Protocol of the Session on May 23, 2013

Also Fragen laut oder gar nicht.

Dass er aus dem Titel bezahlt wird.

Es gibt keine Nachfragen mehr. Danke, Herr Staatssekretär. Da der Abgeordnete Korschewsky seine Mündliche Anfrage in der Drucksache 5/6110 zurückgezogen hat, haben wir hiermit alle Mündlichen Anfragen abgearbeitet und ich kann den Tagesordnungspunkt schließen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 32

Berufsakademien, Hochschulen und Hochschulentwicklung in Thüringen Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP und der Antwort der Landesregierung Drucksachen 5/4103/4893 - auf Verlangen der Fraktion der FDP dazu: Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/5419

Wünscht die Fraktion der FDP das Wort zur Begründung ihres Beratungsverlangens? Nein. Gut. Dann eröffne ich die Beratung. Wir beginnen mit der Abgeordneten Dr. Kaschuba von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Große Anfrage der FDP-Fraktion mit dem langen Titel „Berufsakademien, Hochschulen und Hochschulentwicklung in Thüringen“ liegt seit dem 03.09.2012 vor und steht erst heute nach mehreren Anläufen zur Diskussion. Die zeitlichen Verschiebungen bringen es natürlich mit sich, dass einige Antworten schon dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen sind, würde ich sagen, und auch neue Fragestellungen offen sind. Zum Beispiel könnten wir gleich heute vielleicht eine Auskunft bekommen - den Minister sehe ich nicht, aber vielleicht vom Staatssekretär -, wie die zukünftige Verteilung der Mittel aus dem Hochschulpakt 2020 angedacht ist und wie weit es dort bereits Verständigungen mit den Hochschulleitungen gibt, ob es dort Einvernehmen gibt oder kein Einvernehmen gibt, das wäre im Zusammenhang mit der Großen Anfrage heute schon eine sehr schöne Auskunft,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die wir bekommen könnten, und die sicher auch die Landesrektorenkonferenz freuen würde. Herr Staatssekretär, ich freue mich auf Ihre Aussagen dazu. Ich möchte noch eins dazu sagen: Die Anfrage der FDP-Fraktion ist nach einer Anhörung eingereicht worden zur Hochschulentwicklungsplanung und man kann sicher über Hochschulentwicklungsplanung in Thüringen nicht sprechen, ohne auch die Forschungseinrichtungen mit in Betracht zu ziehen. Es werden noch einmal verschiedene Fragen in der Anfrage abgefragt. Es werden Fragen der Standortsicherung der Hochschulen, der Strukturentwicklung aufgerufen. Die Frage Strukturentwicklung würde ja wieder ein ganz klein wenig, soweit ich weiß, korrespondieren mit der Frage der Aufteilung der Mittel aus dem Pakt 2020 und den Ideen, die eventuell aus dem Ministerium bereits geboren werden. Es werden Fragen nach der Personalsituation, der Finanzierung - dazu gab es heute schon Fragen -, nach Studiengebühren, das finde ich eine interessante Fragestellung, die die FDP-Fraktion dort aufgerufen hat. Dazu haben wir sicher alle hier unterschiedliche Auffassungen und es wird auch die Frage aufgeworfen zur Gründung privater Hochschulen. Ich glaube, genau diese Fragestellung ist eine der interessantesten. Die Antwort der Landesregierung ist eindeutig in der Großen Anfrage, dass es dort keine Bestrebungen gibt, das vorrangig zu unterstützen. Ich glaube, das trifft sich auch mit unserer Auffassung zu dem Punkt. Trotzdem zeigt es, dass aufgrund der Situation im Hochschulbereich, in der Finanzierung im Hochschulbereich und Forschungsbereich alle möglichen Ideen geboren werden, um einen Ausweg zu finden, eine Lücke zu finden, wie man das Angebot erhalten kann, stabilisieren kann. Ich denke, dass niemand von uns hier im Raum eigentlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die endgültige Antwort darauf hat, wie sich Hochschul

entwicklung in Thüringen unter den gegebenen Bedingungen in den nächsten Jahren vollziehen kann. Ich glaube, dass das auch nur ein Prozess sein kann, den man gemeinsam mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen entwickeln kann und nicht gegeneinander oder durch die Verkündung von Ideen, Vorstellungen oder Maßnahmen. Da würde ich mir wirklich ein gemeinsames Gespräch wünschen.

