Gegenleistungen. Das nimmt Politik zunehmend wörtlich. Dann gibt es die Gebühren, die werden für die tatsächliche Inanspruchnahme einer Einrichtung erhoben. Sozusagen dazwischen hat das deutsche Rechtssystem die Beiträge platziert für die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Einrichtung, ohne dass es darauf ankommt, ob jemand die Einrichtung tatsächlich in Anspruch nimmt oder nicht. Schon allein da wird deutlich, wie abstrakt und lebensfern diese Sache ist.
Jetzt werden Sie, Herr Innenminister, wieder auf die Argumentation von gestern verweisen, dass Menschen im geistigen Hintergrund geprägt sind von den Verhaltensweisen vergangener Jahrhunderte. Dann würde Ihre Argumentation zutreffen und sagen, die Thüringerinnen und Thüringer sind so verwurzelt im 19. Jahrhundert, dass sie alle begeistert sind von diesem Fiskalsystem der Beiträge. Das Leben sieht aber anders aus. Ich lade Sie einmal herzlich ein. Es reicht, wenn Sie mich eine Woche begleiten, denn es sind in der Woche mindestens drei bis vier Bürgerversammlungen, wo ich oftmals den Menschen Dinge erklären muss, die ich selbst nicht mehr begründen kann, wo ich Ihnen aber auch Hoffnung machen kann, dass es auch anders geht, also Visionen verbreiten kann. Aber dass ein Gutachter der Landesregierung eine solche europäische Dimension vollkommen ausblendet, das ist schon erstaunlich. Beim Jurastudium kann beispielsweise ein Jurastudent bereits im ersten Semester so einen Fall, so eine gutachterliche Stellungnahme vorgelegt bekommen. Wenn so etwas vollkommen ausgeblendet wird in einer Zeit, wo wir von Rechtsharmonisierung in europäischen Dimensionen reden, das bedaure ich. Des Weiteren bezieht sich das Gutachten fast ausschließlich auf die Entscheidung des Thüringer OVG vom Mai 2005 im Fall der Gemeinde Benshausen. Da muss ich natürlich sagen, das OVG in Thüringen hat sich im Fall Benshausen im Wesentlichen auf eine Vorentscheidung des sächsischen OVG aus dem Jahr 2004 zum Fall der Stadt Leipzig bezogen und dann gesagt, das, was die Sachsen entschieden haben, das übernehmen wir. Nun ist ein erstaunlicher Fall in der Rechtsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland eingetreten, das wissen Sie als ausgewiesener Fachmann, Herr Innenminister, nämlich dass sich ein oberstes Gericht in einem relativ kurzen Zeitraum von einer Rechtsauffassung vollkommen verabschiedet und zwar nicht nur in Teilen, sondern tatsächlich mit einer 180-Grad-Kehrtwende. Die sächsischen Richter haben bekanntermaßen gesagt, das, was wir 2004 entschieden haben, war falsch, wir haben uns noch einmal mit der Gesetzesgeschichte beschäftigt und halten deshalb die Entscheidung von 2004 nicht mehr aufrecht, sondern haben uns noch einmal eingehend mit der Rechtsmaterie auseinandergesetzt und dabei festgestellt, der sächsische Gesetzgeber wollte den sächsischen Gemeinden ein
