist, für Menschen schnell, zum Teil, sofern sie es wollen, vielleicht auch anonymisiert, Hinweise an die Polizei in Thüringen zu geben, um Informationen über neonazistische Vorgänge, über Straftaten, die beobachtet werden, weiterzureichen. Das Entscheidende ist aber eine Grundsensibilisierung. Das deswegen, weil die Einordnung in die politisch motivierte Kriminalität rechts selten noch im Nachgang geschieht, also eine Verschiebung bedeutet, wenn es einen Übergriff gibt, wenn die Polizei vor Ort ist und dort nicht vor Ort feststellt, dass es einen politisch motivierten Hintergrund gibt. Dann wird, auch wenn das im Gerichtsverfahren abschließend im Urteil so festgestellt und festgehalten wird, nicht zwangsläufig die Tat auch entsprechend in PMK-rechts eingeordnet. Das sind Sachen, wo ich der Meinung bin, wenn man denn rechte Gewalt sichtbar machen will, wenn man denn Gerechtigkeit für Opfer und Angehörige ermöglichen will, dann hätte man solche Beispiele zumindest in den Antrag mit aufnehmen können. Das Entscheidende, die Nachsorge für die Betroffenen und auch eine Stärkung der Opferinitiativen, die es hier in Thüringen gibt, ein Ausbau der Opferinitiativen, und um nur ein ganz kleines Beispiel zu nennen, was Sie hätten wissen können, Herr Adams, das Material von ezra, der Opferberatungsstellen, liegt immer noch nicht in allen Polizeidienststellen in Thüringen aus. Ich glaube, wenn wir hier darüber reden, dass rechte Gewalt sichtbar gemacht werden muss, dass es Gerechtigkeit für Opfer und Angehörige geben soll, dann fangen wir doch mit den kleinen Punkten an, an denen wir hier im Plenum auch eine Chance haben einzuwirken und bei denen wir auch ganz konkret was verändern können. Das bedeutet Ausbau von ezra, das bedeutet auch, dass zum Beispiel Polizeidienststellen endlich verpflichtet werden, entsprechende Informationsmaterialien aller, auch die Telefonnummern von ezra, auszulegen, und bedeutet nicht zuletzt, dass wir

uns in unseren alltäglichen Kontakten, die wir haben, und in den Vereinen und Initiativen, in denen wir aktiv sind, dafür einsetzen, dass die Gesellschaft verstärkt und weiter beginnt, neonazistische Straftaten entsprechend zu ächten und Betroffene rechter Gewalt zu unterstützen.

(Beifall DIE LINKE)