Dann gibt es noch in dieser Antwort der Landesregierung zur Situation an den Berufsakademien sehr ausführliche Darstellungen und es wird nach den Abschlüssen im Bologna-Prozess gefragt, also der Gleichwertigkeit der Abschlüsse, sowohl der Gleichwertigkeit der Abschlüsse der Berufsakademien als auch mit denen der Hochschulen, der Fachhochschulen und Universitäten. Da ergibt sich schon allein aus der Antwort, in der Anfrage ergeben sich Probleme, auch Probleme, wie der zukünftige Status der Berufsakademien sein wird. Werden sie Teil der Fachhochschulen sein, werden sie es nicht sein, werden die Fachhochschulen sich auf ein Level entwickeln, wo man sagen kann, dort wird ein Abschluss gemacht, den man gut verkaufen kann, den man gut vermarkten kann, der aber in der Wertigkeit nicht das goldene Geweih ist, mit dem man auf den Arbeitsmarkt geht, sondern es ist mehr ein schlichteres Teil, das einen dann schmückt. Das ist schon eine wichtige Frage, finde ich. Ich würde mir nicht wünschen, dass die Abschlüsse der Fachhochschulen runternivelliert werden.

Dann wird auch noch mal auf die Frage der Finanzen eingegangen. Das Ministerium beantwortet die Frage der Finanzen wie immer: Wir steigern in diesem Bereich immer wieder mit Ausgaben und wir steigern und steigern jedes Jahr mehr. Das hören wir gebetsmühlenartig. Das haben wir schon gehört als die Mittel aus dem letzten Pakt 2020 einfach in den allgemeinen Haushalt gingen und damit der Haushalt ausgeglichen wurde. Doch! Das können wir nachher machen. Aber ich glaube, das wird davon nicht besser. Die ständige Wiederholung dieser Aussagen wird nicht besser. Dann haben wir noch Ausführungen zum Problem der Autonomie der Hochschulen, ihrer Eigenverantwortung und der Zugriffsmöglichkeiten durch das Ministerium. Auch hier ist aus unserer Sicht kein neuer Erkenntnisstand erkennbar. Also ich erkenne keinen im Verhältnis zu dem, was wir bisher dort diskutiert haben und gesehen haben. Wenn ich noch die Hochschulkonferenz der GEW in Weimar einbeziehe, sehe ich vonseiten des Ministeriums - da war der Minister selbst anwesend - eigentlich überhaupt keinen Fortschritt, insbesondere, was die Fragen der Änderung des Hochschulgesetzes anbelangt. Dort gibt es Kleinigkeiten, die haben Sie alle schon mehrfach vorgestellt. Das, glaube ich, muss man hier nicht wiederholen. Aber es geht vorrangig um Änderungen, die weit über den Tatbestand von Statusände

rungen im Personalbereich hinausgehen, sondern sich vor allem auf die Dinge der Rechte des Personals an Hochschulen, der Demokratisierung im Hochschulbereich und die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte der Beschäftigten an den Hochschulen beziehen. Hier haben wir bis jetzt keinen deutlichen Änderungsbedarf vonseiten des Ministeriums signalisiert bekommen. An dieser Stelle will ich darauf verweisen, dass in dieser Konferenz der GEW, die noch nicht lange zurückliegt, Prof. Beucke darauf hingewiesen hat, der offensichtlich mehrfache Erfahrungen hat, was die Leitung von Hochschulen anbelangt, unser Hochschulgesetz gibt das in gewisser Weise mit her, dass auch die Hochschulleitung von jemandem übernommen werden kann, der nicht hochschulinterne Kenntnisse hat, sozusagen von einem Manager. Prof. Beucke hat es dort ausführlich dargestellt, dass er die Erfahrung gemacht hat, dass diese Erfahrung nicht die glückliche ist, weil dieser kulturelle Innenkosmos einer Hochschule durch eine hochschulinterne, das heißt nicht aus der eigenen Hochschule, aber jemand der hochschulinterne Kenntnisse hat, für die Entwicklung von Hochschulentwicklungsplanungen insgesamt aus seiner Sicht wesentlich günstiger ist.

