Protocol of the Session on June 27, 2014

Praxis, der der Bildungspolitik zeigt, an welchen konkreten Stellschrauben noch gedreht werden muss, um die bereits vorhandenen Ansätze zu optimieren.

Ein weiterer Punkt, der in der Anhörung thematisiert worden ist, betrifft die in Thüringen schon bestehenden Schülerprojekte zur Konfliktbewältigung und Anti-Mobbingprogramme. Es erscheint mir überaus sinnvoll, diese um den wichtigen Aspekt des wertschätzenden Umgangs mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu erweitern. So lassen sich Lehrer, Schüler und Eltern mit relativ überschaubarem zusätzlichen Aufwand gut erreichen und auch für diese Thematik sexueller Diversität sensibilisieren. Auch dies also ein guter Anstoß aus dem Kreis der Anzuhörenden.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist deutlich geworden, dass wir das Rad nicht immer neu erfinden müssen und dass es selbst bei diffizilen Fragestellungen mitunter besser ist, das Bestehende zu nutzen und aufgrund von Hinweisen aus der Praxis weiterzuentwickeln, anstatt nur neue Strukturen, mehr Personal und Landesprogramme einzufordern. Das hat nicht zuletzt auch Minister Matschie im Bildungsausschuss deutlich gemacht. Er hat ebenso betont, dass er die Anregungen aus der schriftlichen Anhörung gern aufnehmen und womöglich umsetzen wird. Das ist eine klare Zusage der Landesregierung und ist im Bildungsausschuss auch von der Kollegin Rothe-Beinlich gewürdigt worden.

Die Grünen halten dennoch an ihrem Antrag weiter fest und das ist natürlich auch ihr gutes Recht. Meine Fraktion dagegen bewertet den Forderungskatalog der Opposition vor dem Hintergrund der konkreten Anhörungsresultate und angesichts der klaren Positionierung des Bildungsministers als wenig zielführend und über weite Strecken überfrachtet. Wir werden die Grünen-Initiative daher ablehnen.

Ich betrachte, meine Damen und Herren, das aber lediglich als Differenz in der Wahl der Lösungsansätze, nicht jedoch im Grundsätzlichen. In der prinzipiellen Zielstellung, unsere Schulen zu Lebens-, Lern- und Erfahrungsorten für menschliche Vielfalt und damit auch für sexuelle Diversität zu machen, sind sich die Fraktionen des Hauses ohnehin nach wie vor einig. Insofern war dieser Antrag wirklich zielführend, auch wenn wir ihn ablehnen. Ich danke Ihnen.

(Beifall SPD)

Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Hitzing das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, zum zweiten Mal debattieren wir heute den Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN hier im Plenum. Eine ganze Reihe von Argumenten wurde schon vorgebracht. Auch die schriftliche Anhörung des Ausschusses hat noch einmal ganz deutlich gemacht, dass Homo-, Bi-, Trans- und Intersexualität aus Sicht der Betroffenen nicht auf die gesellschaftliche Akzeptanz stößt, die sie sich vorstellen. Trotz des großen Fortschritts, den ich unserer Gesellschaft zugutehalten will, kann man diese Sichtweise und kann ich diese Sichtweise auch sehr gut nachvollziehen. Ich habe schon in der Debatte im Januar gesagt, dass gerade heranwachsende junge Menschen, die ihren Platz in der Gemeinschaft suchen, die sich auch selbst und ihre Persönlichkeit kennenlernen und deshalb häufig unsicher sind, in dieser Situation und an dieser Situation leiden, die Ausgrenzungen und Schmähungen erkennen und das für sie auch ein sehr schwer zu akzeptierender Zustand ist. Aufgabe der Lehrer in den Schulen, der Pädagoginnen und Pädagogen ist es, solche Vorkommnisse natürlich frühzeitig zu erkennen, das tun sie auch, und darauf zu reagieren. Allerdings mache ich mir nichts vor, das sollten wir alle nicht. Beleidigungen und Schimpfworte, auf die Lehrer mit Zurechtweisungen reagieren oder auch mit Bestürzung oder auch mit Bestrafung und Sanktionen, werden für Schüler dann manches Mal noch interessanter. Dennoch muss man es als Pädagoge in jedem Fall immer sehr deutlich machen, wenn Grenzen im gemeinsamen Umgang überschritten werden. Die meisten Schüler lernen dabei auch, dass es eine Grenze gibt, die man nicht überschreiten darf, und welches Verhalten ganz einfach inakzeptabel ist, manche nicht gleich, aber zumindest später, und sie merken es sich vielleicht auch, dass ihr Verhalten an bestimmten Stellen so nicht toleriert werden kann. Deshalb ist auch das Ansinnen der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der Grünen und der angehörten Verbände auf den ersten Blick sehr logisch und auch nachvollziehbar.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kinder und Jugendlichen müssen natürlich neben Fachunterricht wie beispielsweise Mathematik auch lernen, dass intersexuelle Menschen oder Menschen mit anderen Besonderheiten genauso wertzuschätzen und zu akzeptieren sind wie vermeintlich Freunde, die anders sind oder genauso sind wie die Mehrheit der Schüler, und vor allem, dass jeder Mensch Respekt verdient. Das muss in den Schulen gelernt werden. Der Respekt im menschlichen Miteinander, das muss in Schule neben Fach- und Leistungsinhalten vermittelt werden.

(Beifall FDP)

So einfach, meine Damen und Herren, wie ich es jetzt gesagt habe, ist es eben leider nicht, denn das

(Abg. Döring)

tägliche Erleben der Lehrer deckt sich da unter anderem auch mit Erkenntnissen aus der Wissenschaft, die da sagt: Gerade die Werte, die sich Kinder und Jugendliche zu eigen machen, und der Umgang untereinander, diese Werte werden zum größten Teil nicht in der Schule vermittelt und zementiert, sondern sie werden durch die Familien und vor allem auch durch den Freundeskreis zementiert und vermittelt. Familie hat hier einen zentralen Punkt,

(Beifall FDP)

und zwar im Guten wie im Schlechten, das muss man leider auch dazusagen. Mit Unterrichtseinheiten zum Thema Homo-, Bi-, Trans- und Intersexualität, egal wie gut die Unterrichtseinheiten im Übrigen gemacht sind, kann man also Kindern und Jugendlichen die Akzeptanz von Vielfältigkeit nicht einfach beibringen, wenn nicht in der Familie schon ein gewisser Wertegrundstock gelegt worden ist auch gegenüber anderen Minderheiten im Übrigen nicht. Ich denke, jeder Lehrer hat damit auch schon Erfahrungen gemacht, auch machen müssen. Nicht immer ist man als Pädagoge mit dem zufrieden, was man im Umgang mit seinem Schüler erreicht hat, in dem, was man seinen Schülern beibringen will, beibringen wollte, wie sie sich vielleicht auch in der Gesellschaft, als Teil der Gesellschaft darstellen sollen. Das sind Erlebnisse von Pädagogen, die sind nicht schön, weil man natürlich sehr enthusiastisch und hochmotiviert ist und als Lehrerin oder Lehrer viel für seine Schüler tun will. Manches Mal muss man eben erkennen, dass man leider doch nicht alles erreicht hat, was man erreichen wollte. Deshalb habe ich bereits im Januar deutlich gemacht, dass der Antrag der Fraktion der Grünen nach unserer Meinung zu kurz greift. Es geht uns eigentlich darum, den gesellschaftlichen Wert von Akzeptanz gegenüber Vielfältigkeit zu vermitteln. Das gelingt uns in den Schulen leider noch nicht so zufriedenstellend, wie man sich das wünscht. Hier müssen wir tatsächlich auch schauen, wie wir die pädagogische Methodik verbessern. Eine Herausforderung sehe ich natürlich auch im Bereich der Lehrerfortbildung bzw. der Lehrerbildung. Zum anderen werden in Ihrem Antrag Forderungen aufgemacht, die so an und für sich nichts Neues sind, die aber durchaus besser erfüllt werden könnten und auch müssten. Das Direktorium des Lehrerbildungszentrums Jena hat in der Anhörung beispielsweise deutlich gemacht, dass sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Themenbereich „Umgang mit Heterogenität und Inklusion“ sowie „Grundlage der Förderdiagnostik“, den die Studierenden zukünftig belegen müssen, angemessen berücksichtigt werden könnte. Ich denke, das sollte dann auch so gemacht werden, wenn es schon angekündigt ist. Es gibt im Übrigen auch ein Beschwerdemanagement; es ist nicht so, dass es das an den Schulen nicht gäbe. Auch Beratungsmöglichkeiten