Bedauerlicherweise hat sich der Gutachter der Landesregierung im Jahr 2009 mit einem Urteil auseinandergesetzt, das 2005 gesprochen wurde, bei dem aber die Begründung abhanden gekommen ist durch eine Entscheidung in 2007. Das ist erstaunlich für einen Gutachter, sich damit nicht näher auseinanderzusetzen. Hinzu kommt, dass das Gutachten sehr einseitig interpretiert wurde. Das Gericht hat nämlich 2005 nur die Gesetzeslage in Thüringen interpretiert, aber keinesfalls dem Gesetzgeber untersagt, seinen gesetzgeberischen Willen notfalls durch eine Korrektur des Gesetzes zum Ausdruck zu bringen. Da muss man einmal entscheiden, was denn der Gesetzgeber 1991 wollte? Herr Fiedler weiß das, er war dabei. Wenn ich es richtig interpretiere, wollte der damalige Landtag, dass die Kommunen ein Ermessen haben, ob sie Beiträge erheben oder nicht. So war es auch Praxis in Thüringen. Bis zum Jahr 2001 gab es sogar Rundschreiben aus dem Innenministerium an die Rechtsaufsichtsbehörden, wo man gesagt hat, die Kommunen sollen ein Ermessen haben, in Abhängigkeit der Finanzsituation der Gemeinden sollen die Kommunen in der Lage sein, Straßenausbaubeiträge zu erheben oder nicht. Jetzt wollen Leute wie Herr Fiedler davon nichts mehr wissen, auch bedauerlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zudem vertreten Herr Brenner und offenbar auch Teile der CDU eine Rechtsauffassung aus dem 19. Jahrhundert. Ich will Ihnen an einem Beispiel zeigen, dass das überhaupt nicht mehr zeitgemäß ist. Der Straßenausbaubeitrag soll die entgeltliche Gegenleistung für einen besonderen wirtschaftlichen Vorteil sein. Der besondere wirtschaftliche Vorteil macht sich an drei Komponenten fest, an Dauerhaftigkeit, Grundstücksbezogenheit und Gebrauchswerterhöhung. Setzen wir uns einmal mit den drei Komponenten auseinander. Die Dauerhaftigkeit kann unterstellt werden, weil eine Straße länger als fünf Jahre da ist und ab fünf Jahren kann man von Dauerhaftigkeit reden. Das ist also erfüllt. Aber wie sieht es denn mit der Grundstücksbezogenheit aus? Kann ich wirklich noch die einzelne Straße betrachten oder muss ich die Straßen als System betrachten? Mal bildlich gesprochen: Was nützt mir eine ordentliche Straße vor meinem Grundstück, wenn ich keine ordentliche Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz habe? Das heißt, Straßen funktionieren nur noch als System, der Autofahrer merkt ja auch gar nicht, wenn er den Straßenbaulastträger wechselt. Ich meine, ich kenne immer wieder noch Diskussionen, da würden manche Leute gern noch Zollschranken und Mautstellen einrichten, wenn ich von einer Gemeindestraße auf eine Kreisstraße, auf eine Landesstraße und auf eine Bundesstraße wechsele. Aber im Regelfall
merkt das der Autofahrer nicht. Also die Grundstücksbezogenheit kann nur noch, wenn überhaupt, dann ganz abstrakt hergestellt werden, sie hat aber mit dem wahren Leben nichts mehr zu tun.
Jetzt kommen wir mal zur Gebrauchswertkomponente. Der Gebrauchswert bei einem Grundstück ist die bauliche oder wirtschaftliche Nutzbarkeit. Wenn ein Grundstückseigentümer für ein Grundstück im unbeplanten Innenbereich, § 34 Baugesetzbuch, einen Bauantrag stellt, dann prüft die Bauordnungsbehörde nicht den Zustand der Straße, sondern sie prüft nur, ob sich das Bauvorhaben in die vorhandene Bebauung einfügt. Damit haben sie auch nicht mehr diese Gebrauchswertkomponente und damit sind beim Beitrag von drei Begründungen zwei entfallen. Da frage ich mich, warum wir an diesem System noch festhalten. Es gibt nur einen Weg, dort soziale Gerechtigkeit zu schaffen, indem ich die Beiträge abschaffe. Wenn ich mich im System immer wieder bewege, dann löse ich für einen Teil der Bevölkerung vielleicht ein Problem, aber mache andere „Baustellen“ wieder auf.
