Protocol of the Session on September 18, 2013

Dann habe ich mitgebracht - Herr Kemmerich, da muss man schon richtig hinschauen, wenn man sich die Preise anschaut, Sie haben doch schlank behauptet, die Energiepreise für Privathaushalte hätten sich verdoppelt in den letzten zehn Jahren. Sie sind angestiegen, das ist wahr, aber sie haben sich nicht verdoppelt. Sie sind gestiegen von 17 Cent pro Kilowattstunde auf 28 Cent pro Kilowattstunde. Das ist immer noch genug, aber es ist keine Verdopplung, so wie Sie behauptet haben. Im Übrigen bei den Strompreisen für Haushalte, DreiPersonen-Haushalte, ist er gestiegen von 50 € auf 83 €. Auch das ist eine Menge, gestehe ich gern ein, und dennoch ist es keine Verdopplung. Bei den Industriestrompreisen haben wir in der Tat in den nächsten Jahren eine Zunahme, allerdings sind sie viel moderater gestiegen, als das für die Stromhaushaltspreise gilt. Jetzt will ich erklären, was eigentlich passiert. Es ist eben falsch zu sagen, das sei ausschließlich auf das EEG zurückzuführen. Wir sind doch in der absurden Situation, dass die Strompreise an der Börse fallen, dadurch die EEGUmlage ansteigt und darüber dann eines passiert,

dass insgesamt sowohl bei Unternehmen als auch bei den Sozialen, als auch bei den Haushalten der Strompreis steigt. Das muss man mal einem normalen Menschen erklären, warum er bei fallenden Strompreisen an der EEX dann eigentlich höhere Strompreise bezahlen muss.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt sage ich zunächst mal - ich habe Ihnen auch zugehört; wenn Sie eine Zwischenfrage haben, werde ich die gern dann beantworten -, ich will es mal erklären: Es gibt Hinweise darauf, ich sage es mal freundlich, dass diese Reduzierung der Strompreise an der Börse nicht an den Verbraucher weitergegeben wird. Wenn im Bereich der Grundversorgungstarife zum Teil eine Differenz von 6 Cent pro Kilowattstunde zwischen unterschiedlichen Stadtwerken und Anbietern vorhanden ist,

(Beifall SPD)

dann ist das doch zunächst mal ein Beleg dafür, dass es ein sehr unterschiedliches Preisniveau gibt und dass manchmal das, was notwendig ist, nämlich die Weitergabe an den Verbraucher, nicht erfolgt.

(Beifall SPD)

Deswegen, sage ich, müssen wir die Grundversorgungstarife überprüfen, ob die denn überhaupt korrekt sind, denn wenn diese zum Beispiel nicht weitergegeben werden, dann ist das ein glatter Verstoß gegen Wettbewerbsrecht und dagegen muss vorgegangen werden.

Das Zweite, auch da ein Hinweis, einfach mal die Zahlen, die helfen: Bei Rot-Grün 2009 gab es knapp 800/900 Unternehmen, die als energieintensive Unternehmen anerkannt worden sind. Wir haben heute 2.400 Unternehmen, die von der EEGUmlage ausgenommen werden. Heute bedeutet das einen Ausfall von 5 Mrd. und es liegen für das nächste Jahr, 2014, weitere Anträge von weiteren 200 Unternehmen vor und damit wäre ein Anstieg auf über 7 Mrd. vorprogrammiert. Jetzt sage ich eindeutig, das geht nicht, sondern je weniger Ausnahmetatbestände wir schaffen, umso weniger ist zu zahlen, das heißt, es kommt dann vor allen Dingen bei der Bevölkerung an. Jetzt sage ich hier ausdrücklich eines, und dabei auch an den Kollegen Hellmann: Es gibt energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, die ohne eine EEG-Umlage-Befreiung nicht wettbewerbsfähig sind. Das sage ich auch ganz klar, diese Befreiung muss es auch geben. Ich will es am Beispiel Aluminiumindustrie mal deutlich machen, weil ich den Fall gut kenne, da habe ich auf der Bundesebene mal geholfen, dass die Aluminiumindustrie in Deutschland überhaupt am Netz bleibt. Die haben Energiekosten bei ihrer Produktion von 80 Prozent. Technische Alternativen gibt es nicht. Da sage ich ganz klar, in diesen Fällen muss si

(Abg. Worm)

chergestellt sein, dass deren Wettbewerbsfähigkeit - und die stehen im internationalen Wettbewerb nicht infrage gestellt wird.

