So ist es, Frau Abgeordnete. Wir machen weiter mit dem Abgeordneten Dr. Hartung von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, als vorletzter Redner muss man sich immer bemühen, Redundanzen zu vermeiden. Deswegen kann ich meinen Text auch relativ kurz fassen, weil vieles Wichtige schon gesagt worden ist. Wir behandeln heute eine Große Anfrage der FDP, die im mehrfachen Sinne eine Fleißarbeit ist. Die Liberalen haben sich dabei sehr große Mühe gegeben, fast 100 Fragen zu Papier zu bringen, um all das über die Thüringer Hochschulen und die beiden Berufsakademien in Erfahrung zu bringen, was wir schon immer einmal wissen wollten. Was die Auswertung dieser Anfrage angeht, da sehe ich das ein klein wenig anders als mein geschätzter Koalitionskollege Herr Dr. Voigt. Zum einen, die entwickelten Ideen zum Campus Thüringen werden wir wahrscheinlich noch intensiv diskutieren müssen. Mehr Kooperation, ja gerne, aber, ich denke, viel weiter werden wir uns da kaum bewegen dürfen. Da kündige ich schon einmal eine durchaus streitbare Diskussion an.
Gleichzeitig bin ich auch, was den Wert der Fragen so allgemein angeht, durchaus ein bisschen anderer Meinung als hier schon kundgetan, nämlich, ob zum Beispiel die Frage, an welcher Stelle der Bologna-Erklärung der Status von Universitäten, Fachhochschulen und staatlichen Studienakademien definiert ist, sinnvoll ist. Das wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Ein Blick in die gemeinsame Erklärung der Bildungsminister hätte da Aufschluss gegeben. Genau das beschreibt die Crux dieser Großen Anfrage. Der Erkenntnisgewinn ist zumindest für denjenigen, der sich ernsthaft mit Hochschulpolitik befasst, relativ gering. Aber offenbar wollten Sie mit der Großen Anfrage einfach auch mal das Bildungsministerium ein bisschen auf Trab bringen und das ist bei Ministerialbediensteten ja durchaus nicht verkehrt.
Nie ein Fehler, richtig, genau so. Man muss dem Bildungsministerium zugute halten, dass es genauso fleißig diese Anfragen abgearbeitet hat, wie der Anfragesteller sie zusammengestellt hat. Mehr noch, durch die Vorbemerkungen, die das Ministerium vorangestellt hat, ist auch einiges an hochschulpolitischer Substanz beigefügt worden, die bei so kleinteiligen Anfragen oft auch mal abgeht. Zumindest an dieser Stelle lohnt es sich, diese Vorbemerkungen erst einmal zu lesen. Aber ich möchte schon ganz kritisch anfragen: Was bringt es denn der FDP, die Studierendenzahlen abzufragen, die man problemlos jederzeit recherchieren kann? Es
gibt auch meines Erachtens keinen großen Erkenntnisgewinn, wenn wir auf Seite 7 der Drucksache lesen können, dass die FSU Jena Thüringens größte Hochschule ist oder dass die FH Erfurt seit ihrer Gründung im Oktober 1991 ein breites interdisziplinäres Studienangebot entwickelt hat. Frau Hitzing, das haben wir doch alle gemeinsam schon vorher gewusst.
Es hat mich jedenfalls einige Mühe gekostet, in der Großen Anfrage zumindest drei Fragenkomplexe zu identifizieren, hinter denen sich offenbar hochschulpolitische Positionen der FDP verbergen. Es handelt sich dabei um den Abschnitt VII, dort geht es um das Deutschlandstipendium und um allgemeine Studiengebühren, und um den Abschnitt XI, in dem private Hochschulen abgehandelt werden. Gerade das ist vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Arnstadt, die sind ja noch nicht so lange her, besonders interessant. Dort wird nämlich die Landesregierung in Frageform quasi aufgefordert, weitere Gründungen privater Hochschulen voranzutreiben. So steht es in Frage 85. Gleichzeitig soll das Land, das steht in Frage 83, konkrete Maßnahmen ergreifen, um die fortdauernde Existenz bestehender privater Hochschulen im Freistaat Thüringen zu fördern.
