Protocol of the Session on July 11, 2013

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, auch der Änderungsantrag ändert nichts an unserer grundsätzlichen Kritik an dem Gesetz, insbesondere was die Frage der wirtschaftlichen Tätigkeit von Gemeinden, was die Frage der Konkurrenz von Gemeinden gegenüber privaten Unternehmen anbelangt.

Ich habe das geschildert und auch das Beispiel, das Kollege Kuschel aus der Wohnungswirtschaft brachte, passt ja nur zum Teil. Kollege Kuschel, ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie natürlich auch in Bereichen, wo der Wohnungsmarkt schon mehr als übersättigt ist, wo es reihenweise Leerstand gibt, immer noch Forderungen aufgemacht haben in Person von Kollegin Sedlacik, dort noch sozialen Wohnungsbau zu bringen. Das ist ein Beispiel dafür, wie es eben genau nicht funktioniert mit dem Nebeneinander, was Sie beschrieben haben.

(Beifall FDP)

Aber zurück zu dem Gesetzentwurf, zurück zu dem Änderungsantrag: Ich sage namens meiner Fraktion, die Leistung ist so, dass man nur sagen kann, zurück auf Anfang. Dieser Gesetzentwurf und auch dieser Änderungsantrag sind so nicht zustimmungsfähig und deswegen sage ich Ihnen, wenn

Sie ihn durchpeitschen wollen, dann tun Sie das wenigstens nicht ohne das gebotene Maß an Anhörungen und Diskussionskultur.

Meine Damen und Herren, noch einen Hinweis an Kollegen Adams: Wir haben ja da vorhin durchaus einige Übereinstimmungen auch gemerkt, aber wenn das, was Kollege Adams gesagt hat, richtig gemeint ist, sollte er sich den Änderungsantrag der LINKEN noch einmal anschauen, denn dann können Sie dort in Wirklichkeit nicht zustimmen. Deswegen habe ich den Eindruck, dass bei dem ganzen Durcheinander, das hier heute festzustellen ist, noch etlicher Diskussionsbedarf besteht. Wir wollen im Ausschuss weiter darüber diskutieren. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Hey das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr geehrten Damen und Herren, was lange währt, wird hoffentlich auch endlich gut. Die Meinungen zu diesem Gesetzentwurf gehen ja in allen Spektren weit auseinander. Eben haben wir Herrn Bergner gehört, dem geht alles viel zu weit. Herr Kuschel sagt, das ist nicht weit genug.

(Unruhe DIE LINKE)

Wir haben heute die zweite Lesung des Gesetzentwurfs und die Beschlussfassung dazu. Das heute hier behandelte Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung und anderer Gesetze regelt eine ganze Reihe von rechtlichen Voraussetzungen neu. Dazu ist Ihnen auch dieser Änderungsantrag der Regierungskoalition gestern zugegangen, über den heute so vortrefflich gestritten wird.

Ich will anfangs und gleich zu Beginn ausdrücklich betonen, dass wir uns innerhalb der Koalition mit den Anregungen der kommunalen Familie sehr ausführlich beschäftigt und diese sehr intensiv auch innerhalb der Koalition diskutiert haben. Die Änderungen, die Ihnen jetzt in diesem jüngsten Antrag von CDU und SPD vorliegen, greifen die Anregungen auch insbesondere des Gemeinde- und Städtebundes zum Teil auf. Herr Kuschel, normalerweise werfen Sie mir immer vor, dass ich der verfassungsrechtliche Bedenkenträger schlechthin hier im Landtag wäre. Wenn Sie vorhin in Ihren Ausführungen erwähnt haben, dass das nun verfassungsrechtlich eigentlich überhaupt nicht ginge, dann will ich Ihnen gleich sagen, das, was der Gemeindeund Städtebund - Sie haben ja die Stellungnahme auch noch mal angeführt - gefordert hat, ist zum

(Abg. Bergner)

Großteil eben in diesem Änderungsantrag, der seit gestern auf dem Tisch liegt, umgesetzt worden.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Es wäre in- teressant, ob die das auch so sehen.)

