Protocol of the Session on November 21, 2013

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

messungsingenieure übertragen werden. Vermessungsaufgaben werden nur noch in dem Umfang wahrgenommen, wie es Revisionsmessungen, Katastererneuerungsarbeiten und Ausbildungszwecke erfordern.

3. Die Finanzverwaltung: Hier wurden bereits im Vorgriff auf die Verwaltungsreform das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen und das Staatliche Amt zur Regelung offener Vermögensfragen in die Landesfinanzdirektion eingegliedert. Zudem soll das Thüringer Landesrechenzentrum als zentraler IT-Dienstleister des Landes weiter profiliert werden.

4. Die Umwelt-, Wasserwirtschafts- und Bergverwaltung: Die Zuständigkeit der Landesanstalt für Umwelt und Geologie und des Landesbergamtes wird in einem Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Bergbau konzentriert.

5. Die Verwaltung des ländlichen Raums: Die Zuständigkeiten werden in einem Landesamt für ländlichen Raum und Landwirtschaft zusammengefasst. Hier soll die Kompetenz für alle Belange des Ländlichen Raums in Thüringen gebündelt werden. Die bisherigen Zuständigkeiten der Ämter für Landentwicklung und Flurneuordnung fließen hier ebenso ein wie die Aufgaben der Landesanstalt für Landwirtschaft oder der Landwirtschaftsämter. So werden die spezifischen Belange des ländlichen Raums konzentriert. Es entstehen Synergieeffekte, die allen Menschen, die im ländlichen Raum in Thüringen leben, zugute kommen, und das ist die weit überwiegende Mehrheit unserer Bevölkerung, 85 Prozent, die von diesen Dienstleistungen betroffen sind und dafür in Zukunft nur noch ein einziges Amt haben für die Verwaltung des öffentlichen Raums. Das finde ich eine beachtliche Leistung.

(Beifall CDU)

6. Die Zusammenfassung der Aus- und Fortbildung am Standort Gotha: Die Landesfortbildungsstätte Tambach-Dietharz wird geschlossen. Die Ausbildung an der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung wird von der Fachhochschule Nordhausen übernommen. Es wird eine Steuerakademie Thüringen errichtet, in die der bisherige Fachbereich Steuern der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und die bisherige Landesfinanzschule integriert werden.

(Beifall Abg. Hey, SPD)

Die Aufgaben der Thüringer Verwaltungsschule Weimar werden im Bildungszentrum Gotha wahrgenommen

(Beifall CDU)

wir wissen um die Rechtsform -, vorbehaltlich der Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände als Mitträger dieser Körperschaft öffentlichen Rechts.

7. Die Bündelung der Polizeiausbildung: In einer Polizeiakademie Thüringen in Meiningen werden der bisherige Fachbereich Polizei der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und das Bildungszentrum der Thüringer Polizei integriert. Die Landesfeuerwehrund Katastrophenschutzschule wird am Standort Bad Köstritz unverändert aufrechterhalten; wir haben hier beste Standards.

(Beifall CDU)

Alle Blicke in Nachbarländer leisten nicht das, was wir in Thüringen hier selbst haben. Darüber hinaus werden in weiteren Bereichen, wie bereits im Reformkonzept der Regierungskommission veröffentlicht, Behörden zusammengelegt. Ich nenne zum Beispiel die Landessternwarte Tautenburg, die in die Universität Jena eingegliedert wird, oder das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, das mit den sechs Staatsarchiven bereits über eine gemeinsame Verwaltung verfügt. Da ist es folgerichtig, auch die übrigen Bereiche zusammenzuführen. Außerdem besteht die Absicht, eine gemeinsame Justizvollzugsanstalt mit Sachsen in Zwickau zu betreiben. Dann können zwei Anstalten in Thüringen geschlossen werden, die wirtschaftlich nicht mehr auf den heute erforderlichen neuen Stand gebracht werden können.

