Protocol of the Session on February 26, 2014

Ich wundere mich allerdings schon, welches Eigenleben sich im Finanzministerium offenkundig entfaltet. Und wenn Sie, Frau Lieberknecht, hier gerade so vehement und beherzt dazwischenrufen, dass sei es auch nicht, können Sie uns vielleicht erklären, was das für Vorschläge sind, wie ernst sie zu nehmen sind, denn ich sage ganz deutlich, wenn auf der einen Seite der zuständige Minister sagt, mit ihm wird es keine Änderungen geben,

(Zwischenruf Lieberknecht, Ministerpräsiden- tin: Er spricht für die Landesregierung.)

und die Landesregierung hält an den hohen Standards fest und auf der anderen Seite es derartige Papiere gibt, dann scheint die eine Herzkammer nicht recht zu wissen, was die andere Herzkammer tut.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein weiteres Kammerflimmern mindestens, was wir hier in der Koalition erleben, meine sehr geehrten Damen und Herren, und da können auch Sie nicht darüber hinwegtäuschen.

(Zwischenruf Dr. Voß, Finanzminister: Sie er- zeugen einen Sturm im Wasserglas.)

Ich will auch noch einmal daran erinnern, dass nach der Wahl 2009 nicht zufällig diese Initiative für ein besseres Kita-Gesetz gekommen ist, sondern es hat ein sehr engagiertes und erfolgreiches Volksbegehren gegeben. Machen wir uns nichts vor, selbstverständlich haben die Eltern, haben die Erzieherinnen, haben diejenigen, die sich um die Betreuung Sorgen machen, um die gute Bildung, um die Erziehung in unseren Kitas, auch sofort nach Bekanntwerden der Einsparpläne erklärt, dass sie erneut den Widerstand organisieren werden. Aber ich sage - und deswegen haben wir das so überschrieben -, wir dürfen eine Sternstunde, die wir alle so bezeichnet haben, niemals leichtfertig aufs Spiel setzen und deswegen brauchen wir von allen ein klares Bekenntnis zu hohen Standards und Fachlichkeit und eine Absage an solche Papiere, wie sie hier kursieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen stehen auf dieser ominösen Kürzungsliste des Beirates nicht nur der Vorschlag der Streichung in den Kitas über Standardabsenkungen, sondern noch sehr viele Streichungsvorschläge mehr. Dazu würden wir auch gerne etwas von der Regierung hören.

Ich will auch deutlich sagen, dass wir noch über ganz andere Probleme in unseren Kitas sprechen

müssen. Wir wissen nämlich, dass wir bei der Betreuung mitnichten spitze sind in Thüringen, was den Betreuungsschlüssel anbelangt,

(Beifall DIE LINKE)

da gibt es durchaus noch Nachholbedarf. Und wir wissen auch, dass es Schwierigkeiten gibt beispielsweise für Diplompädagoginnen, eine entsprechende Anerkennung zu finden, um in Kitas tätig zu werden. Auch diese bringen hohe fachliche Standards mit. Da, meine ich, müssten wir sehr viel genauer hinschauen und Perspektiven eröffnen und wir müssen darüber nachdenken, wie wir auch die Schaffung von weiteren Kita-Plätzen in Städten wie Erfurt und Jena, wo sie nämlich gebraucht werden, voranbringen. Denn auch die 97 Prozent Betreuungsquote im Vorschulalter kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es an der einen oder anderen Stelle immer noch mangelt, dass das Einkommen für die Erzieherinnen immer noch viel zu niedrig ist, dass es an guten Arbeitsbedingungen mangelt, dass wir eine bessere Fachberatung brauchen und

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende.

- gestatten Sie mir einen letzten Satz -, dass wir auch starke Elternvertretungen brauchen. Sie, die Kitas und Elternvertreter können uns an ihrer Seite wissen, wenn wir tatsächlich alle gemeinsam dafür streiten, dass die hohen Standards nicht nur gehalten, sondern auch noch verbessert werden. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön. Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Volker Emde das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben einen Antrag, der sich mit Sternstunden und Sternschnuppen beschäftigt und das finde ich gut, wenn wir über die Thüringer Kindergartenlandschaft sprechen. Immerhin sind wir das Stammland des Kindergartens und der Kindergarten hat weltweit Beachtung gefunden und wird von Thüringen kopiert. Wir sind mindestens in Deutschland auch weiterhin Vorreiter in Sachen Kindergarten, wir sind vorbildlich, was die Betreuungsdichte angeht, was das Betreuungsangebot angeht für eine familienfreundliche Betreuung der Kinder. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird dadurch vorbildlich gesichert. Das wissen viele junge Menschen gerade