stehen in den Schulen zur Verfügung. Da müssen nach unserer Meinung nicht unbedingt neue Strukturen geschaffen werden. Aber ich bin natürlich auch ganz klar der Auffassung, dass man sagen muss, nichts ist so gut, dass es nicht verbesserungswürdig wäre. Natürlich muss man auch hier im Bereich der Beratungsmöglichkeiten sehen, was verbessert werden kann.

Das Zentrum für Lehrerbildung hat in seiner Stellungnahme ebenfalls daran erinnert, dass die Thematik im Thüringer Bildungsplan für Kinder bis 10 Jahre durchaus berücksichtigt wird. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass sich auch in der Entwurfsfassung des Bildungsplans bis 18 Jahre eine ganze Menge dazu findet. Das sind Mitteilungen aus der Anhörung. Da sich natürlich der Bildungsplan und die Rahmenlehrpläne gegenseitig ergänzen, ist nach unserem Verständnis sexuelle und geschlechtliche Vielfalt bereits heute ein Querschnittsthema in den Schulen und wird auch so behandelt. Deshalb, weil das so ist, sehe ich keinen Grund, warum wir das hier im Landtag noch mal gesondert beschließen sollten und beschließen müssen. Wir haben in der ersten Debatte dazu auch - ich glaube, Herr Minister, Sie haben es ausgeführt - noch mal ganz deutlich gehört, in welchen Lehrplänen das Thema verankert ist und in welchen Fächern es besprochen wird. Das ist zum Beispiel das Fach Ethik und auch das Fach Biologie. Wie gesagt, die Intention des Antrags ist bestimmt die richtige. In seiner vorliegenden Form werden wir diesem Antrag aber nicht zustimmen können, weil wir ihn an dieser Stelle für nicht geeignet halten, und werden ihn deshalb ablehnen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich zunächst für die bislang durchaus sachliche Debatte zu diesem Thema bedanken, auch wenn sich mir die Koalitionsdialektik genauso wenig erschließt wie das Attestieren der FDP, dass wir einen guten und richtigen Antrag gestellt haben, dieser aber trotzdem so nicht mitgetragen wird. Aber das müssen Sie selbstverständlich für sich selbst verantworten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das eigentliche Problem hinter unserem Antrag ist selbstverständlich eine Haltungsfrage - machen wir uns nichts vor -, nämlich mit wie viel Offenheit, To

(Abg. Hitzing)

leranz, Vielfalt wollen und können wir tatsächlich umgehen und wie befördern wir Diversität, Vielfalt, Toleranz im Alltag. Dazu gehört die Schule eben auch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einmal kurz erinnern, wir haben den Antrag im November 2013 hier im Thüringer Landtag eingebracht, nachdem wir im September einen Thüringer Regenbogenempfang hier im Landtag durchgeführt hatten, wo das Thema sehr intensiv von Fachleuten, von Betroffenen diskutiert wurde - das Thillm beispielsweise war auch zugegen - und wo wir gebeten wurden, genau dies noch einmal zum Thema eines Antrags auch und gerade mit Blick auf die Schule zu machen. Das haben wir getan.

