Die unterste Ebene, auf der die Aufgaben eigentlich erledigt werden sollen, ist dann weit vom Bürger entfernt, dass er gar keine Verbindung mehr dazu hat. Entscheidung vor Ort heißt Entscheidung weit entfernt, das ist ein Irrweg, den wir in Thüringen nicht wollen.
Wir als CDU-Fraktion stehen für einen anderen Weg. Wir stehen für überschaubare Strukturen. Nur, wo der Bürgermeister seine Bürger und der Landrat seine Bürgermeister kennt, lässt sich eine bürgernahe und erfolgreiche Kommunalpolitik gestalten.
Auch sollten die Gemeinderäte und die Kreisräte noch wissen, über was sie entscheiden. Sie sollten die Sachverhalte und auch die Orte schon noch kennen. Wer kommunale Selbstverwaltung will, der muss die Kommunen auch selbst entscheiden lassen, wie sie sich entwickeln wollen.
Das bedeutet, dass wir als CDU-Fraktion dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung, das sich aus dem Grundgesetz und aus der Thüringer Verfassung ergibt, schon einen hohen Stellenwert beimessen. Deshalb sind wir für Freiwilligkeit bei den Neugliederungen und deswegen favorisieren wir das Modell der Landgemeinde. Gerade bei dieser sind die gesetzlich garantierten Mitbestimmungs
rechte der Ortschaftsräte wesentlich umfangreicher und die Erfolge in dieser Legislaturperiode zeigen, dass dieser Weg überaus erfolgreich ist. Die Kommunen wissen selbst am besten, was für sie gut ist. Seit Beginn dieser Legislatur im September 2009 wurden insgesamt fünf Gesetzentwürfe hier verabschiedet - Herr Hey hat es bereits gesagt, ich wiederhole es gern noch mal - mit 298 Städten und Gemeinden. Wenn man noch mal auf das Jahr 1990 zurückblickt, dann hat sich die Zahl der Gemeinden von 1.702 auf 849 politisch selbstständige Gemeinden im Freistaat halbiert. Aus den vorgenannten Gründen will meine Fraktion auch an dem Prinzip der freiwilligen Neugliederung festhalten.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen will, sind die erneuten Versuche der Linken, die Vorschriften zum Bürgerbegehren und zu den Bürgerentscheiden in der Thüringer Kommunalordnung als ein undemokratisches Relikt der Steinzeit abzutun, welches zwingend einer Reform bedarf. Ich möchte daran erinnern, dass im April 2009 hier im Landtag gerade in diesen Punkten novelliert worden ist. Wir haben hier die Regeln, die Quoren für Bürgerentscheid und Bürgerantrag entsprechend im Sinne der Bürger nach unten korrigiert. Nun ist aber auch dieser Run nicht eingetreten. Man hat insgesamt im Zeitraum von zehn Jahren, also ab 2004, 16 Bürgerbegehren und 3 Einwohneranträge, und das auch zu sehr unterschiedlichen regionalen Themen. Das lässt sich nicht immer miteinander vergleichen. Aber ich denke, die Bürger wissen auch um die Möglichkeiten, die sie haben, sich aktiv in Politik mit einzuschalten, sich selbst für ein Mandat zu bewerben oder auch über die Parteien oder Fraktionen entsprechend ihre Anliegen in den Gemeinderäten oder in den Kreistagen vorzutragen. Wir haben aktuell 21.627 Bewerber um ein kommunales Mandat. Insgesamt sind 9.338 Sitze in Kommunalparlamenten zu vergeben. Ich denke, das ist ein sehr gutes Signal. Man kann nur hoffen, dass auch die Wahlbeteiligung an diesem Wochenende hoch sein wird, denn die Bürgerinnen und Bürger haben es selbst in der Hand, zu entscheiden, wer künftig ihre Interessen vertritt.
