Protocol of the Session on October 18, 2013

Neben der Bundesregierung und einer Reihe von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen versucht man gemeinsam, dieser humanitären Katastrophe entgegenzuwirken. Die Mittel der Bundesregierung wurden aufgestockt.

Zu Ihrem Antrag möchte ich Folgendes sagen: Dieser ist inzwischen obsolet, da das Thüringer Innenministerium bereits reagiert hat

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sie können nicht einmal richtig lesen!)

und einen entsprechenden Erlass an die Ausländerbehörden gesandt hat. Im Klartext: Thüringen wird voraussichtlich

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den habe ich bereits zi- tiert.)

weitere Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen und deren Aufenthalt bei Verwandten gestatten, wobei Ehepartner, Kinder, Eltern, Großeltern, Enkel, Geschwister sowie deren Ehepartner und minderjährige Kinder begünstigt werden sollen. Besagte Verwandte müssen deutsche Staatsbürger bzw. Syrer mit befristetem oder unbefristetem Aufenthaltstitel sein und werden demnach verpflichtet, vor der Ein

(Abg. Rothe-Beinlich)

reise eine Verpflichtungserklärung für die Übernahme laufender Unterhaltskosten abzugeben. Die Aufenthaltserlaubnis für Einreisende wird für bis zu zwei Jahre sowie mit der Option auf Verlängerung gewährt, und zwar unter der Voraussetzung, dass ein Visumverfahren bis zum 10. März 2014 bei einer zuständigen deutschen Auslandsvertretung beantragt worden ist.

Ausgeschlossen - das muss man hier auch sagen sind Personen, die in Deutschland rechtskräftig verurteilt worden sind bzw. bei denen begründeter Verdacht auf Kontakte mit kriminellen und terroristischen Organisationen besteht. Ergänzend dazu noch einige Informationen zum Thema „Entwicklung der Flüchtlingszahlen“.

Einer mittelfristigen Prognose des Thüringer Landesverwaltungsamtes sowie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge folgend wird demnach zwischen 2014 und 2016 ca. eine jeweils 5-prozentige Steigerung der Asylbewerberzahlen in Thüringen erwartet. Auch in den letzten 2 Jahren sowie im laufenden Jahr haben sich die Zugänge um je 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert. Wir haben davon schon zur Aktuellen Stunde berichtet und gehört. In dieses Zahlenwerk sind noch nicht die politischen Entwicklungen eingearbeitet, zum Beispiel in Ägypten, Syrien, Iran und Irak oder Afghanistan, so dass noch mit einer größeren Steigerungsrate gerechnet werden muss.

Neben Erstantragstellern in Thüringen ist aber auch eine Steigerung von Folgeantragsstellern und Rückkehrern zu verzeichnen. Ich erinnere diesbezüglich an die vorjährige und sicherlich auch in diesem Jahr wieder anstehende Debatte um Sinti, Roma und Ashkali sowie deren Verbleib in Deutschland über den Winter.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Die Ägyp- ter fehlen.)

Mit der erheblich steigenden Zahl der Asylbewerber wird es sicher kaum möglich sein, einen solchen Wintererlass vorzunehmen, um die Situation der Unterbringung nicht noch weiter zu verschärfen. Denn bereits jetzt sind die Kapazitäten in den bestehenden Gemeinschaftsunterkünften nahezu erschöpft.

Ähnlich schwierig gestaltet sich mittlerweile auch die Unterbringung im ländlichen Raum. Es wird immer schwieriger, in manchen Landkreisen entsprechende Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Syrien und die damit verbundene Zusammenführung von Familien ist aus humanitärer Sicht natürlich zu begrüßen, dürfte allerdings in großem Stil an der Finanzierung, die letztlich das Land Thüringen und damit der Steuerzahler tragen müsste, scheitern.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das darf nicht wahr sein.)

Das gilt auch für eventuelle Folgekosten - so die Übernahme von Krankenbehandlungen - zumal, da die nachziehenden Verwandten keine Chance auf Abschluss einer Krankenversicherung haben.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Dann lassen wir sie verrecken, oder was?)

