Protocol of the Session on March 20, 2014

(Abg. Skibbe)

zweiten Beratung hier im Plenum, hätte auch schneller gehen können.

Es war sicher wichtig, dass wir über die Inhalte geredet haben, ob die Aufgaben des Bürgerbeauftragten tatsächlich in dem vorgeschlagenen Umfang erweitert werden sollen. Die Linken wollten aus dem Bürgerbeauftragten einen allzuständigen Beauftragten ohne wirklichen Schwerpunkt bei den Bürgeranliegen machen. Dem Bürger ist im Umgang mit den Behörden nämlich gar nicht geholfen, wenn der Bürgerbeauftragte gleichzeitig eine Parallelinstanz zum Petitionsausschuss ist, wenn er ureigene Aufgaben des Parlaments übernimmt, wie etwa die Mitwirkung bei Erarbeitung von Gesetzen, und auch noch Forschung betreibt. Es hilft dem Bürger auch kaum, wenn der Beauftragte ein vollumfängliches Anwesenheits- und Rederecht in allen Ausschüssen des Landtags hätte. Wann, so darf man fragen, soll sich dann der Bürgerbeauftragte eigentlich um die Bürgeranliegen kümmern, wenn er ständig in den Gremien des Landtags sitzen würde?

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ein schwaches Argument, sehr schwach.)

Meine Fraktion kann auch nicht mit dem Vorschlag mitgehen, wonach für die Wahl des Bürgerbeauftragten neben den Fraktionen des Landtags auch Vereine, Verbände und sonstige Organisationen vorschlagsberechtigt sein sollten. Wie soll sich der Landtag dann von diesen ganzen Vorschlägen auf einer vernünftigen Grundlage auf ein objektives und vernünftiges Ergebnis verständigen? Wir lehnen deshalb diese vorgeschlagenen Änderungen ab, zumal die Anhörung zum Gesetzentwurf vor allem, und das wirklich vor allem, ablehnende oder auch ganz und gar nicht brauchbare Stellungnahmen zum Inhalt hatte. Nicht brauchbar deshalb, weil viele Angehörte die Arbeitsweise eines Bürgerbeauftragten aus ihrer ganz eigenen Sicht bewertet haben, und wir haben auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass es ganz unterschiedliche, sehr unterschiedliche Arbeitsweisen von Bürgerbeauftragten und höchst unterschiedliche rechtliche Grundlagen in den verschiedenen Ländern gegeben hat und gibt. Dass das Bündnis für mehr Demokratie in Person von Herrn Beck den Gesetzentwurf begrüßt hat, das verwundert ja nicht, aber insbesondere der Thüringer Landkreistag und der Gemeinde- und Städtebund haben sich klar und mit guten Argumenten gegen entsprechende Änderungen ausgesprochen. Das mag dann jeder unterschiedlich wichten. Für uns ist Gemeinde- und Städtebund und Landkreistag an der Stelle höher zu wichten gewesen als andere Stellungnahmen. Das ist auch richtig, meine Damen und Herren, denn das geltende Gesetz hat das Anliegen, dass der Bürgerbeauftragte ein unbürokratischer Ansprechpartner für die Bürger im Land ist und Bürger im Umgang mit den Behörden unterstützt und auch eine moderierende Funktion übernimmt. Das klappt wohl ganz gut, was

die Resonanz auf den Tätigkeitsbericht, den der Bürgerbeauftragte diese Woche vorgelegt hat, auch zeigt. Aber es ist ganz sicher auch so, dass geltendes Recht nicht auch noch verbessert werden könnte.

Wir haben deshalb nach Installation des neuen Bürgerbeauftragten auch das Gespräch mit ihm gesucht, genau wie mit der Vorgängerin Frau Liebaug, und danach hatten wir dem Koalitionspartner Eckpunkte für einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Die Eckpunkte einer umfassenden Novellierung des Bürgerbeauftragtengesetzes haben wir mit unserem Koalitionspartner besprochen, sind aber leider nicht übereingekommen. Die SPD hat unsere Änderungsvorschläge als zu weitgehend abgelehnt, die Kollegen haben sich auf den Koalitionsvertrag zurückgezogen. Dort hatten wir lediglich verankert, die Aufgaben des Bürgerbeauftragten um die Funktion eines Demokratiebeauftragten zu erweitern. Wir, meine Fraktion, wären weitergegangen, deshalb wollten wir dem Linken-Gesetz einen umfassenden Novellierungsvorschlag entgegenstellen. Eine solche Novelle hätte auch eine höhere Qualität als die schlichte Erweiterung des Demokratieaspektes gehabt.