Ein wichtiger Aspekt - es ist schon vorgetragen worden - ist die finanzielle Ausstattung der Kommunen. Wir haben dazu ein sehr umfangreiches Werk aus dem Innenministerium erhalten. Man kann es auch nicht leugnen, dass sich die Steuern doch hier erheblich erhöht haben. Waren es 2004 noch 719 Mio., so sind es 2013 1,350 Mrd. - ich habe es gerundet - und man hat im Zuge der Maischätzung eine Zahl von 1,383 Mrd., immerhin eine Erhöhung noch mal um 36 Mio. Die Schlüsselzuweisung, die eine wichtige Einnahmequelle für die Kommunen ist, ist auch, wie Herr Hey schon bemerkte, durch die Ausgleichsmechanismen bestückt, so dass man auch als Land dafür Sorge trägt, dass sich die Ein
nahmesituation zwischen den Kommunen nicht so stark auseinanderentwickelt. Dazu wurde 2013 der Kommunale Finanzausgleich neu strukturiert. Als neues Element kam zum Beispiel die Finanzausgleichsumlage hinzu, die besonders einnahmestarke, die abundanten Kommunen erfasst, die ein Teil ihrer Einnahmen in den Landesausgleichsstock abführen, und aus diesem Stock wiederum soll Kommunen geholfen werden, die in Not sind. Die Analyse zeigt, dass es ganz unterschiedliche Ursachen gibt. Um einige zu benennen: Gewerbesteuereinbrüche, aber auch haushaltsbelastende Investitionen aus der Vergangenheit, wo man sich oft überschätzt hat. Hier spielen die Zins- und Tilgungsraten eine große Rolle, aber auch der Bevölkerungsrückgang in manchen Kommunen, die hohe Belastung im Sozialbereich, besonders im Bereich der Kitabetreuung, aber auch die Strukturschwäche der Region. Wenn ich die Strukturschwäche der Region hier anführe - die lässt sich durch die Steuereinnahmekraft pro Einwohner berechnen -, will ich hier nur mal vier Zahlen benennen. Der Kyffhäuserkreis hat eine Steuereinnahmekraft von 413 € je Einwohner, in Erfurt sind es 637 €, Wartburgkreis 640 € und Nordhausen 835 €. Auch das ist wichtig, wenn ich die Kommunen betrachte.
Mit dem Blick auf die Schlüsselzuweisungen muss ich sagen, dass sich auch hier die Einnahmesituation für die Kommunen erhöht hat. Gestern war in der Presse zu lesen, die SPD-Bürgermeister aus den großen Städten Erfurt, Jena und Weimar haben sich zu ihrer Finanzsituation geäußert, die Landesregierung würde sie systematisch aushungern. Das ist schon ein tolles Husarenstück fünf Tage vor der Wahl. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Gerade die finanzielle Situation dieser kreisfreien Städte ist unserer Auffassung nach gut. Der Finanzüberschuss ist im Jahr 2012 von 8,7 Mio. € auf 11,2 Mio. € in 2013 gestiegen und mit steigender Prognose auch für dieses Jahr. Im gleichen Zeitraum sind die Steuereinnahmen von 17,8 Mio. € auf 408 Mio. € angewachsen. Das ist für mich Jammern auf sehr hohem Niveau. Es ist schlichtweg unredlich und purer Populismus.
Damit Verwerfungen bei der Umstellung des KFA abgefedert werden, wurde das Hilfspaket auf den Weg gebracht, auch das wurde hier erwähnt, 136 Mio. €, und gerade aus diesem Hilfspaket gehen auch Gelder in den Landesausgleichsstock, in diesem Jahr 36 Mio. €, im nächsten Jahr 30 Mio. €. Ich denke, das ist zielgerichtete Hilfe für die Kom
munen, die es unbedingt brauchen, um sie zu entschulden oder auch bestimmte Pflichtinvestitionen zu machen. Gleichzeitig gehen aber auch 10 Mio. € an die Kreise, die damit ihre Kreisumlage stabil halten sollen. Auch das mindert die Ausgabelast der Kommunen. Wir haben dazu ausführlich debattiert, das kann ich mir ersparen.