Ich will die Vorteile dieser Reform klar benennen, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten. Wir bauen zahlreiche Überschneidungen von Zuständigkeiten ab. Wir gewinnen Synergien und können Verwaltungsabläufe effizienter gestalten. Unter dem Strich werden das Land und damit die Steuerzahler durch die Verwaltungsreform bis zum Jahr 2020 340 Mio. € einsparen. Darüber hinaus sind längerfristig Einsparungen von etwa 600 Mio. € möglich. Ich werde immer wieder gefragt, wie diese Summe zustande kommt. Sie ist solide unterlegt. Um das Einsparungsvolumen der Verwaltungsreform zu berechnen, hat die Regierungskommission alle Kosten im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatz erfasst, also Personalkosten und laufende Sachkosten pro Arbeitsplatz. Wir haben uns hier an öffentlich üblichen Parametern orientiert. Ich will zwei davon nennen: Für die Berechnung der Personalkostenpauschale pro Arbeitsplatz haben wir uns an der Thüringer Allgemeinen Verwaltungskostenordnung orientiert. Für die Berechnung der Sachkosten haben wir die Sachkostenpauschale des Bundes, versehen mit einem leichten Abschlag gemäß der Thüringer Verhältnisse, zugrunde gelegt. Auch hier möchte ich mich noch einmal beim Finanzminister, bei Ihnen, Herr Dr. Voß, bedanken, denn die Berechnung dieses Einsparvolumens war gewiss keine leichte Aufgabe, es war eine Fisselei über viele Nächte, die ich hier gar nicht benennen kann. Herausgekommen ist eine beachtliche Zahl von fast 600 Mio. €, wie gesagt

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, alles nur Prognose.)

- aber klar berechnet. Mit der Verwaltungsreform 2020 werden mit Ausnahme der beabsichtigten Kommunalisierung der Staatlichen Fachschule für Bau, Wirtschaft und Verkehr in Gotha keine weiteren Aufgaben kommunalisiert, denn Thüringen hat bereits heute einen sehr hohen Kommunalisierungsgrad. Viel lässt sich hier nicht gewinnen. Allerdings wird die Landesverwaltung künftig an mancher Stelle weniger Aufgaben übernehmen bzw. einige Aufgaben neu strukturieren. Das trifft bei allem noch ausstehenden Präzisierungsbedarf im Einzelnen das landwirtschaftliche Versuchswesen und das gärtnerische Versuchswesen. Zudem werden Ausund Fortbildungskapazitäten konzentriert. Auch das Landesrechenzentrum als zentraler ITDienstleister des Landes soll weiter profiliert werden.

Wir wollen alle Möglichkeiten des E-Governments nutzen. Es gibt hier einige positive Entwicklungen. Zum Beispiel geben bereits 55 Prozent der Thüringerinnen und Thüringer ihre Steuererklärung auf elektronischem Wege ab. Das ist bundesweit ein Spitzenwert, meine sehr verehrten Damen und Herren, und zeigt auch, wie die Thüringer sich auf diese neuen Möglichkeiten eingestellt haben. Auch das Katasterwesen ist digitalisiert.

Aber insgesamt können wir beim E-Government noch weitere Potenziale ausschöpfen. Auch hier will ich einige wenige Dinge nennen. Wir setzen vor allem auf drei Dinge: 1. den weiteren Ausbau der elektronischen Verwaltungsdienstleistungen, 2. die weitere Vereinfachung, das heißt Standardisierung der IT-Landschaft und 3. die weitere Vereinheitlichung, das heißt Homogenisierung der IT-Landschaft als grundlegende Voraussetzung für ein erfolgreiches E-Government.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, das Reformkonzept der Regierungskommission gibt einen Rahmen vor, die vier „V“s: vereinfachen - verschlanken - verbessern - Verwaltung gestalten. Die Reform setzt Ziele und Leitplanken, aber gibt kein starres Korsett für den Weg vor. Auch das ist wichtig. Dadurch haben die politisch und fachlich verantwortlichen Ressortminister ausreichend Handlungsspielraum, jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich passgenaue Lösungen auf der Basis des Erarbeiteten zu entwickeln. Wo strukturelle Veränderungen über Verordnungen möglich sind, wird bereits daran gearbeitet. Wir haben ja gesagt: zeitnahe Umsetzung. Anderes, was einer gesetzlichen Grundlage bedarf, wird dem Thüringer Landtag im Zusammenhang mit dem Doppelhaushalt 2015/2016 noch in dieser Legislaturperiode zugeleitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, was bedeutet diese Reform für Mitarbeiterin

