Protocol of the Session on May 22, 2014

(Beifall FDP)

Gleichzeitig müssen aber die Kommunen höhere Kreisumlagen schultern. Darüber hinaus ergibt sich ein erheblicher Investitionsstau, der sich am Zustand der Schulen und der Straßen widerspiegelt. Und ich darf als Tiefbauer ergänzen, unter den Straßen sieht es vielerorts sehr drastisch aus. Der Nachteil ist nur, dass man es erst merkt, wenn es einbricht. Gerade bei kleineren Kommunen, meine

verehrten Kolleginnen und Kollegen, offenbaren sich offensichtliche erhebliche Webfehler am Kommunalen Finanzausgleich und ich sage, wenn es Städte gibt - und die gibt es -, die seit der Wiedergründung des Landes Thüringen nie den Kassenkredit in Anspruch nehmen mussten - und das will was heißen, das können nicht viele - und die jetzt den Haushalt nicht mehr zubekommen, dann ist das ein Alarmzeichen, das man ernst nehmen sollte und nicht bagatellisieren darf.

(Beifall FDP)

Und wenn Kollege Hey den Kulturlastenausgleich hier gerade so schön gelobt hat, muss ich sagen, auch das ist ein Systemfehler. Selbst wenn man den Kulturlastenausgleich gut findet, wenn man den…

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD)

Hören Sie ruhig erst einmal zu, dann verstehen Sie es vielleicht. Das hoffe ich zumindest. Selbst wenn man den Kulturlastenausgleich gut findet, ist es so, dass kleinere Kommunen, die im Verhältnis zu Ihrem Haushalt im kulturellen Bereich erhebliche Leistungen bringen, doch leer ausgehen. Ich kann das anhand des ganz konkreten eigenen Antrags schildern. Wir haben ein erhebliches Kulturbudget, weil wir ein Museum im Ort haben mit hohem wissenschaftlichen Wert und Sitz des ältesten Thüringer Geschichtsvereins, wir haben ein Kulturhaus. Das hat uns alles nichts genutzt. Als kleine Kommune geht man dabei leer aus. Über die Finanzsituation der Kommunen und die nicht ausreichenden Mittel des Landes beklagen sich derzeit aber auch öffentlich drei kreisfreie Städte in Thüringen. Ich will dazu sagen, dass sich vor der Kommunalwahl gerade Erfurt, Jena und Weimar, die alle SPD-geführt sind, beschweren, dass sie nicht auskömmlich vom Land finanziert seien, ist doch schon recht bemerkenswert, denn es zeigt eine Dreistigkeit in meinen Augen, es ist ein Schlag ins Gesicht anderer Thüringer Kommunen, die unter ganz anderen Bedingungen haushalten müssen.

(Beifall FDP)

Diese drei Städte haben das größte Einnahmepotenzial in Thüringen und genießen durchaus zu Recht eine besondere Aufmerksamkeit, da sie über Thüringen hinaus Anziehungskraft entfalten.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und diese drei Städte haben, wenn man sich die Zahlen ansieht,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach, das heißt nur so.)

bestimmt kein Einnahmeproblem, sondern ein massives Ausgabeproblem.

(Beifall FDP)

Und da, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, sollten sich die drei SPD-Oberbürgermeister doch mal an die eigene Nase fassen, bevor sie mit dem Finger auf andere zeigen. Die Probleme, die Erfurt, Jena und Weimar haben, sind bestimmt nicht die Probleme der anderen Thüringer Kommunen, aber was die drei SPD-Oberbürgermeister damit beweisen, ist, dass große Strukturen offensichtlich nicht automatisch so effizient sind, wie es von einigen Fraktionen, auch von der SPD, gerne weisgemacht wird.

(Beifall FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, eines zeigt die Große Anfrage: Wir stehen vor großen Herausforderungen in Thüringen und deswegen sollten wir nicht länger nur darüber philosophieren, sondern endlich beginnen zu handeln. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bergner. Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Adams für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen hier zur späten Stunde, am liebsten würde ich mit einem Exkurs beginnen und Frau Taubert als Gesundheitsministerin auffordern, endlich Sofortmaßnahmen gegen die wirklich enorm hohe Pollenbelastung, die im Augenblick in Thüringen herrscht, einzuleiten, aber leider hat sie das vielleicht nicht in der Hand.

Zurück zu den Kommunen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Ich kann dir eine Tablette bringen.)

Mit ein bisschen Wasser schaffe ich das schon.

Zurück zu den Kommunen: Es ist immer die Frage, Herr Bergner hat es gerade gesagt, da möchte ich der FDP auch gerne mal zustimmen, dass die Fragen und Ausführungen der Großen Anfrage jetzt nicht wirklich was Überraschendes gebracht haben und wenn man sich dann vielleicht noch einmal so dem Kern der Kommune, der Gemeinde nähert, dabei ist mir eine Zahl, natürlich von Referenten und Referentinnen aufgeschrieben, die mir zu denken gegeben hat, in die Hand gefallen. Gemeinden, nicht Städte, im ländlichen Raum gibt es in Deutschland seit dem 12. Jahrhundert. Ich hatte vor Kurzem die Gelegenheit, ein Stück Holz aus dieser Zeit mal in der Hand zu halten. Das konnte man noch sehen und anfassen, aber es war schon

morsch geworden. Und wie viel Kraft muss in unseren Gemeinden liegen, dass wir viele von denen heute noch haben, dass sie stark geworden sind und sich wirklich gut entwickelt haben. Das, denke ich, trägt uns alle hier, dass wir das weiter befördern wollen und voranbringen wollen.

