Protocol of the Session on January 24, 2014

Konnte jeder seine Stimme abgeben? Dann ist die Abstimmung jetzt beendet.

Meine Damen und Herren, wir haben ein Abstimmungsergebnis. Bei 70 abgegebenen Stimmen haben 22 mit Ja gestimmt, 42 mit Nein und 6 sich enthalten (namentliche Abstimmung siehe Anlage 3). Damit ist auch Nummer 3 von II abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Nummer III des Antrags der Fraktion der FDP in der Drucksache 5/6961 unter Berücksichtigung des Ergebnisses zur Abstimmung des Änderungsantrags in der Drucksache 5/7210. Wer für den Antrag in Nummer III ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und FDP. Gibt es Gegenstimmen? Die kommen aus den Fraktionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 14.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15

Transparenz als verbindliches Grundprinzip von Kooperationsvereinbarungen zwischen Hochschulen und Unternehmen verankern Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/7005

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wünscht das Wort zur Begründung. Frau Rothe-Beinlich, Sie haben das Wort.

(Staatssekretär Dr. Schubert)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Tat, wir haben einen Antrag eingebracht, in dem es maßgeblich um Transparenz geht, Transparenz als verbindliches Grundprinzip von Kooperationsvereinbarungen zwischen Hochschulen und Unternehmen. Wie sind wir dazu gekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren? Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat auf ihrer Homepage ganz aktuell festgestellt, dass Fördergelder als Finanzgrundlage für Forschungsprojekte im deutschen Wissenschaftssystem im vergangenen Jahrzehnt erheblich an Bedeutung gewonnen haben. So heißt es dort, Zitat: So wird der „Wettbewerb um (...) Drittmittel (...) zunehmend zu einem dominierenden Faktor in Wissenschaft und Forschung und umfasst inzwischen große Teile der Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.“ Das bewahrheitet sich deutschlandweit. So sind die laufenden Grundmittel der Hochschulen in Deutschland zwischen 1998 und 2010 nur moderat angewachsen, nämlich von 12,6 auf 15,5 Mrd. €. Das entspricht gerade einmal einer Steigerung von 23 Prozent. Die von den Hochschulen im Wettbewerb eingeworbenen Drittmittel stiegen im selben Zeitraum dagegen um mehr als 100 Prozent von 2,5 auf 5,3 Mrd. € an. Wir wissen auch, dass der Anteil der eingeworbenen Drittmittel in Thüringen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist. 2001 haben die Thüringer Hochschulen etwa 48 Mio. € an Drittmitteln eingeworben. Im Jahr 2011 waren es bereits 143 Mio. €.

Wie sieht das im Bereich der privaten Drittmittel aus? Der Ländercheck Wissenschaft weist für das Jahr 2010 eine Summe von etwa 1,2 Mrd. € an Drittmitteln von Unternehmen aus, die die Hochschulen deutschlandweit eingeworben haben. Der Anteil an privaten Drittmitteln liegt damit insgesamt bei 21 Prozent und hauptsächlich fließen diese Mittel in die anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung. Thüringen selbst ist, was die Einwerbung von Drittmitteln angeht, im Ländervergleich nur, wenn ich es so sagen darf, mäßig erfolgreich. Sowohl im Bereich der DFG-Förderung als auch bei den privaten Drittmitteln weist Thüringen unterdurchschnittliche Raten auf. Das ist jedoch ein gesamtostdeutsches Phänomen mit Ausnahme von Sachsen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Thüringen hat sich bekanntlich zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit von Hochschulen, Forschungs- und Kultureinrichtungen und Unternehmen zu verstärken. So ist das zumindest auch in der Rahmenvereinbarung III, die wir hier alle schon diskutiert haben, und auch in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen festgelegt. Den Hochschulen ist dieses Anliegen auch an

