Protocol of the Session on April 10, 2014

Bürgerbegehren, Bürgerentscheid und Einwohnerantrag. Dem vorausgegangen war eine Initiative von weit über 200.000 Thüringerinnen und Thüringern, die sich für eine umfassendere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an kommunalpolitischen Entscheidungsprozessen einsetzten. Wenn ich mir jetzt den Gesetzentwurf der Linken anschaue, dann sollen insbesondere die Beteiligungsrechte auf kommunalpolitischer Ebene für die Bürgerinnen und Bürger weiter ausgeweitet werden,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Richtig erkannt.)

ein Ansinnen, das im Wesentlichen auf den Verein „Mehr Demokratie e.V.“ zurückgeht. Wir sind der Auffassung, dass die Beteiligungsrechte der Bürger im Rahmen der Kommunalordnung hinreichend gestaltet und geregelt sind

(Beifall CDU)

und daher keiner Novellierung bedürfen.

(Beifall CDU)

Insbesondere sehe ich auch in einigen Regelungsvorschlägen die Gefahr, dass die frei gewählten kommunalen Entscheidungsträger entweder in eine Art Gleichgültigkeit oder Verantwortungslosigkeit verfallen können, da letztlich die Bürger selbst die Geschicke der Kommune aktiv lenken können, da gewählte Stadt- und Kreisräte in ihren Entscheidungsbefugnissen stark beschnitten werden, und ich denke, das kann weder gewollt noch angestrebt sein.

(Beifall CDU)

Gleichwohl enthält der Gesetzentwurf noch zahlreiche weitere inhaltliche Änderungsvorschläge, deren politische, aber auch fachliche Bewertung im Rahmen einer umfangreichen Debatte im Innenausschuss erfolgen soll. Aus diesem Grund wird sich meine Fraktion einer weiteren Beratung des Gesetzentwurfs im Innenausschuss nicht verweigern.

(Beifall DIE LINKE)

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bergner das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beraten heute über einen Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, der Titel: „Gesetz zur Demokratisierung der Kommunalpolitik“. Klingt interessant,

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Klingt gut.)

aber nachdem ich ihn mir angeschaut habe - also nicht den Titel, sondern den Gesetzentwurf -, ist mir auch ein anderer Titel zu Ihrem Gesetzentwurf eingefallen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, nämlich „Gesetz zur Destabilisierung der Kommunalpolitik“.

(Beifall CDU, FDP)

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Welche Schablone haben Sie denn darauf gelegt?)

Welcher Titel den Inhalt des Gesetzentwurfs besser trifft, wird sich am Ende der Beratung zeigen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf enthält viele Punkte, die die Fraktion DIE LINKE auf die eine oder andere Art und Weise schon einmal in das Plenum eingebracht hat und die somit schon diskutiert und oft zu Recht abgelehnt wurden. Jetzt versucht die Linke, alle ihre Vorhaben noch einmal in ein Gesetz zu packen und ich bin mir nicht sicher, was das soll. Aber letztlich macht es das Paket ganz bestimmt nicht besser. Auch wenn wir bestimmt wieder zu hören bekommen, dass angeblich bei den Linken keine Dogmatiker sind, stellt sich mir die Frage

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wie- so angeblich? Das ist Fakt.)

- auch das werden wir dann sehen -, stellt sich mir wieder die Frage, warum es dann auf diesem Weg probiert wird, aber, meine Damen und Herren, sei es drum.

Ich will jetzt zum Gesetzentwurf kommen und ein paar Punkte aufgreifen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Linken, Sie begründen Ihren Gesetzentwurf damit, dass Sie mehr Teilhabe und Transparenz für die Einwohner erreichen wollen. Gleichzeitig setzen Sie aber auf die Abschaffung von Verwaltungsgemeinschaften und erfüllenden Gemeinden. Was da noch weiter dahinter steckt, ist das Thema erneute Gebietsreform. Aber was erreichen Sie, wenn Sie die Verwaltungsgemeinschaften abschaffen und wir nur noch Einheits- und Landgemeinden haben? Sie schaffen weniger Mitspracherecht und Sie schaffen weniger Transparenz, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, FDP)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Genau, ge- nau.)

Deshalb frage ich mich ehrlich, wie dann diese...

Herr Abgeordneter Bergner, der Abgeordnete Kuschel möchte Ihnen eine Frage stellen.

Diese Chance, Frau Präsidentin, möchte ich ihm geben, aber am Ende meiner Rede.