Ich möchte nur noch einmal auf einen Punkt eingehen, der hier heute im Punkt 11 von Herrn Kuschel angesprochen wurde, aber auch von Herrn Dr. Voß. Die Kommunen investieren 273 € je Einwohner und liegen damit an dritter Position hinter Bayern und Baden-Württemberg. Ich bin selbst Bürgermeisterin, ich wünsche mir natürlich auch mehr, aber ich denke, man muss auch schauen, welche Dinge im Vordergrund stehen. Das ist in jedem Fall für Thüringen ein sehr gutes Ergebnis. Wenn man die Kassenstatistik plus 81 Mio. € sieht, dann kann man auch nicht sagen, dass die Kommunen hier schwach aufgestellt sind.
Das ist sicherlich eine Frage der Verteilung und da muss man hinschauen und deswegen haben wir im neuen Gesetz des KFA eine Evaluation mit vorbereitet, um zu prüfen, wie sich diese Finanzströme am Ende gestalten werden.
Ein weiterer Punkt war die wirtschaftliche Betätigung der Kommune. In diesem Bereich sind die Kommunen insbesondere im Sinne der Daseinsvorsorge tätig und wir haben alle noch die Kommunalisierung der Energieversorgung im letzten Jahr, die Bildung der Thüringer Energie AG, in guter Erinnerung und ich denke, Kommunen entscheiden in kommunaler Selbstverwaltung, aber immer vor dem Hintergrund, zweckmäßige, effiziente und wirtschaftliche Lösungen zu finden. Dabei sind auch kommunale Arbeitsgemeinschaften, Zweckverbände möglich und mit unserer Gesetzesänderung Anfang dieses Jahres auch die kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts. Mehr Spielräume bedeuten auch mehr Verantwortung, aber da habe ich keine Sorge, dass unsere Kommunen dieser Verantwortung nicht gerecht werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, dass vonseiten der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen wurde, um die Kommunen in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben im eigenen und im übertragenen Wirkungsbereich zu erledigen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als Nächster spricht der Abgeordnete Frank Kuschel für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, also Frau Holbe hat hier mit einer Leidenschaft zu diesem Thema gesprochen,
ich hatte zu kämpfen und das soll was heißen, denn mich interessiert das Thema, aber es spricht auch dafür, in welcher Qualität die Landesregierung hier eine Große Anfrage einer Fraktion beantwortet hat. Dazu will ich etwas sagen und dann zu einigen Anmerkungen in der Debatte. In vielen Antworten verweist die Landesregierung darauf, dass hier keine Angaben vorliegen. Das ist insofern entscheidend, weil ich ohne Informationen meine Konzepte nicht zielgenau und zielorientiert ausgestalten kann. Ganz bewusst ist definiert, dass die Landesregierung für die Beantwortung einer solchen Großen Anfrage sechs Monate Zeit hat. Das heißt, wenn es tatsächlich so ist, dass die Landesregierung über einzelne Dinge keine Angaben vorrätig hat, dann ist ein Zeitraum von sechs Monaten durchaus geeignet, diese Informationen mit einem vertretbaren Aufwand beizuziehen. Sie können sich sicher sein zumindest ist das in unserer Fraktion so, egal ob bei Mündlichen, Kleinen oder Großen Anfragen, wir recherchieren vorher und wir haben bei manchen Anfragen wahrscheinlich mehr Informationen als Sie.
Von daher spricht diese Antwort auch darüber, welchen Umgang Sie mit dem Parlament hier pflegen. Offenbar nehmen Sie das alles nicht so ernst. Dagegen verwahren wir uns.