Die Große Anfrage der Linken widmet sich in acht Kapiteln den Herausforderungen dieser Kommunen. Für mich ergab das drei Grunddenkrichtungen oder drei Grundfragen, nämlich die Frage der Selbstverwaltung der Kommunen und wie die Selbstverwaltung ausgestaltet werden kann unter immer knapperen Finanzlagen, also Selbstverwaltung im Zusammenhang mit der Finanzlage. Zweite Frage, die für mich hinter dieser Großen Anfrage und den vielen Einzelfragen steckt, ist die Frage nach Gemeindeneugliederungen, also wie strukturieren wir dieses Land, und einer natürlich dringend notwendigen Verwaltungsreform. Und die dritte große Frage, die es für unsere Kommunen zu beantworten gilt, ist die Frage nach der Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger, wie wir sie wirklich einbinden können und ernst nehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wichtig dabei ist, dass die Kommunen in ihrer Selbstverwaltung natürlich stark gehemmt sind, wenn sie die finanzielle Leistungsfähigkeit nicht mehr haben. Was kann ich selbst verwalten, wenn ich nicht mehr die Chance habe, es auch selbst zu gestalten? Damit wird das hohe Gut der Selbstverwaltung ausgehöhlt. Deshalb muss die Landesregierung danach trachten und müssen wir danach trachten, den Kommunen Hilfe dabei zu geben, diese Selbstverwaltung wieder mit Leben zu erfüllen, wieder zu genug Finanzmitteln zu kommen. Das kann man einmal dadurch machen, dass man das Geld, das vom Land kommt, hochdreht und immer mehr Geld den Kommunen gibt, oder man kann helfen, und das ist hier schon verschiedentlich angesprochen worden, viele Ideen sind da im Raum, die Kommunen dafür fit zu machen, sich mit dem vorhandenen Geld so gut wie möglich voranzubringen.

Die Landesregierung, diese Koalition hatte sich das eigentlich vorgenommen, hatte im Koalitionsvertrag geschrieben, dass man darüber nachdenken will, wie eine Gebietsreform und eine Verwaltungsreform aussehen können. Herr Bergner hat es schon gesagt, es gab ein unsägliches Hickhack um die Frage der Kommissionsfindung. Am Ende ist der Umkehrschluss doch der, nicht einmal die CDUFraktion und eine CDU-geführte Landesregierung finden noch Menschen mit einer wissenschaftlichen Reputation, die ihnen ein Gutachten schreiben, in dem steht, dass eine Gebietsreform nicht sinnvoll wäre. Alle Experten sagen, wir brauchen das. Jetzt gilt es, ab September darüber zu diskutieren, wie ist der richtige Weg, und das auch schnell und erfolgreich wirklich umzusetzen. Die CDU ist in alten Mustern verhangen und deshalb kommt sie, wie das

(Abg. Bergner)

Anfang dieses Jahres geschehen ist, auf die Idee, die sie alle fünf Jahre hat, wenn es den Kommunen, wie dargestellt, nicht hinreichend gut geht, dann gibt es ein kleines Wahlgeschenk kurz vor der Wahl und deshalb musste das Geld her.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Tropfen auf den heißen Stein ist aber keine Lösung, ist kein Ansatz, ist Flickschusterei und zum Teil auch Teil des Problems, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wichtig ist, auch noch einen Blick darauf zu nehmen, wir haben ja den Landesrechnungshof, der die überörtliche Kommunalprüfung durchgeführt hat und dabei festgestellt hat, dass wir 112 Mio. € in den Kommunen durch fehlende erhobene Beiträge oder Ähnliches nicht eingenommen haben. Das, was die Kommune hätte nehmen können, nehmen müssen, das hat sie nicht gemacht. Auch da müssen wir mit den Kommunen drüber reden, dass wir das, was die Kommune zu ihrer eigenen Leistungsfähigkeit selbst beitragen kann, auch auf den Weg bringt und nicht davor zurückscheut, die guten Projekte, die in den Kommunen für die Bürgerinnen und Bürger dargeboten werden, gute Schulgebäude, gute Straßen, gute Plätze, Veranstaltungsräume, das alles hat seinen Preis und daran sollen auch alle mittun, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Die Landesregierung hatte sich zum Beispiel Ziele gestellt. Eines der Ziele war es, die Verwaltungsgemeinschaften in die Landgemeinden überzuleiten und sich darum zu kümmern, Herr Hey hatte das angesprochen, dass die Verwaltungsgemeinschaften alle mindestens 5.000 Einwohner haben. Bei der letzten Tranche der Neugliederung oder Gemeindeveränderungen waren alleine fünf neue Verwaltungsgemeinschaften dabei, die darunter lagen. Es werden immer mehr. Die Landesregierung schafft dieses Ziel selbst nicht. Sie scheitern immer wieder an ihren eigenen gesetzten Zielen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Hey, SPD: Fast!)

