Protocol of the Session on September 19, 2013

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Kollegin Berninger. Ach, Sie gehen gerade.

(Abg. Berninger)

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Ich habe einen Zahnarzttermin.)

Ich hatte eher so den Eindruck, Sie versuchen die Mittagspause zu erreichen, indem sie hier einen Vortrag halten, der mit dem Gesetz aber auch wirklich absolut gar nichts zu tun hat.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Sagen Sie.)

Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film hier. Wir können uns natürlich hier stundenlang Vorlesungen über rechtstheoretische Sachen anhören, aber wir reden hier über ein Thüringer Justizkostengesetz, das hat weder etwas mit Prozesskostenhilfe noch sonst etwas mit irgendwelchen Kosten für Notare, Anwälte usw. zu tun.

(Beifall CDU)

Also, das ist schon ein starkes Stück, wenn man sich das dann hier alles anhören muss.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Tut mir leid, wenn Sie den Zusammenhang nicht begreifen.)

Ja, man kann natürlich einen Zusammenhang so machen. Klar, dann kann ich hier über Gott und die Welt reden.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Den bitte rauslassen.)

So, das musste jetzt einmal gesagt werden, ob Ihnen das jetzt passt oder nicht.

(Beifall CDU)

Zum Thema: Thüringer Justizkostengesetz. Es geht wirklich nur um geringfügige Änderungen. Das eine ist die Anpassung an Bundesrecht, daran ist überhaupt nichts zu diskutieren. Das Zweite ist der Gebührenbefreiungstatbestand für die Kommunen. Dieser Gebührenbefreiungstatbestand wird nach unserer Auffassung sogar zugunsten der Kommunen ausgeweitet.

Das einzige, was Sie meinen, soweit die Angelegenheit nicht ihre wirtschaftlichen Unternehmen betrifft, dafür gibt es keine Gebührenbefreiung. Sie meinen, die müsste es trotzdem geben, weil es hier um gemeinnützige Tätigkeit ginge. Schauen Sie einmal in den § 75 unserer Thüringer Kommunalordnung, darin steht, die gemeindlichen Unternehmen sollen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen. Das ist der Sinn der wirtschaftlichen Unternehmen. Und wenn es ein Wirtschaftsunternehmen ist, kann dieses Unternehmen auch ruhig wie Hinz und Kunz die Gebühren bezahlen.

Jetzt noch zum letzten Punkt; diese Gebührenerhöhung von 12,50 € auf 15,00 €, wenn jemand zum Beispiel ein Gerichtsurteil haben möchte. In der Regel sind die wichtigen Urteile sowieso schon kostenlos im Internet zu lesen. Die anderen findet der

von Ihnen bezeichnete Normalbürger sowieso nicht. Die findet allenfalls ein Anwalt und darüber kann man ruhig von 12,50 € mal auf 15,00 € gehen, zumal dann keine gesonderten Kopierkosten anfallen. Es muss immerhin ein Justizbediensteter die Akte suchen, muss raussuchen, wo das steht, muss an den Kopierapparat gehen, muss Kopien machen, muss das ganze verschicken. Dafür ist also ein Betrag von 15,00 € wahrhaftig kein überzogener Betrag.

Ansonsten will ich darauf hinweisen, dass die Gebühren in diesem Bereich seit 20 Jahren nicht erhöht worden sind. Da finde ich es durchaus angemessen, wenn solche Erhöhungen von 12,50 € auf 15,00 € stattfinden. Sich darüber auch noch aufzuregen, halte ich für neben der Sache. Danke schön.

(Beifall CDU)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Bergner das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren. Das zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz ist am 1. August 2013 in Kraft getreten. Das Land ist nun ein wenig unter Zugzwang, das Justizkostengesetz anzupassen. Das Justizministerium hat neben den Anpassungen auch weitergehenden Änderungsbedarf bei dem Thüringer Justizkostengesetz festgestellt.

Es geht um ein paar wenige Erhöhungen bei den Gebühren, aber auch um Änderungen, die besonders die Gemeinden und Gemeindeverbände erfreuen dürften.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Und die Bürgerinnen und Bürger?)

In Justizverwaltungsangelegenheiten und bei den Verfahren vor den ordentlichen Gerichten sollen sie vollständig gebührenfrei gestellt werden. Als ehrenamtlicher Bürgermeister begrüße ich natürlich grundsätzlich alle Maßnahmen, die kommunale Haushalte entlasten, aber, meine Damen und Herren, ich bin nicht nur als Kommunalpolitiker hier in den Landtag gewählt worden, sondern um Verantwortung für ganz Thüringen mit zu übernehmen und zu tragen. Zu dieser Verantwortung gehört auch die Haushaltssituation des Landes.