Meine Damen und Herren, es ist auch für den Außenstehenden lektüreunfreundlich, wenn in einigen Antworten nur Quellenverweise auf Antworten auf Kleine Anfragen mit Drucksachennummern erfolgen. Eigentlich muss eine Antwort auf so eine Große Anfrage so formuliert sein, dass ein Außenstehender das auch nachvollziehen kann.
Zusammenfassend möchte ich vorweg formulieren und zur Einschätzung kommen: Die Antwort auf unsere Große Anfrage ist ein Zeugnis für den Stillstand in zentralen kommunalpolitischen Fragen, insbesondere was die Entwicklung des Kommunalrechts betrifft, aber auch die Mitwirkungsmöglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern. Und in Fragen
der Funktional- und Verwaltungsreform, da bin ich insbesondere Frau Holbe dankbar, dass sie hier deutlich formuliert hat, welche Ziele die CDU hier verfolgt, nämlich alles so zu belassen, wie es derzeit ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Hey hat gefragt, warum wir diese Große Anfrage zu diesem Zeitpunkt gestellt haben. Herr Hey, Sie haben ein bisschen Ihre Fähigkeiten kleingeredet. Es wäre ein Armutszeugnis für Sie, wenn Sie zunächst mich hören müssen, um selbst zu wissen, was Sie sagen wollen.
Sie sind sicherlich in der Lage, sich selbst ein Urteil zu bilden. Aber Sie haben sich ja noch 2 Minuten aufgehoben. Ob das langt, sich dann noch mal mit meinen Aussagen auseinanderzusetzen, da habe ich also eher Zweifel, sondern Sie haben diszipliniert, wie man Sie kennt, hier einen Auftrag für Ihre Fraktion abgearbeitet, haben sich wie immer unwohl gefühlt, weil Sie im Rahmen der Koalition Positionen vertreten müssen, von deren Richtigkeit Sie selbst nicht überzeugt sind. Da kann ich schon ein wenig mitfühlen.
Der eigentliche Anlass hat mehrere Säulen. Wir begehen in diesem Jahr 20 Jahre Thüringer Kommunalordnung. Das hat in der Öffentlichkeit noch nicht so eine große Rolle gespielt. Aber 20 Jahre Thüringer Kommunalordnung bietet sich natürlich an, um einen Blick auf eine Bilanz zu werfen und auch auf einige Aspekte der Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Kommunalrechts hinzuweisen. Und jede Frage - wissen Sie ja - ist auch eine Thematisierung von Problemlagen in der Öffentlichkeit. Damit können Sie natürlich aus den Fragen auch erkennen, wo für uns die Entwicklung hingehen muss. Wir haben parallel ein Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht unter dem Arbeitstitel „Demokratisierung der Kommunalpolitik“ und daraus können Sie entnehmen, in welche Richtung wir das Kommunalrecht entwickelt haben wollen. Der Gesetzentwurf liegt zurzeit im Innenausschuss. Bedauerlicherweise haben CDU und SPD nicht den Mut, eine mündliche Anhörung zu ermöglichen; es wird nur eine schriftliche Anhörung geben. Aber gerade bei so einem Komplex wie die Kommunalpolitik bietet es sich an, mit den Anzuhörenden in einen Dialog zu treten. Das geht nur im Rahmen einer mündlichen Anhörung und einer öffentlichen Anhörung und nicht im Rahmen einer schriftlichen Anhörung. Also da hätte ich mir gerade auch wieder von der SPD etwas mehr Mut gewünscht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich hat unsere Große Anfrage auch etwas mit den bevorstehenden Kommunalwahlen zu tun, weil auch die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker und alle die Kandidaten, die wir jetzt haben,
durchaus ein Anrecht darauf haben, zu wissen, wie denkt diese Landesregierung über die Verfasstheit der Kommunen und wo sieht sie Defizite, weil man aus den Defiziten heraus ableiten kann, was sich möglicherweise in den nächsten Monaten und Jahren noch mal in der Debatte befindet und wo dann entsprechend eine Anpassung des Kommunalrechts, des Systems der Kommunalfinanzen und auch der Möglichkeiten der direkten Mitbestimmung von Bürgerinnen und Bürgern, also wo da Veränderungen vorgenommen werden sollten.