Liebe Frau Skibbe, lassen Sie mich kurz vorstellen, was wir uns vorgestellt haben. Erweiterung um die Aufgaben des Demokratiebeauftragten ist angesprochen worden. Das hätte nach unserer Vorstellung die umfassende Beratung bei der Handhabung direkt demokratischer Instrumente und noch weitere Möglichkeiten beinhaltet. Zusätzlich wollten wir eine Erweiterung um Aufgaben, die auf Bürokratieabbau und eine bürgernahe, dienstleistungsorientierte öffentliche Verwaltung zielen, denn gerade der Bürgerbeauftragte ist ein guter Seismograf, der in seiner Arbeit unmittelbar erlebt, welche Gesetze oder Verwaltungsvorschriften mal einer Prüfung unterzogen werden könnten, ob sie noch gebraucht werden oder geändert werden oder ob sie ganz und gar überhaupt noch zeitgemäß sind. Aufnahme eines Schlichtungsgesprächs in den Befugniskatalog war unsere Vorstellung; Einräumung - Sie haben das auch angesprochen - eines Beanstandungsrechts gegenüber den Behörden und auch Einräumung eines Anregungs- und Vorschlagsrechts, also das Recht, sich gegenüber dem Landtag und seinen Ausschüssen zu Gesetzentwürfen und sonstigen Beratungsgegenständen zu äußern; Erarbeitung von Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften an der einen oder anderen Stelle anzuregen und schließlich auch ein Rederecht auf Verlangen in den Ausschüssen des Landtags.

Wir bedauern, dass das nicht durchsetzbar gewesen ist. Das ändert aber nichts daran, dass der Gesetzentwurf der Linken die Arbeitsbedingungen des Thüringer Bürgerbeauftragten ebenso wenig voran

gebracht hätte wie den Bürgern im Umgang mit den Behörden geholfen gewesen wäre.

Deshalb komme ich auf den Anfang meiner Rede zurück, der Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses heißt Ablehnung des Gesetzentwurfs und ich möchte Sie bitten, diesem Votum hier heute in der Abstimmung zu folgen.

(Beifall CDU)

Danke schön. Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Sparmberg das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste, als ich vor einem Monat meine Arbeit im Petitionsausschuss aufnahm, sah ich mir zuerst einmal die Rechtsgrundlagen an und war etwas verunsichert. Ich konnte einfach nicht erkennen, wann der Petitionsausschuss und wann der Bürgerbeauftragte für eine Angelegenheit zuständig ist. Als ich auf der Tagesordnung der Februar-Sitzung des Ausschusses unter TOP 4 das Gesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Thüringer Bürgerbeauftragten, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, fand, erhoffte ich einige Klarstellungen. Aber weder die Gesetzesbegründung noch die Redebeiträge bei der Einbringung des Gesetzes brachten Antworten darauf, wo die Abgrenzung zwischen Bürgeranliegen und Petition ist. Ganz im Gegenteil, die Fraktion DIE LINKE will, dass der Bürgerbeauftragte, wie mein Vorredner bereits sagte, ebenso berechtigt ist, Petitionen zu bearbeiten und sich zusätzlich einem Sammelsurium an Aufgaben widmet. Der Gesetzentwurf gleicht irgendwie der Suche nach einer Existenzberechtigung für das Amt des Bürgerbeauftragten.

(Beifall FDP)

So soll er sich zukünftig zu Fragen des Verbraucherschutzes äußern sowie Interessenvertreter von Strafgefangenen sein. Er soll vor Ort Inhalte von Gesetzen und Verordnungen erklären, sozusagen eine Art Verwaltungsdolmetscher von politischen Inhalten sein und er soll Mediator sein bei der politisch gewollten Entscheidungsfindung in Sachen Funktional-, Verwaltungsund Gebietsreform. Wenn die Fraktion DIE LINKE einen Bürgerbeauftragten braucht, der den Sinn einer bürgerfernen Gebietsreform vermitteln soll, dann dokumentiert das eigentlich nur, wie bürgerfern in Wahrheit ihre Politik ist.