(Beifall FDP)

Dazu, Herr Minister, habe ich leider im Gesetzentwurf die Angaben über die Kosten vermisst. Im Gesetzentwurf ist nur zu lesen, dass mit Mindereinnahmen zu rechnen ist, die Höhe aber nicht exakt beziffert werden kann. Damit kann ich mich nicht und damit kann sich meine Fraktion nicht so wirk

(Abg. Scherer)

lich zufrieden geben. Zum einen könnte ich mir vorstellen, dass es für die Landesregierung nachvollziehbar sein muss, wie viele Gemeinden in den letzten Jahren in welcher Höhe Gebühren gezahlt haben, und daraus könnte man vielleicht einen groben Durchschnitt bilden.

(Beifall FDP)

Auch, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, hätte ich gern noch genauere Auskünfte, ob die Mindereinnahmen schon im Doppelhaushalt berücksichtigt wurden oder ob man mit zusätzlichen Mindereinnahmen rechnen muss, die sich im Haushalt so noch nicht niedergeschlagen haben.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Minister, dies wären für die FDP-Fraktion wichtige Fragen, die wir gern und wenn möglich vor der abschließenden Beratung beantwortet bekommen würden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Mir liegen nun keine weiteren Redeanmeldungen vor.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Doch! Hier!)

Doch! Für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Auslassungen von Herrn Scherer haben mich veranlasst, für die Fraktion DIE LINKE noch einmal ans Rednerpult zu treten, weil diese Aussagen erneut gezeigt haben, dass sich die CDU offensichtlich ganz weit weg vom realen Leben bewegt hat und unter einer Glocke der Glückseligen agiert. Anders ist nicht zu erklären, dass Sie zu der Einschätzung kommen, dass dieses Gesetz angeblich kaum Auswirkungen auf das Leben der Menschen in diesem Land hat.

Wir sehen das völlig anders und deshalb hat zu Recht hier Sabine Berninger mal dargestellt, wie Menschen auch in diesem Bereich von Gebühren und Entgelten betroffen sein können. Ich möchte auf zwei Aspekte noch mal hinweisen, weil wir die auch in der Ausschussdebatte für wichtig erachten. Wir bitten insbesondere den Justizminister, sich damit noch mal zu beschäftigen und mit uns in den Dialog zu treten. Zunächst gehen wir davon aus, dass das Land, die Landesregierung immer auch in der Verpflichtung steht, die Auswirkungen von Bundesgesetzen auf die Bürgerinnen und Bürger des Landes abzuwägen und gegebenenfalls, wenn sich

dort zeigt, dass es zu Verwerfungen, zu Fehlentwicklungen kommt, eine Nachkorrektur auf Bundesebene einzufordern. Das heißt, was Herr Scherer hier darstellt, dass insbesondere die Landesregierung verpflichtet wäre, einfach Bundesrecht umzusetzen, dem ist nicht so. Sondern die Landesregierung ist verpflichtet, ganz genau darauf zu achten, dass im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung und der Auswirkungen tatsächlich auch geschaut wird, ob das, was der Bund beschließt, für unsere Bürgerinnen und Bürger das Richtige ist.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn dort die Landesregierung feststellt, nein, dann muss die Landesregierung aktiv werden. Das ist die erste Sache und da hätten wir noch mal eine Positionierung der Landesregierung und des Justizministers, ob Sie tatsächlich mit alldem übereinstimmen, was dort auf Bundesebene in diesem Rechtsgebiet gemacht wird.