Frau Holbe hat hier wieder das Gespenst an die Wand gemalt, die Linke will anonymisierte Großstrukturen bei den Gemeinden. Mit dem Vorwurf müssen wir leben. Aber wie Frau Holbe heute auf die Aussage kommt, dass die Linke angeblich Gemeinden mit 12.000 Einwohnern fordert, das wird ihr Geheimnis bleiben. Da hat sie die Autorenschaft wahrscheinlich verwechselt, weil die 12.000 in dem Bericht der Expertenkommission als mögliche Größe benannt worden sind.
Ich möchte das nur richtigstellen auch für die Öffentlichkeit. Die Fraktion DIE LINKE hat formuliert, wir haben eine Orientierungsgröße von 5.000 Einwohnern für eine Gemeinde, wobei wir noch nicht am Ende sind, ob das heute 5.000 sein sollen oder im Jahr 2030. Wenn ich im Jahr 2030 eine Orientierungsgröße von 5.000 haben will, da brauche ich heute 6.500 bis 7.000. Und Orientierungsgröße heißt für uns flexibel. Wenn eine abundante Gemeinde, die also keinerlei Landeszuweisung bekommt, mit weniger als 5.000 Einwohnern eine so günstige Finanzausstattung hat, dann gibt es überhaupt keine Notwendigkeit, die in irgendeiner Art und Weise zwangsweise neu zu ordnen, weil die das Land nicht belasten. Im Gegenteil, die abundanten Gemeinden bezahlen die sogenannte Reichensteuer, damit funktioniert auch Solidarität in umgekehrter Richtung. Doch dort werden wir nicht eingreifen. Deswegen, eine flexibilisierte Größe, und auch, was die Verwaltungsgemeinschaften betrifft, möchte ich noch einmal sagen, wir wollen ab 2019 die Verwaltungsgemeinschaften als Auslaufmodell. Aber Auslaufmodell heißt, überall dort, wo Bürgerinnen und Bürger mit dieser Struktur einverstanden sind, soll sie beibehalten werden. Aber wir haben viele Hinweise, dass in einem Teil der Verwaltungsgemeinschaften „Sand im Getriebe“ ist, dass das Verhältnis zwischen Verwaltungsgemeinschaften und Mitgliedsgemeinden nicht mehr in dem Maße funktioniert wie vor Jahren. Deshalb sagen wir, Verwaltungsgemeinschaften als Auslaufmodell. Aber nicht in einer Schaltsekunde werden alle Verwaltungsgemeinschaften in eine Einheitsge
meinde umgewandelt, sondern es bleibt ein flexibler Übergang. Wenn Bürgerinnen und Bürger im Rahmen eines Bürgerentscheids sagen, wir sind mit der Verwaltungsgemeinschaft und deren Arbeit einverstanden, dann sollten wir uns als Gesetzgeber auch zurückhalten und dort keine Strukturveränderung nur vom Grundsatz her vornehmen.