Was waren die Ziele unseres Antrags? Ich nenne sie noch einmal, damit Sie das vielleicht auch nachvollziehen können. Zum Ersten ging es uns darum, in der Aus- und Fortbildung das Thema „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ durch verpflichtende Module in der Lehramtsausbildung der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung, aber auch bei der berufsbegleitenden Fortbildung für Lehrerinnen und für Erzieherinnen und Erzieher zu verankern.

Zum Zweiten war und ist uns wichtig, das Thema „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ in den Thüringer Lehrplänen als Querschnittsthema in allen Fächern und in allen Klassenstufen zu implementieren und die Richtlinien zur Sexualerziehung zu überarbeiten. Ich werde dann auch noch einmal etwas genauer darauf eingehen.

Zum Dritten wollten wir gern mit den Schulbuchverlagen über eine Überarbeitung der in Thüringen verwendeten Schulbücher und Lernmittel ins Gespräch kommen und die in Thüringen verwendeten Lern- und Lehrmittel bezüglich der Verankerung des Themas „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ zu überarbeiten. Auch dazu - es wird sehr spannend sein - gehe ich dann noch mal genauer auf die Anhörung ein.

Zum Vierten wollten wir in der Tat ein systematisches Beschwerdemanagement in Bezug auf Diskriminierung in den Schulamtsbereichen aufbauen. Wir wollten Beratungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler, für Eltern und Lehrkräfte schaffen und diese den Schülerinnen und Schülern und den Eltern auch öffentlich bekannt machen, denn - machen wir uns nichts vor - es gibt auch noch sehr viel Scham im Umgang mit diesem Thema und viele wissen nicht, wohin sie sich vertrauensvoll wenden sollen.

Als Fünftes ging es uns darum - Herr Emde hat das deutlich gemacht, dass er das dezidiert nicht möchte -, ein Landesprogramm gegen Homo- und Transphobie zu schaffen, das Schulen bei ihrem Weg zu mehr Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher

Vielfalt und auch bei ihrer Arbeit gegen Homo- und Transphobie unterstützt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Möller hat für die Linke auch schon auf die Zusammenfassung der Stellungnahmen verwiesen, denn es ist völlig richtig, wie es in der Berichterstattung auch dargestellt wurde, dieser Antrag wurde an den Ausschuss überwiesen. Das hat uns sehr gefreut. Der Ausschuss hat dann beschlossen, eine schriftliche Anhörung durchzuführen. Selbstverständlich war auch unsere Hoffnung, dass es dann eine echte Debatte gibt. Im Ausschuss hat ein Gespräch stattgefunden - so kann man das nennen zwischen dem Bildungsministerium und mir. Das war nicht unspannend, aber ansonsten hat die Debattenbeteiligung doch sehr zu wünschen übrig gelassen. So zu tun, als ob es eine Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen im Ausschuss gegeben habe, ist leider nicht ganz redlich, denn die sind dort außer von mir und vom Ministerium, welches der Meinung ist, schon fast alles zu tun, was möglich ist, schlicht nicht diskutiert worden.

Lassen Sie mich auf einige Stellungnahmen kurz eingehen. So hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes geantwortet, dass prinzipiell alle Bestrebungen begrüßt werden, die zum Ziel haben, das Thema „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“ im Bildungswesen zu verankern. Wichtig war diesem auch der Schutz vor Diskriminierung, insbesondere die Qualifizierung der Lehrkräfte und des pädagogischen Personals und - das hat die Antidiskriminierungsstelle noch mal dezidiert ausgeführt - die Problematik, dass Schulbücher die Norm der Zweigeschlechtlichkeit kaum infrage stellen.