Zur Frage der Bürgerbeteiligung, die Antwort der Landesregierung, hier überraschen die Antworten kaum. Die Affinität dieser Landesregierung zu den Elementen der direkten Demokratie hält sich in Grenzen. Das haben wir alle in den letzten Jahren gut miterleben können. Die Landesregierung hatte beabsichtigt - im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU stand das drin -, die bestehenden Mitwirkungsmöglichkeiten zu schaffen und darüber Klarheit zu schaffen. Wir wissen, dass sie das alles nicht geschafft hat. Es gab mal einen Vorschlag von der Linken, dem wir uns auch angeschlossen haben, nämlich die Frage der freien Sammlung, die Kostenpflicht hier runterzubringen oder Ratsbegeh

ren auf den Weg zu bringen oder das Finanztabu zu streichen. All das hat diese Koalition nicht gewollt. Auch hier scheitern sie an ihren eigenen Zielstellungen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grüne sind für eine Kultur des Gehörtwerdens, des Hörbarmachens. Niemand soll aus Beteiligungsprozessen ausgeschlossen werden. Dafür werden wir kämpfen und dazu gehört es auch für uns, uns für einen Minderheitenschutz einzusetzen und die Hürden für die Beteiligung zu senken. Das wichtigste Element bei der Beteiligung überhaupt ist Information und Transparenz. Auch hier hapert es immer wieder. Frau Marx, Sie erinnern sich sicherlich noch an den guten Streit, den wir bei Ihrem Informationsfreiheitsgesetz geführt haben. Das wird im nächsten Jahr mal anstehen, mit Nachfragen oder Kleinen Anfragen zu schauen, was es gebracht hat. Ich glaube, der Erfolg ist nicht zu groß. Auch hier müssen wir dringend nachjustieren. Wenn wir die Menschen in der Kommune zum Mitmachen anregen wollen, müssen wir ihnen die Informationen geben. Und da reicht das, was man bisher hier in Thüringen gemacht hat, was diese Landesregierung in den letzten fünf Jahren geleistet hat, nicht aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zusammenfassend: Wir brauchen eine ehrliche Finanzausstattung für unsere Kommunen. Wir brauchen zukunftsfähige Strukturen, wir brauchen Mut zur Transparenz und Information. Wir brauchen echte Bürgerbeteiligung in unseren Kommunen. So wird Thüringen stark und unser Land ist reich an Natur und schön zum Leben. Gemeinsam können wir den Schatz heben, wenn wir die Kommunen stark machen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Adams. Das Wort hat jetzt die Frau Abgeordnete Holbe für die CDUFraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ausgehend von der Vielzahl der Fragen 177 - hat die Fraktion DIE LINKE in der Tat eine „Große“ Anfrage gestellt. Betrachtet man die Große Anfrage jedoch im Detail, muss man ganz objektiv und sachlich feststellen, dass die Qualität der einzelnen Fragen leider hinter der Quantität zurückbleibt, zumal eine Vielzahl von Fragen das Innenministerium bereits in Kleinen und Mündlichen Anfragen beantwortet hat. Es ist ziemlich scheinheilig, wie die Fraktion DIE LINKE mit ihren Fragen ver

(Abg. Adams)

sucht, sich als Retter der kommunalen Selbstverwaltung zu inszenieren.

(Beifall CDU)

In Wirklichkeit sind Sie es doch, die mit der Schaffung von anonymen Großstrukturen die kommunale Selbstverwaltung aushebeln wollen. In den von Ihnen angestrebten Gemeinden mit über 12.000 Einwohnern, die sich aus Dutzenden von Dörfern zusammensetzen, über ein Vielfaches der Ausdehnung verfügen wie unsere größten Städte, muss man eher von kommunaler Fremdverwaltung sprechen, da der Bezug zum Bürger und zu den Orten gar nicht mehr gegeben sein kann.

Herr Hey hat das Beispiel Saara-Nobitz hier angebracht. Ich weiß nicht, Herr Hey, wie viele Parteibücher am Ende bei Ihnen gelandet sind. Aber ich wollte dazu anmerken, dass dieses Konstrukt allein 39 Ortsteile hat. Die Einheitsgemeinde verfügt über 39 Ortsteile mit einer Einwohnerzahl von 6.200. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass die Linken eine Zahl von 12.000 anstreben, dann ist das schon schwierig. Das Prinzip der Subsidiarität verkehrt sich in solch anonymen Strukturen zum blanken Hohn.

(Beifall CDU)

Die unterste Ebene, auf der die Aufgaben eigentlich erledigt werden sollen, ist dann weit vom Bürger entfernt, dass er gar keine Verbindung mehr dazu hat. Entscheidung vor Ort heißt Entscheidung weit entfernt, das ist ein Irrweg, den wir in Thüringen nicht wollen.