Meine Damen und Herren, verklausuliert heißt das doch nichts anderes, als dass wir künftig die private Konkurrenz unserer staatlichen Hochschulen mit Landesgeld füttern sollen. Darauf verweist schließlich auch Frage 84, das ist die zwischen 83 und 85, in der es um die Unterstützung von in ihrer Existenz bedrohten privaten Hochschulen durch den Freistaat geht. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Die Koalition tut alles, um trotz sinkender Haushalte die Ausstattung unserer Hochschulen sicherzustellen auch in den kommenden Jahren und anstatt das zu würdigen und hochschulpolitisch zu unterstützen, fordert die FDP eine Aufteilung des Kuchens zugunsten privater Konkurrenzunternehmen. Mehr noch, das Land soll auch gleich noch das Risiko, das mit der Gründung einer Privathochschule verbunden ist, abfedern und nötigenfalls die Pleite durch die in Frage 84 thematisierte finanzielle Unterstützung abwenden. Daraus dürfte sich, glaube ich, unter den Hochschulen in Thüringen eine lebhafte Debatte entwickeln.
Damit komme ich dann zum Abschnitt VII der Großen Anfrage zu den Stichworten Deutschlandstipendium, allgemeine Studiengebühren. Erst mal gleich zu Anfang, ich glaube, das Thema Studiengebühren hat sich mit Bayern nun endlich auch erledigt. Da ist die FDP auf einem hochschulpolitischen Holzweg und da werden wir ihr zumindest als Sozialdemokratie definitiv nicht folgen.
Das Kernproblem des deutschen Bildungswesens ist eine im internationalen Vergleich viel zu hohe soziale Selektivität. Das sagen uns sämtliche Fach
studien der letzten Jahre und sie sagen uns auch, dass dies nicht nur für den Schulbereich gilt, sondern gerade auch für den Übergang zur Hochschule. Der Zusammenhang von sozialer Herkunft und der Wahrscheinlichkeit, ein Studium aufzunehmen, hat sich in den letzten Jahren sogar noch weiter verstärkt. Laut der aktuellen 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks hat sich in den Jahren 1982 bis 2009 der Anteil der Studierenden aus der Herkunftsgruppe „hoch“, also hohes Einkommen, von 17 Prozent auf 37 Prozent mehr als verdoppelt. Im Gegenzug hat sich im selben Zeitraum der Anteil der Studierenden aus geringen Einkommensschichten von 23 Prozent auf 12 Prozent nahezu halbiert. Das muss man einfach mal feststellen. Wir haben also tatsächlich innerhalb dieses recht überschaubaren Zeitraums einen zunehmenden Ausschluss gering verdienender Menschen, von Potenzial aus gering verdienenden Familien aus dem Studium. Das müssen wir hier auch thematisieren und dem müssen wir entgegenwirken. Um das zu unterstreichen, habe ich hier noch zwei weitere Zahlen. Laut einer aktuellen, repräsentativen HIS-Umfrage sehen 77 Prozent der Abiturienten als zentrales Kriterium für die Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Studiums die Frage, ob es ihnen gelingt, den Hochschulaufenthalt finanziell abzusichern. Probleme bei der Studienfinanzierung sind im Gegenzug mit 19 Prozent der zweithäufigste Grund, ein Studium abzubrechen. All das spricht dafür, dass wir in Deutschland im Zusammenhang mit dem Zugang zur Hochschulbildung ein soziales Problem haben, dem wir uns widmen müssen.