Wir würden uns sehr freuen, wenn die Hochschulentwicklungsplanung, wie sie auch in dieser großen Anfrage wieder durch die Landesregierung beantwortet wurde, nicht nur von der Rahmenvereinbarung III und den Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen abhängig gemacht wird, sondern dass es eine Hochschulentwicklungsplanung ist, die bildungspolitisch orientiert ist und die auch mit dem Parlament besprochen wird. Ich hatte mich vorhin bereits dazu geäußert, wie ich mir das vorstelle; ich weiß, wie kompliziert das ist. Die einen wollen einen Campus Thüringen für alle, die anderen wollen vielleicht sehr profilierte Hochschulen, an denen sich auch Schulen bilden können, mit denen man sich auch international positionieren kann. Aber die Wege dahin sind natürlich kompliziert, das fängt bei Berufungsfragen an und hört bei sonst was auf. Zu den Berufungsfragen gehört auch die Bezahlung an Hochschulen.

Es geht noch einmal darum, darauf wird auch verwiesen, wie sich die Zahl der Studierenden gesteigert hat, von 22.000 1993 auf 52.000 und 5.600, aber die Personalstellen gleichzeitig sind gekürzt worden von 5.600 auf 4.800 im Hochschulbereich und das kann irgendwo nicht funktionieren, das klappt nicht. Das kann mir keiner erklären, dass das vernünftig ist. Das führt eben dann auch zu dem erschreckend hohen Anteil an prekärer Beschäftigung im Hochschulbereich. Die Fragen des Mittelbaus werden seit Jahren diskutiert, wie man die Hochschulen mit einem stabilen Mittelbau ausstatten kann. Dazu gehört, dass Berufungsfragen oft daran hängen, dass man nicht weiß, wie man Spitzenfor

scher hier binden soll, berufen. Dazu gehört ja nicht nur Geld, dazu gehört auch ein Umfeld, das Leuten das Leben hier auch gut und angenehm macht. Es ist auch die Frage, bekommen die Fachhochschulen das Promotionsrecht. Soweit wir es aus dem Ausschuss wissen, hat das Ministerium nicht die Absicht, das zu tun, sondern lehnt das Promotionsrecht für die Fachhochschulen ab. Wir sehen das anders. Es gibt diese gemeinsamen Promotionsmöglichkeiten, aber das Promotionsrecht selbst soll ihnen nicht zukommen.

Ich hatte schon etwas gesagt zu den prekären Beschäftigungsverhältnissen. Auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen, weil ich den für sehr wichtig halte. Es zeigt sich, dass die Fachhochschulen und Hochschulen Thüringens ihre finanzielle Situation vorrangig auch über Drittmitteleinnahmen stabilisieren. Das kann man gut finden, da kann man sagen, das ist okay, die haben den Draht zur Wirklichkeit, die ziehen die Projekte an Land, das klappt alles ganz hervorragend. Aber es besteht hier natürlich auch ein Grundproblem. Wenn die Hochschulen tatsächlich Forschung aus Drittmitteln finanzieren und die Fachhochschulen ebenfalls, dann entsteht dort erstens ein Wettbewerb, der muss ja nicht schlecht sein, aber um nationale und internationale Excellenz schaffen zu wollen, brauche ich Grundlagenforschung. Grundlagenforschung kann auch den Effekt haben, dass sie gar kein Ergebnis hat, das kann ja passieren, kann ja vorkommen. Das muss finanziert werden. Das wird nun vorrangig über Ihr Ministerium mitfinanziert, über das Wissenschaftsministerium,

(Beifall DIE LINKE)

auch über Projekte des Bundes. Trotzdem steigt der Drittmittelanteil deutlich höher, weil eben Geld einfach generiert werden muss, um die Hochschulen finanzierbar machen zu können. Gemeinsam mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben die Hochschulen im Bereich der Grundlagenforschung natürlich viele Möglichkeiten und da stehen wir vor einer Frage, die möchte ich hier stellen, wir stellen sie nicht zum ersten Mal. Die Mittel für Forschung im Land Thüringen sind gebunden an das Wissenschaftsministerium und an das Wirtschaftsministerium. Der größere Teil der Mittel für Forschung liegt beim Wirtschaftsministerium. Die Frage muss man mal stellen dürfen und ich finde, man sollte sie stellen: Gehören die Mittel für Forschung nicht in eine Hand? Gehören sie nicht zum Wissenschaftsministerium, auch wenn man sagen kann, aus dem Wirtschaftsministerium kommen auch die Mittel für angewandte Forschung? Aber ich glaube, das ist eine Frage, da wird es Zeit, richtig ernsthaft darüber zu reden, weil sich vieles dann auch anders ergeben kann.

