Protocol of the Session on July 11, 2013

(Zwischenruf Abg. Siegesmund, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das dürfen Sie auch jetzt schon.)

Im Moment haben wir es doch bloß mit Verhaltensregeln zu tun, die wir festgeschrieben haben.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die könnten ja darüber hinausgehen.)

Jetzt schaffen wir eine neue, bessere Qualität und eine gesetzliche Verbindlichkeit. Die bereits bestehenden allgemeinen Verhaltensregeln für Abgeordnete werden erweitert und erhalten Gesetzeskraft. Die Bürger können zukünftig diese Angaben in Ruhe nachlesen und ihre eigenen Schlussfolgerungen über die Arbeit und Unabhängigkeit der Abgeordneten ziehen.

(Minister Dr. Poppenhäger)

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf sieht vor, dass Landtagsabgeordnete umfassend verpflichtet werden, die neben ihrem Mandat ausgeübten Tätigkeiten und Berufe anzugeben. Außerdem müssen Einkünfte neben dem Mandat künftig angegeben werden, wenn sie den Betrag von 1.000 € im Monat bzw. 10.000 € jährlich übersteigen. Die Praxis zur Anzeige und Veröffentlichungspflicht von Spenden wird ebenfalls an die bestehende Rechtslage von Abgeordneten des Bundestages angepasst. Unzulässige Zuwendungen oder Vermögensvorteile bzw. ihr Gegenwert müssen an den Landeshaushalt abgeführt werden. Die Veröffentlichung der Einkünfte im Handbuch des Landtags oder auf der Internetseite soll in zehn Stufen erfolgen. Zugrunde gelegt werden nicht die Bruttoeinkünfte, sondern das zu versteuernde Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Das ist sinnvoll, da auch das Bundesverfassungsgericht an dieser Stelle den Einkünftebegriff differenziert gesehen hat. Die Veröffentlichung aller Bruttobeträge führt in der Öffentlichkeit zu Fehlinterpretationen über die wahre Einkommenslage zum Beispiel bei Rechtsanwälten oder Ärzten. Bruttobeträge sagen nichts aus über die zu verrechnenden Kosten von beispielsweise Personal, Kanzleiverwaltung oder Ähnlichem.

Meine Damen und Herren, ein paar Sätze möchte ich noch sagen zur Entstehungsgeschichte. Ich hatte schon darauf verwiesen, dass die SPD- Fraktion die bestehenden Regelungen für unzureichend hält und 2008 die Reform des Abgeordnetengesetzes beantragt hat. Sie wurde damals abgelehnt von der absoluten Mehrheit der CDU. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf der Koalition entspricht im Wesentlichen dem damaligen Antrag der SPD-Fraktion. Das kann man nachlesen, wenn man sich die Drucksache 4/4506 anschaut. Er erfüllt viele unserer Forderungen für mehr Transparenz von Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften.

Wie immer in einer Koalition muss ein Kompromiss gefunden werden, wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt, und so sind natürlich auch mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht alle unsere Wünsche erfüllt. Wir hatten beantragt, dass die Nebeneinkünfte offengelegt werden auf Euro und Cent. Das haben wir nun nicht, sondern es wird in zehn Stufen geregelt. Der Koalitionspartner verwies auf den bürokratischen Aufwand unseres Vorschlags, der nicht nur aufseiten der Landtagsverwaltung, sondern auch bei den Abgeordneten anfallen würde. Wir hätten uns auch gewünscht, dass das Inkrafttreten noch in diesem Jahr passieren würde. Jeder Bürger soll vor der Landtagswahl sehen können, was Abgeordnete, die sich wieder zur Wahl stellen, an Nebentätigkeiten haben und an Nebeneinkünften verdienen. Die CDU-Fraktion war dafür, dies erst für die 6. Wahlperiode in Kraft zu setzen. Da erkenne ich beim Koalitionspartner jetzt keine klare

Linie. Kollege Mohring hat beim Ministergesetz genau das Gegenteil verlangt, nämlich dass die Regelung ab sofort, also auch für die heute im Amt befindlichen Minister gelten soll. All das können wir ja noch ausführlich im Justizausschuss diskutieren. Ich bin der Meinung, dass es eine schriftliche Anhörung geben soll, damit wir uns ein umfassendes und abschließendes Meinungsbild verschaffen.