nen und Mitarbeiter? Die Verwaltungsreform 2020 wirkt sich auf rund 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung und ihre Familien aus. Auch das darf man nicht übersehen. Wichtig ist mir, niemand wird aufgrund der Reform entlassen. Wir sind uns in der Koalition einig, dass Entlassungen ein verheerendes Signal für die Zukunftsfähigkeit der Verwaltung und die Attraktivität des Freistaats als Arbeitgeber aussenden würden. Wo Bedienstete in den Ruhestand gehen, werden jedoch wie schon in der Vergangenheit deutlich seltener Stellen wieder besetzt. Da Behörden langfristig zusammengelegt werden, wird mancher Standort auch aufgegeben. Ich nenne beispielsweise das Landesfortbildungszentrum Tambach-Dietharz, das geschlossen wird. Entscheidungen wie diese sind uns nicht leicht gefallen. Ich will offen sagen, es wird Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben, denen wir mit dieser Reform auch viel abverlangen müssen. Es wird Umsetzungen, neue Aufgaben, neue Teams geben und bisweilen wird es auch zu Umzügen kommen müssen. Aber wir müssen diesen Weg gehen, wenn wir unser Land zukunftsfähig gestalten wollen, wenn wir weiter ein attraktiver Wirtschaftsstandort sein wollen, wenn wir die Dienstleistung der Landesverwaltung zu vertretbaren Kosten und qualitativ hochwertig anbieten wollen. Wenn wir heute nicht handeln, wird Thüringen in Zukunft zurückfallen. Und das kann niemand wollen.

(Beifall CDU, SPD)

Ich möchte deshalb diese notwendige Reform mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemeinsam umsetzen. Sie werden in den Reformprozess eingebunden. Ich habe mich mit einem Schreiben bereits persönlich an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewandt und sie über die ersten Schritte der Reform informiert. Außerdem werden wir auch intensiv den Dialog mit den Personalräten und den verantwortlichen Leitern der Behörden und Dienststellen vor Ort führen. Jeder ist aufgerufen mitzutun, um diese Reform zum Erfolg zu führen. Wir brauchen in der Thüringer Landesverwaltung motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb reformieren wir auch das Dienstrecht.

Innenminister Geibert hat den Gesetzentwurf vor einigen Wochen bereits vorgestellt. Das Leistungsprinzip wird gestärkt, die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes verbessert, Aufstiegschancen werden vereinfacht. Ich nenne beispielsweise den geplanten Praxisaufstieg, mit dessen Hilfe Beamten, die über besondere Befähigungen verfügen oder besondere Leistungen erbringen, auch ohne Prüfung der Laufbahnaufstieg ermöglicht wird. Darüber hinaus soll das Dienstrecht dazu beitragen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und auch die Möglichkeiten der Arbeit in Teilzeit auszuweiten. Das ist eine wichtige Initiative, denn ich sehe die Thüringer Verwaltung nicht zu

(Ministerpräsidentin Lieberknecht)

letzt auch im Wettbewerb mit anderen Ländern und mit der freien Wirtschaft um qualifizierte, hoch motivierte Nachwuchskräfte. Auch für die Verwaltungsreform 2020 gilt der Grundsatz: Verwaltung ist nicht nur ein Kostenfaktor. Leistungsfähige, schlanke, moderne und bürgernahe Verwaltungsstrukturen sind ein Leistungs- und ein Standortfaktor und den müssen wir halten und weiter verbessern, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten.

Deutschland steht heute im internationalen Vergleich auch deshalb so gut da, weil es eben über eine den rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichtete und effizient arbeitende Verwaltung verfügt. Gerade in Thüringen können wir bei Unternehmensansiedlungen immer wieder mit der guten Betreuung von Investoren und schnellen Genehmigungsverfahren punkten. Auch das hat sich immer als Standortfaktor erwiesen.