Aus dem Forschungsbericht aus dem Deutschen Bundestag geht zum Beispiel deutlich hervor, dass

es noch ein weiteres dringendes Erfordernis gibt. Darauf wird in der Großen Anfrage nicht eingegangen und das bezieht sich auf die Besteuerung von Innovations- und Forschungsergebnissen; das wird seit, ich glaube, mindestens einem Jahrzehnt von den wirtschaftsnahen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Thüringen immer wieder thematisiert, dass man dort zu Veränderungen kommen muss. Das geht natürlich nur auf der Bundesebene, aber initiativ kann man werden von Thüringen aus, um dort zu anderen Steuermodellen zu kommen. Das fände ich gut, wenn es uns gelingen würde, vielleicht im Ergebnis solcher Diskussionen auch zu solchen Initiativen zu kommen.

Dann möchte ich noch eines sagen: Wir vergeben ja jedes Jahr den Thüringer Forschungspreis, also über die STIFT und das Ministerium wird der Thüringer Forschungspreis vergeben. Der Rektor der Friedrich-Schiller-Universität, Prof. Dicke, sagte bei dieser Preisveranstaltung, er würde sehr gern eine Promotion betreuen, die das Zusammenwirken von Forschung, Hochschulen und Forschungseinrichtungen bezüglich der Preisträger untersucht. Dabei hat er sicher eine Vorstellung gehabt bezüglich der Preisträger, wo sie herkommen, wie sie sich generieren und dass man dort auch Unterstützung bekommt, auch finanzielle Unterstützung. Ich denke, das sind einige Aspekte, die wir alle gemeinsam noch einmal besprechen sollten. Ich habe hier noch viel Text, aber ich möchte diesen Text jetzt doch verkürzen

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Schade.)

und noch auf eine Frage eingehen. Herr Fiedler, diese Frage wird Sie besonders interessieren. Das ist die Frage der Situation von Frauen an Hochschulen.

(Heiterkeit und Beifall DIE LINKE)

Es ist nach wie vor so, …

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich würde nichts kürzen, alles auf den Tisch.)

Nein, nein, das mache ich nicht. Ich kann ja nachher noch einmal reden oder ein anderes Mal. Wir hören das sicher alles noch einmal.

Es ist ja nach wie vor so, dass die Anzahl der Berufungen für Frauen viel zu niedrig ist.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Viel zu niedrig, da stimme ich zu.)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich. Herr Fiedler, jetzt sage ich Ihnen mal eines, ich war immer ein Gegner der Quote, mindestens bis Ende der 90er-Jahre, aber alle meine Erfahrungen, sowohl im politischen Leben als auch wenn ich mich so umgucke im Bekanntenkreis, also bei Leuten, die an Hochschulen arbeiten und Ähnliches, sagen mir, es nützt nichts, wir brauchen eine

Quote, wenn man Frauen gleiche Chancen reinräumen will

(Beifall DIE LINKE)

wie Männern in diesem Bereich. Dafür würde ich mich gerne - ja, Herr Mohring - stark machen, auch im Ergebnis der Antwort der Landesregierung auf diese Große Anfrage, dass wir uns zu einer Quote verständigen könnten im Wissenschaftsbereich,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

denn Frauen sind nicht dümmer als Männer. Ich wünsche uns noch eine schöne Aussprache. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Voigt von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Dr. Kaschuba, ich kann Ihnen versichern, erstens, dass der Abgeordnete Fiedler sich mit dem Thema Frauen an Hochschulen wirklich auch in sehr positiver Art und Weise vertraut sieht, insofern, glaube ich, ist er ganz auf Ihrer Seite. Das Zweite, was das Thema Quote angeht, wissen Sie ja, wir haben eine weibliche Ministerpräsidentin, wir haben eine weibliche Präsidentin des Thüringer Landtags und eine Chefin der Staatskanzlei. Die Männer in der Fraktion bei uns nähern sich dem Thema auf sehr behutsamen Füßen, insofern hören wir uns das mal an.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich war so- gar beim Klinikum zum Neujahrsempfang.)