Meine Damen und Herren, im Justizausschuss befindet sich schon der entsprechende Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. Der beinhaltet im Wesentlichen die Forderung des SPD-Antrags von 2008. Ich will nicht sagen, es ist abgekupfert, aber ist inhaltlich ziemlich deckungsgleich. Herr Korschewsky hat

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Manchmal macht ihr gute Sachen.)

sich in der Öffentlichkeit schon geäußert und gesagt, dass es zwischen dem Gesetzentwurf der LINKEN und dem Gesetzentwurf der Koalition Modellunterschiede gibt. Da hat er vollkommen recht. Ich behaupte, dass die Koalition die bessere Regelung für Rechtsanwälte in Ihrem Gesetzentwurf hat. Gleiches gilt auch für die Sonderregelung zum Thema Spenden. All das gehört im Justizausschuss erörtert zu werden.

Meine Damen und Herren, wir sind in der ersten Lesung, deshalb will ich jetzt kurz zusammenfassen und möchte den gefundenen Koalitionskompromiss ausdrücklich begrüßen. Die CDU-Fraktion war anfangs strikt gegen jegliche Veränderungen der jetzigen Regelung und nun haben wir einen gemeinsamen Gesetzentwurf, der zu 95 Prozent den Antrag der SPD-Fraktion aus der 4. Wahlperiode erfüllt. Damit sind wir mehr als zufrieden. Dem Ziel, mehr Transparenz zu erreichen, wird dieser Gesetzentwurf gerecht. Ich bitte um Überweisung an den Justizausschuss.

(Beifall SPD)

Danke, Herr Abgeordneter. Es spricht jetzt der Abgeordnete Korschewsky von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen haben sich in Sachen Offenlegung von Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften bewegt und einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, wie eben durch Herrn Dr. Pidde dargelegt. Als Hintergrundinformation sei erwähnt, dass in Drucksache 5/5206 mittlerweile seit dem 14.11.2012 der Gesetzentwurf, der hier auch schon genannt wurde, mit dem Titel „Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes, Gesetz zum

(Abg. Dr. Pidde)

Umgang mit Nebentätigkeiten und Nebeneinkünften“ zur Beratung vorliegt. Dieser Gesetzentwurf befindet sich, wie gesagt, im Stadium der Ausschussberatung. Es hat eine schriftliche Anhörung dazu stattgefunden, die im Übrigen viel Zustimmung der Fachleute erfahren hat. Zu einigen Einzelheiten dazu werde ich im Verlauf meiner Rede noch kommen.

Es stellt sich nun für mich die Frage - und ich muss schon sagen, Herr Dr. Pidde, ich finde es eine Unverschämtheit, zu sagen, dass nun endlich ein beratungsfähiger Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen vorliegt.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn der Gesetzentwurf der Fraktion der LINKEN doch von Ihnen soweit abgekupfert ist, dann könnte doch dieser Gesetzentwurf auch schon in dieser heutigen Plenarsitzung nach der Ausschussberatung in zweiter Lesung beraten werden, er hätte beschlossen werden können, lieber Herr Dr. Pidde, und es wäre keine weitere Verschleppungstaktik und ich sage wieder Verschleppungstaktik. Wahrscheinlich wollen die Koalitionsfraktionen nicht, dass dieser Gesetzentwurf vor den Bundestagswahlen zu einer Beschlussfassung kommt, weil man sich dann nämlich zu bestimmten Dingen bekennen muss. Im Übrigen möchte ich Sie darauf hinweisen, wenn Sie schon zitieren, wer von wem und wo abgeschrieben hat,

(Beifall DIE LINKE)

die Fraktion DIE LINKE hat schon 2007, und zwar genau eine Woche nach der Beschlussfassung des Bundesverfassungsgerichts, einen Gesetzentwurf eingereicht,

