Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Fraktion DIE LINKE nimmt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 zum Anlass, den benannten Gesetzentwurf für Thüringen vorzulegen. Dieser Gesetzentwurf sieht die Einfügung einer Bestimmung in das Thüringer Kommunalabgabengesetz vor, die mit den Worten „Aussetzung von Straßenausbauund Abwasserbeiträgen“ überschrieben ist. Inhaltlich ist vorgesehen, zu regeln, dass die Anwendung des § 7 Abs. 12 Thüringer Kommunalabgabengesetz bis zum 1. April 2014 ausgesetzt werden soll. Die Landesregierung soll umgehend eine Neuregelung dieses Paragrafen vorlegen. Hierzu möchte ich für die Landesregierung gern Stellung nehmen.
Mit Beschluss vom 5. März 2013 hat das Bundesverfassungsgericht eine Regelung des bayerischen Kommunalabgabengesetzes, die die Frage der Verjährung im Falle nichtiger Abgabesatzungen betrifft, für mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit gemäß Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes unvereinbar erklärt. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die vorgenannte bayerische Regelung gegen Artikel 2 Grundgesetz in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichen Bestandteil des in Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz verankerten Rechtsstaatsprinzips verstößt. Es bemängelt hierbei, dass im Falle der Heilung einer unwirksamen Satzung eine zeitliche Obergrenze für die Verjährung fehlen würde. Die bayerische Regelung, die Gegenstand der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung war, ist mit § 15 Abs. 1 Nr. 4 b) cc) - 2 Thüringer Kommunalabgabengesetz vergleichbar. Inhaltlich bestimmen beide Regelungen den Beginn der Festsetzungsfrist für den Fall der Ungültigkeit einer Satzung. Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE bezieht sich nicht auf diesen Sachverhalt, sondern auf die Regelung in § 7
Abs. 12 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes. Nach § 7 Abs. 12 des Thüringer Kommunalabgabengesetzes kann ein Beitrag auch für öffentliche Einrichtungen erhoben werden, die vor Inkrafttreten der Abgabensatzung hergestellt, angeschafft, erweitert, verbessert oder erneuert wurden. Das bayerische Kommunalabgabengesetz enthält in Artikel 5 Abs. 8 eine entsprechende Bestimmung. Sie wurde durch das Bundesverfassungsgericht aber nicht für unvereinbar mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit erklärt.
Unabhängig davon prüft die Landesregierung bereits intensiv und umfassend die Auswirkungen der Entscheidung auf Thüringen sowie die möglichen Handlungsalternativen. Es wird dabei eine Abstimmung mit Bayern, aber auch mit den anderen Bundesländern gesucht. Die Landesregierung beabsichtigt, noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE ist hierbei nicht hilfreich, sondern erzeugt im Gegenteil unnötige Verunsicherung. Er wird daher von der Landesregierung abgelehnt.
Vielen herzlichen Dank, Herr Innenminister. Es wurde Ausschussüberweisung beantragt, sowohl an den Innenausschuss als auch an den Justiz- und Verfassungsausschuss.
Wir stimmen jetzt ab über die vorgeschlagenen Ausschüsse. Wer der Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Innenausschuss folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktionen SPD und CDU. Gibt es Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Ausschussüberweisung abgelehnt.
Wir kommen jetzt zum Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfs an den Justiz- und Verfassungsausschuss. Wer dieser Überweisung folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aus den Fraktionen SPD und CDU. Gibt es Enthaltungen? Es enthält sich die Fraktion der FDP. Vielen herzlichen Dank. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.
Bosch-Arbeitsplätze in Arnstadt erhalten Antrag der Fraktionen der CDU, DIE LINKE und der SPD - Drucksache 5/5977 dazu: Alternativantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/6002
Ich frage zunächst, wünscht jemand aus den Fraktionen CDU, SPD, DIE LINKE das Wort zur Begründung zu ihrem Antrag? Das ist nicht der Fall. Wünscht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort zur Begründung zu ihrem Alternativantrag? Das ist der Fall. Dann hat jetzt das Wort Abgeordnete Anja Siegesmund für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Debatte um Bosch Solar Energy, die Debatte um das Erfurter Kreuz kann man heute und hier nicht führen ohne auf die letzten 13 Jahre zu schauen. Die letzten 13 Jahre, damit meine ich die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch die rot-grüne Bundesregierung als Bestandteil der Energiewende und des Atomausstiegs im Jahr 2000. Das hat damals eine große Nachfrage nach Solarstrommodulen ausgelöst, die Wirtschaft geradezu beflügelt und gerade in den neuen Ländern einen neuen Industrialisierungsimpuls gesetzt. Für die Standortwahl sind eben auch die vielen ortsansässigen, hoch motivierten und gut ausgebildeten Fachkräfte ausschlaggebend gewesen. Thüringen konnte wie viele andere Länder auch, Sachsen-Anhalt und Sachsen beispielsweise, dadurch diese zukunftsweisende Industrie mit aufbauen. Bis zum Jahr 2010 ist der Solarstrommarkt in der Bundesrepublik kontinuierlich gewachsen mit ca. 7,5 Gigawatt installierter Leistung pro Jahr, aber eben nur bis zum Jahr 2010. Die Bundesregierung reagierte damals mit einem Schrumpfungsprogramm im Bereich Photovoltaik. Darüber wird heute noch zu reden sein. Bis zum Jahr 2011 gab es einen konstanten Aufwuchs im Bereich der Jobs im Bereich erneuerbare Energien. Bis zu 340.000 Arbeitsplätze sind entstanden. Aber dann wurde es eben weniger. Inzwischen sind es Zehntausende weniger und wir müssen, wenn wir heute über Bosch Solar Energy und die Frage des Standortes sprechen, auch darüber sprechen, warum das so ist. Das ist ein Grund für unseren Alternativantrag.