(Beifall CDU, FDP)

Die FDP-Fraktion hat den vorliegenden Gesetzentwurf nach folgenden zwei Fragen bewertet. Erstens, wie kann im Interesse für mehr Bürgerfreund

lichkeit das Petitionswesen in seiner Gesamtheit in Thüringen gestärkt werden und zweitens, wie ist in diesem Kontext das Zusammenspiel zwischen Petitionsausschuss und Bürgerbeauftragtem zu bewerten? Aus unserer Sicht sind die Instanzen des Bürgerbeauftragten und des Petitionsausschusses eine Doppelstruktur,

(Beifall FDP)

welche parallel nebeneinander wirken und handeln sowie den gleichen Arbeitsauftrag erfüllen. Voraussetzungen für mehr Bürgerfreundlichkeit sind aber eindeutige Aufgabenzuweisungen und effiziente Bearbeitung. Das haben beide Vorredner bereits gesagt. Die FDP-Fraktion hat stets betont, dass Parallel- und Doppelstrukturen in jeder Form zu vermeiden sind und eine klare Abgrenzung und Trennung der Zuständigkeiten notwendig ist.

(Beifall FDP)

Das leistet der vorliegende Gesetzentwurf der Linken leider nicht. Auch der Bürgerbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz, welcher als Vorbild für das Thüringer Bürgerbeauftragtenwesen gesehen wird, hat in seiner Bewertung sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzentwurf eine vergleichbare eindeutige Aufgabenzuweisung nicht erkennen lässt und in jedem Einzelfall eine Prüfung und Klärung erforderlich wäre, ob es sich nicht doch vielleicht um eine Petition handelt. Der Thüringer Datenschutzbeauftragte sieht im Gesetzentwurf sogar die Gefahr doppelter Zuständigkeiten mit dem Aufgabenbereich in seinem Haus und keine klare Definition der Zuständigkeitsbereiche. Dort, wo sich mehrere Instanzen und Stellen um Zuständigkeiten und Kompetenzen streiten, leidet im Ergebnis immer die Bürgerfreundlichkeit. Die Erwartung der Bevölkerung, dass ihr schnell und unbürokratisch geholfen wird, kann so nicht erfüllt werden.

(Beifall FDP)

Interessant ist auch die Tatsache, dass die Vorgängerin von Herrn Dr. Herzberg anmerkte, dass das Themenfeld Soziales eines der wichtigsten Themen in der Arbeit der Bürgerbeauftragten ist. Allerdings sah sich der Sozialverband Der Paritätische mit über 330 Mitgliedsorganisationen außerstande, die Arbeit der Thüringer Bürgerbeauftragten zu bewerten, da es bisher zu wenig Berührungspunkte gab.

Zusammenfassend ist also festzustellen, dass dieser Gesetzentwurf das verfassungsrechtlich geschützte Petitionswesen sowie seine Akzeptanz in der Bevölkerung schwächt. Er ist verbunden mit zusätzlichen Kosten, größerer Verwaltungsbürokratie und einer Vielzahl an zusätzlichen Aufgabengebieten für den Bürgerbeauftragten. Die FDP-Fraktion steht im Sinn einer liberalen Bürgergesellschaft für die Stärkung des Petitionswesens sowie die Weiterentwicklung von effizienten und bürgernahen Verwaltungen vor Ort.

(Abg. Heym)

Gestatten Sie mir noch ein paar Worte zum Umgang mit diesem Gesetzentwurf und seiner Befassung im Ausschuss. Da ist deutlich zu kritisieren, welches Trauerspiel die Koalitionsfraktionen hier vollzogen haben.

(Beifall DIE LINKE, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schon die Überweisung an den Petitionsausschuss war nicht der Bereitschaft zur Diskussion, sondern eher einem parlamentarischen Betriebsunfall geschuldet. Die SPD stimmte für die Überweisung, die CDU stimmte vor Schreck gar nicht erst mit. Dann wurde der Gesetzentwurf mehrere Monate im Ausschuss geparkt