Ganz entspannt. Ich weiß, dass das bei Ihnen immer paritätisch besetzt wird. Also zuerst einmal Dank an die FDP und Frau Hitzing für diese Große Anfrage. Es liegt zwar schon ein bisschen, aber das mindert ja nicht den Wert der Mühen, die da auf sich genommen wurden. Da ich es ihr versprochen habe, da das Thema schon dreimal im Plenum auf der Tagesordnung stand, jetzt bekommen Sie es, Frau Vizepräsidentin. Schönen Dank dafür. Genauso auch Dank an das Ministerium, weil es ist ja durchaus eine Sisyphusarbeit, die einzelnen Sachen herauszuarbeiten und dann auch zu versuchen, die Querverweise so sachlich korrekt zu machen, dass man auch Äpfel mit Äpfeln vergleicht und nicht mit Birnen. Das ist, denke ich, ganz gut gelungen. So ist eine ordentliche Datengrundlage entstanden, wo man über Hochschulpolitik im Freistaat diskutieren kann. Man muss natürlich - das

hat Frau Kaschuba dankenswerterweise gesagt auch konstatieren, dass einige Dinge, die darin befragt worden sind, mittlerweile durch die Zeit auch schon überholt wurden. Trotzdem kann man sich die Faktenlage ja mal zu Gemüte führen. Wir haben über 300 Studiengänge im Freistaat, rund 52.000 Studenten, die sind seit 1990 um fast 40.000 gestiegen. Davon ist rund ein Viertel derjenigen, die wir dort ausbilden, Ingenieure. Das liegt deutlich über dem Bundesschnitt, zeigt in gewisser Weise auch ein bisschen ein Profil, wo Thüringen sich in den letzten 20 Jahren sehr gut entwickelt hat. Fast 10.000 absolvieren die Thüringer Hochschulen im Jahr 2011, das heißt auch, wie viel ist eigentlich oder wie viel Leute kommen am Ende aus unseren Hochschulen auch heraus. Wir geben deutlich oder fast 400 Mio. € jährlich für Hochschulen im Freistaat aus. Das ist auch eine nicht ganz zu vernachlässigende Summe, zeigt auch den Stellenwert dafür. Trotzdem besitzt das Kleinland Thüringen eine relativ hohe Hochschuldichte mit 9 Hochschulen. Es ist klar, das man das Ganze nur im Zusammenhang denken muss, vor allen Dingen im Zusammenhang einer Hochschullandschaft, die einerseits über den Bildungs-, aber auch über den Wirtschaftsstandort Thüringens entscheidet. Es passt ganz gut, heute ist ja eine Studie zumindest kurz in den Zeitungen reflektiert worden in Thüringen, die sich mit dem Studentenverhalten und auch mit den Wanderungen von Akademikern beschäftigt. Da sind 20.000 Studenten befragt worden von der Universität Maastricht, wie sie sich nach dem Abschluss ihres Studiums den Weg in die Arbeitswelt vorstellen. Sie sagen, dass 43 Prozent derjenigen sagen, für sie ist das wichtigste Kriterium, wenn es darum geht, wo sie sich niederlassen, Jobsicherheit. Das ist sicherlich in Anbetracht dessen, dass uns bis 2020 rund 200.000 Fachkräfte fehlen, da sehe ich etwas, was Thüringen durchaus bieten kann. Nur wenn man sich anschaut, wie dann die Aussage der Studenten in dieser Umfrage auf die einzelnen Bundesländer aufgeteilt aussieht, dann darf man feststellen, es gibt nur vier Bundesländer, wo die Studenten sagen, ich möchte auch in diesem Bundesland bleiben - das ist Hamburg, Berlin, Bayern und Baden-Württemberg. Wie sieht es in Thüringen aus? 53 Prozent derjenigen, die in Thüringen an den Hochschulen ausgebildet werden, sagen, ich möchte danach das Bundesland verlassen. Und das ist natürlich eine Situation, wenn wir uns hier als öffentlicher Finanzier der Thüringer Hochschullandschaft damit beschäftigen, wie die Zukunft der Thüringer Hochschullandschaft aussehen soll unabhängig von Bildungsidealen, über die wir uns alle verständigen können, ist es doch eine Frage, wie wir das Geld sinnvoll einsetzen auch für den Freistaat, in dem wir leben. Wenn man dann vergleicht, wie das in anderen neuen Bundesländern gestaffelt ist, dann darf man lesen: SachsenAnhalt, da ist es so, dass über 70 Prozent derjeni