(Beifall FDP)

Ich sage Ihnen ein anderes Beispiel: Wir haben auch die Situation, dass Einzelhandelsketten von der EEG-Umlage befreit werden. Da gibt es dann eben einen Einzelhändler eines großen Unternehmens von, wie immer die heißen, in Köln und der ist von der EEG-Umlage befreit.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Wir re- den von Thüringen, oder?)

Ja, dann reden wir von Erfurt, meinetwegen, das ist egal, wo, von Erfurt, Jena, wo auch immer, bundesweit, Energiepolitik ist eine bundesweite Sache. Aber ich rede jetzt mal von Erfurt, Jena, was auch immer. Ich will auch eines sagen, wo Unternehmen im Bereich des Einzelhandels eigentlich im internationalen Wettbewerb stehen und warum die energieintensiv sind, das müssen Sie mir mal erklären. Denn wer sind denn die Kunden derjenigen, die in Erfurt zum Beispiel einen Supermarkt haben. Die Kunden kommen aus Erfurt, woher sonst. Dort eine Befeiung vorzunehmen, ist geradezu absurd. Beispiele, wie zum Beispiel, dass Flughäfen auf den Gedanken kommen, auch das findet statt, ihre Rolltreppen in eine eigene Gesellschaft auszulagern, die dann nur eine Funktion hat, nämlich Rolltreppen zu betreiben und damit Energie zu verbrauchen, auch das sind absurde Beispiele und die müssen abgestellt werden, ganz klar.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Ist ja richtig.)

Ja, gut, jetzt sage ich mal, ohne die GRÜNEN - ich muss die GRÜNEN nicht in Schutz nehmen. Aber ganz klar, die GRÜNEN sagen - das halte ich für zu weitgehend, ich will es ja nur sagen -, die GRÜNEN sagen, Rückführung auf das Niveau von 2009. Darüber wird man zu reden haben. Das heißt aber, auch die GRÜNEN sehen vor, dass es Ausnahmetatbestände für Energieintensive gibt. Jetzt muss man darüber reden, was ist eigentlich vernünftig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warten Sie doch einmal, ich komme doch gleich dazu. Jetzt will ich noch einen letzten Punkt sagen. Im Übrigen, das ist nicht banal.

(Unruhe FDP)

Das ist überhaupt nicht banal, sondern es müssen zwei Indikatoren abgeglichen werden, Wettbewerbsintensität im internationalen Bereich und Energieintensität. Das muss miteinander abgeglichen werden und da muss man zu Regelungen in der Sache kommen. Das Dritte, ich will daran erinnern, weil ja behauptet wird, es wäre alles blockiert worden, mit Zweidrittelmehrheit im Bundesrat, das

heißt, auch inklusive Landesregierungen, die alleine von der CDU oder, wie in unserem Fall, von CDU und SPD gestellt werden, haben wir Regelungen etwa im Bereich der Photovoltaik abgelehnt, die die Bundesregierung vorgestellt hat - Zweidrittelmehrheit. Das geht nicht alleine auf rot-grüne Landesregierungen zurück, sondern es gab eine große Mehrheit. Wir haben das übrigens am Ende zu einem Ergebnis geführt, das auch dazu beigetragen hat. Wenn ich jetzt schon darüber rede, dass ich das EEG reformiere, wozu ich ausdrücklich Ja sage, da muss man das an den richtigen Stellen machen.

Jetzt will ich einmal ein paar Stellen sagen. Wir haben eine Managementprämie, 200 Mio., die ist ein glatter Mitnahmeeffekt. Die Liquiditätsreserve ist falsch berechnet, viel zu hohe Liquiditätsreserve. Solche Maßnahmen müssen wir angehen, um in den nächsten Jahren eins zu leisten, auch die Kosteneffizienz des EEG zu erhöhen. Dazu bekenne ich mich ausdrücklich.