Ja, wenn die das hineingeschrieben haben, Herr Bergner, und finden sich dann mit ihren Anregungen in dem Gesetzentwurf wieder, dann weiß ich nicht, was daran schlecht ist.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Schauen wir mal.)

Ich möchte mich beim Gemeinde- und Städtebund auch noch mal ausdrücklich bedanken, insbesondere bei Herrn Schäfer, der jederzeit Ansprechpartner auch in meiner Fraktion war. Er hat sich viel Zeit auch bei der Erörterung der rechtlich zum Teil auch kniffligen Details genommen. Es gibt ja in diesem Gesetzentwurf eine Menge von juristischen Dingen, die geregelt werden. Im Kern der Novelle geht es aber vor allem darum, den Thüringer Kommunen einen größeren Spielraum zu verschaffen, zum Beispiel in Fragen des Gemeindewirtschaftsrechts. Dazu wird der Weg freigemacht in diesem dann neu gefassten § 71 Abs. 2. Viele meiner Vorredner sind bereits darauf eingegangen.

Für uns war das sehr wichtig, weil dies - auch Herr Adams hat das vorhin in einer fast schon energiepolitischen Rede gewürdigt - ein entscheidender Schritt ist hinsichtlich der kommunalen Beteiligung an der Energieversorgung. Ich will hier nicht pathetisch werden, aber es ist auch ein Baustein genau der Energiewende, von der wir immer reden, und es ist die Eröffnung einer Möglichkeit im lokalen Handlungsrahmen einer Kommune, im lokalen Handlungsrahmen einer Gemeinde, die Frage der Energieversorgung offensiver anzugehen als das jemals in diesem Freistaat vorher möglich war.

Ich muss gleich hinzufügen, dass die Aufnahme von Krediten für diese energiepolitische Betätigung aus Sicht meiner Fraktion schon ein Schritt in die richtige Richtung ist. Wir hätten aber gern noch mehr gehabt. Sie haben vielleicht, wenn Sie aufmerksam die Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebundes studiert haben, auch schon die Auffassung des Gemeinde- und Städtebundes verfolgt. Der sagt, dass man in Fragen der rentierlichen Kredite keine Einschränkungen auf den energiewirtschaftlichen Bereich machen sollte, sondern die Aufnahme von Krediten in allgemeiner Form ermöglichen sollte, wenn sie denn rentierlich sind. Was heißt das? Klassisches Beispiel - auch das ist heute bereits angesprochen worden: Da gibt es eine Kommune, die beispielsweise ein Schulgebäude hat, die eben nicht komplementär finanzieren konnte in diesem Konjunkturprogramm, das damals aufgelegt wurde. Das Schulgebäude braucht neue Fenster. Die Kommunalaufsicht sagt, mit deiner Haushaltslage werden keine Kredite aufgenommen.

Wenn es dann möglich ist - das ist so ein klassisches Beispiel - als Kommune zu sagen, wenn ich diese Kreditaufnahme tätige und die Schulgebäude mit diesen neuen Fenstern einrichten kann und innerhalb von - ich spinne jetzt mal - fünf, sechs, sieben Jahren aufgrund der Energieeinsparung die Rentierlichkeit nachgewiesen ist, dann sollen diese Kredite auch möglich sein. Das ist aus meiner Sicht heraus ein richtiger Schritt. Wir teilen diese Auffassung. Ich bedauere außerordentlich, dass hier in der Koalition kein mehrheitlicher Gestaltungswille erkennbar war.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: So weit wol- len wir dann doch nicht gehen.)

Herr Abgeordneter Hey, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Kuschel?

Bitte, Herr Kuschel.

Danke, Frau Präsidentin, danke Herr Hey. Danke für das Beispiel, das Sie jetzt hier gebracht haben mit den Fenstern, der Sanierung und der Rentierlichkeit. Was muss denn aus Ihrer Sicht geschehen, damit die Rechtsaufsichtsbehörden, das Innenministerium und der Innenminister das von Ihnen Gesagte dann auch inhaltlich nachvollziehen können?