(Beifall DIE LINKE)

der zum damaligen Zeitpunkt - auch darauf komme ich noch einmal zurück - dieses Stufenmodell beinhaltet hat. Wir sind lernfähig; dieses Stufenmodell hat sich als nicht tragbar erwiesen. Dazu ein kurzer Blick auf die inhaltlichen Eckpunkte beider Gesetzentwürfe. Der Koalitionsentwurf enthält eine Regelung darüber, dass die Mandatsausübung der Mittelpunkt der Abgeordnetentätigkeit sein soll. Diese Regelung findet sich auch im LINKEN-Entwurf. Das Verbot von finanziellen Leistungen an Abgeordnete ohne Arbeitsgegenleistung findet sich auch bereits im LINKEN-Entwurf. Die Kategorien der Offenlegung sind in beiden Gesetzesentwürfen vergleichbar. Der Koalitionsentwurf enthält sogar die Offenlegung von Unternehmensbeteiligungen. Eine so weitreichende Übereinstimmung mit dem LINKEN-Entwurf war zumindest nach den Pressemitteilungen, die Sie vorher herausgegeben hatten, nicht zu erwarten und auch nicht nach der ersten Lesung unseres Gesetzentwurfs. Der Koalitionsentwurf enthält wie der LINKE-Entwurf ein Verfahren zur Feststellung von Verstößen gegen die Transpa

renzregelungen und deren Sanktionierung. Auch die Anhebung der Befangenheitsregelung auf Gesetzesebene findet sich in beiden Gesetzentwürfen. Hier scheint der Gesetzentwurf ja sogar weiterzugehen als der der LINKEN, weil er anders als dieser auch die Befassung mit Angelegenheiten ohne entgeltliche Verknüpfung erfasst. Hier muss man dagegen sagen, der vorgeschlagene Wortlaut ist hier so allgemein, dass auch die Vorabbefassung mit einer Angelegenheit in der Funktion als Wahlkreisabgeordneter darunter fallen könnte. Das hat dann aber wohl nichts mehr mit Schutz vor Lobbyismus zu tun. Doch es gibt noch deutlichere und, wie DIE LINKE meint, sehr bezeichnende Unterschiede zwischen beiden Gesetzentwürfen, die ich hier noch einmal benennen will. Der wichtigste: Die Koalition will das Stufenmodell des Bundestages in Thüringen einführen. Dieses Stufenmodell wird von zahlreichen Fachleuten als ungeeignet bezeichnet, um die notwendige Transparenz tatsächlich herzustellen. Auch mehrere Anzuhörende, und Sie werden sicherlich die Anzuhörenden gelesen haben, ihre Stellungnahmen, unter anderem Prof. Dr. Morlok von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf hat dies ausdrücklich in seiner Stellungnahme zur Anhörung dargestellt. Das Stufenmodell ist nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE und eben nicht nur nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE gescheitert. Das zeigen auch die ganz praktischen Erfahrungen aus dem Bundestag,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

die im Übrigen auch einen derzeitigen Kanzlerkandidaten betreffen, diese Erfahrungen. Im Jahr 2007 hatte DIE LINKE in enger Anlehnung an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts - ich habe schon darauf und auf die Regelung des Bundestages verwiesen - sich noch für ein allerdings sehr differenziertes Stufenmodell auch für Thüringen ausgesprochen. Die Fraktion DIE LINKE hatte ihren Gesetzentwurf am 11. Juli 2007 eingereicht - wie ich sagte, eine Woche nach Bekanntgabe des Urteils in Karlsruhe - in der falschen Hoffnung, dass sich mit dieser engen Anlehnung an Bundestag und Bundesverfassungsgericht im Landtag etwas bewirken ließe. Mittlerweile um einige Erfahrungen reicher, müssen wir als LINKE sagen, unsere, wenn auch unsichere Ahnung von 2007 hat nicht getrogen. Stufenmodell ist eben nicht Transparenz, sondern Verschleierung. Stufenmodell ist Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger, statt Vertrauensbildung für das Parlament. Deshalb findet sich im Entwurf von 2012 das Modell Abrechnung auf Euro und Cent in unserem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE.