Kommen wir zum Verband der Bildungsmedien. Dort ist auch eine sehr umfangreiche Stellungnahme abgegeben worden, auch die Bereitschaft zum Gespräch signalisiert worden. Zudem findet sich in der Stellungnahme ein sehr bezeichnender Satz und den werde ich jetzt zitieren. Da heißt es nämlich: „Generalisierend lässt sich sagen, dass neue Unterrichtsmaterialien vielfach deswegen nicht in den Unterricht kommen können, weil das Thüringer Lernmittelbeschaffungssystem komplett unterfinanziert ist.“ Vielleicht sollte uns auch das einmal zu denken geben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein echtes Problem und diesen Mangel damit zu begründen, dass man eben mit veralteten Lernmaterialien arbeitet, ist eher ein Armutszeugnis, jedenfalls aus unserer Sicht.

Es gibt noch viele weitere Stellungnahmen, von der Friedrich-Schiller-Universität, dem Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung, vom LSVD, die unseren Antrag unterstützen. Auch der Landesfrauenrat sagt, die Initiative wird ausdrücklich unterstützt, die Landesvereinigung der Gesundheitsför

derung in Thüringen ebenfalls. QUEERFORMAT hat sich positiv auf den Antrag bezogen. Die GEW hat umfangreiche Ausführungen gemacht und unseren Antrag komplett unterstützt. Vielfalt Leben QueerWeg für Jena und Umgebung hat ausgeführt, dass Vielfalt in Schule aufgezeigt werden muss, Bildungsmaterialien dies bislang aber eben nicht tun. Herr Dr. Klocke, der hier eben schon einmal zitiert wurde, aus Berlin hat in seiner Stellungnahme geschrieben: „Lehrkräften ist oft nicht bewusst, welchen Einfluss sie auf das Verhalten und Einstellungen ihrer Schülerinnen und Schüler haben.“ Er führt dann weiter aus: „In jeder Schule sollte eine Person mit den Themen soziale Vielfalt, Prävention von Mobbing, Anti-Mobbing-Leitbild und Antidiskriminierung beauftragt werden. Diese muss niedrigschwellig sein für Schüler.“ Und er sagt, dass ein AntiMobbing-Leitbild für die Schule hier sicher auch sehr hilfreich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen hier durchaus Handlungsbedarfe und wir sehen vor allem die Notwendigkeit, eine Sensibilisierung zu schaffen und auch offen über dieses Thema zu sprechen. Da können Sie gern den Kopf schütteln, lieber Kollege Primas.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Das ist ab- artig.)

Dass es aber auch anders geht, zeigen uns andere Länder. So hat beispielsweise Baden-Württemberg eine große Online-Befragung auf den Weg gebracht, die ich Ihnen ans Herz legen kann. Hier liegen die ersten Auswertungen seit dem 24.06.2014 vor. Ich zeige Ihnen das gern einmal. Die Überschrift lautet hier: „Für Akzeptanz und gleiche Rechte zur Lebenssituation von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren Menschen in BadenWürttemberg“. An dieser Umfrage haben sich 2.200 Menschen beteiligt. Das ist eine sehr hohe Zahl. Wenn Sie wissen, ab wann eine Umfrage als valide eingeschätzt werden kann, kann man bei dieser Umfrage davon ausgehen, dass hier endlich einmal valide Daten vorliegen. Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung in Baden-Württemberg hat diese Online-Befragung wie gesagt durchgeführt. In Baden-Württemberg ist das vom Land ausdrücklich unterstützt worden. Diese Online-Befragung ist Bestandteil des Aktionsplans für Akzeptanz und gleiche Rechte in Baden-Württemberg. Einen solchen Aktionsplan wünschen wir uns dezidiert auch für Thüringen. Das Ziel war es, die Situation von LSBTI-Menschen in Baden-Württemberg sowie deren Erfahrungen in verschiedenen Lebens- und Handlungsbereichen zu erfassen und unsere Große Anfrage - Sie erinnern sich vielleicht, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat hierzu umfangreich Fragen gestellt und auch beantwortet bekommen - hat gezeigt, dass der Thüringer Landesregierung so gut wie keine Daten zur Situation