(Beifall CDU)

Diesen Vorteil wollen wir für die Zukunft bewahren und weiter ausbauen. Ich bin mir bewusst, dafür brauchen wir qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sind die wichtigste Ressource der Verwaltung. Deshalb ist es mir so wichtig, sie auf dem bevorstehenden Reformweg mitzunehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Diskussionen unter dem Thema „Funktional- und Gebietsreform“ wurden in der Koalition und in der Öffentlichkeit - jedem ist das bekannt kontrovers und immer wieder leidenschaftlich geführt. Eine Annäherung war schwierig. Die Ansichten lagen und liegen weit auseinander. Im Koalitionsvertrag hatten wir uns darauf verständigt, ein Expertengutachten zu einer möglichen Funktionalund Gebietsreform in Thüringen anfertigen zu lassen. Der Bericht, den die Expertenkommission Anfang dieses Jahres vorgestellt hat, beinhaltet zahlreiche Vorschläge zur Verwaltungs- und Gebietsreform. Auch der Landtag hat darüber bereits intensiv debattiert. Die Regierungskommission hat die Vorschläge der Experten politisch bewertet und das, was uns gemeinsam für Thüringen geeignet erscheint, in der nun vorgelegten Verwaltungsreform 2020 aufgegriffen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Also keine Gebietsreform.)

Ich will aber auch hier klar sagen, für die Sozialdemokraten stand im Blick auf eine leistungsfähige und bürgernahe Verwaltung auch in den kommenden 20 Jahren von Beginn an die Forderung nach einer gemeinsamen Betrachtung von Verwaltungsaufgaben und Gebietsstrukturen im Raum.

(Beifall SPD)

Nur so sei am Ende eine zukunftsweisende Reform möglich. Dabei kann die SPD durchaus auf den Bericht der Expertenkommission verweisen.

(Beifall SPD)

Nach deren Urteil hat Thüringen, verglichen mit anderen Ländern, viel zu kleinteilige Gebietsstrukturen. Diese Kleinteiligkeit sei kein Gewinn, sondern sie führe zu finanziellen Schwierigkeiten der Kommunen

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, und das muss man ändern.)

und letztlich dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger die Leistungen nicht in der Qualität und Schnelligkeit erhalten, die möglich sei.

(Beifall SPD)

Das betreffe sowohl die Kreis- als auch die Gemeindeebene. Als Orientierungsrahmen für leistungsfähige Strukturen, die über das Jahr 2020 hinaus Bestand haben, definiert die SPD auf Kreisebene, der Expertenkommission in den Verhältnissen anderer ostdeutscher Länder folgend, eine Mindestgröße von dauerhaft ca. 150.000 Einwohnern.

(Beifall SPD)

Verglichen mit heute würde sich die Anzahl der Landkreise damit halbieren. Und mit Erfurt und Jena würden zwei kreisfreie Städte verbleiben. Auf der Gemeindeebene sieht die SPD die Formulierung klarer und nachvollziehbarer Leitlinien für ihre Entwicklung als Voraussetzung für leistungsstarke und dauerhaft tragfähige Strukturen an.

(Beifall SPD)

Die Kommunen bräuchten schnellstmöglich sichere Planungsgrundlagen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Ja, das stimmt.)

Deshalb wirbt die SPD für die Verabschiedung eines Leitbilds für kommunale Selbstverwaltung im Land. Teil dieses Leitbilds müsse die Festlegung von Mindesteinwohnerzahlen sein, die langfristig die Handlungsfähigkeit unserer Kommunen garantieren. Daneben soll das Leitbild weitere für die Entwicklung der Kommunen wesentliche Eckpunkte enthalten, so die Stärkung der zentralen Orte, die Ersetzung von Verwaltungsgemeinschaften durch Einheits- und Landgemeinden sowie eine zeitlich abgegrenzte Freiwilligkeitsphase für Neugliederungen.

(Beifall SPD)

Mit einer entlang diesen Leitlinien erfolgenden und mit einer mutigen Verwaltungsmodernisierung verknüpften Gebietsstruktur werde Thüringen bestens für die Zukunft aufgestellt sein.

(Beifall SPD)