(Beifall DIE LINKE)

Nach den Erfahrungen 2007/2008 und 2012/2013 mit unseren Gesetzentwürfen muss ich sagen, es

bringt nichts, Gesetzentwürfe als Diskussionsangebote zu gestalten, denn ein offener und sachlicher Diskussionsprozess ist von der Landtagsmehrheit scheinbar nicht gewollt. Das zeigt sich eben auch an diesem Gesetzentwurf wieder wie schon am gestrigen Tage, wo es um die Frage des Ministergesetzes ging. Klares Profil zeigen wirkt mehr. Das zeigt jetzt die Tatsache, dass sich die Koalition zu einem eigenen Gesetzentwurf entschlossen hat. Allerdings zeigt das Vorgehen auch, Regierungsparteien sehen sich offensichtlich außerstande, mit Änderungsanträgen auf der Grundlage von Oppositionsentwürfen zu arbeiten. Es herrscht offensichtlich immer noch das Denken in Kategorien wie falsches Etikett vor. Aber vielleicht geht es bei dem Vorgehen der Koalition auch nur darum, nicht ganz offen zugeben zu müssen, dass man einen anderen vorhandenen und brauchbaren Vorschlag, der im Ausschuss schon liegt, weiter verwässern will, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall DIE LINKE)

Denn, ich zitiere hier, der Thüringer Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat unter anderem in seiner Stellungnahme festgestellt, dass „die Regelungen des LINKEN-Entwurfs zur Offenlegung den Vorgaben des Datenschutzes entsprechen“, was in der ersten Lesung angezweifelt wurde. Das gilt auch und gerade für den Bereich oder Offenlegung im Bereich Selbstständige und freie Berufe. In einem Punkt hat der Datenschutzbeauftragte allerdings nicht ganz recht. Er erzählt in der Einleitung seiner Stellungnahme nur die halbe Chronologie des Vorgangs. Angestoßen wurde die Debatte um Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte durch den Gesetzentwurf der LINKEN im Juni 2007. DIE LINKE kann - und ich sage das noch mal, Herr Dr. Pidde - damit nicht von der SPD abgeschrieben haben. Bei genauem Vergleich der Texte wird klar, dass DIE LINKE für den aktuellen Gesetzentwurf bei sich selbst abgeschrieben hat, nämlich beim Entwurf von 2007, aber aus den oben genanten Sachgründen zum Stufenmodell gewechselt ist. Der LINKE-Entwurf und die Vorschläge der SPD von 2008 haben im Übrigen auch einen deutlich anderen Strukturaufbau, auch das dürfte Ihnen nicht entgangen sein.

Als weitere Neuerung zu 2007 finden sich noch Regelungen für die Anrechnung bei den Ministerinnen und die Festschreibung von Karenzzeiten für ausgeschiedene Regierungsmitglieder, um in der Zwischenzeit öffentlich mit Gesetzentwürfen vertretene LINKE-Positionen in Sachen Antilobbyismus zusammenzubinden. Was aber auffällt, ist, dass die SPD in einem zentralen Punkt von ihren Vorschlägen aus dem Oktober 2008 abweicht - Sie nannten das bereits. Statt Offenlegung konkreter Summen trägt sie nun das Stufenmodell mit, das sich als unbrauchbar erwiesen hat, und das, obwohl zum Beispiel mit Blick auf das Thema Selbstständige und

freie Berufe kein Stufenmodell notwendig ist. Denn der Datenschutzbeauftragte gibt dem im LINKEEntwurf gewählten Modell „Nennung der vollen Beträge bei Nennung der Branchen“ sein Okay. Und das ist schon beachtlich, denn das hat hier zu einer großen Debatte bei der ersten Leistung geführt. Mehr noch, die hohen Freigrenzen - und das sind wirklich hohe Freigrenzen - von 1.000 € im Monat bzw. 10.000 € im Jahr verschärfen das Problem noch. Diese Freigrenzen, die beileibe keine Bagatellgrenzen im klassischen Sinne sind, verschärfen das Problem Intransparenz im Koalitionsentwurf noch.