(Unruhe CDU)

und im Dezember folgte seitens der Koalition die vorweihnachtliche Ankündigung eines alternativen Gesetzentwurfs. Die CDU hat dieses Vorhaben sogar in ihrem Beschluss „Jahr der Entscheidung 2014 - Verlässlichkeit, Vertrauen, Zukunft“ auf ihrer Winterklausur in Volkenroda am 10. Januar 2014 verankert, wie mein Vorredner sagte. So heißt es in Punkt 15 mit dem Titel „Gemeinsam in die Zukunft“ unter dem Stichwort „Aufgabengebiet des Bürgerbeauftragten wird erweitert“, Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: „Wir werden das Thüringer Gesetz über den Bürgerbeauftragten novellieren. Die Funktion des Bürgerbeauftragten wird um die eines Demokratiebeauftragten erweitert, wie es der Koalitionsvertrag vorsieht. Darüber hinaus soll der Bürgerbeauftragte künftig auch auf Bürokratieabbau und eine bürgernahe, dienstleistungsorientierte öffentliche Verwaltung hinwirken.“

(Beifall CDU)

Das haben wir ja bereits gehört. Die Halbwertszeiten der Ankündigungen der Koalitionsfraktionen sind inzwischen aber rekordverdächtig,

(Beifall FDP)

wenn man Ankündigungen schon binnen vier Wochen vertagt. 25 Jahre nach dem Mauerfall und der demokratisch-friedlichen Revolution auf die Idee zu kommen, einen Demokratiebeauftragten zu etablieren, das ist äußerst fragwürdig. Für das Werben für demokratische und rechtsstaatliche Werte in unserer Gesellschaft sowie das Weiterentwickeln von Elementen direkter Demokratie sind wir, wir als Volksvertreter, verantwortlich und das kann man nicht im Vorbeigehen an einen Beauftragten wegdelegieren.

(Beifall FDP)

Zur Idee der CDU-Fraktion, für mehr Bürgerfreundlichkeit das Bürgerbeauftragtenwesen um einen Bürokratieabbaubeauftragten zu erweitern, ist anzumerken, wenn es die Erkenntnis einer Fraktionsreise nach Brüssel ist, dass Thüringen aufgrund der

bürokratischen Belastung eine Art Edmund Stoiber als Bürokratieabbaubeauftragten braucht, dann ist das beim Thema Bürokratieabbau der Offenbarungseid dieser Legislatur.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn die Belastung mit Bürokratie ein Indikator ist für die Bürgerfreundlichkeit und Bürgernähe in unserer Gesellschaft, dann ist die CDU-SPD-Koalition in den letzten fünf Jahren keinen Zentimeter vorangekommen.

(Beifall FDP)

Die zusätzlichen Bürokratiebelastungen in den Kommunen und beim Vergabegesetz für die kleinen und mittelständischen Unternehmen sprechen da Bände. Diese CDU-SPD-Koalition tritt auf der Stelle. Stillstand bedeutet Rückschritt, welcher hier leider exemplarisch ist.

(Beifall FDP)

Ankündigen mit großen Worten, Vertagen mit Verlässlichkeit, Ergebnis Fehlanzeige.

Im Ergebnis der Befassung mit diesem Gesetzentwurf steht unter dem Strich mehr als je zuvor die berechtigte Frage: Braucht es in Thüringen für mehr Bürgerfreundlichkeit einen Bürgerbeauftragten? Nur in 4 von 16 Bundesländern gibt es neben dem Petitionsausschuss einen Bürgerbeauftragten. Es stellt sich weiter die Frage, welche Aufgaben der Bürgerbeauftragte besitzt, die nicht auch der Petitionsausschuss und die Abgeordneten übernehmen können.

(Beifall FDP)

Sowohl die einbringende Fraktion DIE LINKE als auch die Koalitionsfraktionen erwecken den Eindruck, dass der Bürgerbeauftragte mit seinem jetzigen Aufgabenbereich nicht voll ausgelastet ist. Ansonsten würden sie nicht mit Verzweiflung versuchen, diesen auszuweiten. Die Fraktion DIE LINKE hat bereits im Juni 2013 richtigerweise erkannt: So, wie es jetzt ist, brauchen wir keinen Bürgerbeauftragten.

(Beifall FDP)

Ich möchte abschließend für die FDP-Fraktion hervorheben, es sind andere Maßnahmen notwendig, um Bürgeranliegen gerecht zu werden. Wir wollen eine weitere Stärkung des Petitionsausschusses in seinen Rechten gegenüber der Landesregierung. Wir wollen, dass die Instrumente des Petitionswesens stets anhand aktueller Diskussions- und Entwicklungsimpulse ausgebaut werden, um die Durchlaufzeit einer Petition zu optimieren.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das wird nichts.)