Also frage ich mich ehrlich, meine Damen und Herren, wie dann die Demokratisierung der Kommunen funktionieren soll. Ich sage Ihnen, niemand mit Praxiserfahrung kauft Ihnen ab, dass das Dogma Gebietsreform mit acht Kreisen und Gemeinden mit 12.000 Einwohnern mehr Bürgerbeteiligung und mehr Transparenz im Zusammenhang bringen soll und kann. Ich kann es nicht erkennen und bin auch der Überzeugung, dass es nicht besser funktionieren kann. Sie werden wenige bis keine ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder finden, die für eine Gemeinderatssitzung weit über das Land fahren, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ver- lorener, einzelner Beifall.)

Und genau da können Sie dann machen, was Sie wollen, und eine Gebietsreform, wie Sie sich das wünschen, wird Bürgernähe und Transparenz zerstören, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, FDP)

Vieles, was Sie gerade hier in Ihrem Gesetz verlangen und verpflichtend einführen wollen, funktioniert gerade in den kleinen Gemeinden, ohne dass es verpflichtend in der Kommunalordnung steht.

(Beifall CDU, FDP)

Da braucht es keine Informationsverpflichtung des Bürgermeisters oder ein irgendwie geartetes Petitionsrecht, in dem nach vier Wochen eine Stellungnahme abzugeben ist. Das funktioniert gerade in kleineren Gemeinden im Regelfall vorzüglich.

(Beifall CDU)

Genau das bedeutet Bürgernähe und Teilhabe an der Kommunalpolitik vor Ort.

Meine Damen und Herren, wir stehen für Subsidiarität, das bedeutet, was unten entschieden werden kann, soll auch unten entschieden werden.

(Beifall FDP)

Ich will aber noch auf ein paar weitere Punkte eingehen. Nicht alle Anregungen im Gesetzentwurf sind schlecht, obwohl der Gesetzentwurf dann, wenn er ins Detail geht, die Verantwortung an die Landesregierung abschiebt. Da unterscheiden wir uns wieder, das Thema Subsidiarität habe ich gerade genannt. Da ist zum Beispiel in § 3 zu lesen, in dem es um die Beteiligung der Kommunen bei ei

ner Aufgabenverlagerung geht, oder bei der Kostenerstattung bei freien Sammlungen, da soll die Gemeinde jetzt die Kosten tragen. Bei beiden Vorschlägen verlangt der Gesetzentwurf aber sicherheitshalber, dass es die Landesregierung noch per Verordnung regeln soll. Hier habe ich das Gefühl, Sie wollen sich die Rosinen rauspicken. Wenn es aber um die konkrete Umsetzung geht, schieben Sie den Schwarzen Peter an die Landesregierung ab. Wenn Sie wollen, dass die Bürger bei freien Sammlungen entlastet werden, dann müssen Sie auch wollen, dass die Kommunen auf den Kosten sitzen bleiben. Sie erklären dies als Ziel, schreiben es aber bewusst nicht ins Gesetz, und das ist nicht anständig.

(Beifall CDU, FDP)

Ähnlich verhält es sich mit Ihrer Änderung in § 54 der Thüringer Kommunalordnung. Nach Ihrer Begründung soll diese Regelung ein Ermessen für die Kommunen eröffnen. So sehr ich diese Forderung teile, bin ich nicht davon überzeugt, dass Ihr Gesetzentwurf überhaupt Einfluss auf die Ermessensentscheidung hat. Wenn Sie Straßenausbaubeiträge in das Ermessen stellen wollen, reicht es meines Erachtens nicht, dass sie in der Kommunalordnung herumdoktern. Sie müssen dann auch im Kommunalabgabengesetz Regelungen treffen und die sehe ich bei Ihnen nicht. Die FDP-Fraktion, meine Damen und Herren, diskutiert derzeit den Bereich kommunale Selbstverwaltung und Finanzhoheit der Gemeinden ebenfalls intensiv, gerade was das Thema Abgaben anbelangt. Wir können uns dort verschiedene Wege vorstellen; welcher sich am Ende durchsetzt, werden wir sehen. Wir sehen aber in Ihrem Entwurf jede Menge handwerkliche Probleme, und nicht nur handwerkliche, sondern auch inhaltliche.

(Beifall FDP)

Das heißt aber nicht, dass wir nicht zur Diskussion bereit sind. Deswegen will ich auch zum Schluss kommen. Wir sind bereit, im Ausschuss über Ihren Entwurf zu diskutieren und dort noch einmal die einzelnen Mängel, die wir sehen, klar und deutlich aufzuzeigen und zu schauen, wie man da vielleicht zu einem besseren Ergebnis kommen kann. In diesem Sinne stehe ich jetzt, Herr Kollege Kuschel, für Ihre Frage bereit.

Herr Abgeordneter Kuschel hat keine Frage mehr. Herr Abgeordneter Kuschel hat aber noch die Möglichkeit, einen Redebeitrag zu halten.

Dann schließe ich daraus, dass ich alle Fragen ausräumen konnte und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, FDP)