sich nicht vorzuwerfen, da sie angesichts der offensichtlich unzureichenden Hochschulfinanzierung seitens des Landes verstärkt zusätzliche Finanzierungsquellen, beispielsweise durch die Einwerbung von privaten Drittmitteln, zu akquirieren versuchen. Gute Wissenschaft kostet nun einmal Geld, das wissen wir alle und leider ist diese mitnichten ausfinanziert. Ich würde an dieser Stelle gern auch noch einmal hinweisen auf die Demonstration erst im Dezember hier vor diesem Hause mit etwa 3.000 Teilnehmerinnen, die sich auch ganz intensiv mit der Problematik der Drittmittel auseinandergesetzt hat. Eine der zentralen Forderungen dieser Demonstration war neben einer auskömmlichen Finanzierung der Hochschulen insbesondere auch die nach Transparenz.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum, meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns Transparenz so wichtig ist und wir mit diesem Antrag zunächst auch einen Prüfauftrag erteilen möchten, das lässt sich sehr gut an konkreten Beispielen auch hier aus Thüringen berichten. Ich werde das auch nachher in meiner Rede noch umfänglicher tun. So gibt es im Moment ganz aktuell zwei Antworten auf Kleine Anfragen an die Landesregierung zu den Themen militärische und sicherheitstechnische Forschungen in Thüringen, die mehr Fragen aufwerfen, als sie Antworten geben, wenn ich das einmal ganz höflich formulieren darf.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn aus diesen Antworten geht beispielsweise hervor, dass wir weit mehr als 5 Mio. € auch in Thüringen genau in militärische Forschung geben, aber von ganz vielen Projekten gar nicht wissen, was dort eigentlich konkret passiert. Wir werden sicherlich noch darüber zu sprechen haben, was es bedeutet, wenn Universitäten, wenn Forschungsgesellschaften öffentliche Mittel bekommen, inwieweit diese nicht auch selbstverständlich Transparenz über das, was sie tun, walten lassen sollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe in der Tat, dass es uns gelingt, hier im Thüringer Landtag einen breiten Konsens zu erzielen, dass sich über diese Thematik zu diskutieren lohnt, und deshalb bitten wir auch um die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Ich eröffne die Aussprache. Als Erste hat das Wort Abgeordnete Hitzing von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, für die FDP ist die Freiheit der Wissenschaft das entscheidende Grundprinzip der Hochschul- und Forschungspolitik.

(Beifall FDP)

Wir wehren uns gegen alle Bestrebungen, dieses Recht unter Zuhilfenahme von wohlklingenden Schlagworten einzuschränken.

(Beifall FDP)

Transparenz ist genau ein solcher Begriff. Transparenz ist in einer freiheitlichen Gesellschaft kein eigenständiger moralischer Wert in dem Sinne,

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass mehr Transparenz immer besser ist als weniger. - Erst zuhören, dann anfangen, Krach zu machen.

(Beifall FDP)

Transparenz dient vor allem dazu, den Missbrauch von staatlichen Machtpositionen zu minimieren, indem Entscheidungsprozesse durchsichtig und damit nachvollziehbar werden. Wir wollen beispielsweise eine transparente Verwaltung. Aber eine einzelne Verwaltungsentscheidung, etwa zu einer Sozialleistung von einzelnen Personen, geht natürlich die Öffentlichkeit nichts an.

(Beifall FDP)

Wir wollen auch, das Regierungshandeln transparent ist, aber dass die NSA die Bundesregierung abhört, das geht uns zu weit.

(Beifall FDP)

Und nicht zuletzt beruht ein Grundprinzip unserer freiheitlichen Demokratie auf einem Minimum an Transparenz, nämlich das Wahlgeheimnis. In der Wissenschaft und Forschung ist das richtige Maß an Transparenz ebenfalls nicht immer und nicht zu jedem Zeitpunkt dasselbe. Geradezu unverzichtbar ist weitestgehende Transparenz, wenn es darum geht, seine Erkenntnisse und Forschungsergebnisse in der Fachöffentlichkeit zu etablieren. Dazu müssen die Forscherkollegen grundsätzlich in der Lage sein, die Ergebnisse zu reproduzieren, und dazu brauchen sie die nötigen Informationen.