macht mit unseren Anträgen „Schwarz-gelbes Solarausstiegsgesetz verhindern“ und anderen Punkten, dass es um die Solarindustrie in den neuen Ländern nicht gut bestellt ist. Die Solarindustrie stand und steht unter extremem Druck, und zwar von vielen Seiten. Es gibt den internationalen Wettbewerb und das andere ist die Tatsache, dass industriepolitisch auf Bundesebene das große Potenzial der Solarbranche nicht erkannt wurde. Das ist auch heute den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich heute hier vor dem Thüringer Landtag versammelt haben, noch mal wichtig gewesen, auch deutlich zu machen, dass sie ihren Beitrag geleistet haben und leisten für den Technologievorsprung in diesem Bereich.
Wir haben mit unserem Alternativantrag zum Antrag der drei Fraktionen deutlich gemacht, dass und das ist für uns der wichtigste und der absolute Dreh- und Angelpunkt jeder Debatte - die Solarbranche ein strategisch wichtiger Industriezweig war, ist, bleibt und sein muss.
Das ist aus grüner Sicht der entscheidende Punkt, dass dieses Bekenntnis in den vergangenen Jahren schlicht und ergreifend gefehlt hat. Wir sagen weiterhin, dass es darum geht, nicht nur den Produktionsstandort von Solarstrommodulen insgesamt zu fördern, sondern auch die Frage, wie GreenTech sich mittel- und langfristig weiterentwickeln kann, in einer Konzeption tatsächlich weiterzuentwickeln. Wir wollen - und deswegen stehen wir auch ganz nah an der Seite der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Bosch - natürlich, dass betriebsbedingte Kündigungen jetzt ausgeschlossen werden. Wir wissen um die schwierige Situation derjenigen, die da arbeiten, und ihrer Familien. Klar ist auch, dass wir darauf angewiesen sind, dass diese Fachkräfte hierbleiben - deswegen unsere Vorschläge im Alternativantrag.
Aber ich mache auch klar und sage das auch: Wir fordern ganz konkrete Punkte, wie - wenn er denn zustande kommt - ein nationaler Solargipfel aussehen soll. Wir helfen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Bosch und vielen anderen Unternehmen nicht, wenn es einen Gipfel um des Gipfels Willen gibt, sondern es braucht kluge und klare zukunftsweisende Ideen.
Dazu gehört für uns, dass wir darüber sprechen, wie die öffentliche Forschungs- und Entwicklungsförderung für die Photovoltaik-Branche weiterentwickelt werden kann. Dazu gehört, dass wir darüber sprechen, wie ein einheitliches Vorgehen öffentlicher Kapitalgeber aussehen kann und wie es ausgesehen hat in den vergangenen Jahren. Ich spreche auch über die Frage der europäischen Ebene, wer sich auch dafür eingesetzt hat, die Photovol
taik-Branche zu stärken; ich kann mich nicht entsinnen, dass Herr Oettinger sich besonders hervorgetan hätte in den vergangenen Monaten und Jahren. Ich spreche auch über eine gemeinsame Vermarktungsstrategie für Solarprodukte und ich spreche von einem Photovoltaik-Cluster in der Forschung und Entwicklung sowie von Produkten und Vermarktung und politischer Kommunikation, die schlagkräftiger sein muss, um tatsächlich diesen Bereich auszubauen. Siemens ist aus der Entwicklung der Photovoltaik schon im Jahr 2011 ausgestiegen, Bosch hat jetzt bis zum Jahr 2013 gekämpft, es versucht.
Wir halten als GRÜNE den Ausstieg von Bosch für falsch, definitiv für falsch. Wir sagen, die Photovoltaik-Branche hat Zukunft. Jetzt geht es darum durchzuhalten. Und wir sagen auch, wie wir uns das vorstellen.