Ich hätte mir gewünscht, dass ein Gutachter der Landesregierung doch sich mindestens mal damit auseinandersetzt. Das kann doch nicht so schwer sein für einen Rechtsprofessor, sich mal mit dieser Materie zu beschäftigen, und zwar in einer Art und Weise, dass es die Mehrzahl der 88 Landtagsabgeordneten hier verstehen, insbesondere von der Regierungskoalition, weil die in der politischen Verantwortung stehen, und natürlich, dass es auch der Bürger versteht, und die rund 940 Bürgermeister müssen es auch verstehen. Aber das ist noch niemandem seitens der Landesregierung gelungen, das mal mindestens so zu erläutern - das bedaure ich -, auch der Gutachter nicht. Es gibt keine Auseinandersetzung des Gutachters mit dem Gutachten von Prof. Ferdinand Kirchhof. Das hat auch mal eine Landesregierung in Auftrag gegeben. Wenn Sie mal beide Gutachten nebeneinanderlegen, die sind wie Feuer und Wasser. Da hat man schon den Eindruck, dass beide sogenannte Gefälligkeitsgutachten waren, 2004 ging es darum, der Landesregierung Argumente zu bieten, warum Wasserbeiträge abgeschafft werden dürfen. Diesmal sollte eben der Gutachter unbedingt feststellen, dass eine Veränderung bei Straßenausbaubeiträgen nicht möglich ist.
Jetzt muss man sich mal überlegen, was Sie wollen. Sie wollen also nicht nur alle Gemeinden zwingen, Straßenausbaubeiträge zu erheben, sondern das sogar rückwirkend bis 1991. Wir haben jetzt das Jahr 2010. Also nahezu 20 Jahre rückwirkend sollen für abgeschlossene Maßnahmen die Bürgermeister, die Gemeinderäte noch Straßenausbaubeiträge erheben. Da geht es nach unseren Berechnungen - denn die Landesregierung ist ja nicht aussagefähig, da kann
ich Anfragen stellen, wie ich will, es kommt ja nichts raus, wir haben viel weniger Mitarbeiter, aber wir bekommen es ungefähr raus -
um 260 Mio. €. Sie müssen mal überlegen, was Sie für Schaden für den Rechtsstaat anstellen, wenn Sie jetzt die Gemeinden zwingen wollen zu Maßnahmen, die vor 19 Jahren begonnen oder fertiggestellt wurden, noch nachträglich Geld zu kassieren. Da ist die Straße schon wieder verschlissen. Die normative Nutzungsdauer einer Straße beträgt 20 bis 25 Jahre.
Auch da bietet der Gutachter nur ansatzweise so ganz vage etwas an. Insofern ist das auch die Kritik an diesem Gutachten. Es gibt auch keine Auseinandersetzung mit den Grundrechtsgütern kommunale Selbstverwaltung und die Rechte der Bürger, da gibt es auch zwei Grundrechte, die aus meiner Sicht wichtig sind und in Konkurrenz stehen. Das hat übrigens Ferdinand Kirchhof gut beleuchtet, nämlich Eigentum verpflichtet und Schutz des Eigentums. Dieses Spannungsverhältnis müssen wir abwägen als Gesetzgeber. Wir müssen die beiden Grundrechtsgüter abwägen, weil beide unveränderlich sind, nicht zulasten von einem. Wir haben eine besondere Einkommens- und Vermögenssituation hier in Thüringen. Daraus resultiert eine Eigentümerstruktur, die mit der klassischen Eigentümerstruktur in den alten Bundesländern nicht vergleichbar ist. Wir haben zum Beispiel nach Angaben der Landesregierung 16.000 Grundstückseigentümer in Thüringen, die sich im HartzIV-System bewegen. Das ist also nicht irgendeine Ausnahme. Auch dafür bietet das Gutachten keine Lösung an.