Aber es ist auch schlicht falsch, dass eben allein das EEG daran schuld ist, dass es zu Strompreissteigerungen gekommen ist, auch diese Sache ist falsch. Deswegen sage ich ganz klar, wir müssen daran arbeiten. Für Thüringen gilt im Übrigen eines, und ich hoffe, da arbeiten dann alle mit, ich möchte endlich, dass wir eine bundesweite Umlage bei den Netzentgelten haben. Es gibt nämlich keine bundesweite Umlage. Unsere Netzentgelte in Thüringen gehören mit zu den höchsten, warum? Wir haben relativ viele Netze, einen relativ hohen Anteil erneuerbarer Energien und das wird auf wenige Menschen umgelegt, denn Thüringen hat nun einmal „nur“ 2,3 Mio. Einwohner. Deswegen ist es doch notwendig, da, wo besondere Lasten zu tragen sind, wegen Netzen, zwischen Produktion, dass die dann auch bundesweit in einen Solidarverbund einbezogen werden, damit die Netzentgelte auch reduziert werden können. Unsere Netzentgelte sind 50 Prozent höher als die in vergleichbaren Bundesländern. Auch das ist ein wichtiger Beitrag, den wir in den nächsten Jahren zu leisten haben. Herr Worm, das muss ich jetzt allerdings sagen, an einer Stelle bin ich zusammengezuckt. Sie haben davon gesprochen, dass man in die Bestandsbezüge oder -vergütung eingreifen muss. Ja, das haben Sie gesagt, doch. Ja gut, da habe ich Sie falsch verstanden. Ich will nur sagen, Herr Altmaier hat den Vorschlag zusammen mit der FDP gemacht.

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, FDP: Nein, das hat der nie gesagt.)

Das stimmt nicht.

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Doch.)

Nein. Es gab ein Papier - ich war doch bei den Verhandlungen dabei -, ein Papier, das von Herrn Rösler und Herrn Altmaier im Zusammenhang mit der

(Minister Machnig)

Debatte um die Strompreisbremse vorgelegt wurde. Da standen exakt diese Positionen drin. Ich war ja nun dort, habe in mehreren Runden gesessen. Da haben wir ganz klar gesagt, mit uns wird es einen Eingriff rückwirkend in die Einspeisevergütung nicht geben.

Ja, ja, so habe ich Sie verstanden. Na gut, dann sage ich mal, dann nehme ich das zurück. Ich hatte Sie so verstanden. Dann nehme ich das zurück.

Ich sage auch, warum: Wenn man damit einmal beginnt, heißt das, keiner wird mehr investieren in den nächsten Jahren. Das Thema Investionssicherheit ist damit gestorben, im Übrigen nicht nur im Bereich der erneuerbaren Energien, sondern auch im Bereich der konventionellen Kraftwerke.

Ich habe in den letzten Wochen viel gesprochen mit Unternehmern aus sehr unterschiedlichen Bereichen, auch aus der Energiebranche, auch den großen, und die haben gesagt: „Herr Machnig, meine herzliche Bitte, verwenden Sie sich dafür, dass es niemals rückwirkende Eingriffe in rechtlich zugesagte Tatbestände gibt. Wenn das beginnt, ist die Investitionssicherheit für diejenigen, die sie in den nächsten Jahren brauchen, um in Gaskraftwerke oder in andere Kraftwerke zu investieren, vorbei.“ Deswegen sage ich ganz klar: Da, wo ich einen Beitrag leisten kann, dieses zu verhindern, werde ich es tun. Das ist ein Anschlag nicht nur auf die Energiewende, das ist ein Anschlag unter dem Stichwort: „Haben wir überhaupt noch Investitionssicherheit?“ Deswegen sage ich noch einmal, das wird eine der komplexesten Aufgaben in den nächsten Jahren mit der Energiepolitik.

Auf eines will ich zum Schluss auch noch hinweisen, weil ich schon relativ lange rede, wie ich sehe. Ich will auf einen Punkt hinweisen, der ganz wichtig ist, auch noch einmal in Richtung GRÜNE und andere: Selbst wenn wir 100 Prozent Erneuerbare haben, selbst in der Situation werden wir noch fossile Kraftwerke brauchen. Das vergessen Leute manchmal. Warum? Wir brauchen unter dem Stichwort Versorgungssicherheit und Regelenergie für die Netze und Netzstabilität auch fossile Kraftwerke.