Vielen herzlichen Dank, Frau Siegesmund, für die Einbringung. Ich frage jetzt: Wünscht die Fraktion der FDP das Wort zur Begründung Ihres Alternativantrags? Ja, das ist der Fall. Dann hat jetzt das Wort Abgeordneter Kemmerich.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrte Gäste hier im Plenum und sicherlich auch sehr verehrte Zuhörer außerhalb dieser Säle, da es ja doch ein Thema ist, was sehr viele interessiert, aber zunächst ist natürlich auch zu sagen, wo erst mal sehr viele betroffen sind. Und auf diesen Fokus gilt unser erster Blick, nämlich auf die 1.800 betroffenen Mitarbeiter hier am Standort am Erfurter Kreuz, die mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Fortsetzung ihres Arbeitsplatzes bangen müssen nach der Entscheidung des Bosch-Konzerns, die Solarsparte aufzugeben, aus der Solarproduktion auszusteigen, meine Damen und Herren. Aber genauso gut, wie wir hier betroffen sind und Verantwortung zeigen müssen, genauso verantwortungsvoll müssen wir damit umgehen, was eben machbar ist.
Deshalb haben wir an dieser Stelle unseren Alternativantrag gestellt, um eine klare abstrahierte Diskussion führen zu können über die Möglichkeiten, Notwendigkeiten für diese 1.800 betroffenen Mitar
beiter und deren Umfeld, aber auch genauso für eine schonungslose Analyse der Marktsituation in der Photovoltaikindustrie, der Marktsituation für den Standort in Arnstadt und den Möglichkeiten für den Hochtechnologiestandort in Arnstadt. Und wir haben es wieder gerade gehört von meiner Vorrednerin, aber vielleicht auch geschuldet der Tatsache, dass Sie die Funktion des wirtschaftspolitischen Sprechers oder Sprecherin erst vor Kurzem übernommen hat
und dass sie scheinbar sich nicht mit den Märkten der Photovoltaikindustrie auseinandergesetzt hat, dann ist es relativ klar, hier die Analyse zu fahren. Die Weltmärkte haben einen immensen Preisverfall erlebt in den letzten Jahren, jedes Jahr sind so ungefähr 40 Prozent der Marktpreise eingebrochen, muss man hier sagen, eine Produktion am deutschen Standort scheint nicht mehr rentabel darstellbar zu sein,
(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo bleibt denn die politische Ent- scheidung dafür?)
Bosch hat zuletzt Verluste von 1 Mio. und mehr pro Tag an diesem Standort erzielt. Insofern ist ein Konzern, der weltweit fast 300.000 Mitarbeiter in seiner Verantwortung hat, der an allen Stellen dieser Welt produziert und auch für die deutsche Volkswirtschaft ein guter Botschafter für sozialverträgliche Arbeitsplätze ist, für sozialverantwortliches Handeln und für Made in Germany a la Spitzenklasse, auch hier muss dem Konzern zugestanden sein, eine unternehmerische Entscheidung zu treffen, die erst mal mehr als nachvollziehbar ist.
Auch mit dieser Mär muss man aufräumen! Die Ideen hinter dem EEG waren eine Technologieförderung, eine Anschubförderung, mitnichten war das ein Gesetz zur Gestaltung der Energiewende.
Genau das haben wir völlig aus dem Fokus verloren, dass Technologien der Greentech-Erzeugung gefördert werden sollten, aber sicherlich nicht dafür gesorgt werden sollte, dass weltweit die meisten Photovoltaikanlagen auf deutschem Boden stehen. Gefördert haben wir hier das Installieren von Photovoltaikanlagen, nicht die Produktion und schon gar nicht die deutsche Produktion. Gefördert haben wir hier einen rasanten und jetzt für den Verbraucher sehr belasteten Ausbau der Investitionen in erneuerbare Energien, über deren Sinn und Zweck wir uns sicherlich gern hier unterhalten können und auch weiter. Das hat aber mit dem Zusammenhang der Entscheidung von Bosch nur bedingt etwas zu tun, weil es hier um die Produktion von Modulen,
Auch dass Sie mit Antidumping-Verfahren hier weltweit eingreifen können bei der Exportfreudigkeit der deutschen Volkswirtschaft und auch der Gott sei Dank offenen Märkte weltweit deutsche Produkte aufzunehmen, halte ich das nicht für zielführend und auch Sand in die Augen der Mitarbeiter, die betroffen sind in Arnstadt, zu streuen, dass man hier mit Bildung verschaffen kann.
Aber dafür ist die Sitzung heute und hoffentlich auch noch länger, dass wir den Leuten in Arnstadt eine wirkliche Hilfe bieten können. Vielen Dank.
Vielen herzlichen Dank, Herr Kemmerich. Ich eröffne die Aussprache und Frau Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hat angekündigt, vorab für die Landesregierung einen Bericht zu erstatten. Frau Lieberknecht, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die drohende Schließung des Bosch-Solar-Standortes in Arnstadt bewegt uns alle, bewegt uns alle hier im Hohen Haus, aber bewegt auch viele Menschen im Land und vor allem natürlich in und um Arnstadt und vor allem natürlich die Mitarbeitrinnen und Mitarbeiter von Bosch Solar Energy in Arnstadt.