(Abg. Rothe-Beinlich)

aus alten Bundesländern sehr, sehr zu schätzen und beneiden uns darum und das soll auch weiterhin so bleiben. Das kostet uns alles viel Geld, das soll hier auch mal gesagt sein. Wir geben im Bildungsbereich nach neuesten Erkenntnissen aus den Medien heute, genauer konnte ich es noch nicht schauen, über 10.000 € pro Kind vom Kindergartenalter bis zum Studenten pro Jahr aus. Damit liegen wir über 1.600 € über dem Bundesdurchschnitt an Ausgaben und wir sind uns einig, das ist gut angelegtes Geld, gar keine Frage, aber dieses Geld muss auch irgendwo herkommen und wir müssen aufpassen, dass sich nicht irgendwann aus den Sternschnuppen die Geschichte vom Sterntaler entwickelt und wer dann sein letztes Hemd gibt. Ihr wisst, wie die Geschichte ausgeht. Aber so weit sind wir natürlich noch lange, lange nicht und so weit wird es auch nicht kommen.

Aber ich will ganz deutlich sagen, dass ich diese Debatte, Frau Rothe-Beinlich, die Sie hier hochziehen, als an den Haaren herbeigezogen finde und für mich ist das eine Phantomdebatte, denn sie fußt auf dem Protokoll

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Von wegen Phantomde- batte, legen Sie doch die Papiere vor.)

einer Arbeitsgruppe von Angestellten im öffentlichen Dienst von Land und Kommunen, stattgefunden im letzten August. Jetzt ziehen Sie so eine Debatte hoch und wollen hier gleich irgendeinen Popanz aufbauen, da sage ich Ihnen: Das zieht nicht. Dieses Kindergartengesetz ist mit übergroßer Mehrheit in diesem Landtag durch diese Fraktionen verabschiedet worden. Jetzt sage ich mal: Warum sollen dieselben, die das verabschiedet haben, jetzt da herangehen und dort irgendetwas reduzieren wollen oder wieder abbauen wollen?

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Niemand hat die Absicht, die Standards wieder aufzuweichen.)

(Beifall CDU)

Deswegen ist das für mich keine Frage. Hier gibt es keine politische Kraft, die an irgendeiner Schraube dieses Gesetz zurückdrehen will. Ganz klare Aussage und Botschaft auch für meine CDU-Fraktion und für die Koalitionsfraktionen.

(Beifall CDU)

Dann muss man trotzdem auch Fragen stellen dürfen: Was geht da ab und wie können wir es schaffen, auch in Zukunft die hohe Qualität zu sichern? Sie haben selbst angeführt, Frau Rothe-Beinlich, dass es so ist, dass die Löhne steigen, steigen werden und steigen müssen; die müssen finanziert werden. Wir wollen sogar in dem Ausbau weiterkommen. An mancher Stelle ist es noch nicht möglich, Kindern im Krippenalter rechtzeitig und umfas

send ein Platzangebot zu präsentieren. Auch der Bedarf an Ganztagsbetreuung, also länger als 9 oder 10 Stunden, wächst immer mehr und das können wir auch noch nicht an allen Stellen befriedigen. Also, es gibt da noch Bedarfe, die wir befriedigen wollen. Wir wollen auch in der Umsetzung des Bildungsplans weiterkommen. Das heißt, wir müssen dort Aufwendungen treffen und all das erfordert natürlich immer wieder einen höheren Finanzaufwand und den müssen und wollen wir aufbringen.

Nichtsdestotrotz sage ich auch, man muss darüber nachdenken, was da alles erwartet wird. Ich nenne mal ein Beispiel von einem Kindergarten aus meinem Wahlkreis: Ein Kindergarten, der herrlich ausgestattet ist, saniert ist, wo genug Personal da ist, wo alles passt, aber jetzt kommt ein Amt daher und sagt, Feuerschutz-, Brandschutzbestimmungen etc., Treppe anbauen, Flure, die wir in der Gesetzesdebatte gern als Aufenthaltsräume und Räume für pädagogische Beschäftigung mit nutzen wollten, müssen letztlich leer geräumt werden und dienen als Fluchtwege etc. Es entstehen in dem Fall über Nacht Mehrkosten von 130.000 € durch behördliches Handeln. Da hat sich der eine oder andere Angestellte im öffentlichen Dienst Gedanken gemacht und sucht nach Wegen, wie man diese Verteuerungen ein Stück weit eindämmen kann. Diese Debatte muss man noch einmal führen dürfen. Der können wir Politiker uns nicht verweigern. Aber ich sage es noch einmal: Für mich ist das, was die Grünen hier als Aktuelle Stunde beantragen, nur eine reine Phantomdebatte, um die Leute aufzuwiegeln. Für unsere Fraktion, für die Koalition, eine klare Ansage: Wir sind nicht bereit zu irgendwelcher Abkehr von pädagogischen Standards an unseren Kindertagesstätten. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Jung von der Fraktion DIE LINKE.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wiegele nicht die Leute auf, das machen wir schon. Hat der Minister gesagt.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, liebe Besucherinnen und Besucher, wir haben heute eine Aktuelle Stunde der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Herr Emde, ich oute mich, auch wir wollten die beantragen, aber die Fraktion war etwas schneller.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Sternstun- de.)