Nur so werden wir Chancengleichheit beim Hochschulzugang realisieren können, die geistigen Potenziale sinnvoll ausschöpfen und dem Mangel an akademischen Fachkräften vorbeugen. Wir können es uns gar nicht mehr leisten, Menschen aus der zunehmend größer werdenden Schicht der sozial Schwachen von diesem Studium aus finanziellen, sozialen Gründen auszunehmen, auszuschließen. Das ist etwas, das konnten wir uns vielleicht vor 30 Jahren leisten. Heute ist das absolut obsolet, wenn wir über Fachkräftemangel und das Anwerben von Fachkräften reden. Wir Sozialdemokraten haben nichts gegen Leistung, gegen das Leistungsprinzip. Trotzdem wenden wir uns ganz vehement gegen das Deutschlandstipendium,
wo Faktoren wie soziale Herkunft praktisch überhaupt keine Rolle spielen. Es geht ausschließlich um Leistung, es geht nicht um Bedürftigkeit. Aus unserer Sicht als SPD ist es wichtig, das Geld, was da ist, auf die Leute zu verteilen, die es brauchen
Wir müssen auch feststellen, wir haben kein Motivationsproblem für die Studenten. Wir brauchen Studenten nicht mit einem Leistungsstipendium zur höheren Leistung zu motivieren, wir müssen als Allererstes unsere Hausaufgaben machen und Studenten aus sozial schwachen Schichten den Hochschulzugang sichern, denn die haben den allergrößten Anreiz, sich aus ihren einfachen Verhältnissen hochzuarbeiten und die, darauf können wir uns verlassen, haben eine sehr hohe Motivation, ihr Studium erfolgreich abzuschließen. Dahin muss aus unserer Sicht die politische Richtung gehen. Wir sind uns in manchen Dingen dann auch wieder mit dem Koalitionspartner einig, was zum Beispiel die BAföG-Novelle angeht, die wir gemeinsam hier beschlossen haben. In anderen Dingen sind wir uns nicht einig, das muss auch nicht immer so sein. Viele Dinge werden auch auf Bundesebene entschieden und da hoffe ich mal, dass wir nach der Wahl im September ganz andere Weichenstellungen erwarten dürfen. Vielen Dank.
Vielen Dank. Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Fünfte habe ich es jetzt vermutlich noch schwerer, obgleich ich sagen kann und muss in dieser Debatte, dass ich mich sehr vielem, was mein direkter Vorredner eben ausgeführt hat, durchaus anschließen kann. Das will ich vorweg sagen.
Zunächst aber auch noch einmal kurz meine Replik darauf, wie lange uns diese Antworten und auch die Anfrage schon vorliegen, und auch in der Vorausschau der Hinweis, dass es ja zwei weitere Große Anfragen gibt, die ähnliche Fragestellungen aufgreifen und die sich mit der Situation an den Hochschulen befassen, nämlich zum einen die Große Anfrage zu den Beschäftigungsverhältnissen von der Fraktion DIE LINKE und zum anderen die Große Anfrage unserer Fraktion zur sozialen Mobilität. Das alles finde ich aber gut, richtig und wichtig. Danke insofern auch an die FDP, weil wir so, glaube ich, ein sehr umfassendes Bild haben werden und weil wir damit ganz unterschiedliche Facetten betrachten können.