Ich denke schon, dass sowohl Rechtsaufsichtsbehörden als auch Innenminister und alle angeschlossenen Bediensteten seitens des Ministeriums mir inhaltlich folgen können. Die Frage ist, ob diese Form der rentierlichen Kreditaufnahme außerhalb des energiepolitischen Bereichs, wie ich es eben schon sagte, denn auch gewollt ist. Das geht nur durch eine entsprechende Aufnahme in das jeweilige Gesetz. Sie haben das probiert, ich habe es gesehen in Ihrem Änderungsantrag. Wir haben das probiert in der Diskussion mit unserem Koalitionspartner, geblieben ist es.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Dann machen wir beide es zusammen. Das reicht doch.)

Na, Herr Kuschel, immer …

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das reicht doch.)

Nein, das reicht auch nicht, Herr Kuschel. Rein arithmetisch gesehen reicht es nicht, wenn SPD und die Fraktion DIE LINKE hier einen Gesetzänderungsantrag einbringen und abstimmen würden.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Nur ihr beide.)

Da brauchen wir noch einen dritten Partner dazu.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Die FDP.)

(Unruhe DIE LINKE)

Aber wenn Sie vorhin schon immer gesagt haben, das Bergfest sei schon vorüber und die Wahlen stünden schon vor der Tür,

(Unruhe CDU)

dann will ich einmal salopp ausdrücken, vielleicht gibt es irgendwann einmal eine Möglichkeit, auch politisch und juristisch in Thüringen diese rentierlichen Kredite generell in die ThürKO aufzunehmen. Im Moment war das, wie gesagt, nicht möglich. Ich will das gleich betonen, denn es gibt ja so eine Legendenbildung hier im Raum, weil jetzt immer trefflich spekuliert wird, wie kommt das denn, da war der Änderungsantrag erst um 14.30 Uhr oder um 15.00 Uhr in den Postfächern und nicht schon früher und warum. Es ist einfach so, dass zum Beispiel auch über diese Sachfrage, nicht nur über diese, aber auch über diese, trefflich innerhalb einer Koalition diskutiert und zum Teil auch gestritten wird, das ist auch okay, weil das eben Sachfragen sind, die muss man erörtern und das dauert manchmal. Klar, es ist ein ungewöhnliches Verfahren. Was mich ein bisschen stört, ist, wir sind immer noch im Rahmen dieser Geschäftsordnung, die es eben auch ermöglicht, dass beide Fraktionen der Regierungskoalition, die diesen Änderungsantrag ursprünglich vorgelegt hatten, auch dazu noch einmal Änderungen machen können. Wer sind wir denn, dass wir uns über die Geschäftsordnung dann hinwegsetzen würden. Was mich sehr stört an der Diskussion, ist, dass, wenn wir sagen, dass dies im Rahmen der Geschäftsordnung passierte, uns dann vorgeworfen wird, dies wäre ein parlamentarisch unmöglicher Stil. Seit wann ist die Einhaltung der Geschäftsordnung ein parlamentarisch ungewöhnlicher Stil?

(Beifall CDU, SPD)

(Unruhe DIE LINKE)

Das ist die Frage, die ich da mal zurückzustellen habe.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber um der Legendenbildung hier keinen Vorschub zu leisten: Der große Bruder war immer schon einer bestimmten Auffassung und der kleine Bruder hätte länger Zeit gebraucht. Ja, es gab Ab