(Abg. Emde)

Sie werden das ganz deutlich erleben, warum, weil die Sternstunde - und das hat der Minister gesagt des Parlaments durchaus auf dem Prüfstand steht und es ist schon erstaunlich, wie Sie sich herausreden wollen, denn auf Ihrem Landesparteitag, und es ist nicht nur das sogenannte Hinterzimmer, was von Herrn Voigt in der Pressemitteilung gesagt wurde, wo Reißbrettspiele gemacht werden, sondern auf Ihrem Landesparteitag haben Sie über das Bildungsland Thüringen unter dem Titel beständig, chancenreich und leistungsstark ausgeführt, dass der Erfolg frühkindlicher Bildung davon abhängt, ob diese bezahlbar bleibt. Was erwarten Sie denn, was dann Eltern, was in der Öffentlichkeit dann diskutiert wird, wenn solche Sätze darin zu finden sind? Da ist durchaus ein Widerspruch da. Sie beziehen das natürlich auf überhöhte Elterngebühren, aber die Schlussfolgerung, die Sie daraus ziehen, ist nicht etwa, dann irgendetwas an der Finanzierung der Kindertagesstätten zu ändern oder darüber zu diskutieren, sondern Sie sagen, dass ein Weg auch sein muss, einzelne und in den letzten Jahren geschaffene Standards noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Das kann man in Ihrem Papier lesen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sagen weiter, dass kostentreibende Auflagen,

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Halten Sie die Beiträge von 4.500 € für richtig, Frau Jung?)

deren pädagogischer Sinn sich nicht erschließt, den Geldbeutel der Eltern zu belasten und auch den Geldbeutel der Kommunen. Wenn das für Sie beständig, chancenreich und leistungsstark ist, dann ist es durchaus wert, in diesem Hohen Haus diskutiert zu werden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Der Minister hat ausgeführt, welche Standards in den letzten Jahren geschaffen worden sind. Es sind die Standards geschaffen worden, den Personalschlüssel zu erhöhen und ich teile die Auffassung von meiner Vorrednerin, dass wir durchaus ein hohes Niveau haben, aber wir haben nach wie vor nicht das Spitzenniveau in Deutschland, was Personalstandards anbelangt

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und europäisches Niveau haben wir überhaupt noch nicht erreicht. Wir tragen den europäischen Gedanken. Ja, wir haben den Rechtsanspruch ab einem Jahr gesetzlich geregelt und nun ergibt sich für uns natürlich die Frage, welche Standards meinen Sie denn wirklich, die auf den Prüfstand gestellt werden sollen? Wenn ich höre, dass es um Brandschutz- und Rettungswege geht, das erschüttert

mich total, weil ich glaube, daran darf nun gar nicht gespart werden, wenn es um solche Entscheidungen beim Betreiben

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

von Kindertagesstätten geht.

Auch der Gemeinde- und Städtebund hat in seinem Papier an die Landesregierung den Abbau von Standards in Kindertagesstätten ebenso gefordert und wir als Linke sagen klar und deutlich, dass es mit uns diesen Abbau nicht geben wird. Die Eltern haben den Fraktionen den Forderungskatalog übergeben, Gebührenfreiheit steht da ganz weit vorn. Wenn das Land den Eltern - der Minister hat es auch immer wieder gesagt -, sagt, dass die Gelder, die für Kitas ausgegeben werden, von 370 Mio. € auf 530 Mio. € angestiegen sind, dann stimmt das formal, aber nur formal, weil sie vor Ort in den Kitas nicht ankommen, weil ein großer Teil über den Kommunalen Finanzausgleich ausgereicht wird und die Kommunen überhaupt nicht in der Lage sind, diese Dinge zu finanzieren.

(Beifall DIE LINKE)

Aber ich will auch sagen, dass die Kommunen natürlich auch eine ganze Menge Geld jetzt schon