Herr Voigt, einen Punkt möchte ich, bevor ich noch einmal genau auf die Anfrage aus unserer Sicht eingehe, aufgreifen, den Sie vorhin angesprochen haben. Sie haben auf den Zusammenhang verwiesen, dass, wenn über die Hälfte der Studierenden aus Thüringen gar nicht im Land bleiben wollen, das ein Problem sei, weil die Rendite, die in eine solche Ausbildung quasi investiert wird, auch hier im Land bleiben sollte. Ich würde sehr stark dafür werben, dass es uns darum gehen sollte, tatsächlich - Sie haben ja auch mit Blick auf die Internationalisierung dann wieder vieles ausgeführt, was ich teile - noch mehr Menschen auch hier für Thüringen zu gewinnen und den Blick über den Tellerrand so weit zu weiten, weil ich mir wünsche, dass selbstverständlich Absolventinnen und Absolventen der Thüringer Hochschulen auch ins gesamte Land ausschwärmen, und zwar nicht nur in Thüringen, sondern bundesweit, auch über die Grenzen hinaus und dann aber auch genauso Sachverstand von außen uns und Thüringen zugute kommt. Ich habe mir mal kurz die Zusammensetzung unseres Kabinetts angeschaut, nämlich unsere Ministerinnen, Minister und Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, da haben wir ein Verhältnis von 11, die in den westdeutschen Bundesländern sozialisiert sind, und 9, die hier in Thüringen oder im Osten sozialisiert und augebildet sind. Ich glaube, wenn man so eine Mischung hinbekommt, dass viele von außen kommen, aber auch die Menschen, die hier ihre Abschlüsse abgelegt haben, dann haben wir tatsächlich eine Lebensrealität, die das Leben abbildet, was bunt ist und sich vielfältig darstellt. Genau das muss unser Ziel sein. Es geht also darum, nicht nur darauf schauen, dass die Thüringerinnen und Thüringer oder die, die an Thüringer Hochschulen ihren Abschluss machen, dann auch sicher in Thüringen bleiben.
Wo ich Ihnen allerdings recht gebe, das ist die Tatsache, dass wir Arbeitsplätze anbieten müssen, dass wir Perspektiven aufzeigen müssen für diejenigen, die, ich sage mal, Hochschulabschlüsse erwerben, und zwar egal wo auf der Welt, weil ich glaube, das ist das Entscheidende, dass sie auch tatsächlich dann von der Ausbildung, die sie genossen haben, leben können und natürlich auch ihr Wissen weitergeben können und es weiter mehren können.
Nun zu einigen Themen, die in der Großen Anfrage angesprochen werden. Zur Hochschulfinanzierung ist hier schon einiges gesagt worden. Ich nehme an, Herr Staatssekretär Deufel, Sie werden auch noch einmal etwas ausführen. Trotz der leicht steigenden Landesmittel, die wir ja durchaus auch begrüßt haben für die Hochschulen, reichen diese natürlich bei Weitem nicht aus, weil wir feststellen müssen, dass die Kostensteigerungen sowohl in den Bereichen Personal-, Betriebskosten, Sachkos
ten etc., die leicht gestiegenen Landesmittel bei Weitem übersteigen. Und wenn wir uns dann auch noch die aktuellen Reaktionen der Hochschulen auf die Ziel- und Leistungsvereinbarungen anschauen, die es ja jetzt auch gibt, die auch online stehen, dann fügt sich ein Bild zusammen, welches aufzeigt, wie prekär und wie schwierig die Situation an vielen Hochschulen ist.