Schließlich möchte ich noch darauf verweisen, dass eine Auseinandersetzung mit der Rechtslage in den anderen Bundesländern überhaupt nicht erfolgt. Da haben wir ja alles, wir haben Bremen, wir haben Hamburg, da gab es noch nie Straßenausbaubeiträge. Wir haben Baden-Württemberg, die in den 90erJahren die Straßenausbaubeiträge abgeschafft haben. Wir haben das Saarland, wo den Gemeinden - ähnlich, wie die FDP es jetzt will - ein Ermessen eingeräumt wurde, indem die einfach auch in ihrer Kommunalverfassung geregelt haben, dass die Kosten für den Ausbau der gemeindlichen Fahrbahn nicht ein spezielles Entgelt kostet. Und wir haben Sachsen durch die Rechtsprechung, wo die Gemeinden ein hohes Ermessen haben.
Da muss ich doch von einem Gutachter verlangen können oder von Ihnen als Innenminister, dass Sie das mal in die Bewertung einbeziehen. Warum ist dort etwas möglich, was in Thüringen angeblich zementiert ist? Also, da haben wir viel zu tun.
Aber was ich positiv finde, Herr Innenminister, ich nehme ja Ihre Einladung an, da müssen Sie durch. Ich nehme Ihre Einladung gern an zu diesem Dialog. Das unterscheidet Sie auch von Ihren Vorgängern, wohlwollend unterscheidet Sie das. Ich hoffe nur, das Angebot ist ernsthaft und nicht formal. Wenn ich das Gefühl haben sollte, Sie wollen nur formal mit uns diskutieren, dann wäre ich sehr enttäuscht, um das mal vorsichtig zu formulieren.
Was für uns die Mindestforderung ist, ist die sächsische Lösung. So habe ich ja die FDP verstanden, da wollen wir hin.
Wir werden dem Antrag der FDP zustimmen, das im Innenausschuss weiter zu diskutieren, auch wenn wir wissen, dass wir natürlich zum Teil abwarten müssen, wie schnell die Landesregierung jetzt zu einer Meinungsbildung kommt. Sonst befürchte ich ja, dass Sie mit Verweis auf verfassungsrechtliche Grundsätze sagen: Solange die Meinungsbildung der Landesregierung noch nicht abgeschlossen ist, sind Sie auch nicht verpflichtet, uns an ihrem Wissensstand zu beteiligen.
Aber es gibt auch andere Möglichkeiten. Vielleicht machen sich auch die Bürger auf, wenn wir nicht aus dem „Knick“ kommen, und machen über ein Volksbegehren uns etwas Betrieb und Druck, wäre ja auch möglich. Das haben die Bürgerinnen und Bürger sich in diesem Land erkämpft. Das ist eine Frage, das dürfen wir nicht unterschätzen, das bewegt schon Menschen, weil jeder davon betroffen sein kann, übrigens Grundstückseigentümer wie Mieter. Damit will ich dann auch abschließen, weil diese Diskussion
- das war klar, es hat Ihnen gefallen, ja, aber Szenenapplaus -, Grundstückseigentümer und Mieter gegeneinander auszuspielen, finde ich höchst unanständig. Ich bin selbst im Aufsichtsrat der Arnstädter Wohnungsbaugesellschaft und weiß, woher nehmen denn wir jedes Jahr ungefähr 1 Mio. € für Abwasser- und Straßenausbaubeiträge - ausschließlich aus den Mieteinnahmen. Und wo müssen wir es wegkürzen - denn wir können die Mieten nicht erhöhen, weil der Markt es gar nicht hergibt -, bei der Werterhaltung von Grundstücken, von Gebäuden. Was betrifft das? Das trifft die Wärmedämmung, das trifft die Betriebskosten. Wer bezahlt die? Auch der Mieter. Also wir bestrafen bei uns sogar durch das Beitragssystem den Mieter doppelt. Er muss die Beiträge über die Miete bezahlen und der Vermieter, insbesondere die Wohnungsbaugesellschaften und die Genossenschaften, haben nicht das notwendige Geld, um in die Wohngebäude zu investieren, um die Betriebs
kosten zu minimieren, also sogar eine Doppelbelastung. Insofern streiten wir für sozial gerechte Kommunalabgaben für beide, für Grundstückseigentümer und für Mieter. Wir haben uns in der 4. Wahlperiode auch durch Gesetzgebungsverfahren oft dazu geäußert, wie wir uns die Lösung vorstellen können. Das wird auch Grundlage unserer Vorschläge in der 5. Wahlperiode sein. Danke.