stimmungsprobleme, zum Beispiel auch in diesen Sachfragen. Wenn die dann schlussendlich festgezurrt sind und wir dann so einen Änderungsantrag haben, sind wir gut beraten, auch als Regierungskoalition das Ganze noch einmal zum Beispiel zur fachlichen und juristischen Prüfung in bestimmte ministerielle Apparate mit hineinzugeben. Und das dauert eben manchmal. Ich gebe gern zu, dass das Verfahren in dieser Form, wie Sie es jetzt hier erleben, wie ich es auch erlebe, durchaus ungewöhnlich ist. Aber, um einmal in der Mitte vom Fenster und bei der Wahrheit zu bleiben, klar, dieser Änderungsantrag hat 11 Seiten, aber da ist viel Begründung mit drin, eigentlich nur fünfeinhalb, die die wirklichen Gesetzesregularien betreffen. Zweitens: Wie oft haben Sie das schon in dieser Form erlebt? Das ist tatsächlich ein Novum. Es soll auch nicht mehr allzu oft vorkommen. Aber manchmal, und wenn es um so ein wichtiges Gesetz wie die ThürKO geht, ist man, wie gesagt, gut beraten, das Ganze auch qualitativ so vorzulegen, dass das zum Schluss - wie Sie befürchtet haben, wird es nämlich nicht sein - auch verfassungsfest ist. Beim jetzigen Stand der Dinge besteht hier im Freistaat auch keine Möglichkeit für die Städte und Gemeinden, sich in einer Unternehmensform der kommunalen Anstalt zu betätigen oder in dieser Art miteinander und untereinander zusammenzuarbeiten. In der Praxis anderer Bundesländer gibt es das schon. Ob es sich da bewährt hat, ist immer noch fraglich. Da muss man einen gewissen Betrachtungszeitraum vielleicht auch von ein paar Jahren mit einschalten. In der Regel funktioniert das dort aber passabel. Der Gesetzentwurf greift das auf. In der Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebundes wird die Schaffung einer solchen Rechtsform im Übrigen auch begrüßt.

Es gibt nun, ich will das gleich vorausschicken, manche Stimmen, die sagen, wenn das vollzogen ist in der ThürKO, dann hätte sich zum Beispiel eine Gebietsreform im weitesten Sinne erledigt. Ich habe schon einmal so manche Spatzen von einigen Dächern so etwas pfeifen und trillern gehört. Da sagen wir nein.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt keinerlei Beweis dafür, dass notwendige Strukturänderungen in diesem Land einfach dadurch ersetzt werden, dass wir jetzt eine Anstalt öffentlichen Rechts als neue Form in dieses Kommunalgesetz mit hineinschreiben. Ich sage das mal vorsichtig im Hinblick auf die Sommerpause, was dann so vielleicht kommt, auch in Form von Verlautbarungen, wenn wir dann diese Anstalt öffentlichen Rechts im Gesetz verankert haben. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird darüber hinaus das kommunale Prüfungsrecht vereinfacht und auch effektiver gestaltet. Daneben werden Regelungen des kommunalen Haushalts- und Prüfungsrechts konkretisiert und dadurch Zweifel bei der An

wendung des geltenden Rechts ausgeräumt. Die Genehmigungspflicht für die Übertragung von Kassen- und Rechnungsgeschäften der Kommunen Sie finden das in § 79 ThürKO - sowie die unterschiedliche Prüfung von Eigenbetrieben, je nach der Größe des Versorgungs- und Einzugsbereichs werden abgeschafft. Doppelprüfungen, die bisher durch Überschneidung zwischen der Rechnungsprüfung und der Abschlussprüfung der kommunalen Eigenbetriebe bestanden, werden ausgeschlossen. Die Aufgaben der Rechnungsprüfung werden konkretisiert, für die überörtliche Rechnungsprüfung wird eine Rechtsgrundlage für Querschnittsprüfungen geschaffen. Auch das ist ein Bestandteil dieses Gesetzentwurfs. Dieser Regelungsbedarf ergibt sich übrigens daraus, dass der Präsident des Thüringer Rechnungshofs zukünftig beabsichtigt, vermehrt vergleichende Prüfungen, also eben solche Querschnittsprüfungen auch durchzuführen. Durch diese Prüfungen werden aufgrund ihres vergleichenden Ansatzes Prüfungserkenntnisse gewonnen, die nicht nur für die jeweils geprüften Körperschaften selbst von Nutzen sein werden, sondern darüber hinaus auch, weil man solche Vergleichsprüfungen dann auch immer wieder bei bestimmten Entscheidungen mit heranziehen kann. Es besteht in Thüringen außerdem Handlungsbedarf bei einer entscheidenden rechtlichen Angelegenheit es geht um das Eigenbetriebsrecht. Sie wissen, dass der Eigenbetrieb ja nicht die Eigenschaft einer klassischen Behörde besitzt und deshalb selbst keine Bescheide erlassen darf und es gibt außerdem Streit in der Frage, was denn die Werkleitung des Eigenbetriebs so alles machen darf und was nicht.