Aus so ausgedehnter Intransparenz ergibt sich ein hohes Potenzial an Misstrauensgefahr mit Blick auf die Öffentlichkeit, mit Blick auf die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die ein Recht darauf haben zu erfahren, mit welchen Mitteln die Abgeordneten dieses Landtags ausgestattet sind.

Wenn wir schon beim Thema Selbstständige bzw. Freiberufler sind, meine Damen und Herren, in der ersten Lesung des LINKE-Gesetzentwurfs wurde von Rednern aus der konservativen Hälfte dieses Hauses eingewandt, zu viel Transparenz schrecke diese Berufsgruppe ab - also Freiberufler und Selbstständige -, ins Parlament zu kommen.

Lassen Sie mich dazu einiges ausführen. Nach Ansicht der LINKE-Fraktion sollte das Parlament und seine Angehörigen auch ein angemessener sozialer Spiegel der Gesellschaft sein. Da haben Sie völlig recht. In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine interessante Erhebung verweisen, die sich allerdings konkret auf den Deutschen Bundestag der 16. Wahlperiode, also zwischen 2005 und 2009 bezieht. Diese wäre hier auch einmal zu stellen. Während der Bevölkerungsanteil der Selbstständigen und freien Berufe nur 11 Prozent ausmacht, sind aber 22,5 Prozent der Abgeordneten dieser Bevölkerungsgruppe zuzuordnen. Noch deutlicher ist das Ungleichgewicht in der Kategorie öffentlicher Dienst, also Beamte und Angestellte. Ihr Bevölkerungsanteil macht 6 Prozent aus. Im Bundestag der 16. Wahlperiode gehören aber 40,2 Prozent der Abgeordneten in diese Gruppe. Dagegen sind 54 Prozent der Bevölkerung Angestellte außerhalb des öffentlichen Dienstes, aber nur 27 Prozent der Abgeordneten sind dieser Gruppe zuzurechnen. Besonders deutlich wird das Missverhältnis bei der Gruppe Arbeiter außerhalb des öffentlichen Dienstes. Diese Personengruppe stellt einen Bevölkerungsanteil von 28 Prozent dar, und man höre, nur 0,5 Prozent der Bundestagsabgeordneten kommen in der 16. Wahlperiode aus dieser Gruppe der Arbeiterinnen und Arbeiter.

Angesichts dieser Zahlen und ausgehend von der Anforderung der gesellschaftlichen Spiegelbildlichkeit der Parlamente stellt sich nach Ansicht der LINKE-Fraktion nicht so sehr die Frage, ob Transpa

renzregelungen Zugangshürden für Selbstständige und Freiberufler sein können, was sie nach Ansicht der LINKEN und auch nach diesen Zahlen einfach nicht sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Bergemann, CDU: Bis jetzt ist das noch nicht so geregelt.)