Danke, Herr Abgeordneter Kuschel. Ich habe einmal Redebedarf gesehen. Nun muss ich fragen. Herr Innenminister - ich weiß nicht, wer jetzt zuerst war - oder der Abgeordnete Recknagel. Der Herr Innenminister Prof. Huber bitte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lieber Herr Kuschel, wenn Sie Dinge erklären, die Sie selber nicht verstanden haben, habe ich Angst, was sozusagen bei den Opfern Ihrer Unterweisung passiert. Ich befürchte, dass das jedenfalls zur Klarheit nicht beitragen wird. Natürlich ist das Angebot des Dialogs ernst gemeint,
aber schon eines Dialogs, der fair ist und der nicht nach einer Rosinenpickertheorie Einzelaspekte herauspickt, in eine Trommel wirft und relativ beliebig die einzelnen Dinge wieder herauspickt. Was auch die Schuldzuweisungen angeht, die Sie an den Gesetzgeber von 1991 gemacht haben; so ein ganz bisschen tragen Sie ja an der schwierigen Situation persönlich auch Schuld - soweit ich informiert bin -,
weil das Benshausenurteil des Oberverwaltungsgerichts - was ja die Möglichkeit, die geltende Regelung als Ermessensregelung zu interpretieren, beendet hat, so ist mir gesagt worden -, ganz erheblich auf Ihr Betreiben hin ergangen ist. Insofern müssen Sie auch ein bisschen vor der eigenen Haustür kehren.
Warum fiel mir jetzt der Name Gasser ein? Also, das war zu dessen Zeiten. Entschuldigung. Der hat sich aber genauso wohltuend wie Sie von Herrn Scherer abgehoben, von Trautveter und so. Von daher ist es schon okay.
Herr Gasser musste schon nach - eineinhalb Jahre Kampf hat mich das gekostet - eingestehen: Das Benshausener Urteil war im Mai 2005 und ich war zum ersten Mal mit der Sache befasst im August 2005. Ich war nicht beteiligt. Wenn ich beteiligt gewesen wäre, ich hätte das anders gemacht, das kann ich Ihnen versichern. Ich hätte das Urteil so nicht zugelassen.
Insofern bitte ich Sie nur einfach, das zur Kenntnis zu nehmen. Ich bin für vieles in diesem Land zuständig. Also, Herr Fiedler
Wenn es unzutreffend sein soll, wiederhole ich das natürlich nicht. Ich kann Sie aber davon in Kenntnis setzen, dass landauf, landab kolportiert wird, ohne Herrn Kuschel hätte es dieses Urteil nicht gegeben.
Das ist vielleicht ein Beleg dafür aliqid semper erit, auch wenn es in der Sache unzutreffend sein sollte. Aber eigentlich wollte ich mich ja zum Antrag der FDP äußern.