Das Zweite, damit möchte ich mich noch mal beschäftigen, ist die Gebührenfreiheit für die Gemeinden. Das haben Sie gesagt, für die ordentlichen Gerichte, das sind die Zivilgerichte, und für das Handeln von Justizbehörden. Das mag zunächst verlockend sein aus Sicht der Gemeinden, birgt aber auch Gefahren in sich, weil wir jetzt schon die Tendenz haben - zugegebenermaßen, meist im Bereich öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten, aber ich komme dann gleich dazu, warum das auch für die Zivilgerichte von Bedeutung sein kann -, dass Gemeinden sehr gern klagen und Entscheidungen, die eigentlich kommunalpolitisch zu treffen sind oder im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, auf Gerichte verlagert werden. Das machen wir hier auch auf Landesebene und auf Bundesebene. Da haben wir eine Tendenz, dass oftmals Verfassungsgerichte angerufen werden, weil sich Mehrheiten hier entweder nicht trauen oder nicht zumuten, Entscheidungen zu treffen. Das halten wir - auch ich persönlich - für eine gefährliche Entwicklung, denn zum Schluss sind wir als Gesetzgeber gefordert. Ähnliche Anforderungen gibt es auch an die Gemeinden. Hauptziel muss es sein, Streitigkeiten vor Gerichten zu verhindern und den Dialog mit den Bürgern zu suchen und zwar im Rahmen des Rechtsrahmens, der vorhanden ist.

Da gibt es, wie gesagt, diese Tendenz, dass Gemeinden sehr gern sagen, das sollen Gerichte entscheiden. Dahinter können wir uns verstecken, da brauche ich nicht selbst die Auseinandersetzung mit Bürgerinnen und Bürgern zu führen. Das macht man deshalb, weil die Gemeinde das bisher aus dem Gemeindehaushalt bezahlen konnte, nicht aus dem eigenen Portemonnaie. Der Bürgermeister musste nicht sein eigenes Portemonnaie aufmachen, während Bürgerinnen und Bürger, wenn sie in den Rechtsstreit mit der Gemeinde gehen, das selbst hinlegen müssen. Selbst bei Bürgerbegeh

(Abg. Bergner)

ren, also bei demokratischen Mitwirkungsrechten haben wir dieses Problem, dass, wenn ein Antrag gestellt wird, lehnt ihn die Gemeinde ab und zwingt damit den Bürger vor das Gericht und der Bürger muss sogar die Kosten dafür tragen, das Kostenrisiko. Und wenn das Gericht das Bürgerbegehren zulässt, kann der Bürgermeister sagen, ich zahle es aus dem Gemeindehaushalt. Jetzt wird die Gebührenfreiheit noch erweitert und damit wird diese Tendenz, die ich beschrieben habe, aus unserer Sicht zumindest, verstärkt. Jetzt ist da das öffentliche Recht raus, es sind nur die ordentlichen Gerichte, aber zunehmend flüchten Gemeinden in das Privatrecht, auch bei Kommunalabgaben. Sie erheben nämlich anstelle öffentlich-rechtlicher Gebühren privatrechtliche Entgelte, und wenn ich privatrechtliche Entgelte habe, dann findet die Rechtsauseinandersetzung nicht mehr vor dem Verwaltungsgericht statt, sondern vor dem Zivilgericht, also vor dem ordentlichen Gericht. Jetzt machen wir dort die Gebührenfreiheit für die Gemeinde, das ist eine Einladung, dass die Gemeinde im Zweifelsfall immer sagt, nicht ich entscheide mit dem Gemeinderat oder in der Verwaltung, sondern ich überlasse diese Entscheidung den Gerichten. Das halten wir für gefährlich. Das heißt, wenn wir dort wollen, dass Bürgerinnen und Bürger und Gemeinde sich auf gleicher Augenhöhe begegnen, dann fordern wir auch die Gebührenfreiheit für Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel in der Auseinandersetzung um privatrechtliche Entgelte, die die Gemeinde erhebt. Wenn es um nachbarschaftliche Streitigkeiten geht oder derartige Dinge, dann brauchen wir diese Gebührenfreiheit nicht. Also für diese sogenannte „Waffengleichheit“ müssen wir Sorge tragen, dass nicht einseitig die öffentliche Hand hier bevorteilt wird

(Beifall DIE LINKE)

und damit ein Grundprinzip des Rechtsstaats, nämlich dass auch jedermann Zugang hat zur dritten Gewalt unabhängig von seiner sozialen Situation, dass auch das gewährt bleibt.

Das wollen wir weiter mit Ihnen diskutieren. Es kann möglich sein, dass wir hier eher schwarz sehen und eine Gefahr sehen, die real nicht da ist, aber darüber müssen wir diskutieren und deswegen wollten wir das hier noch mal ansprechen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Ich denke, nun kann ich wirklich die Aussprache schließen.

Es gibt einen weiteren Beitrag aus der SPD-Fraktion, Frau Abgeordnete Marx, danach habe ich Herrn Abgeordneten Meyer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gesehen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Oh, jetzt wird es ja richtig span- nend hier.)