Da will ich noch einmal konkret auf ein paar Beispiele eingehen. Ich nenne mal die Friedrich-Schiller-Universität, dort bedeuten die Ziel- und Leistungsvereinbarungen unterm Strich 10 Prozent Einsparung an jeder Fakultät, den Wegfall von mindestens sechs Professuren, die Streichung von Verwaltungsstellen, die Einstellung von mehreren Studiengängen und die Einführung von Weiterbildungsstudiengängen mit Gebühren. Ich möchte dazu auch aus der Ziel- und Leistungsvereinbarung kurz zitieren: Bis 2015 rechnet die FSU bei unveränderter Personalstruktur je nach tatsächlicher Tarifentwicklung mit einem dann vorliegenden strukturellen Defizit bei den Personalkosten zwischen 10,3 Mio. und 13,5 Mio. €. Über die Laufzeit der Ziel- und Leistungsvereinbarung hinweg beträgt das kumulierte diesbezügliche Defizit zwischen 23 Mio. und 33 Mio. €. Wir sehen also, da kommen tatsächlich sehr große Aufgaben und Probleme auf uns zu. Um auch die Universität Erfurt einmal etwas zu beleuchten, dort sollen bis 2016 etwa ein Drittel, das heißt 10 von 31 Stellen aller durch Altersabgang frei werdende Stellen eingespart werden. Insgesamt sollen 25 Vollzeitstellen an der Uni Erfurt abgebaut werden. An der TU Ilmenau, so kann man das in der Ziel- und Leistungsvereinbarung nachlesen, heißt es, die Universität rechnet damit, dass bei einer unveränderten Personalstruktur je nach Tarifentwicklung von den 105 gewidmeten Professuren weiterhin 10 Prozent unbesetzt bleiben müssen. Das zeigt also, dass der Stellenabbau längst an den Thüringer Hochschulen angekommen ist und das, obwohl die Studierendenzahlen, das ist ja hier hinlänglich ausgeführt worden, in den letzten Jahren erfreulicherweise deutlich gestiegen sind und absehbar auch mindestens stabil bleiben. Da ist ja auch mal anders gerechnet worden und da ist es natürlich schön, wenn am 15. April Herr Minister Matschie bekannt gegeben hat, dass Thüringen bis 2018 mit zusätzlichen Mitteln aus dem Hochschulpakt 2020 rechnen kann, nachdem es im Bund dazu eine Einigung gab. Das sollen etwa 120 Mio. € sein, die bis 2020 den Thüringer Hochschulen zugutekommen. Wenn wir aber da auf die angespannte Personalsituation schauen, wissen wir, wie schwierig die Lage ist. Auch die zusätzlichen Mittel im Übrigen für die Weiterentwicklung im Bereich der Lehrerbildung, das sind etwa 1,6 Mio. € jährlich, werden dringend benötigt. Was schlagen wir vor? Auch dazu noch einmal kurz.
Wir meinen, dass Stellenstreichungen in diesen Größenordnungen keine Lösungen darstellen und auch die immer prekärer werdenden Arbeitsverhältnisse mindestens problematisch zu sehen sind. In dem Zusammenhang fänden wir es übrigens gut, wenn wir diese Große Anfrage im Ausschuss auch vielleicht gemeinsam mit der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE beraten könnten zu der Problematik der Situation der Stellen an den Universitäten. Wir brauchen also eine bessere Finanzausstattung und brauchen zudem neue Wege für die Wissenschaftsfinanzierung. Das meint zum einen, das kann ich Ihnen nicht ersparen, die Aufhebung des Kooperationsverbotes, das haben wir ja hier auch schon häufiger diskutiert und zum anderen wollen wir dafür werben, dass der Bund eine größere Finanzierungsverantwortung übernimmt, gerade auch bei der außeruniversitären Forschung. Die frei werdenden Landesmittel sollten dann in der Tat den Hochschulen zugutekommen.
Zur Standortdebatte: Das war ja ein Stück weit zu erwarten, Herr Voigt, dass Sie hier noch einmal die von der Jungen Union und CDU schon mehrfach gebrachte Campuslösung ansprechen. Wir meinen, dass wichtiger für die Thüringer Hochschullandschaft ist, dass es zunächst eine ausreichende, zuverlässige und transparente Finanzierung gibt und dann bin ich sehr nahe bei Herrn Dr. Hartung, der eben ausgeführt hat, dass es uns vielmehr darum gehen sollte, dass es verstärkte Kooperation geben soll zwischen Hochschulen wie im Bereich Hochschulbibliotheken, Personalentwicklung, Informationstechnik und Liegenschaftsmanagement. Entscheidend ist und bleibt aber, dass Forschung und Lehre in der Substanz nicht geschwächt werden dürfen und die Studierenden gute Studienbedingungen vorfinden. Ich denke, da sind wir uns hoffentlich auch alle einig. Außerdem gibt es inzwischen auch ein Thesenpapier aus dem Ministerium, wo die Möglichkeit von Hochschulverbünden diskutiert wird und die Idee von Außenstellen aufgegriffen wurde. Ich glaube, auch das sollte in die Debatte im Ausschuss dann mit einfließen. Wir meinen weiterhin, das Land hat seine Verantwortung wahrzunehmen, die Hochschulen entsprechend auskömmlich zu finanzieren und wenn das bislang nachweislich nicht der Fall ist, muss hier nachgesteuert werden. Wir befürchten außerdem, dass insbesondere der angekündigte Stellenabbau zu erheblichen Qualitätsverlusten führt gerade bei der Forschung und der Lehre.