Prinzipiell verschließt sich das Land Thüringen der Mehraufnahme von Flüchtlingen nicht, verweist auch auf Regelungen in anderen Bundesländern, so in Niedersachsen. Auch dort können syrische Flüchtlinge ihre Familienangehörigen nachholen. Allerdings müssen sie sich verpflichten, den Aufenthalt zu bezahlen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wovon?)

Immerhin haben laut Innenministerium rund 700 Syrer hier in Thüringen Asylanträge gestellt. Des Weiteren ist die Aufenthaltsdauer für Syrer in Thüringen zunächst auf zwei Jahre ausgelegt. Das heißt im Klartext, sowohl die zu erwartenden 140 syrischen Flüchtlinge als auch deren Angehörige, die nach dem Willen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE in Thüringen aufgenommen werden sollen, wären auf längere Zeit ansässig. Doch ein ganz wesentliches Element von Asyl ist die Rückkehr in die Heimat, dann nämlich, wenn der Asylgrund entfallen ist.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Schämen Sie sich, Frau Holbe! Gehen Sie nach Hause und schämen Sie sich.)

Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass noch heute, 12 Jahre nach Ende des Bürgerkrieges im Libanon, libanesische Flüchtlinge in Deutschland leben. Diese weisen eine Arbeitslosenquote von 90 Prozent auf. Dieser Aspekt spricht auch dafür, was ich eingangs schon sagte, Hilfe direkt vor Ort in Syrien und den angrenzenden Nachbarstaaten zu aktivieren. Neben Mitteln für humanitäre Hilfe aus dem Bundeshaushalt, dieser wurde im Juni um 200 Mio. € erhöht, gibt es die zahlreichen Hilfsleistungen von Nichtregierungsorganisationen, dem DRK oder die „Aktion Deutschland Hilft“. Das Wichtigste, was jetzt für Flüchtlinge vor Ort zu leisten ist, ist die Bereitstellung von Notunterkünften, Nahrung, Wasser, Strom, auch in denjenigen Nachbarstaaten, die Flüchtlinge aufnehmen, sehr verstärkt Jordanien, Libanon, Türkei, Iran und Ägypten.

Nun zu Punkt II Ihres Antrags: Die geforderte Aufhebung der Verpflichtungserklärung nach § 68 des Aufnahmegesetzes würde dazu führen, dass der Freistaat Thüringen und die Gebietskörperschaften sämtliche Kosten zu tragen hätten. Wie hinlänglich bekannt, sind bereits die derzeitigen Haushaltsansätze nicht ausreichend. Die Flüchtlingsunterbringung müsste zudem durch die Gebietskörperschaften erfolgen, die schon jetzt nicht in der Lage sind, ausreichend angemessenen Wohnraum für Flücht

linge zur Verfügung zu stellen. Mit einem diesbezüglich zu gebenden Titel würden insbesondere die Kommunen finanziell belastet. Der Freistaat könnte für maximal 18 Monate im Rahmen der Soziallastenübernahme einspringen. Trotzdem würden diese Kosten weiterhin zu Buche schlagen. Wir sehen, und zwar nicht zum ersten Mal, unter dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE könnte getrost die Unterschrift stehen: Tue Gutes mit dem Geld anderer und brüste dich damit.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Was soll das denn?)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Also echt!)

Der Blick nach vorn offenbart aber auch, hier wird eine Tür geöffnet, ohne zu wissen, wie viel Asylsuchende überhaupt nach Thüringen einreisen werden und wie lange sie bei uns leben werden.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das war gestern kein Versprecher, Sie sind tatsächlich eine Rassistin.)