Vielmehr ist das viel größere Problem zu lösen, dass wichtige Bevölkerungsgruppen, wie die Angestellten und vor allem die Arbeiter, die außerhalb des öffentlichen Dienstes tätig sind, in fast schon dramatischer Weise im Parlament, also in ihrer demokratischen Vertretung, unterrepräsentiert sind. Von Erwerbslosen - ich sage hier von Erwerbslosen auch in schwierigen sozialen Situationen - will ich hier gar nicht reden. Diese unsozialen gesellschaftlichen Ausgrenzungsmechanismen, die da wirken, sind ein, wie DIE LINKE meint, schwerwiegendes Defizit der parlamentarischen Demokratie, das dringend gelöst werden muss. Denn, so ist DIE LINKE überzeugt, eine wirkliche Demokratie ist eine Demokratie mit gleicher Teilhabe für alle Menschen. Soziale Rechte und demokratische Rechte gehören unteilbar zusammen. Mehr noch, die umfassende Verwirklichung gleicher Teilhabe aller und soziale Rechte für alle ist unabdingbar für eine wirklich lebendige Demokratie, die diesen Namen auch verdient. Wenn aber in den Parlamenten bestimmte Bevölkerungsgruppen, damit aller Wahrscheinlichkeit nach auch bestimmte Interessengruppen, überproportional vertreten sind, dann braucht es eben gerade Transparenz und Offenlegung und Antilobbyarbeit in allen notwendigen Formen, auch um der Gefahr zu begegnen, dass Parlamente zu Durchsetzungsinstrumenten der Interessen bestimmter Gesellschaftsgruppen werden, womöglich noch auf Kosten der Bedürfnisse anderer. Transparenz und Offenlegung, und zwar in umfänglicher Weise, sind unverzichtbar für eine fundierte und realitätsbezogene politische Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger, die ja als mündige Selbstverantwortliche und Selbstbestimmte ihre Wahlentscheidung treffen sollen. Es ist daher das gute Recht der Wählerinnen und Wähler, ein möglichst umfassendes Bild der Abgeordneten und ihrer Aktivitäten zu bekommen, und das natürlich auch in Fragen von Nebentätigkeiten und Geldern, bevor sie als Souverän dann ihre Wahlentscheidung treffen sollen. Der von der Koalition vorgelegte Gesetzentwurf erfüllt aus unserer Sicht diese Anforderungen nicht, betreibt mit dem eigentlich gescheiterten Stufenmodell und Freigrenzen eher Verschleierungstaktik in Sachen Transparenz, also eher eine Mogelpackung, und ist von uns abzulehnen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Danke, Herr Abgeordneter. Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, Erich Kästner hat einmal gesagt „es gibt nichts Gutes, außer: man tut es“ und recht hat er, auch in dieser Frage, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denn es wundert mich schon, dass einige auf Gesetzlichkeiten warten, um endlich offenzulegen, was für Gelder von wem auch immer sie bekommen. Da wird immer wieder an Eigenverantwortung appelliert von einigen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Im konkreten Fall herrscht dann jedoch die Ausrede vor, es war ja bislang nicht gesetzlich geregelt. Ich kann Ihnen versichern, liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade von der FDP und von der CDU, aber auch allen anderen, dass sich Abgeordnete gläsern zeigen ist selbstverständlich auch ohne gesetzliche Regelung möglich. Unsere Fraktion hat das schon lange vorgemacht. Sie finden uns komplett gläsern im Netz. Ich glaube, das ist auch gut und richtig so, weil die Bürgerinnen und Bürger selbstverständlich ein Anrecht darauf haben zu erfahren,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

was unsere Abgeordneten von wem neben ihrer Tätigkeit hier im Thüringer Landtag noch so an Geldern bekommen. Insofern muss ich natürlich auch sagen, es ist gut und richtig und wichtig, dass endlich auch für Thüringen gesetzliche Regelungen für die Offenlegung gefunden werden. Die Debatte zeigt aber auch, dass manche von sich aus eben nicht aktiv werden und erst gesetzliche Regelungen brauchen, damit überhaupt etwas offengelegt wird.

Jetzt komme ich zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. Viel ist ja hier schon zur Genese gesagt worden. Ich werde mich jetzt nicht daran beteiligen, nachzuvollziehen, wer wo wie abgeschrieben hat. Denn ich finde, in der Politik ist es ja schon so, dass man gute Ideen von anderen durchaus auch aufgreifen kann. Damit haben wir jedenfalls überhaupt gar kein Problem, solange das gute Ideen sind. Insofern haben wir natürlich auch die Hoffnung, dass bei der Beratung im Ausschuss - das hat jedenfalls so angeklungen, als ob es dazu kommt - dann selbstverständlich auch beide Gesetzentwürfe, die wir zu der Thematik dann hier vorliegen haben, miteinander diskutieren werden und wir vielleicht am Schluss sogar zu einer guten gemeinsamen Regelung kommen. Diese allerdings müsste dann etwas anders aussehen als der Ge