Transparenz ist aber eher hinderlich, wenn man die Ergebnisse seiner Forschung wirtschaftlich verwerten will und deshalb zunächst einmal die Eintragung von Schutzrechten anstrebt

(Beifall FDP)

oder wenn man kein Interesse daran hat, dass andere Forschungsgruppen einem selbst zuvorkommen. Beides ist legitim, Herr Adams, und beides unterliegt der Forschungsfreiheit. Wenn ein Unter

nehmen bei einer Hochschule ein bestimmtes Forschungsprojekt in Auftrag gibt und bezahlt und dafür erwartet, dass Konkurrenten in der Zwischenzeit möglichst wenig darüber erfahren, dann übervorteilt es die Hochschule noch lange nicht.

(Beifall FDP)

In Ihrem Antrag heißt es: Die „Regelungen für die Ausgestaltung und den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen Hochschulen und Unternehmen... sollen vorrangig der Wahrung der Hochschulautonomie dienen und sicherstellen, dass das Recht der Hochschulen und der Hochschulmitglieder nicht unzulässig eingeschränkt wird“. Das lässt zwei Interpretationen zu:

Die erste Möglichkeit wäre, dass Sie gar nicht verstanden haben, was mit dem Begriff „Hochschulautonomie“ eigentlich gemeint ist.

(Beifall FDP)

Hochschulautonomie bedeutet, dass der Staat, vertreten durch die Landesregierung, einer seiner Einrichtungen, nämlich den Hochschulen, eine möglichst weitgehende Unabhängigkeit von Einflussnahme durch andere staatliche Stellen in erster Linie durch das zuständige Ministerium gewährt. Das Verhältnis zu nicht staatlichen Dritten wird dabei gar nicht berührt. Nun ist nicht ganz klar, was Sie mit dem Recht der Hochschulen und der Hochschulmitglieder, wie es in Ihrem Antrag heißt, eigentlich genau meinen. Unbestritten ist aber, dass die Selbstverwaltung der Hochschulen immer vom Rahmen der Gesetze begrenzt ist. Verträge, die das nicht berücksichtigen, dürfen nicht und werden auch nicht geschlossen.

§ 59 Abs. 2 Satz 1 des Thüringer Hochschulgesetzes stellt das auch noch einmal klar dar. Danach ist ein Hochschulmitglied berechtigt, ein Forschungsvorhaben in der Hochschule durchzuführen, wenn die Rechte und Pflichten anderer Personen dadurch nicht beeinträchtigt werden und entstehende Folgelasten angemessen berücksichtigt sind. Insofern gibt es bereits jetzt einheitliche und verbindliche Regelungen für die Ausgestaltung und den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen Hochschulen und Unternehmen, wie Sie sie ja in Ihrem Antrag fordern.

Wenn Ihnen allerdings ein Fall bekannt ist, bei dem ein Forscher einer Thüringer Hochschule sein Recht auf Forschung mit Mitteln Dritter nach § 59 missbraucht hat, dann benennen Sie ihn der Hochschule oder dem Ministerium. Ich muss Sie allerdings darauf hinweisen, dass ein Forschungsprojekt, das Ihnen eventuell nicht passt, weil es vielleicht etwas mit Gentechnik zu tun hat, noch lange keinen Missbrauch darstellt.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren von den Grünen, wenn Ihre Forderung nicht ins Leere laufen soll, dann kann das nur bedeuten, dass Sie zusätzliche Einschränkungen der Vertragsfreiheit der Hochschulen wollen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir wollen Transparenz, keine Einschränkung.)

Insofern entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass sie die Autonomie der Hochschulen einschränken wollen, um die Hochschulautonomie zu sichern.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein, die werden wir nicht einschränken.)

(Beifall FDP)

Man kann es aber auch andersherum lesen, nämlich als Drohung: „Wenn die Regelungen für die Hochschulen zur Kooperation mit Unternehmen nicht so ausgestaltet werden, wie wir uns das vorstellen, dann müssen wir die Hochschulautonomie leider wieder einschränken.“ Wenn man sich überlegt, dass Rot-Grün gerade in NRW die Hochschulen wieder stärker an die Kandare des Ministeriums nehmen will und die von den Grünen hier gestellten Forderungen Teil davon sind, dann spricht durchaus einiges für diese eben genannte Interpretation.

(Beifall FDP)