(Abg. Dr. Kaschuba)

gen, die dort an den Hochschulen studieren, danach das Land verlassen wollen. Und in Sachsen sind es nur 26 Prozent. Die Frage müssen wir uns schon alle auch miteinander gefallen lassen: Wo ist der Unterschied zwischen Thüringen und zwischen Sachsen? Warum ist es fast die Hälfte der Studenten, die an sächsischen Einrichtungen studieren, die dann sagen, jawohl ich möchte in diesem Land bleiben und möchte dort auch an dem Wirtschaftsstandort mich beteiligen? Und warum sind es in Thüringer über 50 Prozent? Das ist eine Frage, die müssen wir ganz klar beantworten. Wenn wir über Zukunft Thüringer Hochschullandschaft reden, reden wir nicht über Abstraktum, sondern wir reden darüber, was bringt es auch für uns als Volkswirtschaft, so einen hervorragenden Standort zu haben.

Gleichzeitig gibt es eine zweite Studie vom Deutschen Institut der Wirtschaft, das hat man versucht zu berechnen. Wie ist eigentlich die Bildungsrendite, also was bekommt man durch öffentliche Finanzierung an Zugewinn im Bereich der Bildung. Da wurde festgestellt, dass die Bildungsrendite - also die höhere Erwartung mit einem Hochschulstudium - das Wachstum von teilweise 12 Prozent erreicht. Also ich erreiche eine Bildungsrendite von 12 Prozent, wenn ich ein Hochschulstudium abschließe im Osten. Bei Aktien im selben Zeitvergleich sind es nur 6,5 Prozent. Das heißt, die Investition in Bildung lohnt sich nachweisbar, ist aber trotzdem natürlich daran gebunden, was am Ende auch das Land Thüringen davon hat. Diese beiden Dinge sollten wir anhand der Großen Anfrage dann auch diskutieren im Ausschuss, weil ich glaube, dass man schon allein von der Ausgangslage und von den Rahmenbedingungen sich an eine Vielfältigkeit nähern muss, die Antworten verlangt. Ich beginne mal bei der Frage, was sind eigentlich die Rahmenbedingungen, Herausforderungen, mit denen wir zu leben haben? Das ist sehr gut herausgearbeitet, wie ich finde, in der Großen Anfrage.

1. Die demografische Entwicklung: Wir haben weniger Abiturienten, das ist die Fragestellung, wer kommt eigentlich an Thüringer Hochschulen. Da wird aber natürlich auch gleichzeitig deutlich, dass der Anteil der heimischen Studenten sinkt, gleichzeitig aber derjenigen, die von außen kommen, natürlich wächst. Das kann auch eine Antwort sein auf das dann Weggehen, das ist vollkommen klar, verstehe ich auch. Trotzdem ist es eine Fragestellung, wie werden wir auf der einen Seite attraktiv, aber wie binden wir die Leute hier. Wenn man Studien sich anschaut, dann darf man feststellen, vor zehn Jahren sind ungefähr 85 Prozent derjenigen, die an der Hochschule studiert haben, aus dem regionalen Umfeld gekommen. Mittlerweile sind es über 50 Prozent, die von außen kommen. Das ist natürlich ein Punkt, wo wir deutschlandweite Entwicklungen konstatieren müssen im Thüringer Um

feld. Gleichzeitig - und das fand ich sehr spannend - liest man in der Umfrage, dass 40 Prozent der Hochschullehrer altersbedingt in den nächsten Jahren ausscheiden werden. Das ist natürlich auch eine Fragestellung, wenn wir über Hochschulentwicklungsplanung reden, wenn wir über Rahmenvereinbarungen reden, über Ziel- und Leistungsvereinbarungen, ist es doch eine Fragestellung, auch zu wissen, in welchen Bereichen das stattfindet, um dann eben auch Kompetenzen vielleicht koordiniert zu bündeln, das heißt also demografische Herausforderung: Wie wollen wir dem sowohl auf der Anbieterseite als auch auf der Empfängerseite begegnen, um unseren Hochschulstandort attraktiv zu halten?