von diesen Menschen hier in Thüringen vorliegen. Wenn Sie mal in die Umfrage aus Baden-Württemberg hineinschauen, ist das sehr spannend, weil die Menschen gefragt wurden, was sie in den letzten Jahren öfter erleben mussten. Das reicht von, dass 60 bis 70 Prozent sagen, sie werden angegafft, sie werden imitiert, sie werden lächerlich gemacht, sie werden nicht ernst genommen, sie werden bloßgestellt, sie werden ausgegrenzt bis zu: es kommt zu körperlichen Übergriffen. Was aber besonders spannend ist, dass sie gerade die Schule, die Berufs- und Fachschule, aber auch Ämter und Behörden als Orte angeben, wo Betroffene immer wieder Diskriminierung erfahren. Ich sage einmal, ich gehe davon aus, dass die Situation in Thüringen leider nicht sehr viel anders ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sich dann noch anschauen, was konkret formuliert wird, will ich Ihnen auch einige Beispiele benennen. So heißt es hier zum Beispiel, dass Betroffenen in den Schulen deutlich gesagt wurde, dass eben verschiedene sexuelle Orientierungen überhaupt kein Thema sein müssten, dass die Kinder sagen, dass sie das Gefühl haben, dass sie immer wieder von Mitschülern beschimpft werden und die Lehrer eher überfordert reagiert haben oder dies sogar geduldet haben. Auch Äußerungen kamen, wie: Na ja, du bist ja auch ein bisschen anders, damit musst du eben klarkommen. All das macht deutlich, dass es bislang überhaupt keine Normalität im Umgang mit diesem Thema gibt.

Was ist unser Ziel und was wünschen wir uns, auch wenn Sie unseren Antrag heute ablehnen werden? Wir sollten als Politik angesichts von Anfeindungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen im Schulalltag, die leider traurige Realität sind, sehr deutlich machen, dass wir das als Land nicht gutheißen, im Gegenteil, dass wir uns offensiv gegen Diskriminierung stellen. Für uns ist klar, wir müssen die Akzeptanz für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt stärken und fördern und da ist auch das Land gefragt, da kann man sich nicht so einfach aus der Verantwortung stehlen und sagen, das passiert schon alles irgendwie und das Ministerium nimmt das maximal positiv zur Kenntnis. Wir wissen alle, es wird gewählt und eine andere Politik tut not. Ein Bekenntnis des Landes tut uns allen nicht weh, im Gegenteil, es würde für Klarheit sorgen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es braucht Strategien und Leitbilder, wie wir Vielfalt in unseren Bildungseinrichtungen fördern und wertschätzen können, und dazu zählt auch die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften im Umgang mit Heterogenität. Wir müssen uns der Aufgabe stellen, Homo- und Transphobie bei Kindern und Jugendlichen abzubauen. Unser Antrag, so meinen wir, ist

dafür ein guter Beitrag. Auf dem Weg zu einem diskriminierungsfreien Schulalltag und einer angemessenen Betrachtung der Thematik LSBTI im Unterricht sind noch viele Anstrengungen notwendig. Vor dem Hintergrund, dass Thüringen in diesem Handlungsfeld erst am Anfang steht, werden wir hier jedenfalls weiterhin für Veränderungen eintreten. Und lassen Sie es sich noch einmal gesagt haben: Homophobie ist heilbar. Es braucht aber immer wieder klare Aussagen auch und gerade vonseiten des Landes, dass wir Vielfalt wertschätzen, dass wir froh sind, dass Thüringen ein buntes Land ist. Ich wünsche mir, dass irgendwann in naher Zukunft vor unserem Landtag auch einmal die Flagge des Regenbogens weht. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)