Im Bildungsausschuss haben wir immer wieder festgestellt, dass es nach wie vor keine genaue Prognose zur Entwicklung von Personal- und Sachkosten für die einzelnen Hochschulen gibt.
Vielleicht ist das Land inzwischen auch weiter und Sie, Herr Staatssekretär, führen dann dazu noch etwas aus. Uns ist es ehrlich gesagt auch zu einfach, dass Sie immer wieder auf die Hochschulautonomie verweisen und auf die Zuständigkeit der Hochschulen. Wir meinen durchaus, dass das Land hier ebenfalls in einer Verantwortung ist und sich nicht auf Basis relativ unverbindlicher Ziel- und Leistungsvereinbarungen aus der Verantwortung ziehen darf.
Die Hochschulentwicklungsplanung ist ein Thema, das wir hier schon mehrfach angesprochen haben. Wir meinen, diese braucht es durchaus. Da hat sich offenkundig im Ministerium auch ein Stück weit etwas bewegt. Außerdem warten wir noch auf den Bericht über den Vollzug der vergangenen Ziel- und Leistungsvereinbarung, der Ende 2012 vorliegen sollte. Den kennen wir bisher noch nicht. Vielleicht gibt es ihn inzwischen, dann können wir ihn auch mit zur Beratung heranziehen, wenn wir dann über die Anfrage diskutieren.
Kurz noch zu den Arbeitsbedingungen an den Hochschulen. Auch dazu gibt es ja Fragen in dieser Großen Anfrage. Die Ergebnisse lassen sich da auf einen ganz einfachen Satz reduzieren. Die Arbeitsbedingungen an den Thüringer Hochschulen nämlich sind denkbar schlecht, insbesondere im Übrigen für Frauen. Auch dieses Problem ist hier schon angesprochen worden. Befristung und Teilzeit sind der Normalfall, familienfreundliche Bedingungen haben Seltenheitswert und das muss sich ändern. Davon sind wir jedenfalls überzeugt. Wir meinen auch, dass die Nachwuchswissenschaftlerinnen natürlich nicht unbedingt motiviert werden hierzubleiben, wenn sie sich immer nur von einer Befristung zur nächsten hangeln können. Zwar hat sich das Land und auch die Ziel- und Leistungsvereinbarung dazu bekannt, den Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz folgen zu wollen bezüglich der Ausgestaltung befristeter Beschäftigungsverhältnisse, aber viel passiert ist aus unserer Sicht auch da noch nicht. Herr Matschie hatte ja auch einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses angekündigt, mit dem vor allen Dingen die Karrierechancen für Juniorprofessorinnen und -professoren verbessert und der Zugang zum Studium ohne Abitur erleichtert werden sollte. Aber auch den kennen wir noch nicht. Vielleicht kommt der ja auch in dem Zuge der Großen Anfrage und der Diskussion. Insofern gäbe es ja hier viel zu beraten.
Zum Abschluss noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen zu den Punkten, wo wir Handlungsbedarf sehen. Zum einen ist das die Problematik der Langzeitstudiengebühren, die sind hier noch gar nicht angesprochen worden, wir lehnen diese ab. Derzeit sind etwa 5.000 Studierende davon betroffen. Genauso kritisch sehen wir im Übrigen auch das Deutschlandstipendium. Dazu ist eben schon
von Herrn Dr. Hartung hinreichend ausgeführt worden. Wir meinen vielmehr, dass es einen verbesserten Zugang auch zum Bafög geben sollte. Hierfür haben wir ja ein Zwei-Säulen-Modell vorgeschlagen.