Das zweite Thema, was auch in der Anfrage sehr gut deutlich wird, ist der Bereich der Finanzierung. Es wird ja ausgeführt, dass wir es geschafft haben, mit einer einprozentigen jährlichen Steigerung auch den generellen Einsparungen im Haushalt entgegenzuwirken. Trotzdem ist natürlich klar, dass es sich nominal um Absinken handelt, weil durch die Tarifsteigerungen letztlich natürlich die Kosten gestiegen sind. Das ist nichts, was jetzt überraschend ist, aber gleichzeitig auch ein Problemfeld, was uns deutlich macht, wir müssen mindestens mit den gleichen finanziellen Ausstattungen zurechtkommen, aber in Zukunft vielleicht eine wachsende Hochschullandschaft, aber zumindest eine stabil bleibende, was die Anzahl der nachfragenden Studenten angeht, vielleicht mit weniger Geld finanzieren. Dann gibt es ein drittes Element, das, ich finde, ein bisschen besser hätte herausgearbeitet werden können, das ist der Bereich der Internationalisierung. Das ist etwas, wo wir sehr viel stärker auch noch Fragen zu beantworten haben. Ich werde gleich noch einmal darauf eingehen. Wenn man sich das dann alles in der Zusammenschau anschaut, dann ist es natürlich schön, in der Anfrage zu lesen, dass die Erfolgsquote der Thüringer Studenten 74,2 Prozent beträgt. Das ist der beste Wert im Osten, darauf kann man auch stolz sein. Gleichzeitig gilt aber auch, dass wir unterhalb des Bundesdurchschnitts liegen. Und das ist natürlich etwas - ich habe mir die aktuellen Zahlen auch noch einmal gezogen -, das hat sich auch jetzt nicht geändert. Also insofern finde ich einfach, dass wir an diesen Punkten nachdenken müssen, wie wir da noch besser werden können.

Die Herausforderungen sind klar beschrieben, sind auch durch die Anfrage bestätigt, das ist jetzt nichts Neues, beschäftigt uns auch in den hochschulpolitischen Debatten und auch in den Anhörungen der letzten Wochen. Jetzt geht es natürlich um die Frage der Antworten. Da haben wir vieles in den öffentlichen Äußerungen auch des Ministeriums gehört; einerseits die Ziel- und Leistungsvereinbarungen liegen uns mittlerweile vor - das war ja in der Anfrage noch nicht da -, dann auch Entwürfe, wie

zum Beispiel der Weg zum Nachwuchs wissenschaftlicher gestaltet sein kann, die Frage von Assistenzprofessuren, ist ja alles schon deutlich gemacht worden vonseiten des Ministeriums, auch die Fragestellung Hochschulzugangsberechtigung für beruflich Qualifizierte. Das sind, glaube ich, alles Elemente, die nicht ganz unbedeutend sind. Ich glaube aber, dass sie die zentralen Fragen, die wir im Hochschulsystem zu lösen haben, nicht in ausreichender Art und Weise adressieren. Damit müssen wir uns auseinandersetzen, weil ich finde, diese Einzelvorschläge sind alle interessant, aber was mir fehlt, und das ist etwas, wo wir gemeinschaftlich hier im Hohen Haus, glaube ich, verhandeln sollten, und freuen uns sicherlich auf die spannende Debatte dann zum Thema Hochschulentwicklungsplanung, es geht doch um eine zentrale Leitidee für dieses Hochschulsystem hier im Freistaat. Ich glaube, genau dieser Punkt, er ist in der Anfrage ein klein wenig unterbelichtet, weil, wenn wir uns damit auseinandersetzen wollen, wie kann ein dynamischer Hochschulstandort entstehen, und genau darum wird es gehen, weil wir uns in einem globalen Wettbewerb befinden, dann sind doch bestimmte Änderungen, die wir machen müssen, nur langfristig möglich. Ich möchte mal sechs einfach kurz nennen: Der erste Punkt und da sagt die Große Anfrage, internationale Ausrichtung bedeutet in Thüringen, 95 Prozent der Studiengänge sind auf Bologna umgestellt, trotzdem ist es so, dass wir auf dem vorletzten Platz bei der Anwerbung von Studenten, von internationalen Studenten stehen, zumindest nach dem DAAD. Das ist ein Punkt, da müssen wir uns einfach noch einmal die Frage stellen, wie können wir international attraktiver werden? Das ist also Punkt 1.