Der vorliegende Antrag ist zum jetzigen Zeitpunkt erstaunlich. Die Landesregierung hat - wie Sie ja wissen - erst vor Kurzem in der Aktuellen Stunde zum Thema „Zukunft der Straßenausbaubeiträge in Thüringen“ dem Landtag ausführlich über den Verfahrensstand hinsichtlich der beabsichtigten Fortentwicklung des Straßenausbaubeitragsrechts berichtet. Wie dort ausgeführt, hat sich die Landesregierung nach den Vorgaben der Koalitionsvereinbarung der Thematik angenommen und ich wiederhole gerne
Das im Zusammenhang mit der Entwicklung des Straßenausbaubeitragsrechts erstellte Gutachten von Herrn Brenner ist veröffentlicht und allen interessierten Kreisen zur Kenntnis gegeben worden. Gutachten sind sachverständige Rechtsmeinungen, keine Gottesurteile, keine 10 Gebote und auch kein Teil unserer Verfassung, sondern eine Diskussionsgrundlage über die Weiterentwicklung des Rechtsgebiets, zu dem sie erstellt werden. Den kommunalen Spitzenverbänden und den anderen Interessenverbänden wurde die Möglichkeit der Stellungnahme bis zum 31. März gegeben. Ich kann nur sagen, davon wird weidlich Gebrauch gemacht. Allen Bürgern steht auf der Homepage des Innenministeriums ein Kontaktformular zur Verfügung, durch welches sie ihre Meinung hierzu äußern können. Auch hier gibt es eine Fülle von Meinungsäußerungen und Lösungsvorschlägen. Viele Lösungsvorschläge gehen auch mit der Frage um, Herr Kuschel, von der ich aus Ihrer Sicht nichts gehört habe, wie man mit den 80 Prozent umgehen soll, die dieses Gesetz seit 1991 vollzogen haben.
In dem Zusammenhang werden auch in dem Gutachten Lösungsansätze dargelegt. Natürlich ist das Gutachten kein Handbuch des Straßenausbaubeitragsrechts gestern, heute, morgen und übermorgen, aber es zeigt doch - und das muss man doch fairerweise sagen -, dass es auch eine Reihe von Entwicklungsmöglichkeiten gibt; die modifizierte Stichtagsregelung, die Ermessensregelung, eine verstärkte Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips, Zumutbarkeitsgrenzen, von denen Herr Bergner gesprochen hat, die Verankerung von Höchstsätzen im Gesetz im Sinne einer Deckungsregelung, Ermessen der Gemeinden in Abhängigkeit von der Kassen- und Finanzlage. Herr Bergner, vielleicht haben Sie sogar abgeschrieben aus dem Gutachten, was in Ihrem Antrag steht. Bei der Schaffung eines solchen Ermessens könnte jede Gemeinde aufgrund ihrer finanziellen Situation entscheiden, wie sie Straßenausbaumaßnahmen finanziert, ob durch Beiträge oder mit Mitteln des Gemeindehaushalts. Vielleicht bin ich zu beschränkt, Herr Kuschel, oder auch Herr Bergner, aus meiner Sicht ist das, was in Sachsen die Regelung ist, hier in dem Gutachten durchaus enthalten.
Zwar lässt sich einer Pressemitteilung der Fraktion der FDP vom 17. Februar entnehmen, dass Voraussetzung für die fakultative Erhebung von Straßenausbaubeiträgen die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune sein soll, in dem vorliegenden Antrag finden sich dazu jedoch keine Aussagen. Aber genau auf diese Punkte, das hat Herr Hey schon gesagt, wird zu achten sein, wenn wir zu einem Gesetzentwurf kommen wollen, der rechtssicher ist, die Interes
sen der Bürger berücksichtigt und dem Ziel leistungsfähiger Kommunen gerecht wird. Darüber hinaus, und auch das ist mehrfach angesprochen worden, wird die Landesregierung bei der Erarbeitung ihres Gesetzentwurfs insbesondere den Gleichheitsgrundsatz, die Eigentumsgarantie und die Interessen der Kommunen und ihrer Einwohner berücksichtigen, die sich in den vergangenen 19 Jahren rechtstreu verhalten haben. Zu denen höre ich von Ihnen leider nichts.
Im Herbst dieses Jahres soll dem Kabinett ein Referentenentwurf zur Weiterentwicklung des Straßenausbaubeitragsrechts vorgelegt werden. Wir haben alle Interessierten eingeladen, sich an diesem Prozess und an der Erarbeitung dieses Entwurfs zu beteiligen. Sie können davon ausgehen, Herr Kuschel, wenn Sie in den Ferien gewesen sind und zurückkommen, gibt es einen Entwurf eines Thüringer Kommunalabgabenänderungsgesetzes. Vielen Dank.