Denn ohne Verpflichtungserklärung könnte auch jeder syrische Asylbewerber ohne Weiteres seine Großfamilie auf Kosten des Steuerzahlers nachholen. Dieser Personenkreis würde obendrein nicht einmal auf die Asylquote in Thüringen angerechnet werden. Eine Durchbrechung des Prinzips der einheitlichen Handlungsweise in diesem Gebiet durch ein Nehmerland in Thüringen erscheint ebenfalls nicht vermittelbar. Der Bundesregierung sind auch insoweit die Hände gebunden, als diese ohne Einvernehmen der zuständigen Mitgliedsländer der Eurogemeinschaft keine weiteren Zusagen machen kann. Wenn, dann muss diese Problematik global von der EU gelöst werden. Noch im vergangenen Jahr träumte Herr GRÜNEN-Fraktionsvorsitzender a.D. Jürgen Trittin von sage und schreibe 50.000 Familiennachzüglern nach Deutschland. Das sind immerhin mehr als doppelt so viele als im ersten Halbjahr 2013 in Deutschland um Asyl nachgesucht haben. Die genaue Zahl sind 43.016 Personen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das muss man auch mal zur Kenntnis nehmen.)

Wegen des seit zweieinhalb Jahren andauernden Konflikts sind 2 Millionen Syrer auf der Flucht und die Zahl könnte bis Jahresende auf 3 Millionen ansteigen. Nicht zu vergessen, dass die meisten der 14.000 Kriegsflüchtlinge, die bereits in Deutschland untergekommen sind, mithilfe von Schleusern und ohne gültige Einreisepapiere ins Land gekommen sind.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil sie keine legalen Ein- reisewege haben.)

Auch das ist ein Problem.

Sehr geehrte Damen und Herren, bei der vorliegenden Drucksache entsteht der Eindruck, Deutschland und somit auch Thüringen käme seinen humanitären Verpflichtungen nicht nach.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Ja, ist doch auch so.)

Fakt ist aber, und das bestätigte erst kürzlich der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages, Wolfgang Bosbach, dass die Bundesregierung nicht nur in absoluten Zahlen,

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Das ist die richtige Referenz.)

sondern auch im Verhältnis zur Bevölkerung etwa doppelt so viele Menschen aus dem Bürgerkriegsland aufnimmt und ihnen Schutz gewährt als der Durchschnitt der EU-Länder.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das muss man auch mal zur Kenntnis nehmen.)

Damit sind Deutschland sowie Schweden Vorreiter im EU-Vergleich bei der Aufnahme syrischer Flüchtlinge.

Resümierend kann zum vorliegenden Antrag gefolgert werden:

Punkt I - Zuzug von syrischen Verwandten zu Flüchtlingen in Deutschland - hat sich erledigt, da das TIM schon entsprechende vorbereitende Maßnahmen getroffen hat.

Punkt II - Verzicht auf Verpflichtungserklärungen und damit auf die Kosten zulasten von syrischen Flüchtlingen - kann aus haushalterischen Gründen nicht erfolgen.

Der Antrag in Drucksache 5/6575 wird daher von unserer Fraktion abgelehnt. Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Für die Fraktion DIE LINKE hat die Frau Abgeordnete Sabine Berninger das Wort.

Frau Präsidentin, ich hätte gern noch ein paar Minuten gehabt, um mich wieder abzuregen. Aber nun haben Sie mich aufgerufen, ich versuche auch, sachlich zu bleiben.

Ich habe jetzt dank der anfänglichen Worte der Abgeordneten Holbe dazugelernt und habe mal erfahren, woher der Ursprung der Redensart „Krokodilstränen vergießen“ kommt. Ich habe nämlich mal bei Wikipedia nachgeguckt und habe gelernt, dass der Ursprung in einem tatsächlichen Tränensekret liegt, das verschiedene Arten der Krokodile - Alliga

(Abg. Holbe)

toren und Kaimane zum Beispiel - während des Fressens absondern und das als Heuchelei interpretiert wurde. Wikipedia sagt: „Krokodilstränen vergießen“ ist eine Redensart, die eine geheuchelte Zurschaustellung von Trauer, Betroffenheit und Mitgefühl zum Ausdruck bringen will.