Zur Forschung an den Fachhochschulen - auch das haben wir schon einmal im Ausschuss diskutiert: Wir meinen, dass es mehr Durchlässigkeit im Hochschulwesen und auch eine Stärkung der Forschungsorientierung an den Fachhochschulen braucht. Zudem wollen wir, dass Zugangshemmnisse von Fachhochschulabsolventen zur Promotion kontinuierlich abgebaut werden. Das muss in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen noch mehr berücksichtigt werden, ist auch schon berücksichtigt worden und das ist auch richtig so.
Unsere Perspektive auf Hochschule haben wir schon mehrfach deutlich gemacht. Wir wollen wegkommen von der engen Führung auf das Leitbild einer unternehmerischen Hochschule und vielmehr die Ausrichtung an den grundlegenden inhaltlichen Leitlinien wie Nachhaltigkeit, Inklusion und Demokratisierung der Hochschul- und Wissenschaftslandschaft Thüringen. Vor allem aber braucht es Ideen und Strategien, wie die gesellschaftliche Vielfalt auch auf dem Campus ankommen kann, denn da schließe ich mit dem Punkt, den Herr Hartung auch ausgeführt hat: Noch immer bestimmt die soziale Herkunft viel zu stark den Verlauf der Bildungsbiografie, die vielen jungen Menschen den Weg an die Hochschulen versperrt. Daran muss sich etwas ändern. In diesem Sinne nochmals vielen Dank für die Anfrage und natürlich auch für die Antworten. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Herren und Damen Abgeordneten, es sind ja an sich heute zwei gute Nachrichten. Die eine ist, dass dieser Landtag heute und - wir haben es gerade gehört auch in der nächsten Zeit über die Hochschulen und das Wissenschaftssystem in Thüringen diskutiert. Ich glaube, das muss uns als für die Wissenschaft Verantwortliche, als Wissenschaftspolitiker wirklich freuen, weil wir, die wir für unsere Hochschulen, für unser Wissenschaftssystem das Beste wollen, was dieses Land geben kann, auf Ihre Hilfe angewiesen sind und deswegen uns ganz besonders am Herzen liegt, dass Sie sich mit der Zukunft unserer Hochschulen so intensiv beschäftigen.
Anlass war heute die Beantwortung einer Großen Anfrage, die von der FDP-Fraktion eingereicht war, die ich jetzt im Einzelnen natürlich nicht in der Beantwortung wiederholen und neu darstellen möchte. Vielleicht - jetzt sage ich „Ironie ein“, sage ich im Internet immer -, Herr Abgeordneter Hartung, die FSU kann gar nicht oft genug als größte Universität dieses Landes dargestellt werden, das ist einfach wichtig. Und dass an der Universität Erfurt, in der gar nicht so langen Zeit ihres Bestehens, ihres Wiederbestehens inzwischen ein breit gefächertes Angebot erreicht worden ist, das ist tatsächlich eine Nachricht, die sich auch lohnt aufzuschreiben. Das ist, völlig ohne Ironie, ganz ernst gemeint und ein Zeichen meiner Hochachtung vor der Entwicklung dieser Universität.
Eine zweite gute Nachricht für Thüringer Hochschulen ist zweifellos, dass der Hochschulpakt 2020 in aller Voraussicht jetzt definitiv aufgestockt wird. Unsere Hochschulen sollen bis 2018 etwa 120 Mio. - das gilt für Thüringer Hochschulen - hier zusätzlich zu den bisher absehbaren Mitteln erhalten. Ich sage noch mal, damit hier gar kein Zweifel aufkommt, die Rahmenvereinbarung III regelt völlig eindeutig und ohne dass da etwas herausgeht, diese Mittel fließen in vollem Umfang ohne Umwege an die Hochschulen.