Meine Damen und Herren, Frau Holbe und auch Kolleginnen und Kollegen in der CDU, auch wir sind für die Freiwilligkeit bei der Gemeindeneugliederung. Aber Freiwilligkeit setzt eine klare Zielorientierung voraus. Und das fehlt. Und Herr Adams hat gesagt, die Kommunalordnung würde da zurzeit etwas sehr schwammig sein, was die Zielvorgaben betrifft. Das ist bedauerlicherweise nicht so. Die Vorgaben der Kommunalordnung sind eineindeutig. Und viele Gemeinden nutzen das. Nur, wir wissen, sie sind nicht mehr zeitgemäß. Das ist das Problem. Wir haben eine eindeutige Regelung in der Kommunalordnung, 3.000 Einwohner, ab der Grenze kann ein hauptamtlicher Bürgermeister aktiv sein und diese Gemeinde muss keiner Verwaltungsgemeinschaft mehr angehören. Für die Verwaltungsgemeinschaften haben wir überhaupt keine Mindestgröße mehr. Das führt dazu, dass ein Teil der Verwaltungsgemeinschaften sogar unter der früheren Mindestgröße von 5.000 abgerutscht ist. Da müssen wir noch einmal sagen, uns geht es um Leistungsfähigkeit. Und wenn hier dann thematisiert wird, dass Gemeindegröße und Grad der demokratischen Ausgestaltung in einem kausalen Zusammenhang stehen, dann haben wir andere Erfahrungen, denn demokratische Mitgestaltung setzt auch Leistungskraft der Gemeinde voraus. Wir haben mit Blick jetzt auf den Sonntag eine Entwicklung, die sollte uns alle nachdenklich machen. In über 200 Gemeinden findet eine Mehrheitswahl statt, weil entweder, das sind 14 Gemeinden, gar kein Wahlvorschlag da ist oder nur noch ein Wahlvorschlag. Aber was ist das für eine Art von Demokratie, wenn ich keine Auswahl mehr habe, außer wieder Ja oder Nein. Das hatten wir schon einmal. Das heißt, das hat etwas mit Leistungsfähigkeit zu tun. Und ich erlebe immer wieder, dass mir Bürgerinnen und Bürger, die wir ansprechen, „mach mit in der Kommune“ sagen, ich habe doch über nichts mehr zu entscheiden. Und wenn ich über nichts mehr zu entscheiden habe, was soll ich denn da mitmachen? Das heißt, wir haben auch eine Verantwortung, die Gemeinden in eine Lage zu versetzen, dass Entscheidungen wirklich getroffen werden können. Und dort, wo Entscheidungskorridore da sind, da machen auch Menschen mit. Das ist meine und auch unsere Überzeugung. Deswegen hat Gemeindestruktur auch etwas mit der weiteren Ausgestaltung von kommunaler Demokratie zu tun. 600 Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern in Thüringen, das ist dauerhaft auch ein demokratisches Problem, nicht nur ein Problem der Leistungsfähigkeit. Und wenn wir die Gemeinden für
die Herausforderungen fit machen wollen, dann geht das nicht in dieser Struktur, wo ich maximal 1.000 Einwohner habe und zwei Drittel der Gemeinden in dieser Gemeindegröße sind.
Meine Damen und Herren, Frau Holbe hat auch gesagt, die Steuereinnahmen der Gemeinden sind gestiegen. Das ist richtig. Aber wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass die kommunale Steuerquote in Thüringen immer noch unter 25 Prozent liegt. Also nicht einmal ein Viertel der Ausgaben der Gemeinden können sie durch eigene Steuereinnahmen abdecken. Damit sind wir Schlusslicht in den Flächenländern, Schlusslicht. Die sind zwar gestiegen, aber im Vergleich zu den Aufgaben und im Vergleich zu anderen Bundesländern bleiben wir zurück. Und deswegen müssen wir ein hohes Interesse haben, dass die Steuerkraft der Gemeinden steigt, weil die Steuerstärke die Gemeinden sind. Um so weniger müssen wir über den Finanzausgleich entsprechend ausgleichend wirken, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und jedes Hilfspaket, das wir auf den Weg bringen, ist auch klar, ist ein Eingeständnis, dass das eigentliche System des Ausgleichs, des vertikalen und horizontalen Finanzausgleichs, versagt oder Schwächen hat. Deswegen kann es keine Dauerlösung sein, dass wir immer wieder Hilfspakete auf den Weg bringen, sondern das kann einmal in einer Ausnahmesituation sein, als Übergang. Und das haben wir gesagt, wir halten deshalb eine Veränderung des Finanzausgleichsgesetzes für unabdingbar.