Jetzt sage ich ganz klar: Das werden in der Zukunft keine Kohlekraftwerke mehr sein, das müssen flexible Gaskraftwerke sein. Aber diese Gaskraftwerke werden gebraucht. Das Problem ist, in diese Gaskraftwerke wird im Moment nicht investiert oder bestehende, hocheffiziente Anlagen verdienen kein Geld mehr. Deswegen muss es nicht nur eine EEGReform geben, wir müssen auch Maßnahmen auf den Weg bringen, damit sich Bestandskraftwerke überhaupt am Markt behaupten können und nicht, wie bei dem einen oder anderen Kraftwerk heute, dass Bestandskraftwerke abgeschaltet werden. Es liegen bei der Bundesnetzagentur 11 Anträge, wo große Energieversorger gesagt haben, diese wollen wir abschalten, damit verdienen wir kein Geld mehr.

Das muss mit geregelt werden. Nur in der Kombination EEG-Reform, Investitionsrahmenbedingungen und Preisstruktur für Fossile und einem funktionierenden Emissionshandel, darauf will ich auch noch einmal hinweisen, werden wir die Energiewende bewältigen.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nicht über die Kohle.)

Meine herzliche Bitte ist, dass wir daran mitwirken, denn wer auch immer nach dem 22. regiert, er wird immer einem Bundesrat gegenübersitzen. Ich sage ganz klar, der Bundesrat ist zumindest bis 2016 rotgrün dominiert. Das kann in einem Fall sehr hilfreich sein, bei anderen Konstellationen wenig hilfreich.

(Beifall SPD)

Deswegen sind wir, das will ich hier auch noch einmal sagen, auf den Konsens angewiesen. Mir geht es darum, dass wir wieder einen Konsens im Bereich der Energiepolitik herstellen. Ich hoffe, dass wir alle dazu einen Beitrag leisten. Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gäbe jetzt noch Redezeit von einer Minute für jede Fraktion. Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Kemmerich noch einmal das Wort. Sie haben 2 Minuten 20 Sekunden Redezeit, weil aus der vorherigen Zeit noch 1 Minute 20 Sekunden übrig sind. Danach der Abgeordnete Weber.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Machnig, erst einmal vielen Dank. Wir gehen davon aus, dass wir nächste Woche auch weiter die Regierung stellen, dann freue ich mich auf die Zusammenarbeit im Bundesrat,

(Beifall FDP)

weil durchaus die erwägenswerten Tatsachen wie Managementprämie, Liquiditätsreserve, das führen sie ja richtig an, wo wir dann ein bisschen die Wahrheit verlassen. Herr Rösler hat nie gesagt, dass wir in die Tatbestände eingreifen wollen und dafür brauchen wir auch nicht Politiker, die das verhindern, sondern wir haben Gott sei Dank eine Verfassung, die uns vor der echten Rückwirkung von Gesetzen schützt.

(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Das stimmt nicht.)

Selbstverständlich stimmt das. Darauf hat jeder Bürger ein Recht, dass wir keine Gesetze machen, die in bestehende Tatbestände eingreifen und

(Minister Machnig)

wenn es denn der Fall ist, kann er sich Gott sei Dank gemäß unserer Gewaltenteilung dagegen wehren.

Apropos wehren: Wir sollen uns wirklich gegen diese Strompreislügen wehren und auch gegen die Tatsachenbehauptungen, die hier teilweise angestellt werden. Ich will nicht wiederholen, dass Rekommunalisierung eine von diesen Lügen ist und von diesen Mären, die Allmacht der Stromkonzerne, die immer hier als Dämonen hervorgestellt werden. Aber eines müssen wir sagen: Es wird immer behauptet, wir wären jetzt Vorbild für Europa. Wer heute die Frankfurter gelesen hat, das ist nur wieder eine Zusammenfassung von Entwicklungen der letzten Wochen, kann genau nachlesen, dass die europäischen Nachbarn sich von der Nachahmung unserer Art der Energiewende Zug um Zug verabschieden.

(Beifall FDP)