Der Bund hat sich in dieser Frage nunmehr bewegt. Ich sage mal, endlich, es war nämlich wirklich kurz vor knapp hier. Der Hochschulpakt 2020, das hat ja bedeutet, Bund und Länder bündeln die Kräfte, um gemeinsam gute Studienbedingungen hier in Deutschland zu schaffen, um den Ansturm der Studierenden zu bewältigen und um die Leistungsstärke unserer Hochschulen zu sichern. Es war unzweifelhaft eine gute Idee und die Erwartungen, das war es, wurden bei Weitem übertroffen. Die Anzahl der Studienanfänger war deutlich höher als die ersten Prognosen das angekündigt hatten. Deswegen reichten die auf der Grundlage dieser alten Prognosen vereinbarten, gedeckelten Gelder eben nur bis 2014, wenn nichts passiert wäre. Bis zum Ende der Laufzeit 2018 öffnet sich damit bundesweit eine Finanzierungslücke von 3,8 Mrd. €. Die soll nun in aller Voraussicht - das braucht noch einen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz am 18. Juni, auf den wir gespannt warten - geschlossen werden.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, in Thüringen haben wir uns von vornherein nicht an diesen alten Prognosen orientiert, wir haben voll in den Erhalt unserer Studienplätze investiert. Wir sind mit der Rahmenvereinbarung III hier in Vorleistung gegangen. Das ist mir wichtig, es hier zu sagen, wir sind in Vorleistung gegangen. Das war auch wichtig, weil in allen Verhandlungen mit dem Bund - und ich durfte da oft mit dabei sein - das Argument des Bundes, die Länder leisten ihren Beitrag nicht bei der Finanzierung des Hochschulpakts, für Thüringen in aller Eindeutigkeit und zu jedem Zeitpunkt
ganz klar widerlegt werden konnte. Das waren insgesamt auch hier in Thüringen keine einfachen Verhandlungen, auch mit dem Finanzminister. Es hat sich, denke ich, gelohnt, denn eines ist klar, die Hochschulen sind ein Zukunftsmotor, starke Hochschulen sichern die Innovationskraft und die Leistungsstärke in Thüringen. Ich sage das ganz bewusst und sehr ernsthaft vor dem Hintergrund der jüngsten Nachrichten, die uns aus Sachsen-Anhalt erreicht haben in den letzten Wochen. Wir haben eben - und auf diesen Kontrast auch, Herr Voigt, möchte ich hinweisen - in Thüringen nicht die Philosophie Sachsen-Anhalts, die da besagt, weniger Studienanfänger aus dem Land, entsprechend weniger Mittel in die Hochschulen. Wir haben in Thüringen nicht ein Szenario abnehmender Mittel für die Hochschulen, sondern wir haben in Thüringen den Zugewinn von Studierenden aus anderen Ländern zur Grundlage unserer Planungen gemacht, wir haben stetig aufwachsende Ausstattung der Hochschulen. Zu keinem Zeitpunkt sind die Mittel der Hochschulen gesunken. Ich möchte diesen Kontrast gern herausarbeiten, weil er - und das sage ich auch noch einmal sehr gerne - eine Leistung dieser, und zwar der gesamten Landesregierung ist, weil die Verhandlungen mit dem Finanzminister an dieser Stelle eben erfolgreich waren und von der Landesregierung getragen worden sind. Ich möchte einfach noch einmal darauf hinweisen, wenn hier dann auch Worte fallen, wie „die Arbeitsbedingungen an den Thüringer Hochschulen sind besonders schlecht“, dass das nicht nur deswegen falsch ist, weil wir hier die beste Betreuungsrelation aller Bundesländer haben, sondern weil dieses Land auch eine ganz ungewöhnliche Schwerpunktsetzung und Anstrengungen in den Erhalt und die Stärkung seiner Hochschulen gesetzt hat.